• Dann klappt in 20 zwar das Gendern, aber der Antisemitismus (eigentlich wohl eher Antijudaismus) hat eben auch eine neue Hochzeit. Da sieht es bzgl. der generationsspezifischen Sensibilität nämlich genau entgegengesetzt aus.


    Ich habe eine recht feste Meinung darüber, womit ich eher leben könnte.

    Wir haben an allen Ecken größere Probleme als -Innen oder fünfte Geschlechter.

    Verstehe, wir spielen jetzt mutwillig Probleme gegeneinander aus, die nichts miteinander zu tun haben!

    Dann bin ich auf deine Einschätzung zu den folgenden "Duellen" gespannt:

    - Rassismus vs. Klimawandel

    - Wohnraummangel vs. Nitratbelastung in Deutschland

    - Investitionsstau im Bildungswesen vs. Volkskrankheit Rückenschmerzen

  • Leben und leben lassen. Sprache und Geschlechter sind Konstrukte - damit kann es keine einheitliche oder richtige Meinung geben.

    Geschlecht ist biologisch determiniert. Sprache ist zwar ein Konstrukt, aber folgt ähnlich wie Mathematik einer inneren Logik.

  • Stimmt schon. Der Verzicht auf das Gendern ändert an den Problemen an anderen Fronten wohl unmittelbar und zwingend nichts.


    Vielleicht wäre aber mehr Energie, Wachheit, Veränderungswille u.a. Ressourcen dafür übrig. Während ich das schreibe, merke ich, dass es wohl nur geringfügig daran liegt, dass man vom Thema Gendern abgelenkt ist. Das Grundproblem ist wohl dramatischer...

    Von wegen Schuft, ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist!

  • Klar, da könnte man argumentieren, dass Elefanten es nicht juckt, wie jetzt Menschen sie bezeichnen, aber in der inneren Logik des Genderns werden doch auch Menschen gegendert, die das kognitiv gar nicht erfassen können, z.B. Menschen, die im Koma liegen, Säuglinge oder Schwerstmehrfachbehinderte.

    Ich denke, diese Ausführungen zeigen deutlich, dass du es nicht verstehen willst, sei‘s drum:

    Du musst dann eben auch Tiere gendern. Da darfst du auch ganz kreative, neue Schreib- und Sprachvorschläge machen.

    Werde aktiv und erfreue uns mit Vorschlägen, das, was gefällt, werden wir dann langsam und behutsam in die Alltagssprache überführen.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • So wie Arzt halt ...

    Das ist doch das Problem, dass „Arzt“ sowohl die geschlechtsneutrale aber auch die männliche Bezeichnung sein kann. Zu einer Zeit entstanden, als nur Männer Ärzte wurden und nur Frauen Krankenschwestern.

    In der deutschen Sprache gibt es eben keine eigenständige neutrale Form. Wenn wir dir hätten, würde die Diskussion wahrscheinlich anders verlaufen.

  • Mein Vorschlag wäre ja, die geschlechtsneutrale Bedeutung beizubehalten und in allen anderen Kontexten das Geschlecht durch entsprechende Adjektive sprachlich zu kennzeichnen. Funktioniert bei anderen Identitätseigenschaften bereits echt gut!


    @samu : Naja, es heißt doch "der Mensch" und nicht "das Mensch"? Wo ist der Unterschied zu "der Arzt"?

  • Wir sollten diese Diskussion hier archivieren und SuS in 50 Jahren vorlegen. Die lachen sich schlapp.


    Und: Früher sagte man völlig wertfrei "Neger" (hat mein Vater 1986 noch gemacht!), heute unterlässt man das Wort und verwendet "Schwarzer", auch das wohl nicht mehr so lang. So ändert sich halt die Sprache und man kann lange und breit darüber diskutieren, das ist gut, man kann sich wehren, von mir aus, man kann es von Anfang an mitmachen, auch recht.

    Nur sich ärgern sollte man nicht. Sprache ist ein Konstrukt.

    Amen. Sozusagen.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Joa, es wirkt auch selbstgerecht, etwas aus Prinzip zu bekämpfen, was einem selbst null schadet, aber anderen wichtig ist, nur weil es ungewohnt ist. Rückständig wirkt es auch.


    Wollen wir nicht mal darüber abstimmen, ob Homosexualität als Krankheit zu bezeichnen ist und behandelt gehört? Achtung, Lindbergh, sehr böser Zynismus. Bitte nicht liken.

    Ich weiß immer nicht, was mit mit dieser Art von Argumentation anfangen soll. Ignorieren, argumentieren, belächeln?

    Das Ausleben der eigenen Sexualität ist ein Grundrecht. Das Recht auf das richtige grammatikalische Genus ist es eben einfach laut Bundesverfassungsgericht nicht: https://www.bundesverfassungsg…AAC8E04951B3B5D2.2_cid392 Man erkenne einen exorbitanten Qualitätsunterschied. ;)


    Ich bekämpfe das überhaupt nicht aus Prinzip. Ich bin auch nicht reaktionär. Das sind lediglich (moralische) Unterstellungen, die man hervorholt, weil man keine wirklichen Argumente mehr hat, um die Bevölkerung zu überzeugen.

