• Es hat sich so entwickelt zum Zwecke der Erhaltung der Art.

    "Teleologie" bedeutet: auf ein Ziel hin ausgerichtet. Im Zusammenhang mit Evolution begegnen einem of teleologische Argumente: etwas ist so oder so geschehen eines Zieles wegen. Diese Argumente gibt es auch in richtig plump (und gehen dann in die theologische Ecke), hier geht es aber wohl um eine einfache semantische Unterscheidung, auf die vielleicht nicht alle gleich viel Wert legen.


    Dennoch: Evolution ist ein Prozess, ein Vorgang, und nicht zielgerichtet. Nicht einmal das Überleben der Art ist ein Ziel der Evolution, Eigenschaften von Lebewesen haben nicht den Zweck, das Überleben zu sichern. Das Überleben der Art ist ein Effekt der evolutionären Vorgänge, eine Auswirkung davon. Umgangssprachlich und in salopperen Zusammenhängen (manche Fernsehdokus) spricht man da vielleicht von "Zweck" oder "um zu", finale Zusammenhänge. Dagegen sind diese Entwicklung konsekutiv (einfach: "so dass"), das Überleben - oder Aussterben - von Arten ist lediglich eine Folge evolutionärer Prozesse, aber nicht ihr Zweck oder Ziel.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Mich erstaunt Eure Verbissenheit. Der Versuch, den jeweils anderen in dieser Sache zu bekehren, belehren, umzustimmen oder zu läutern ist doch von Anfang an zum Scheitern verurteilt.


    Wenn die Einen den Anderen ihre persönliche Meinung ebenso gönnen würden, wie sie deren jeweiligen persönlichen Umgang mit dem Gender-Thema in Wort und Schrift tolerierten, dann wären wir an einer offenen, pluralistischen, toleranten und vielleicht auch gleichberechtigten Gesellschaft näher dran, als wenn man hier die Keule schwingt und sich aufregt.


    Und enorm viel Energie, Lebenszeit und Nerven würden überdies geschont.

    Von wegen Schuft, ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist!

  • Es hat sich so entwickelt zum Zwecke der Erhaltung der Art.

    Nein, nicht zu dem Zweck aber mit der Wirkung.

    Da dies, wie gesagt, die Grundvoraussetzung dafür ist. Eine Art, die sich nicht fortpflanzen bzw. reproduzieren kann, ist logischerweise nach einer Generation weg.

    Irrelevant.


    Zunächst wurde behauptet, die Zweigeschlechtligkeit habe den Zweck der Fortpflanzung, das ist falsch.

    Fortpflanzung/Reproduktion ist kein Begleiteffekt / keine Begleitentwicklung der Evolution. Es ist die evolutionäre Grundvoraussetzung für jede Lebensform! Auf dieser Basis kann erst weitere Variation und dann Selektion stattfinden.

    Ach.


    Und niemand hat irgendetwas "entworfen".

    Eben.

    Ist doch wirklich nicht so schwer....

    Eigentlich nicht. Aber man wundert sich immer wieder.

  • Luc Degla: Deutsch ist zu "Schluckauf-Sprache geworden


    Interessanter Kommentar, den ich in weiten Teilen so unterstützen würde. Witzigerweise wurde mein Argument mit dem Migrationshintergrund hinsichtlich der "Sichtbarmachung" sogar aufgegriffen ^^ .

    Nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich: Die Wörter "Mitarbeiter" und "Mitarbeiterinnen" enthalten durchaus eine Angabe über das Geschlecht. Eine Angabe über Herkunft, Sexualität, Glaube und Lieblingshobby der Mitarbeiter*innen ist in den beiden Begriffen nicht enthalten.


    Es bleibt der Eindruck, den Margarete Stokowski in der weiter oben verlinkten Kolumne beschrieb: Vor allem Gegner*innen gendergerechter Sprache scheinen sich voller Inbrunst, Empörung und Außenwirkung mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Dann wird gerne der moralische Zeigefinder erhoben und sich darüber aufgeregt, was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit es sei, dass sogar Student*innen schlechte Prüfungsnoten erhalten oder gar durchfallen, weil sie sich - vermeintlich im Auftrag der Freiheit agierend - weigern, gendergerechte Sprache anzuwenden. Bei einem genaueren Blick wird dann deutlich, dass es sich bei dieser Empörungswelle höchstens um ein laues Lüftchen handelt. Denn der "Verein Deutsche Sprache" und der "RCDS" haben Student*innen haben lauthals Klagewilligen Unterstützung angeboten - doch es finden sich keine Studierenden, die klagen möchten (Quelle)...

