Draußenunterricht - als sinnvolle Ergänzung, um die Abstände in Coronazeiten einzuhalten?

  • Hallo zusammen,


    ich habe neulich an zwei Online Fortbildungen (in Präsenz geht ja gerade nix mehr) zum Draußenunterricht teilgenommen: von der Stiftung Silviva aus der Schweiz und der Schutzgemeinsschaft Deutscher Wald.


    Beim Draußenuntericht wird der lehrplankonforme Unterricht regelmäßig an einen außerschulischen Lernort verlegt, meist in der nahen Schulumgebung unter freiem Himmer, an der frischen Luft.

    Das soll auch sinnvoll sein, damit sich die SchülerInnen z.B. mehr bewegen und besser lernen.


    Jetzt wurde diskutiert, ob der Draußenunterricht in der aktuellen Sitution dazu beitragen kann, dass möglichst viel Präsenzunterricht stattfindet kann!?

    Der geforderte Mindestabstand von 1,5 Meter ist ja so vielleicht leichter zu gewährleisten, und es besteht keine Gefahrt durch die Aerosole im Klassenraum.

    Man braucht als Lehrkraft dann natürlich gute Konzepte, wie man dennoch die Lehrinhalte vermittelt, die SchülerInnen beisammen hält, die Aufsichtspflicht gewährleitstet etc. Das stelle ich mir schon schwieriger vor.


    Hat von euch jemand schon Erfahrungen mit dem Draußenunterricht gesammelt, habt euch auch überlegt, wie ihr aktuell mehr Platz im Klassenraum schaffen kann, oder wart nach dem Lockdown im Frühjahr öfter mal draußen mit den SchülerInnen?

    Im Sommer ist das sicher etwas einfacher, als in der kalten Jahreszeit, wenn die Kinder draußen beim schreiben vielleicht frieren!?


    In der Schweiz haben sie dafür nun extra eine Plattform zur Vernetzung und zum Austausch von Unterrichtsmaterialien eingerichtet:


    https://www.draussenunterrichten.ch/


    Und die Beiträge von der Fortbildung der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald kann man noch mal anschauen und sie stellen Unterrichtmaterialien frei zur Verfügung, das finde ich ganz spannend:


    https://www.youtube.com/channel/UCgy0SOQC_fm3t1LtSXXxzrw

    http://www.sdw-bayern.de/unterricht-im-wald/


    An der TUM in München gibt es dazu auch ein Forschungsprojekt und recht anschauliche Praxishandreichung:


    https://www.sg.tum.de/sportdid…chung/draussenunterricht/


    Jetzt überlege ich, ob das eine sinnvolle Ergänzung sein kann, ob es da bereits Erfahrungwerte gibt und was man alles beachten muss!?

    Wie ist eure Meinung?


    Danke und Grüße!

  • Conni

    Hat das Thema freigeschaltet.
    • Offizieller Beitrag

    Ich war im Spätsommer mit Kindern draußen singen.

    1. 12 Grad, Kindern kalt, mussten alle 2 min rennen.

    2. Großstadt, extrem laut, meine Stimme war danach fertig.

    3. Abstand halten war nicht möglich. Ich musste so schon jeden einzeln aufstellen und am Platz halten, aber mit 1,5 m Abstand hätte meine Stimme es gar nicht mehr gepackt.


    Wald... Tja nun... Über eine Stunde Fahrtzeit, dann sind wir im Stadtwald.


    Mehr Platz im Klassenraum schaffen: Wände einreißen oder Kinder raussetzen, ganz einfach. Noch nicht umgesetzt.

  • Hä? Und wie sollen die Kiddies draußen Present Perfect lernen?


    Oder eine Mediation anfertigen? Wo schreiben sie denn dann?


    Das mag vielleicht für Bio- oder Sportlehrer ganz nett sein, eventuell noch GL in der Sek I, aber für den Rest?


    Geometrie und Bruchrechnen im Wald? Rechtschreiben?

  • Geometrie

    Kann man doch wunderbar mit Ästen nachbilden, sogar 3D!


    Spaß beiseite, bei Klick auf die Links sehe ich kleine Kinder. Grundschulalter - sicher.ich möglich. Auch in bestimmten Fächern der Sek I und Sek II, aber sinnvoller Unterricht, gerade in den höheren Stufen ist das sicherlich nicht.


    Ich denke gerade an den langen Waldspaziergang, um ein Herbarium anzulegen.

  • Danke für eure Überlegungen. Ja das Konzept richtet sich eher an die Grundschulen und dann noch bis in die 7., vielleicht 8. Stufe, zumindest gibt es für die Stufen Materialien. Und eben immer nur mit ausgewählten Lehrplaninhalten bestimmter Fächer. Das muss jede Lehrkräft entscheiden: wann passt welcher Inhalte in welchem Fach in welchen außerschulischen Raum. Der Fahrtweg Connie ist natürlich ein Thema, da haben Schulen mit direkter Natur drum herum große Vorteile. Und die Kinder müssten aktuelle mit richtig dicken Winterklamotten zur Schule kommen.


