Tarifrunde eingeläutet

  • Weil keiner mehr in diesen Besoldungsgruppen verbeamtet wird (z.B. Bundesbahn, Bundespost, etc.).

    Selbst dort waren diese Besoldungsgruppen am Ende fast nicht mehr zu finden. Ein Blick in den TV-L verrät, welche Tätigkeiten unter A1 bis A4 (analog heute E1 bis E4, die es auch kaum gibt) fallen - meist einfachste Helfertätigkeiten für un- oder angelernte Kräfte. Heute sind die Anforderungen in den meisten Jobs schlicht zu hoch, um sie noch so niedrig zu besolden.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Die Maßnahmen, die in Hessen nun vorab getroffen werden, sind hier knapp zusammengefasst.


    Ich zitiere mal daraus die entscheidende Stelle:

    Zitat
    • Anhebung der Besoldung und Versorgung: Die Beträge steigen am 1. April 2023 sowie am 1. Januar 2024 um jeweils drei Prozent.
    • Höhere Familienzuschläge: Ab 1. April 2023 gibt es für die ersten beiden Kinder jeweils 100 Euro im Monat mehr. Für jedes weitere Kind steigt der Zuschlag um jeweils 300 Euro pro Monat. Eine Familie mit vier Kindern erhält also 800 Euro zusätzlich.
    • Höhergruppierung: Angehörige der Besoldungsgruppe A 5 werden zum 1. April 2023 in die besser bezahlte Besoldungsgruppe A 6 überführt.
    • Richter und Staatsanwälte: Am 1. April 2023 sollen die niedrigsten beiden Erfahrungsstufen entfallen. Damit werde man auch gestiegenen Anforderungen in der Justiz gerecht.

    Also, es ist ein Mischmasch an Maßnahmen: Grundsätzlich erhöht man in der Summe um 6% über die normalen Erhöhungen heraus. Den Abstand zur Grundsicherung (insbesondere bei Familien) stellt man durch stark erhöhte Zuschläge her -> zu dem Thema hatte ich mal irgendwo gelesen, dass das aus Sicht der Gewerkschaften als unzureichend gesehen wird, weil man stärkere Änderungen am Grundgehalt fordert.

    Die Maßnahme mit A5 -> A6 zeigt deutlich, dass man hier noch weiter untere Gruppen komplett aus dem System entfernt (A1-A4 war ja schon angesprochen).


    Da wird man dann sehen, ob diese Veränderungen den Ansprüchen in einem folgenden Urteil entsprechen und ob auch andere BL bei den Besoldungsgruppen und Zuschlägen nachziehen.


    Das ist halt halb OT, weil es sich um Maßnahmen zusätzlich zu den Tarifrunden handelt.

  • Oder überhaupt zu verbeamten!

    Welche hoheitlichen Tätigkeiten würden heutzutage bitte schön A1-A4er aus?

    Briefzusteller:in? Zuschaffner:in? Pförtner:in bei der Bez.-Reg.?

    Zumindest beim Bund und in einigen wenigen Bundesländern gibt es den einfachen Dienst noch. Das betrifft z.B. einfache technische Verwaltungsdienste in Behörden, Justizwachtmeister bei Berufseinstieg und einige zivile Tätigkeiten bei der Bundeswehr. Die nicht verbeamteten Soldaten der Mannschaftsdienstgrade werden ebenfalls nach analogen Stufen besoldet.

  • Es gibt bei der Bundessehr zivile Laufbahnen. Innerhalb dieser gibt es Beamte und Angestellte.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Haarspalterei: Soldaten und Beamte widerspricht sich.

    Derlei Kommentare antizipierend schrieb ich doch explizit davon, dass Soldaten keine Beamten sind! Warum ist dann ein solcher Kommentar überhaupt noch nötig?

    Das sind dann aber keine Soldaten, sondern eben verbeamtete oder angestellte Bundeswehrangehörige.

    Und auch das hatte ich bereits beschrieben.

  • Ich fänd ja 3% auch ok, wenn dafür um eine Deputatsstunde reduziert werden würde. Aber davon kann ich bestimmt noch lange träumen...

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • zu dem Thema hatte ich mal irgendwo gelesen, dass das aus Sicht der Gewerkschaften als unzureichend gesehen wird, weil man stärkere Änderungen am Grundgehalt fordert.

    Die Gewerkschaften fordern halt viel, wenn der Tag lang ist. Die Unteralimentierung wird insbesondere bei hoher Kinderzahl gravierend. Sachlich ist es dann schon richtig, an die Familienzuschläge zu gehen. Außerdem ist das natürlich für den Dienstherrn günstiger: Es betrifft weniger Beamte und die Kinder fallen ja irgendwann auch wieder raus.

    Es sind ja auch wieder die Ortszuschläge im Gespräch, um ggf. lokal höhere Lebenshaltungskosten zu kompensieren.