  • Mueller Luedenscheidt

    Wie ich bereits einmal geschrieben habe, halte ich die Meinung von Frau Stokowski für sehr einseitig, denn sie tut so als wären wir durch puren Zufall an dem Punkt, an dem wir sind.

    Keine Umfrage ergab bisher eine Mehrheit für das Gendern mit Sternchen und Co., und zwar in keiner Altersgruppe! Der Antrieb etwas zu ändern war also kaum gegeben. Es ist immer eine kleine Gruppe gewesen, die das forciert hat und damit trotz fehlender Mehrheit recht weit gekommen ist. In gewissen Bereichen wurde es berücksichtigt (hauptsächlich in offiziellen Kontexten) und in anderen eben nicht. Das hat ihnen aber nicht gereicht. Die wenigsten Befürworter des Genderns machen das ja wohl kaum nur für sich selbst, sondern da ging es auch immer um etwas anderes.

    Sie haben ihre Art und Weise zu schreiben und zu sprechen den Namen geschlechtergerechte Sprache gegeben und damit die Sprachwelt moralisch geteilt. Ihre Art ist gerecht und alles andere ist ungerecht. Diese Einteilung ist kein Konsens, geschieht somit einseitig und ist damit per Definition selbstgerecht.

    Dass es irgendwann mal deutlicheren Gegenwind gibt, ist irgendwann unvermeidlich. Wenn man den Gegnern des Genderns also vorwirft, sie würden den moralischen Zeigefinger erheben, dann haben die Verfechter des Genderns dies längst und ausdauernd getan, sonst wären wir nicht hier. Sie haben sich in meinen Augen nur zu sehr daran gewöhnt, dass ihre Argumente widerspruchsfrei erduldet werden und man sie gewähren lässt. Man könnte auch ihnen vorwerfen, dass sie da um ihr Privileg der bisherigen Diskurshoheit fürchten.


    Zu den Unis: meines Wissens haben da aber auch Unis Rückzieher gemacht, nachdem die Thematik publik wurde. Rechtlich wären sie damit vermutlich nicht durchgekommen. Solche so spezifischen Sprachleitfäden gibt man ja auch nicht aus Lust und Laune heraus. Es sind schon Erwartungen daran geknüpft, dass man sich daran hält. Sonst könnte man sich das auch blank sparen ...

  • Mueller Luedenscheidt

    Wie ich bereits einmal geschrieben habe, halte ich die Meinung von Frau Stokowski für sehr einseitig, denn sie tut so als wären wir durch puren Zufall an dem Punkt, an dem wir sind.

    Keine Umfrage ergab bisher eine Mehrheit für das Gendern mit Sternchen und Co., und zwar in keiner Altersgruppe! Der Antrieb etwas zu ändern war also kaum gegeben. Es ist immer eine kleine Gruppe gewesen, die das forciert hat und damit trotz fehlender Mehrheit recht weit gekommen ist. In gewissen Bereichen wurde es berücksichtigt (hauptsächlich in offiziellen Kontexten) und in anderen eben nicht. Das hat ihnen aber nicht gereicht. Die wenigsten Befürworter des Genderns machen das ja wohl kaum nur für sich selbst, sondern da ging es auch immer um etwas anderes.

    Sie haben ihre Art und Weise zu schreiben und zu sprechen den Namen geschlechtergerechte Sprache gegeben und damit die Sprachwelt moralisch geteilt. Ihre Art ist gerecht und alles andere ist ungerecht. Diese Einteilung ist kein Konsens, geschieht somit einseitig und ist damit per Definition selbstgerecht.

    Dass es irgendwann mal deutlicheren Gegenwind gibt, ist irgendwann unvermeidlich. Wenn man den Gegnern des Genderns also vorwirft, sie würden den moralischen Zeigefinger erheben, dann haben die Verfechter des Genderns dies längst und ausdauernd getan, sonst wären wir nicht hier. Sie haben sich in meinen Augen nur zu sehr daran gewöhnt, dass ihre Argumente widerspruchsfrei erduldet werden und man sie gewähren lässt. Man könnte auch ihnen vorwerfen, dass sie da um ihr Privileg der bisherigen Diskurshoheit fürchten.