    Die Kinder schreiben dann auf dem Schoß, auf Klemmbretter, sitzen auf Baumstämmen, ähnlich wie in Grünen Klassenzimmern.

    Ja Geometrie wird z.B. im Wald unterrichtet, Baumgrößen bestimmt, der Herbarium ist sicher ein passender Lehrplaninhalt.

    Ich glaube, hier kommt es auf eine gute Verbindung der Fächer drauf an: wie kann man z.B. die für den Biounterricht gesammelten Naturgegenstände auch in den Deutschunterricht mit integrieren, um den Grundschulkindern das schreiben beizubringen.


    Mich hat in den Vorträgen vor allem die Verbreitung z.B. in Dänemark verwundert. Da hieß es, dass so ein Unterricht - bei den Dänen heißt es udeskole - an fast 20 % der Schulen stattfindet, klar, vermutlich nur mit einzelnen Klassen, und vielleicht auch sporadischer, aber immerhin. Das wäre ja der Bogen vom Waldkindergarten in die Grundschule, die vemehrt auch auf solche Konzepte setzt.

  • Unterrichtsgänge gehören für mich zum normalen Unterricht.

    Die Seite mit den Wald-Aktionen ist sympathisch. Es eine gute Idee ist, sowas zentral zu sammeln. Ich finde es auch naheliegend, dass sich "Wald-Interessensgruppen" dafür einsetzen.


    Ich werde allerdings extrem skeptisch, wenn mir irgendwelche Didaktiklehrstühle so etwas als innovatives neues Konzept verkaufen wollen. Da ist mein erster Gedanke dann immer "Pseudo-Forschung". Die dort angebotene Handreichung steigert auch nicht mein Vertrauen, da auf diese Tipps selbst meine Schüler gekommen wären.


    Das Ganze an Covid aufzuhängen wirkt auf mich opportunistisch und schadet der Glaubwürdigkeit.


    Was ist die Intention dieses Threads?

  • Hallo kodi,


    bitte entschuldige, wenn das komisch rüber gekommen ist. ich bin in der Tat auf der Ideensuche, was es in der aktuellen Zeit für Möglichkeiten gibt, und bin dabei auf die Konzepte gestoßen, die ich zunächst mal für spannend halte, wenn sie denn in der Praxis funktionieren.

    Aber da ich wenig Lehrerfahrung habe, hatte ich mir erhofft, hier ein paar Einschätzungen zu bekommen.

  • Ich finde die Idee nicht doof. Draußen mit etwas Luftbewegung und mit Maske wären auch Kleingruppen zu verantworten. Wenn die Kinder sich bewegen, wäre es angenehmer, als auf dem zugigen Platz im Klassenzimmer stillsitzen zu müssen. Wald ist nicht nötig, Schulgelände ist auch schon gut.

    Und wie sollen die Kiddies draußen Present Perfect lernen?...
    Geometrie und Bruchrechnen im Wald? Rechtschreiben?

    Stationenlauf

    Learning Apps (kostenlos? offline?)

    Rollenspiele

    Quizzspiele

    ...

    Wo schreiben sie denn dann?

    auf Stufen, Bänken, Sitzecken, auf der Tischtennisplatte?

    Klemmbrett, Block, Tablett, gar nicht?


    Abwechslung würde es jedenfalls in den ollen Frontalunterricht bringen. Danke für die Anregung.

  • Das örtliche Gymnasium liegt am Waldrand und hat in der Tat ein Draußenklassenzimmer. Es wird auch genutzt, nur nicht bei diesen Temperaturen, denke ich. Hier gibt es Naturparkschulen (Schwarzwald), da haben auch noch einige andere so ein "KLassenzimmer" - aber für den Sommer.

  • Draußenklassenzimmer an einem Gymnasium? Also ich weiß ja nicht. Ich kann einem Waldkindergarten etwas abgewinnen, genauso wie einem Waldtag in Klasse 1/2 bzw. in der Förderschule. Bei einem Gymnasium empfinde ich das zu sehr als Spielerei und irgendwo stelle ich mir bei Gymnasialunterricht etwas Disziplinierteres und Strengeres vor. Da wären wir aber glaube ich wieder bei dem Thread Menschlichkeit am Gymnasium von letztens.

  • Mensch, Lehramtsstudent, mach dich locker. Das Gymnasium liegt ja fast im Wald und ich finde es eine schöne Idee. Die Biolehrer nutzen auch noch auf andere Art die naturnahe Lage, aber das willst du wahrscheinlich gar nicht wissen.

  • Draußenklassenzimmer an einem Gymnasium? Also ich weiß ja nicht. Ich kann einem Waldkindergarten etwas abgewinnen, genauso wie einem Waldtag in Klasse 1/2 bzw. in der Förderschule. Bei einem Gymnasium empfinde ich das zu sehr als Spielerei und irgendwo stelle ich mir bei Gymnasialunterricht etwas Disziplinierteres und Strengeres vor. Da wären wir aber glaube ich wieder bei dem Thread Menschlichkeit am Gymnasium von letztens.

