"Wintersportwoche"

  • Liebes virtuelles Kollegium,


    ich muss mal ein bisschen Frust loswerden, möchte aber die Gelegenheit nutzen, auch ernsthaften Meinungsaustausch zu betreiben. Der Sachverhalt: Nach zweijähriger, Corona-bedingter Pause will das Gymnasium unserer Töchter "endlich wieder" ins Skilager fahren. Nachdem schon vereinzelt kritische Stimmen laut wurden (immerhin nennt man sich stolz "Umweltschule"...), ist man nun schon umgeschwenkt auf den Terminus "Wintersportwoche", und es soll auch Alternativen zum Skifahren geben.

    Nun ist ja das Skilager der bayerischen Gymnasien eine Art heilige Kuh, und Skifahren gehört nun einmal zur bayerischen Leitkultur, der sich auch Franken unterzuordnen haben, für die Skifahren jetzt kein elementarer Bestandteil des kulturellen Erbes darstellt. Ich bin prinzipiell auch gar nicht gegen diese Fahrt. Bei uns damals war's eine rechte Gaudi, aber damals konnte man noch im Schwarzwald Skifahren, jetzt muss es schon mindestens Österreich sein.

    Was mir sauer aufstößt, sind

    a) die Kosten. Insgesamt soll die Fahrt mit ca. 500 € zu Buche schlagen - für uns kein großes Problem, für viele andere schon. Es soll auch jeder einen Skipass bezahlen, auch wenn er nicht skiläuft, weil sonst die Kosten für die Skifahrer noch höher wären.

    b) die Corona-Bedingungen. Wir Eltern sollen unterschreiben, dass wir im Falle einer Corona-Infektion das Kind unverzüglich abholen (über 500 km einfach). Dass die Schule bei der letztjährigen Englandfahrt nichts dabei fand, den infizierten Kollegen im Bus mitfahren zu lassen, unterschlage ich jetzt mal generös.


    Mein grundsätzlicher Ansatz: Man könnte, wenn es tatsächlich nur um Bewegung in frischer Winterluft gehen soll, auch ein näheres Ziel anvisieren (und nebenbei das Geld im Land lassen). Die Rhön, der Bayerische Wald und noch ein paar andere Ecken unseres großen Freistaats würden sich sicher freuen. Das würde sowohl die Kosten senken als auch die Möglichkeit eröffnen, infizierte oder sonstwie erkrankte Kinder leichter abzuholen. Aber ich fürchte, die "das ist doch so eine schöne Tradition"-Fraktion wird sich durchsetzen.


    Bin ich ein Querulant, der den Kindern den Spaß nicht gönnt?

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin ganz bei dir. "Skifreizeiten" sind weder zeitgemäß (Stichwort: Umweltbewusstsein) noch notwendig (Im Sinne von: aber jedes Kind muss mal auf Skiern gestanden haben.")


    Die Kosten finde ich auch extrem.


    Corona-Bedingungen: wie sind denn da aktuell die Bedingungen in Bayern? Was dürfen die Schulen? Und unter wessen finanzieller Verantwortung?

  • Wir sind 1997 für schlappe 700 DM (+ Klamotten, wir waren von Haus aus keine Skifahrer) nach Südtirol auf Skifahrt gefahren und meine Eltern sind auch im Dreieck gesprungen. Aber. Für mich war das die einzige Schulfahrt, die wirklich richtig richtig toll war und ich hätte ohne diese Fahrt nie das Skifahren für mich entdeckt. Von daher mag ich das nicht missen und finde es gut, auch und gerade dann zu fahren, wenn man in Regionen wohnt, in denen Skifahren nicht unbedingt zu traditionellen Freizeitbeschäftigung gehört. Meine alte Schule ist auch jährlich mit einer kompletten Jahrgangsstufe gefahren und für viele Schüler ist es das Schulzeit-Highlight geblieben..


    Die Kosten sind natürlich ein Argument, bei uns hat damals der Förderverein bei Bedarf unterstützt. Mit dem Umweltargument müsste man Klassenfahrten strenggenommen komplett abschaffen.

    • Offizieller Beitrag

    Mit dem Umweltargument müsste man Klassenfahrten strenggenommen komplett abschaffen.

    Ja, möglich. Aber hier greift das Umwelt-Argument gleich doppelt.