    Meines Erachtens ist die Gruppe derer, die geschlechtergerechte Sprache anwenden, in Ihrer Erwartungshaltung nicht so einheitlich, wie Du es suggerierst. Ich benutze z. B. im beruflichen Kontext, also vor allem im Unterricht, das Gendersternchen in Wort (per kurzer Sprechpause) und Schrift. Ich erkläre den Schüler*innen (in meinem Fall sind es tatsächlich in der Regel zu >90 % Schülerinnen) einmalig zu Beginn, aus welchem Grund ich diese Schreibweise verwende. Weder direkt noch indirekt fordere ich jedoch, dass meine Schüler*innen das Gendersternchen (oder eine ähnliche Alternative) übernehmen und selbstverständlich würde ich niemals auf den Gedanken kommen, dies zu einer bewertungsrelevanten Frage zu machen. Und viele Kolleg*innen halten es genauso. Meinerseits besteht also keineswegs ein Missionierungsanspruch.

    Ich halte es zwar für richtig, wenn öffentliche Institutionen nicht nur Männer sprachlich sichtbar machen, aber welche Sprechweise Karl-Heinz Müller und Ayse Sentürk für richtig erachten und anwenden, sollen beide doch bitte selbständig und frei entscheiden. Und meiner persönlichen Erfahrung nach ist dies der Ansatz vieler Menschen, die Gendersternchen oder ähnliche Alternativen verwenden.


    Zu der fehlenden Mehrheit: Das halte ich nicht für das ausschlaggebende Kriterium hinsichtlich der Frage, ob die geschlechtergerechte Sprache eine Existenzberechtigung hat. Vor 25 Jahren wurden Deutsche mit Migrationshintergrund z. B. noch flächendeckend als "Ausländer" bezeichnet. Dies hat sich mittlerweile gewandelt. Ein Wandel, der meines Erachtens richtig und wichtig ist, der jedoch sicher nicht proaktiv durch eine breite Bevölkerungsmehrheit vorangetrieben wurde.


    Zu den Unis: meines Wissens haben da aber auch Unis Rückzieher gemacht, nachdem die Thematik publik wurde. Rechtlich wären sie damit vermutlich nicht durchgekommen. Solche so spezifischen Sprachleitfäden gibt man ja auch nicht aus Lust und Laune heraus. Es sind schon Erwartungen daran geknüpft, dass man sich daran hält. Sonst könnte man sich das auch blank sparen ...

    Was Unis möglicherweise mal geplant und dann doch nicht umgesetzt haben, ist müßig zu spekulieren. Der aktuelle Stand ist offenbar, dass die Verwendung geschlechtergerechter Sprache vielerorts zwar gewünscht, jedoch nirgendwo bewertungsrelevant ist. Andernfalls hätte die Sprachpolizei des RCDS, des VDS (und vermutlich vieler weiterer Institutionen) direkt in den Startlöchern gestanden und mir großer Vorfreude ein Gerichtsverfahren angestrebt. Der Fall des Kasseler Studenten und RCDS-Vorsitzenden, der einen medienwirksamen Aufschrei verursacht hat, wurde letztendlich ja auch auf deutlich kleinerer Flamme gekocht (dazu hatte Herr Rau bereits einen Link gepostet, wenn ich mich recht erinnere).

  • In der Schweiz sagt man (zumindest in Stellenanzeigen) Lehrperson.

    Nicht nur in Stellenanzeigen, man sagt immer so. Wir hatten bei uns an der Schule kürzlich erst einen mittelschweren "Eklat" weil eine Schülerin ein eMail ans Klassenteam mit der Anrede "Liebe Lehrer" schrieb. Das fragliche Klassenteam ist obendrein überwiegend weiblich. Uiuiui, das war gar nicht gut ;)



    Dort heißt es aber auch Lehrerzimmer, oder?

    Bei uns im Schulhaus steht an der Tür "Lehrerinnen- und Lehrerzimmer". Wie repräsentativ das ist ... keine Ahnung, ich kann mich an meine ersten Schulen nicht mehr erinnern, was da gestanden hat.


    Ist eigentlich jemandem schon mal bewusst aufgefallen, dass die deutsche Sprache im Plural ausschliesslich die weibliche Form benutzt? Also der Tisch, aber die Tische und infolge sie, also die Tische, sind aus Holz oder so. Deutsch hat doch so gesehen schon was geschlechtergerechtes. Die romanischen Sprachen hingegen ... eieiei.


