Corona-Sonderzahlung im öffentlichen Dienst

  • Ein Studienrat entspricht einem Major bei der Bundeswehr und ist vom Qualifikationsniveau einem Staatsanwalt oder Arzt gleichzustellen. Nicht umsonst waren historisch die klassischen Honoratioren einer Kleinstadt zu Urgroßvaters Zeiten der Doktor, der Pfarrer, der Richter und der Herr Studienrat. Angesichts dieser selbstverkleinernden Selbsteinschätzung wundern mich die hier geäußerten Ansichten nicht.


    Lehrer neigen nicht nur zur Selbstausbeutung, sondern offenbar auch zu geringem (beruflichen) Selbstbewusstsein. Ich meine übrigens wirklich, dass das Referendariat bewusst dazu beiträgt.

    Vielleicht verbesserte sich das ja, wenn es auch jenseits der Gymnasien und beruflichen Schulen regelmäßig Studienräte gäbe- das könnte allerdings womöglich in einem Aufwasch auch A13 für Lehrkräfte aller Schularten bringen, die das noch nicht erhalten in allen Bundesländern, die das bislang noch nicht zahlen...

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Als Lehrer arbeitest du eigentlich vollkommen selbstständig nach eigenen Ermessen deine Vorgaben ab. Du bist alleine verantworlich für deine Klasse. Du triffst selber Entscheidungen, legst Schwerpunkte, strukturierst deine Arbeit. Du entscheidest relativ frei über Fortbildungen, Zeiteinteilungen, etc.. Du arbeitest vollberechtigt an der Gestaltung des Schullebens mit. Du entwickelst schulinterne Stoffverteilungspläne, du erarbeitest Konzepte beispielsweise zum Medieneinsatz, du evaluierst selbstständig deine Arbeit und bist an der Schulentwicklung beteiligt. Dein Chef hat nur sehr begrenzte Weisungsbefugnisse bezogen auf deinen Unterricht. Diesen führst du in eigener Verantwortung und mit einer pädagogischen Freiheit durch.

    Das entspricht so ziemlich genau der Beschreibung der Tätigkeitsmerkmale eines Akademikers. Diese zeichnen sich gerade dadurch aus, nicht kleinschrittig angewiesen werden zu müssen, sondern (auch komplexe) Arbeitsprozesse selbständig planen und durchführen zu können. Mit Führungsaufgaben hat das erst einmal noch nichts zu tun. Hierfür fehlt es bereits am Weisungsrecht gegenüber Mitarbeitern.

  • Oder zu einem stark überhöhten. *kopfkratz*

    Du findest den Vergleich mit Staatsanwälten oder Ärzten überhöht? Schau Dir mal die Definition der Besoldungsgruppen an.


    So wird das jedenfalls nix für euch mit A13 und mehr Berufsprestige. Vielleicht ist das auch ein Mentalitätsunterschied nach Schulform. Ich wüsste nicht was mich von einem Master meiner Fächer unterschiede, dementsprechend empfinde ich mich in erster Linie als Akademiker.

  • Du findest den Vergleich mit [...] Ärzten überhöht? Schau Dir mal die Definition der Besoldungsgruppen an.

    Ja, den Vergleich mit den Ärzten finde ich völlig daneben... und zwar sowohl, was die direkte Verantwortung im Beruf angeht, als auch die Studiendauer (6 Jahre zum Arzt + 5 weitere zum Facharzt).

  • Bei uns hat vor kurzem die Fachkonferenz einen fachlichen Vorschlag des Schulleiters abgelehnt. Gefällt ihm nicht, konnte er aber nichts machen. Letztlich gibt es nur sehr wenige Bereiche, wo ein Schulleiter direkt seine Vorstellungen durchsetzen kann.

    Bei dem Satz muß ich an die von vielen hier angeführte Personalverantwortung denken, die behaupten, daß wir keine Personalverantwortung haben bzw. generell praktisch keine Verantworttung, weil die Schäden beim Baustatiker (Das Gebäude stürzt ein etc.) doch viel gravierender wären als bei uns.


    Ich denke schon, daß jeder normale Klassenlehrer Personalverantwortung hat. Oder arbeiten wir mit Material, das wir wegwerfen können, wenn wir uns vertan haben? Ich denke nicht.


    Auch finde ich, daß die etwaige Schadenshöhe müßig ist. Wenn bei uns am technischen Berufskolleg jemand seine Abschlußprüfung besteht, obwohl er es nicht kann, sind die Folgen mit großer Wahrscheinlichkeit tödlich.

    • Das Wohnhaus explodiert, weil der Gasinstallateur seine Arbeiten doch nicht fachlich korrekt durchgeführt hat.
    • Ihr werdet in der Badewanne gegrillt, weil die Sicherung falsch angeschlossen war und eben nicht rausgeflogen ist, als der Föhn in die Wanne fiel.
    • Euer Auto verliert auf der Autobahn ein Rad, ihr tretet bei der Bremse ins Leere oder die Lenkung reagiert nicht mehr, weil der KFZ-Geselle einen schlechten Tag hatte.

