Respektloses Verhalten gegenüber Lehrern und Unterrichtsstörungen

  • Guten Mittag,


    Wie geht ihr mit respektlosem Verhalten und Unterrichtsstörungen um? Häuft es sich in letzter Zeit? Gibt es Maßnahmen dagegen? Bzw. wie handhabt ihr das? Mit Erfolg?


    grüße
    ein Lehramtsstudent

  • Guten Mittag,


    Wie geht ihr mit respektlosem Verhalten und Unterrichtsstörungen um? Häuft es sich in letzter Zeit? Gibt es Maßnahmen dagegen? Bzw. wie handhabt ihr das? Mit Erfolg?


    grüße
    ein Lehramtsstudent

    1. unterschiedlich
    2. nein
    3. ja
    4. unterschiedlich.


    Im Ernst: NOCH allgemeiner geht's kaum, oder?

  • Unterrichtsstörungen im Sinne von Lärmpegel (Gespräche mit dem Nachbarn etc.) Wie geht man damit um?
    Mein Horrorszenario ist, dass man als Lehrer hilflos rumsteht, da man an sich keine "Macht" mehr hat.
    Noten sollen an Gemeinschaftsschulen abgeschafft werden und viele Schüler/-innen machen sich auch nichts draus.
    Was wenn sie die Sanktionen nicht einhalten, weil Ihnen alles "egal" ist.

  • Was meinst du mit "in letzter Zeit"?


    Bei mir häuft sich in letzter Zeit eher respektloses Verhalten von Seiten der Eltern. Einige sind hier gegenwärtig schlimmer als die Kinder...


    Ein Wandel. In den Medien wird immer ein "immer schlimmer werdendes" Klientel publiziert...

  • Horrorszenario

    Erste Regel: Think positive. Ich mach mal ein paar Beispiele, du kannst dann deine eigenen Suggestionen formulieren.


    "Ich werde im Referendariat Techniken lernen, wie ich mit Unterrichtsstörungen umgehen kann."


    "Schüler werden sich unterhalten und mir wird etwas einfallen, die Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken."


    "Manche Schüler*innen sind unruhig, dafür sorgen sie dafür, dass das Unterrichtsgespräch nicht einschläft."


    "Ich entwickle mich weiter und finde statt Macht Führungsqualitäten."

  • Ganz einfach: Du musst ihnen einen guten Grund liefern, sich bei dir adäquat zu verhalten, bzw. es zumindest zu wollen. Wie du das machst und durchsetzt wirst du lernen und in der Praxis erproben können. Was zu dir und deinen künftigen Schülern passt, ebenso. Schon im Studium in wilder Fantasie Angst vor den Schülern zu haben halte ich allerdings für fatal. Was für eine Erwartung hast du an diesen Beruf? Jeden Tag zitternd das Schulgebäude zu betreten?


    Außerdem finde ich persönlich den Ansatz als Lehrer "Macht" über die Schüler zu haben, beispielsweise durch Noten, echt schräg. Wie wäre es mit der Frage: Wie kann ich mir bei meinen Schülern Respekt verdienen? So, dass sie von mir etwas lernen wollen und bereit sind sich anzustrengen?

  • hast du konkrete aktuelle probleme in deinem unterricht? falls ja, solltest du das genauer schildern, damit man dir konkrete tipps geben kann. falls nein - lies und exzerpiere ein paar bücher über classroom management und guten unterricht und umgang mit unterrichtsstörungen. da stehen genügend fallbeispiele drin. was wäre wenn-panikszenarien sind nicht hilfreich für dich.


    wenn du noch studierst und aus diesen gedankenspiralen gar nicht mehr rauskommst, würde ich empfehlen, die psychologische beratungsstelle des lokalen studentenwerks aufzusuchen. das ist kostenlos, es besteht schweigepflicht und dort sitzen experten für solche probleme. du wärst nicht der erste studierende, der mit den psychischen belastungen eines studiums nicht ganz alleine zurande kommt.

  • genau das was @keckks dir vorschlägt... denn wenn du da nichts gegen tust... kennst du den Terminus "self-fulfilling prophecy"? Genau darauf steuerst du zu. Wenn du schon so fragst, würdest du massiv Angriffsfläche bieten... und die wird dann genutzt.


    Der "sicherste" Weg, allgemein störendes Verhalten zu vermeiden, ist, den SuS interessanten Unterricht zu bieten, der sie fordert, ihnen Aufmerksamkeit abverlangt, aber auch Spaß macht. Ja, ist nicht immer einfach. Aber das sollte durchaus das Ziel einer Lehrkraft sein.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • wenn ich meine 10 Jahre Unterrichtserfahrung nehme: nein, es wird nicht schlimmer! Es ist immer mal wieder eine besonders unruhige Klasse dabei aber die meisten sind gut zu händeln.