    Ich habe mich damit eingehend beschäftigt und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich das Thema für völlig übertrieben halte. Die Untersuchungen dazu sind zu einem großen Teil von sehr zweifelhafter Qualität (zu kleine Teilnehmerzahl, fast immer nur Studenten, eher untypische Sprachsituationen, Erhebung außerhalb von Kontext, ungeeignete Erhebungsmethoden usw.) und dass man aus diesen Untersuchungen (z.B. bei den Berufsvorstellungen von Grundschulkindern) vielfältige Schlüsse ziehen könnte. Zu gendern, wäre nur einer davon und in meinen Augen teilweise der abwegigste. Um bei den Berufsvorstellungen der Grundschulkinder zu bleiben: da die generische Form scheinbar die prestigeträchtigere ist, könnte man auch genau andersherum argumentieren, dass man die weibliche Formen nicht mehr verwenden sollte und stattdessen mehr in die Berufsaufklärung geht, damit Mädchen sich diese Berufe für sich eher vorstellen könnten! Für das Aufgeben der femininen Movierungsendungen gibt es immerhin Vorbilder in anderen germanischen Sprachen wie Englisch, Niederländisch, Schwedisch, Norwegisch und eben auch dem Deutsch der DDR. Eine Form für alle ist zudem allemal einfacher als dieses permanente Unterscheiden und Doppeln und verbessert das Verhältnis von Inhalt und Satzlänge.


    Dass es nicht schadet, ziehe ich erheblich in Zweifel. Es macht das Lernen von Deutsch auf allen Ebenen schwieriger und Deutsch ist ohnehin schon eine schwierige Sprache. Solche Sätze wie "Jede:r Beamt:in hat das Recht auf seinen:ihren xyz." werden sicherlich weder schriftlich noch mündlich Sprachalltag der allgemeinen Bevölkerung werden und ich stelle es mir auch extrem schwer vor, das in der Schulpraxis umzusetzen. Vorgestern erzählte mir ein Freund, dass in seiner Behörde der Genderstern vom Tisch ist, weil ein sehbehinderter Kollege damit Probleme beim Vorleseprogramm hat. Sie versuchen es jetzt erst einmal mit dem Doppelpunkt. Da habe ich aber auch schon gehört, dass die Pause zu lange "vorgelesen" wird und es die Sätze auch schwer verständlich macht.


    Kaum jemand wird ein Lied singen mit "Alle meine Freund*schluckauf*innen" und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein gegendertes Theaterstück gut beim Publikum ankäme. Es klingt technokratisch und kalt - kein bisschen ästhetisch. Ich habe neulich eine Diskussion angefangen zu schauen und alle vier Diskutanten haben mit dieser Sprechpause gegendert und es sind sehr viele Personenbegriffe gefallen. In einigen Situationen klappt es mit dem reinen Anhängen von *in/*innen nicht und man weicht wieder auf die langen, schwerfälligen Doppelformen aus. Es war einfach furchtbar anzuhören und nach ca. 15 Minuten habe ich das entnervt abgestellt. Man hat permanent dieses Holpern in den Sätzen, was sie so unrund und anstrengend macht. Dann überbetonen das viele so, weil man sonst sehr schnell keine Sprechpause mehr hört, weil manche Menschen einfach generell schnell sprechen oder nuscheln, und man nur die rein weibliche Form oder ein Gekräusel hört. Die Klarheit der Bilder in unseren Köpfen, die so angeblich entstünde, wird schnell durch die schlampige Praxis zerstört, um nicht zu sagen verschlimmbessert. Gelegentlich fiel man dann doch in die generische Form, weil diese Art von Sprechen eine gedankliche Höchstleistung abfordert. Ein bedacht gewählter Text, z.B. für eine Moderation, ist etwas komplett anderes als spontaner Sprachgebrauch und dort muss es sich eben letztlich bewähren. Das tut es einfach nicht und es trotzdem durchsetzen zu wollen, hat vielmehr etwas von "aus Prinzip".


    Ich gehe auch mal in den Gegenangriff über: Was ist der Grund, warum viele "Progressive" so selbstsicher sind, dass sie die einzig wahre Lösung gefunden haben? Auf mich wirkt es eher so, als würde man sich in eine Richtung verrennen. Da muss man grundlegende Eingriffe in die Grammatik und diese Verlängerung der Sätze als "Findet da jemand nicht die Sternchen-Taste auf der Tastatur?" abgewunken oder als nur "ein wenig Mühe geben" abgetan werden - eine völlige Verharmlosung! Sobald man dann merkt, dass der große Rest der Welt die eigene Ansicht nicht teilt, wird man moralinsauer. Unter "extrem diskriminierend" macht man es da nicht, obwohl es die meisten Leute wohl einfach nicht so sehen.

  • Es macht das Lernen von Deutsch auf allen Ebenen schwieriger und Deutsch ist ohnehin schon eine schwierige Sprache.