    Die Liste könnte ich noch fortführen. Bei uns in der Schule sehen wir uns in einer Garantenstellung, wir haben dafür geradezustehen, daß nur Facharbeiter/Gesellen auf die Bevölkerung losgelassen werden, die es auch wirklich können. Für Sentimentalitäten a la "Man kann doch keinen Schüler zurücklassen" ist da kein Platz. So hat einer meiner Kollegen z.B. vor wenigen Jahren mal eine komplette Klasse mit der Note 6 durchfallen lassen. Wirklich jeder Schüler in der Klasse hatte eine 6, es gab bei ihm nicht eine 5 auf all den Zeugnissen. Er mußte beim Schulleiter antreten und sein Argument war: "Wir haben die Bevölkerung vor unfähigen Schülern/Azubis zu schützen, denn wenn sie bei uns bestehen, dann dürfen sie ganz offiziell die oben aufgelisteten Arbeiten ausführen, auch wenn sie es nicht können und das dann tödlich endet."

    Mit der Argumentation ist er auch durchgedrungen und die komplette Klasse ist durchgefallen.


    Also ich sehe da schon ein gehöriges Maß an Verantwortung, Verantwortung gegenüber den potentiellen Kunden unfähiger Handwerker.

  • Ihr werdet in der Badewanne gegrillt, weil die Sicherung falsch angeschlossen war und eben nicht rausgeflogen ist, als der Föhn in die Wanne fiel

    Hoffentlich unterrichtest du nicht E-Technik...

  • Hoffentlich unterrichtest du nicht E-Technik...

    Wieso? Weil ich umgangssprachlich formuliert habe und anstelle des "RCD = Fehlerstrom-Schutzschalter" einfach von einer "Sicherung" gesprochen habe, den man so anschließen kann, daß er auslöst, der Stromkreis aber trotzdem nicht abgeschaltet wird? ich kann Dich beruhigen, ich unterrichte E-Technik und hätte da bei entsprechend unfähigen Azubis auch kein Problem damit die komplette Klasse mit der Note 6 durchfallen zu lassen, wie es mein Kollege bei den KFZ-Azubis vor einigen Jahren durchziehen mußte. Ich habe eine Garantenpflicht gegenüber den zukünftigen Kunden entsprechend unfähiger Handwerks-Gesellen. Diese habe ich vor den Azubis/Gesellen zu schützen!

  • Ich bin ehrlich gesagt entgeistert über die Geringschätzung des Berufsprestiges aus den eigenen Reihen und das gering ausgeprägte berufliche Standesbewusstsein.

    Scheinbar bestehen fundamentale Unterschiede in der Selbst- und Berufseinschätzung und dem Verhältnis zur Fachlichkeit.


    Vielleicht wird es Zeit die Unterschiede zwischen den Laufbahnen wieder mehr zu betonen, als zu versuchen die Schulformen zunehmend auswechselbar zu gestalten, ziehe ich daraus als Konsequenz.

  • Ich bin ehrlich gesagt entgeistert über die Geringschätzung des Berufsprestiges aus den eigenen Reihen und das gering ausgeprägte berufliche Standesbewusstsein.

    Scheinbar bestehen fundamentale Unterschiede in der Selbst- und Berufseinschätzung und dem Verhältnis zur Fachlichkeit.


    Vielleicht wird es Zeit die Unterschiede zwischen den Laufbahnen wieder mehr zu betonen, als zu versuchen die Schulformen zunehmend auswechselbar zu gestalten, ziehe ich daraus als Konsequenz.

    Ja. Ich bringe jedem Menschen ein gewisses Maß an Respekt entgegen, egal welchen Beruf er hat. Mehr muss er sich persönlich verdienen. Aber wegen des Berufs alleine gibt es nicht mehr Respekt als für andere Berufe. Von daher fehlt mir jedes Berufs-/Standesdünkel.

  • Ja. Ich bringe jedem Menschen ein gewisses Maß an Respekt entgegen, egal welchen Beruf er hat. Mehr muss er sich persönlich verdienen. Aber wegen des Berufs alleine gibt es nicht mehr Respekt als für andere Berufe. Von daher fehlt mir jedes Berufs-/Standesdünkel.

    Würdest Du also sagen, Du respektierst Krankenschwestern nicht?

  • Ich bin ehrlich gesagt entgeistert über die Geringschätzung des Berufsprestiges aus den eigenen Reihen und das gering ausgeprägte berufliche Standesbewusstsein.

    Na, dann leg mal dein Argument auf den Tisch, wieso du dich als Gymnasiallehrer einem Arzt vergleichbar findest. ;)


    Scheinbar bestehen fundamentale Unterschiede in der Selbst- und Berufseinschätzung und dem Verhältnis zur Fachlichkeit.

    Steile These. Kannst du das belegen?

    • Offizieller Beitrag

    So wird das jedenfalls nix für euch mit A13 und mehr Berufsprestige. Vielleicht ist das auch ein Mentalitätsunterschied nach Schulform. Ich wüsste nicht was mich von einem Master meiner Fächer unterschiede, dementsprechend empfinde ich mich in erster Linie als Akademiker.