    Und bei den problematischeren Klassen liegen oft so viele Gründe dahinter (häufiger Lehrerwechsel, instabile Klassengemeinschaft durch Zu- und Abgänge, schwierige persönliche Konstellationen), dass man als reiner Fachlehrer wenig tun kann bzw. viel Zeit in den Aufbau von Unterrichtsstrukturen stecken muss.

  • Mein Horrorszenario ist, dass man als Lehrer hilflos rumsteht, da man an sich keine "Macht" mehr hat.

    Hab ich so noch nie erlebt (in 11 Jahren). Die schlimmste Klasse, die ich hatte, hatte solche Tage, wo ich mehr mit "Ruhe schaffen" beschäftigt war als mit Unterricht. Da war ich aber auch Referendarin und hatte keine Erfahrung und die SuS wussten das natürlich. In der Klasse waren viele Referendare, weil die "normalen" Lehrer diese Klasse nicht wollten. Das sagt ja alles über die Klasse und ich habe versucht, es nicht persönlich zu nehmen, was mir ganz gut gelungen ist. Ich glaube solche Erfahrungen macht jeder mal und man wächst ja auch daran. Nach dem Studium und - wie ich finde - auch nach dem Ref. ist man noch lange nicht "fertig". Vieles habe ich erst danach gelernt, besonders das Nichtfachliche!

  • Hab ich so noch nie erlebt (in 11 Jahren). Die schlimmste Klasse, die ich hatte, hatte solche Tage, wo ich mehr mit "Ruhe schaffen" beschäftigt war als mit Unterricht. Da war ich aber auch Referendarin und hatte keine Erfahrung und die SuS wussten das natürlich. In der Klasse waren viele Referendare, weil die "normalen" Lehrer diese Klasse nicht wollten.

    'Sagt aber auch viel über die Kollegen..... :pfeifen:

  • Wichtige Regel 1:
    Frühzeitig eingreifen.
    Wenn der Moment da ist, dass die ganze Klasse lärmt, ist es zu spät.


    Wichtige Regel 2:
    Störenquellen identifizieren und gezielt ansprechen.
    "Seid bitte alle ruhig" bringt wenig.

  • Außerdem finde ich persönlich den Ansatz als Lehrer "Macht" über die Schüler zu haben, beispielsweise durch Noten, echt schräg. Wie wäre es mit der Frage: Wie kann ich mir bei meinen Schülern Respekt verdienen? So, dass sie von mir etwas lernen wollen und bereit sind sich anzustrengen?

    Der Machtfaktor lässt sich aber nicht vollständig eliminieren. Selbst wenn ich nie mit schlechten Noten drohe, so habe ich kraft meines Amtes als Lehrer einen Bildungs- und Erziehungsauftrag, dem die Schüler per Gesetz unterworfen sind. Im Idealfall besteht dieses Machtgefälle nur auf dem Papier.


    Womit ich aber ein Problem habe, ist die Formulierung "Respekt verdienen", da dies die Entscheidung darüber, ob ich diesen verdiene oder nicht, letztlich in die Hände der Schüler gibt. Und ein Schüler, der sich dieses erwähnten Machtgefälles bewusst ist, wird nicht so schnell an den Punkt kommen, dass sein Lehrer seinen Respekt verdient. Das käme dann einer Selbstaufgabe gleich.


    Ich verfolge da einen anderen Ansatz:
    Mir steht per se als Mensch, als Erwachsener und als Lehrer ein Grundmaß an Respekt zu - letztlich von jedem anderen Menschen. Das gilt natürlich auch für die Schüler. Demzufolge erwarte ich ein Grundmaß an Respekt von meinen Schülern, ich gewähre es aber auch ebenso von meiner Seite. Damit schließe ich für mich das Drohen mit schlechten Noten als Erziehungsmittel aus.


    Was das hilflos in der Klasse Stehen angeht, das der TE erwähnt hat:


    Ja, das ist auch meine Horrorvorstellung und ich bin ein paar Mal in der Nähe dessen gewesen. Das lag aber weniger an der Klasse als an mir selbst. Ich habe damals Folgendes gelernt, was mir persönlich mit meiner Persönlichkleit und meiner Erscheinung als Lehrer sehr weitergeholfen hat:


    a) Lasse Dich niemals auf einen Zweikampf mit einem Schüler vor "seinem" Publikum ein. Den kannst Du nämlich auch verlieren.
    b) Lasse DIch niemals so stressen oder ärgern, dass Du die Fassung verlierst. Damit verlierst Du Respekt.
    c) Wenn es aufgrund des Verhaltens der Klasse nicht möglich ist, den Unterricht weiterzuführen, dann mach etwas völlig anderes. Das Ergebnis ist letztlich dasselbe, ist aber weniger stressig für Dich.
    d) Setzt auf die Gruppendynamik. Irgendwann nervt es auch die Lerngruppe selbst, wenn die Chaoten nicht still werden. Und man kann dabei entspannt zusehen.
    e) Lasse niemals zu, dass Du richtig negative Gefühle für eine Klasse entwickelst. Dann musst Du an Deinem Verhältnis zu dieser Klasse arbeiten.