    Na Gott sei Dank ist die Pädgogik gleich ob am Gymnasium oder an anderen Schularten nicht bei "diszipliniert und streng" stehengeblieben, sondern hat sich seit den 1960ern weiterentwickelt, in denen deine Vorstellungen zu verorten wären. Rohrstöcke dürfen die übrigens auch schon ein paar Jahrzehnte lang nicht mehr einsetzen. Dafür haben andere didaktische Ansätze sich zum Glück ihren Raum geschaffen, egal ob "Draußen-Klassenzimmer", "tiergestützte Pädagogik"/"Schultiere"/"Schulhunde" oder auch so simple Dinge wie Lehrkräfte aller Fächer prinzipiell im DaZ-Bereich auszubilden und zu sensibilisieren während des Vorbereitungsdienstes. Schule ist kein ewig-gestriges Konstrukt, sondern in vieler Hinsicht ein lebender, atmender, sich konstant entwicklender Organismus. Wer ständig stehen bleiben möchte, wie deine Beiträge oft vermuten lassen, kommt schnell ins Stolpern.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Weißt du, CDL, ich finde Schulhunde, Draußenklassenzimmer und co. als Freizeitbeschäftigung auch toll, pädagogisch wertvoll und so - natürlich. Das Problem ist nur, dass man dann natürlich bei anderen Dingen Abstriche machen muss, da eben der Schultag zeitlich begrenzt ist. Da wir jetzt beim Beispiel Gymnasium sind: Es wird ja immer bemängelt, dass die mathematischen Kompetenzen des Durchschnittsabiturienten deutlich schwächer ausgeprägt sind als früher. Nehmen wir das im Zweifelsfall eher in Kauf, um im Gegenzug sagen zu können, dass die Kids so gut sozialisiert wurden während ihrer Schulzeit?

    • Offizieller Beitrag

    Referendariat. Meine Schulleiterin hatte eine Revision. Wir saßen gemeinsam mit dem Schulrat bei der dafür notwendigen Konferenz. Thema der Konferenz "Neue Medien" (Ja, das ist wirklich schon 20 Jahr her.)

    Schulleiterin: "Sammeln wir doch mal ein Beispiel, was man mit den Neuen Medien im Unterricht machen kann. Nehmen wir doch mal das Beispiel 'Wald'."

    Die Konferenz überlegte angestrengt, man wollte die Schulleiterin ja unterstützen, der Schulrat beobachtete uns schmunzelnd.

    Irgendwann meinte er: "ich habe da mal eine Frage. Wir sind hier doch auf dem Dorf. Warum gehen Sie nicht einfach vor die Tür - und in den Wald."


    kl. gr. frosch

  • Weißt du, CDL, ich finde Schulhunde, Draußenklassenzimmer und co. als Freizeitbeschäftigung auch toll, pädagogisch wertvoll und so - natürlich. Das Problem ist nur, dass man dann natürlich bei anderen Dingen Abstriche machen muss, da eben der Schultag zeitlich begrenzt ist. Da wir jetzt beim Beispiel Gymnasium sind: Es wird ja immer bemängelt, dass die mathematischen Kompetenzen des Durchschnittsabiturienten deutlich schwächer ausgeprägt sind als früher. Nehmen wir das im Zweifelsfall eher in Kauf, um im Gegenzug sagen zu können, dass die Kids so gut sozialisiert wurden während ihrer Schulzeit?

    Oder- ich weiß, verrückte Idee, man nutzt das Draußen-Klassenzimmer unter anderem für alltags- und/oder anwendungsbezogenen Mathematikunterricht (nicht einfach irgendwelche hypothetischen Kreisradien berechnen und Durchmesser messen, sondern die Baumscheibe vermessen etc.), der SuS womöglich sogar besser zu motivieren vermag. Gerade die tiergestütze Pädagogik ist weit entfernt davon lediglich ein Mittel zu sozialem Lernen zu sein, sondern hilft auch dabei fachliche Ziele oftmals leichter/besser zu erreichen. Die Tiere werden ja nicht nur aus Jux und Dollerei mit in den Fachunterricht genommen und auch nicht nur als Anschauungsobjekte. Es gibt wirklich tolle Ansätze beispielsweise in der Deutschdidaktik, die mit Tieren arbeiten.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wenn das klappt und die curricularen Ziele dennoch (oder umso besser) damit erreicht werden, bitte her damit. Das würde ich aber nur in die Hände von Lehrern mit einschlägigen Erfahrungen in dem Bereich geben, denn die Gefahr, dass es zur Spielstunde mit ein bisschen Lernen nebenbei verkommt, ist ja durchaus gegeben.

  • Schon traurig, wie das spannende Thema von einigen gleich abgewiesen wird.


    Im Sommer gehe ich regelmäßig raus mit den Schülern. Partner- und Gruppenarbeiten klappen ganz wunderbar. Nur das laute Sprechen ist halt wirklich anstrengend mit allen im Sitzkreis.


    Jetzt bei Regen ist hier wenig möglich. Im Frühling freue ich mich auf Unterrichtsgänge zu Frühblühern. Und sobald es wieder warm ist, kann ja auch Sport wieder draußen stattfinden.

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