    Ich sehe mich als Pädagoge. Nicht als Akademiker. Aber trotzdem (oder gerade deswegen) fände ich A13 für Grundschullehrer weiterhin angemessen. Aber nicht, weil ich deswegen meine Nase hoch trage. Ist vielleicht wirklich ein Mentalitäts-Unterschied. Aber nicht nach Schulform, denke ich. Mehr eine Einstellungssache.

    Ansonsten kann ich DeadPoet nur zustimmen.

  • Na, dann leg mal dein Argument auf den Tisch, wieso du dich als Gymnasiallehrer einem Arzt vergleichbar findest. ;)

    Ich bin examinierter Akademiker, der qua Gesetz zu einem untadeligen Lebenswandel verpflichtet ist und die befähigten Schüler auf ein universitäres Studium vorbereiten soll. Eine Vorbildfunktion sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Als Beamter sind Lehrer außerdem Stützen der Rechtsstaatlichkeit und Hoheitsträger, die durch Notenselektion entscheidende Verantwortung für den weiteren Lebensweg ihrer Schützlinge tragen. Allein qua Besoldung sind Studienräte Offizieren oder anderen Beamten der höheren Laufbahn gleichgestellt. Gesamtgesellschaftlich stellen Lehrer einen Löwenanteil des Bildungsbürgertums dar.


    Wieso sollte man sich nicht meinem Arzt auch nur vergleichen ?


    Gesellschaftliche Geringschätzung rührt übrigens weniger aus diesem Anspruch, den viele leider belächeln mögen, sondern eher aus dem diesem nicht-gerecht-werden.

  • Lesekompetenz: Ich bringe JEDEM Menschen Respekt entgegen. ... NUR wegen des Berufes gibt es nicht MEHR Respekt als für andere Berufe.

    Aha, also respektierst Du Krankenschwestern meinetwegen nicht mehr Spielothekenbetreiber oder Pelzfarmer? Interessant.

    Ich sehe mich als Pädagoge. Nicht als Akademiker.

    Pädagogen sind heutzutage gemeinhin Teilmenge der Akademikerschaft. Aber früher war das tatsächlich anders, als beispielsweise Volksschullehrer eine eigene Laufbahn und nicht-universitäre Ausbildung hatten. Das meine ich mit Mentalitätsunterschieden.

  • Ich spiel das alberne Spiel mal mit. Prinzipiell sollte es durchaus vorstellbar sein, dass es auch Krankenschwestern gibt, die wenig Respekt verdienen ... aus verschiedenen Gründen. Das ist aber die Ausnahme, weil es bestimmte Menschen sind, die diesen Beruf ergreifen (sozial engagiert, empathisch, usw.) ... und diese Menschen verdienen meinen Respekt, aber nicht der Beruf an sich.

  • Ich bin examinierter Akademiker, der qua Gesetz zu einem untadeligen Lebenswandel verpflichtet ist und die befähigten Schüler auf ein universitäres Studium vorbereiten soll. Eine Vorbildfunktion sollte sich eigentlich von selbst verstehen. Als Beamter sind Lehrer außerdem Stützen der Rechtsstaatlichkeit und Hoheitsträger, die durch Notenselektion entscheidende Verantwortung für den weiteren Lebensweg ihrer Schützlinge tragen. Allein qua Besoldung sind Studienräte Offizieren oder anderen Beamten der höheren Laufbahn gleichgestellt. Gesamtgesellschaftlich stellen Lehrer einen Löwenanteil des Bildungsbürgertums dar.


    Wieso sollte man sich nicht meinem Arzt auch nur vergleichen ?


    Gesellschaftliche Geringschätzung rührt übrigens weniger aus diesem Anspruch, den viele leider belächeln mögen, sondern eher aus dem diesem nicht-gerecht-werden.

    Ein schöneres Beispiel für das Wörtchen "Standesdünkel" las ich lange nicht.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • (Ich sehe mich auch als Akademiker, aber das tun wenige in meinem Kollegium, was ich bedaure. Pädagoge bin ich ansonsten auch.)

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Was ein Glück, dass ich mich sowohl als Pädagogin als auch als Akademikerin sehen kann ;)


    Übrigens habe ich in meinem rein Akademischen Beruf auch nicht weniger gearbeitet, bei gesetzlich geregelten Urlaubstagen ohne weiteren Freizeitausgleich den ich nun durch Ferien habe. Ich sage auch nicht das man wenig arbeitet und das ganze nicht stressig ist, dennoch muss man irgendwie mal die Kirche im Dorf lassen.


    Ach und by the way, es gibt durch aus Schulen in privater Trägerschaft die zusätzlich leistungsbezogene Prämien oder ähnliches Zahlen. Halt anderer Träger mit entsprechenden Vor- und Nachteilen.


    Und wer mit historischen Aspekten aus vorherigen Jahrhunderten Argumentiert ist für mich irgendwo in der gesellschaftlichen Entwicklung stehen geblieben.

    Was nicht heißt, dass es manchmal gut wäre, wenn man Lehrkräften wieder etwas mehr Respekt zukommen lassen würde.

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