    Alles das habe ich nach anderthalb Jahren als Klassenlehrer einer damals sechsten Klasse gelernt. Die Stimmung war auf dem Tiefststand und es kam zu häufigen Störungen. Ich begann, die Klasse zu hassen - meine eigene Klasse. Mir wurde irgendwann klar, dass ich etwas an meiner Haltung ändern muss. Es war gegen Mitte des ersten Halbjahres und im Sommer des darauffolgenden Jahres sollte die Klassenfahrt sein. Wir haben im Anschluss daran eine Menge reflektiert, an uns gearbeitet - und hatten eine schöne und völlig entspannte Klassenfahrt. Viele der Kinder von damals habe ich diesen Sommer als Stufenberater im Abitur verabschieden dürfen. Das gute Verhältnis zueinander ist dabei in all der Zeit nicht abgerissen.


    Ja, ich weiß, das kann an Brennpunktschulen oder je nach Lerngruppe auch ganz anders ausgehen. Aber auch da gibt es Lehrerpersönlichkeiten, die das irgendwie auf die Reihe kriegen. Die muss man dann fragen - und an sich arbeiten.

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • 10 % der Schüler haben "Verhaltensstörungen". Vielleicht auch mehr.
    Diese 10 % fordern uns heraus. Ständig.
    Wenn man sich der Herausforderung stellt, ist man beschäftigt.


    Die restlichen 90% verhalten sich ruhig.
    SIE haben unsere Aufmerksamkeit verdient.


    Du darfst nicht über jedes Stöckchen springen, das ein Schüler dir hinhält.
    Sonst dressiert er/sie dich.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Hab schon viel darüber geschrieben.


    Genau. Viele haben schon viel dazu geschrieben. Das ist aber nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern für mich ein Indiz, dass das ein akutes Problem ist.


    Bei allen Diskussionen um Lehrermangel und Unterrichtsausfall sollte man auch mal darüber nachdenken, diese Probleme endlich anzugehen.


    "Unterricht muss möglich sein - und das ist er nur, wenn Schüler anwesend, ruhig und aufmerksam sind.
    [...]
    Würde der Unterrichtsausfall wegen Unterrichtsstörungen durch Schüler erhoben, kämen erschreckende Ausfallzeiten zusammen, die dem Unterrichtsausfall wegen Lehrermangels Konkurrenz machen können und eine Diskussion einforderten, ob die vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten, Störungen schnell und effektiv zu beenden, ausreichen."



    (Thomas Böhm: "Nein, du gehst jetzt nicht aufs Klo!".- München 2018, S. 41 + 59)

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Noten sollen an Gemeinschaftsschulen abgeschafft werden und viele Schüler/-innen machen sich auch nichts draus.

    Das ist so nicht korrekt:


    Anstelle eines Zeugnisses, in dem die Leistung mit Noten beurteilt wird, erhalten die Schülerinnen und Schüler in derGemeinschaftsschule einen detaillierten Lernentwicklungsbericht. Auf Wunsch der Eltern kann der Bericht mit Noten ergänzt werden.

    Die Lernentwicklungsberichte gibt es bereits an den GMS, ergänzende Noten auf Wunsch (bzw.in der Oberstufe in jedem Fall im Hinblick auf das Abitur) auch.



    Was die Fragen zu Unterrichtsstörungen anbelangt: (Hospitationen/Praktika + Studienwahl)- Studium- Studienpraktika- Referendariat+ Seminarausbildung werden dir viele Hinweise geben, wie du selbst in konkreten Situationen mit realen SuS echte Lösungen finden kannst. Wo das noch nicht ausreichend ist kannst du KuK fragen, hier im Forum um konkrete Tipps in konkreten Siutationen bitten, dich selbst weiter in einschlägige Fachliteratur vertiefen und/oder Fortbildungen besuchen etc. Mach dir das Leben nicht ganz so schwer mit dieser ganzen Zukunftsmusik, die noch Jahre entfernt ist und vertraue darauf, dass wenn tausende Lehrer täglich gute Lösungen für Unterrichtsstörungen finden, dir das mit entsprechender Ausbildung, Selbstreflexion, kritischer Überprüfung des eigenen Handelns auch möglich sein wird bzw. du dort wo es noch nicht funktioniert hat eben im Nachhinein verstehen kannst was warum falsch gelaufen ist um für die Zukunft zu lernen. Die eine perfekte Lösung gibt es nie, sondern ein Repertoire das anzuwenden du immer virtuoser und zielsicherer wirst und das du sukzessive erweiterst.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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