    Einmal generell, dann noch "Skifahren".

  • Rein interessehalber: Sind es 500€ für beide Töchter zusammen oder für jede?

    Nur die Kleine. Die Große war schon vor vier Jahren.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Am stärksten würde mich die Finanzierung der Skipässe stören. Das andere aber auch. Selbst wenn die Winterwoche nicht verpflichtend ist, und erst recht, wenn die Kinder stattdessen in einer anderen Klasse den Vormittag absitzen oder im Sekretariat mithelfen müssen, ist es wohl kein gutes Gefühl, seinen Kindern das Erlebnis einer Klassenfahrt vorzuenthalten. Wenn sich genug Eltern zusammentun und das Gymnasium eine gewisse Größe hat, wäre als Wahlmöglichkeit vielleicht eine Schullandheim-Alternative im Umkreis von 100 km denkbar. Die Schüler oder Eltern könnten mit den Füßen abstimmen, und am Ende hat die Gruppe dort mehr Spaß als die im Skilager. Der Druck der Eltern auf das Gymnasium muss halt groß genug sein. Möglicherweise besteht der echte Widerstand innerhalb der Schule auch nur aus einem einzigen Lehrer.

  • ich hätte ohne diese Fahrt nie das Skifahren für mich entdeckt

    Und - wäre das schlimm? Skifahren (alpin) ist nun mal so ziemlich das beschissenste, was man in den Bergen machen kann. Ich bin durchaus der Meinung, dass man das nicht (mehr) fördern sollte.

  • Bei meinem Sohn (auch bayerisches - besser gesagt fränkisches Gymnasium) stand das Skilager letztes Jahr auf dem Programm. (Wurde dann wegen Corona doch noch abgesagt.) Ich war auch erschrocken über den Preis - war auch ähnlich wie bei euch. Das ist schon eine ganze Menge Geld für ein paar Tage. Mal davon abgesehen, dass auch ich das Skifahren aus Umweltsicht nicht wirklich förderungswürdig durch die Schulen erachte...


    Was mich damals auch etwas entsetzt hat, dass man wie bei euch unterschreiben musste, dass man das Kind im Falle einer Erkrankung abholt. Gerade mit Corona ist es ja nicht ganz abwegig, dass dieser Fall eintritt. Es sind mit Sicherheit an die fünf Stunden Fahrt, im Winter, und sowas wie Schneeketten haben wir gar nicht, weil wir im Winter nicht in die Berge fahren. Also das vorauszusetzen, fand ich schon echt problematisch. Zumal die Unterkunft nach Aussage der Schule über öffentliche Straßen gar nicht erreichbar wäre, sondern nur über irgendeine Seilbahn oder so.


    Die Fahrt ist grundsätzlich ja Pflicht...


    Mein Kind wollte generell eh nicht mitfahren, daher war das Problem für uns nicht ganz so akut.

  • Selbst wenn die Winterwoche nicht verpflichtend ist

    Sie ist, zumindest nach den Vorstellungen der Schule. "Zwingende Gründe" sind dem Schulleiter zu erläutern.

    Möglicherweise besteht der echte Widerstand innerhalb der Schule auch nur aus einem einzigen Lehrer.

    Naja, der Flurfunk sagt, dass die Sportlehrer es unbedingt wollen. Als ob die sich nicht auch zu Hause zum Saufen treffen könnten!

    Freut sich deine Tochter?

    Nein. Auf Klassenfahrt geht sie gern, Skifahren interessiert sie nicht. Da haben wir als Eltern wohl versagt, gottseidank hat die Schule ja die "Liebe zur bayerischen Heimat" als Erziehungsziel. Wozu anscheinend ja neuerdings das Zillertal gehört.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Es sind mit Sicherheit an die fünf Stunden Fahrt, im Winter, und sowas wie Schneeketten haben wir gar nicht, weil wir im Winter nicht in die Berge fahren. Also das vorauszusetzen, fand ich schon echt problematisch. Zumal die Unterkunft nach Aussage der Schule über öffentliche Straßen gar nicht erreichbar wäre, sondern nur über irgendeine Seilbahn oder so.