    Im Ernst. Bei uns im Schulhaus spielt gendergerechte Sprache und überhaupt die Sensibilisierung für die ganze Gender-Thematik eine grosse Rolle. Aber nicht in dem Sinne, dass man wunder wie verbissen auf Unterschieden herumtrampelt sondern im Sinne einer echten Gleichbehandlung und eines Sichtbewusstmachens der eigenen Vorbildfunktion. Mag sein, dass das daran liegt, dass wir eine Schulleiterin haben, die sich auch ausserhalb des eigenen Schulhauses z. B. für die Frauenförderung im MINT-Bereich einsetzt (sie ist selbst Biologin). Ich werde z. B. mit den zwei "harten" Naturwissenschaften sehr bewusst sehr häufig vor Klassen mit hohem Mädchenanteil gestellt. Mir ist es im Grunde gleich aber meine Chefin legt Wert darauf und tatsächlich erlebe ich auch, dass es bei den Mädchen gut ankommt.

  • Nicht nur in Stellenanzeigen, man sagt immer so. Wir hatten bei uns an der Schule kürzlich erst einen mittelschweren "Eklat" weil eine Schülerin ein eMail ans Klassenteam mit der Anrede "Liebe Lehrer" schrieb. Das fragliche Klassenteam ist obendrein überwiegend weiblich. Uiuiui, das war gar nicht gut ;)

    Naja, dennoch sind es alles Lehrer oder sind auch Erzieher (oder sagt ihr da Erziehpersonen ^^?), Sozialarbeiter etc. Teil des besagten Teams?

  • Deine Antwort, L, erinnert mich an den Elternbeirat des Kindergartens hier, in dem ich 2 Sitzungen als Elternbeirätin dabei war, dann konnte ich gottseidank aussteigen: Es ging um die Planung eines Festes und wie üblich kümmerte sich der EB um die Bewirtung. Da ich Vegetarier bin, schlug ich Brote mit vegetarischem Zwiebelschmelz vor. Die andren EB haben sich daraufhin die restliche Sitzung schlappgelacht: Haha, vegetarischer Zwiebelschmelz, was soll denn das sein, das kann es doch gar nicht geben, so ein Käse...

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Nein, es sind Lehrerinnen und Lehrer. Oder Lehrpersonen. Es gibt die entsprechenden Wörter in der deutschen Sprache, benutz sie einfach auch. Mein Vorname wird im italienischsprachigen Raum meist als Männername gebraucht. Entsprechend häufig passiert es mir auch in der Schweiz, dass ich im eMail-Verkehr mit "Sehr geehrter Herr ..." angeschrieben werde. Das lasse ich auch nicht stehen, ich bin eine Frau und basta.


    Wir benutzen an der Schule auch sehr konsequent die Wörter Lernende und Studierende. Auch in anderen Berufsbereichen wird das so gehandhabt. Das Wort "Krankenschwester" habe ich ewig schon nicht mehr gehört, es heisst Pflegefachperson oder Pflegerin/Pfleger.

  • ... Aber nicht in dem Sinne, dass man wunder wie verbissen auf Unterschieden herumtrampelt sondern im Sinne einer echten Gleichbehandlung und eines Sichtbewusstmachens der eigenen Vorbildfunktion. Mag sein, dass das daran liegt, dass wir eine Schulleiterin haben, die sich auch ausserhalb des eigenen Schulhauses...

    Eben, wenn das Umfeld sich einsetzt, muss niemand verbissen sein, läuft ja dann schon.


    Außerdem sehe ich auch in Deutschland keine Verbissenheit, nur eine aktuell hitzige Debatte. Vielleicht ist Deutschland auch nur spät dran im Vergleich zu den Nachbarn in Süd- oder Nordwest. An Osteuropa brauchen wir uns ja nicht zu orientieren :pinch:

  • Vielleicht ist Deutschland auch nur spät dran im Vergleich zu den Nachbarn in Süd- oder Nordwest.

    Im Vergleich zur Schweiz sicher nicht. Ich könnte jetzt ausholen ... nein, tu ich nicht. Es gibt bei dem Thema hier noch einiges zu tun. Wir geben uns bei uns im Schulhaus einfach Mühe.

  • Pflegerin/Pfleger.

    Ließet ihr „Pfleger*in“ durchgehen, für wer kürzer möchte?


    Puuh, ich müsste an eurer Schule echt umdenken. Ich schriebe bestimmt noch oft „Pflegerin“ oder „liebe Kolleginnen“.