    Hab gehört, Chinesisch sei noch schwieriger, Polnisch wohl auch. Japanisch auch.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • PS Ansonsten aber ernsthaftes danke für deinen unaufgeregten Beitrag :)

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Wenn man den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage zum Gendern in Stellenanzeigen folgt, handelt es sich bei diesem Thema auch um einen Generationenkonflikt. Die jüngste der befragten Altersgruppen (20- bis 29-Jährige) befürworten mit knapper Mehrheit bereits jetzt das Gendern in Stellenanzeigen, während sich nur 25 % der 50- bis 59-jährigen dafür aussprechen. Dass ältere Mitbürger*innen gesellschaftlichen Veränderungen tendenziell eher ablehnend gegenüberstehen als die jüngeren Generationen, ist natürlich kein neues Phänomen. Möglicherweise wächst sich der Widerstand gegen das Gendern in den nächsten Jahrzehnten einfach 'raus.

    Die Diskussion geht ja nicht wirklich um Stellenanzeigen, sondern um einen allgemeinen Sprachgebrauch. Ein "Das ist mir wichtig" ist in einer Umfrage schnell gesagt, aber es muss dann auch umgesetzt werden. Das sehe ich im Alltag nicht.

  • Verstehe, wir spielen jetzt mutwillig Probleme gegeneinander aus, die nichts miteinander zu tun haben!

    Dann bin ich auf deine Einschätzung zu den folgenden "Duellen" gespannt:

    - Rassismus vs. Klimawandel

    - Wohnraummangel vs. Nitratbelastung in Deutschland

    - Investitionsstau im Bildungswesen vs. Volkskrankheit Rückenschmerzen

    Nein, das ist kein Ausspielen. Es ist vielmehr die Einsicht, dass man sich nur mit einer begrenzen Anzahl an Themen gründlich auseinandersetzen kann. Das ist im normalen Schulbetrieb ja auch nicht anders (aus Konferenzen, Arbeitsgruppen, Aktenführung etc.). Was wir an Zeit dür die Diskussion ums Gendern aufwenden, fehlt einfach an anderer Stelle.

  • Damit es dann für alle einfacher wird, verwenden wir mal in den nächsten 50 Jahre einfach nur das Femininum (sch... auf „generisch“).

    Dann sehen wir weiter. Wenn sich dann die männlichen und sonstigen Wesen trotzdem immer angesprochen und nicht diskriminiert fühlen, lassen wir es einfach dabei.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Damit es dann für alle einfacher wird, verwenden wir mal in den nächsten 50 Jahre einfach nur das Femininum (sch... auf „generisch“).

    Dann sehen wir weiter. Wenn sich dann die männlichen und sonstigen Wesen trotzdem immer angesprochen und nicht diskriminiert fühlen, lassen wir es einfach dabei.

    Schon so oft gehört/gelesen, aber es wird dadurch nicht wahrer. Sprachistorisch ist "Lehrer" eine unmarkierte Form, die generisch verstanden werden kann. "Lehrerin" ist feminin markiert und kann nicht generisch verstanden werden. "Weibliche Lehrer" erzeugt bei der allgmeinen Bevölkerung keinen Widerstand, "männliche Lehrerinnen" hingegen schon. Dass sich das ändert, ist weniger denkbar als der umgekehrte Weg. Die Sprachökonomie spricht auch dagegen: Lehrerinnen, feindinlich, befreundinnen usw.

  • Sprachistorisch ist "Lehrer" eine unmarkierte Form, die generisch verstanden werden kann. "Lehrerin" ist feminin markiert und kann nicht generisch verstanden werden.

    Das aber ist eine Sache der Festlegung und wenn man es ab sofort so festlegt, ist es eben ein generisches Femininum und benennt alle mit.


    Ja, das löst das Problem nicht und ist genauso unangebracht,

    aber es zeigt auch, wie schräg die Debatte ist, dass sich Frauen bei Arzt oder Lehrer benannt fühlen sollen.

    Historisch ist doch deutlich, dass viele Frauen in Lehre, Wissenschaft, Forschung und auf vielen anderen Gebieten gar nicht zum Zuge kamen oder nicht benannt wurden, obwohl sie Großartiges geleistet haben. Wer würde sich denn wünschen, andere Personengruppen sprachlich auszuradieren?

  • Das aber ist eine Sache der Festlegung

    Ganz genau. Danke.

    Und sehr lange legte man sich so fest. Nun sagen einige manche viele wenige, dass sie das anders festlegen möchten.

    Dann muss man drüber sprechen.

    danke.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Warum soll sich denn überhaupt Sprache verändern, wenn nur eine Minderheit sich hieran stört? Seit wann richtet man sich denn in unserer Gesellschaft nach einer Minderheitenmeinung? Gerade das war doch immer das Argument, warum die Querdenkerbewegung nie maßgeblich die politischen Maßnahmen beeinflussen konnten. Sie stellen ja nicht die Interessen der Mehrheit dar...

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