    Ich gebs ja zu: Mein erster Gedanke beim Lesen der entsprechenden Ankündigung war "Sch... weltfremde Lehrer!" - wobei natürlich gerade Lehrer ein Problem haben, wenn sie unter der Woche mal eben nach Österreich fahren sollen, um ihr Kind abzuholen. Der normale AN bekommt ja wenigstens grundsätzlich Urlaub für so eine Aktion.

    Wäre interessant, wenn dann Schulleiter 1 (besteht auf Abholung seines Schülers) mit Schulleiter 2 (kann Schülerelter nicht vom Dienst befreien) telefoniert.

  • Da hast du allerdings auch recht.

    Wir mussten unser Kind mal am späten Abend vom Schullandheim abholen. Das waren so eine gute Stunde Fahrt. Also waren wir kurz vor Mitternacht zu Hause, am nächsten Tag musste ich natürlich in die Schule. Das war schon heftig, fand ich.
    Wie das mit vielleicht 10 Stunden Fahrt funktionieren soll, wenn man nicht frei bekommt, ist eine gute Frage!

  • Mein Sohn konnte nicht mitfahren, weil er eine Schneeallergie hat. Bei Berührung bilden sich fiese dunkelrote/blaue knotige Quaddeln. Das ist sehr selten. Vielleicht heißt es auch Kälteallergie. Jedenfalls weiß man nicht so genau woher und warum und was bei einer Schneeballschlacht los wäre, daher lehnte der Klassenlehrer auch die Verantwortung ab. Leider gab es keine Alternative und er musste in eine Parallelklasse in den Unterricht.

    Das ist schade, wenn es dann keine Alternative gibt.

    Bei Wintersportwoche dachte ich zuerst an Aktionen im Umkreis wie Schlittschuhlaufen, Schlittenfahren, Iglu bauen...

  • Und - wäre das schlimm? Skifahren (alpin) ist nun mal so ziemlich das beschissenste, was man in den Bergen machen kann. Ich bin durchaus der Meinung, dass man das nicht (mehr) fördern sollte.

    Kann man so sehen, ja. Da ist man auf der Grundsatzebene Naturschutz vs. wirtschaftliche Erschließung eines Raumes.



    Die Klausel mit dem Abholen im Coronafall hatten wir übrigens auch für Irland zwei Jahre in Folge drin. Wie soll man es - aus Schulsicht - auch sonst machen? Mit den Schülern ggf. Quarantäne absitzen ist jetzt auch nicht so prickelnd und auch personell schwierig. Alternative ist, dass in diesen Zeiten keine Fahrten stattfinden können.

  • Susannea die übliche Frage: Was verwirrt dich?

    Naja, ich finde, die Bevölkerung, die davon lebt verhungern zu lassen oder um ihre Jobs zu bringen ist mindestens genauso schlimm.

    Sie ist, zumindest nach den Vorstellungen der Schule. "Zwingende Gründe" sind dem Schulleiter zu erläutern.

    DAs finde ich eher problematisch, wobei sie das bei uns auch war und es gab kein Kind, was nicht mitkam oder keinen Spaß hatte, da bin ich sicher, denn außerhalb der Piste war auch für ordentlich Programm gesorgt und bei uns war ja 8. Klasse (bzw. sind wir meine ich sogar in der 7. gefahren) gerade alles neu zusammengewürfelt, also toll für die Gruppenbildung, auch wenn es drei Klassen bei uns waren.


    wobei natürlich gerade Lehrer ein Problem haben, wenn sie unter der Woche mal eben nach Österreich fahren sollen, um ihr Kind abzuholen.

    Ich bin mir sicher, da gäbe es bei uns eine Lösung, zumal man eben diese Fahrt hin- und zurück auch innerhalb von 24h machen kann (ob es gut ist, ist die andere Frage), zumindest haben mein Vater und mein Bruder bei dessen Umzug mehrere solche Touren gemacht, hin, dort gerade noch mal kurz geschlafen und dann gleich wieder zurück und hier dann das selbe bis alle Sachen drüben waren. Waren ja "nur" 960 km und das im November und das Haus halb den Pass hoch (naja, nun wäre es noch weiter hoch, so war es damals eben immerhin das erste Haus hinter der eigentlich gesperrten Ortsdurchfahrt).

  • Ich bin weder dein Vater noch dein Bruder und wäre nicht bereit zu so einer halsbrecherischen Aktion, nur um den seltsamen Vorstellungen von irgendwelchen Leuten zu entsprechen.

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