  • Krankenschwester

    Der Begriff ist ja ohnehin veraltet. In aller Regel gehört das Pflegepersonal keinem Orden mehr an (eine Ausnahme ist mir aber schon begegnet). Ich finde es auch unangemessen, die Pflegerinnen mit Vornamen anzusprechen, viele fordern das aber ein. Na, dann,

  • Naja, dennoch sind es alles Lehrer oder sind auch Erzieher (oder sagt ihr da Erziehpersonen ^^?), Sozialarbeiter etc. Teil des besagten Teams?

    Es sind auch Lehrerinnen (laut @Antimon sogar überwiegend) dabei. Die werden auch gerne mitgemeint.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Es sind auch Lehrerinnen (laut @Antimon sogar überwiegend) dabei. Die werden auch gerne mitgemeint.

    Lehrer ist für mich der Berufsstand, der von männlichen und weiblichen Lehrern ausgeübt wird. In westlichen Kulturen ist das üblich; es muss daher nicht besonders erwähnt werden, dass ein Beruf von beiden Geschlechtern ausgeübt werden kann, da dieser Umstand bekannt und von der Mehrheitsbevölkerung nicht infrage gestellt wird.


    @Antimon: Ich wurde in E-Mails auch schon mit der Anrede des anderen Geschlechts angeschrieben. Wenn mein Geschlecht für den Inhalt des E-Mails von besonderer Weise von Relevanz wäre, würde ich es verbessern (bisher nie vorkommen). In 99,9% der anderen Fälle würde ich es einfach so stehen lassen, weil es mehr Aufwand bedeutet als es einfach zu ignorieren und sich auf den eigentlichen Sachverhalt zu konzentrieren.

  • Zu der fehlenden Mehrheit: Das halte ich nicht für das ausschlaggebende Kriterium hinsichtlich der Frage, ob die geschlechtergerechte Sprache eine Existenzberechtigung hat. Vor 25 Jahren wurden Deutsche mit Migrationshintergrund z. B. noch flächendeckend als "Ausländer" bezeichnet. Dies hat sich mittlerweile gewandelt. Ein Wandel, der meines Erachtens richtig und wichtig ist, der jedoch sicher nicht proaktiv durch eine breite Bevölkerungsmehrheit vorangetrieben wurde.

    Diese Vergleiche sind nicht nur auf einer Ebene extrem schief.


    1. Du vergleichst das Ändern eines Begriffs wie Ausländer mit einem riesigen Eingriff in grundlegendste Grammatik. Das empfinde ich ja als das Erschreckende. Hier sind irgendwelche, die das alles für eine Kleinigkeit und Gebot der Höflichkeit halten, aber gar nicht verstehen, dass es hier an die Grundsubstanz von Sprache geht. Das ist wenig verwunderlich, denn die Vorschläge kamen weniger aus der Sprachwissenschaft selbst als z.B. von Gleichstellungsbeauftragten, aus der Frauenforschung usw.


    Jede Sprache braucht ein Generikum und logischerweise ist es im Deutschen das älteste Genus, das Maskulinum. Mit der sehr effektiven (weil kurzen) Movierungsendung -in erhält man in Windeseile eine rein feminine Form, wodurch dem Wort Lehrer eine Doppelfunktion von Generikum und spezifisch männlich zukommt. Ohne Kontext können wir diese Form nicht eindeutig interpretieren, wo diese Untersuchungen angesetzt haben. In aller Regel reden wir aber nicht in zusammenhangslosen Sätzen, sondern in Kontexten und bekommen diese Unterscheidung ziemlich gut hin. Diese Uneindeutigkeit kann man zurecht kritisieren und versuchen gerade zu rücken. Da bieten sich zwei Wege an:

    a) das Generikum wieder zu einem reinen zu machen, indem die abgeleitete exklusiv weibliche Form wieder verschwindet, wofür es Sprachvorbilder in anderen germanischen Sprachen gibt, oder

    b) ein neues Generikum einführen.

    Der derzeitige Vorschlag wäre dann, dass aus der Lehrer, der Bürger usw. die Neuformen der*die Lehrer*in, der*die Bürger*in usw. erwächst (das ist doch eigentlich so etwas wie ein im Deutschen neuartiges Doppelgenus?), was in meinen Augen zum Scheitern verurteilt ist. Vermutlich fast jede*r Bürger*in kann dir als erfahrene*r Schreiber*in und jahrelange*r Sprecher*in sagen, dass es höchst unfunktional ist und er*sie wahrscheinlich nicht einmal weiß, wie man das ohne eine*n Logopäd*in sprachlich bewerkstelligen soll. Benutzer*innenunfreund*inlich ist es durch die Länge und Komplexität außerdem!


    Politische Korrektheit kommt in Wellen. Wir sind gerade sehr weit oben und es wird irgendwann abebben. Die sprachliche Faulheit wird vermutlich siegen. Würde sie das nicht tun, hätten wir nicht die ganzen Anglizismen in der Sprache. Da werden uns aus dem englischsprachigen Raum Begriffe unterbreitet, die genau diese neuen Sachen wie Lockdown, Laptop etc. beschreiben. Oft macht man sich Gedanken und kommt auf deutsche Äquivalente, die häufig umständlicher sind, weswegen wir uns aus ökonomischen Gründen für den englischen Begriff entscheiden. Wer also Anglizismen als Beleg anführt, um das Gendern als völlig normalen Sprachwandel darzustellen, sieht den dahinterliegenden Mechanismus nicht, und zwar die Sprachökonomie. Da kann das Gendern mit Stern und Doppelpunkt als kürzere Version der Doppelnennung Lehrerinnen und Lehrer ein wenig punkten, aber es ist nach wie vor kein ökonomisches Generikum. Keine hochtrabende Moral kann daran etwas ändern!


    2. Es gibt die Euphemismustretmühle. Aus Ausländer wurde Mensch mit Migrationshintergrund oder Migrant. Da sich an den realen Probleme dahinter leider nicht allzu viel tat, musste der nächste Begriff her. Ich hatte da mal Mensch mit Zuwanderungsgeschichte gehört. Bei verhaltensoriginellen Kindern und Farbigen in den USA kann man das noch deutlicher sehen. Wenn sich also an den beschriebenen Problemen in der Gleichstellung nichts ändert, was kommt dann nach dem Genderstern?

  • Jede Sprache braucht ein Generikum

    Mit Verlaub, das ist Käse. In der deutschen Sprache existieren 3 Genera. Wenn Du Dir beim Tisch und der Wolke die Mühe mit dem korrekten Artikel machst, dann darfst Du mich gerne auch Lehrerin nennen. Wie bereits erwähnt, das Wort existiert, es ist keine progressiv-feministische Konstruktion der letzten Jahre und ich bin einfach wirklich eine Frau. Es gibt Sprachen, die unterscheiden überhaupt keinen Genus und die brauchen logischerweise auch kein Generikum, Japanisch z. B. Englisch kennt diesen Unterschied zwar, ist im sprachlichen Umgang mit gemischtgeschlechtlichen Gruppen aber zumeist wirklich neutral, weil es im Plural eben das neutrale "they" benutzt und nicht wie im Deutschen das weibliche "sie" oder im Französischen das männliche "ils". Und Wolken sind eben wirklich Sachen und nicht plötzlich grammatische Mädchen. Dass wir nun im Deutschen neue Artikel erfinden, das erwartet ja keiner. Aber ich erwarte wirklich aus Höflichkeit, dass Du die weiblichen Substantive dort gebrauchst, wo sie schlichtweg bereits existieren. Da brichst Du Dir keinen ab. Du brichst Dir hingegen viel mehr ab, wenn Du zwanghaft auf Deinem angeblich gar nicht unhöflich gemeinten maskulinen Generikum beharrst.


    Bezüglich des "Ausländers": Ich habe diese Woche eine neue Aufenthaltsbewilligung bekommen. Da steht jetzt endlich "Aufenthaltstitel" und nicht mehr "Ausländerausweis" drauf. Was habe ich dieses Wort GEHASST. Im Französischen war es übrigens die ganze Zeit schon "permis de séjour".

  • 2. Es gibt die Euphemismustretmühle. Aus Ausländer wurde Mensch mit Migrationshintergrund oder Migrant. Da sich an den realen Probleme dahinter leider nicht allzu viel tat, musste der nächste Begriff her. Ich hatte da mal Mensch mit Zuwanderungsgeschichte gehört. Bei verhaltensoriginellen Kindern und Farbigen in den USA kann man das noch deutlicher sehen. Wenn sich also an den beschriebenen Problemen in der Gleichstellung nichts ändert, was kommt dann nach dem Genderstern?

    Ausländer sind nicht dasselbe wie Menschen mit Migrationshintergrund. Letzterer kann auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Da macht eine Unterscheidung schon Sinn, weil sonst unklar ist, ob man von ausländischen Menschen oder Menschen mit ausländischen Wurzeln spricht.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




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