    Meine persönliche Sicht: Die hessischen Maßnahmen sind ein guter Kompromiss. Jeder bekommt was, aber die besonders betroffenen unteren Besoldungsgruppen werden zusätzlich aufgeleitet und die kinderreichen Familien bekommen höhere Familienzuschläge. Bei aller Freude über höhere Besoldungen, die Kohle muss halt auch irgendwoher kommen.

  • Sachlich ist es dann schon richtig, an die Familienzuschläge zu gehen.

    Eigentlich muss beides passen. Dass man mehr Geld bekommt, wenn man mehr Kinder hat, liegt an den Besonderheiten des Beamtentums. In der freien Wirtschaft interessiert das niemanden. Wenn wir den Staatsdienst attraktiv gestalten wollen, muss vor allem die Grundversorgung stimmten. Natürlich kann man trotzdem noch für kinderreiche Familien etwas tun. Konsequenter wäre es dann aber das Kindergeld für alle zu erhöhen.

  • Meine persönliche Sicht: Die hessischen Maßnahmen sind ein guter Kompromiss.

    Meine persönliche Sicht:


    Unser Arbeitgeber muß attraktiver werden, um genug Personal zu bekommen. Bei mir an einem technischen Berufskolleg bedeutet das, daß die Tarifabschlüsse langfristig mit denen der IG Metall mithalten müssen, gerade auch bei den oberen Lohngruppen. Anders bekommt man keine diplomierten Maschinenbauer in die Schulen.


    https://oeffentlicher-dienst.i…/gehaltsentwicklung-2.png

  • Dass man mehr Geld bekommt, wenn man mehr Kinder hat, liegt an den Besonderheiten des Beamtentums

    OT: Als junger Wilder habe ich mal einem CSU-nahen Kollegen gegenüber geäußert, dass das System der Beamtenversorgung eigentlich gelebter Sozialismus sei... kam nicht gut an.

  • OT: Als junger Wilder habe ich mal einem CSU-nahen Kollegen gegenüber geäußert, dass das System der Beamtenversorgung eigentlich gelebter Sozialismus sei... kam nicht gut an.

    Ist ja auch durchaus richtig. Letztlich finde ich es auch vollkommen richtig, Familien mit mehreren Kindern zu unterstützen. Aber das wird bei Beamtenversorgung auf die Spitze getrieben. Wenn ich weiß, dass ich viele Kinder haben möchte, ist ein Job als Beamter für mich viel attraktiver als wenn ich Single bleibe. Das kann auch nicht Sinn der Sache sein. Dann gehen die Single eher in die freie Wirtschaft und Leute mit großem Kinderwunsch werden Beamte. Wenn ich sehe, was Freunde an Mehrgehalt für ihre Kinder bekommen, ist das schon echt ein gutes Argument für eine Beamtenlaufbahn. Deswegen schrieb ich ja auch, dass man wenn das Kindergeld erhöhen müsste. Wobei ich es ganz anders machen würde und das Geld lieber für andere Sachen ausgeben würde: kostenlose und gute Kita, Krippe, kostenlose Verpflegung in der Schule, von der Schule organisierte kostenlose Nachhilfe, kostenlose Schulbücher, keine MwSt. auf bestimmte Produkte, Rabattvorgaben, mehr Zuschüsse für Vereine, freien Eintritt für Kinder in Schwimmbäder ... Letztlich gibt es auch Möglichkeiten, dass so zu steuern, dass das Geld auch sinnvoll ausgeben wird.

  • Stimmt. Aber das Geld ist da tatsächlich nicht das Hauptproblem. Bessere Arbeitsbedingungen würden schon helfen (Deputat, Verwaltungsaufgaben, Inklusion, ...).

    ... und bezüglich der Arbeitsbedingungen: Vielen würde es helfen (auch und insbesondere Teilzeitkräften), wenn es die Wahl zwischen Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung gäbe. Dann wären hoffentlich alle Probleme durch die Aufgaben aus der Klammer gelöst, da diese Aufgaben real als Arbeitszeit abgebildet würden. Weiteres Beispiel: Mails lesen, nachdenken, schreiben, Korrektur lesen, absenden.


    Da wird ja diskutiert, ob und wie die Entscheidungen des EuGH und BAG für Lehrkräfte relevant sind. Dazu aus dem news4teachers-Artikel:

    Zitat

    Das für Tarif- und Beamtenpolitik zuständige GEW-Vorstandsmitglied Daniel Merbitz, wies darauf hin, dass zwar das deutsche Arbeitszeitgesetz für Beamtinnen und Beamte nicht unmittelbar gilt, die Länder als Dienstherren aber genauso an die Rechtsprechung des EuGH gebunden seien.

  • ... und bezüglich der Arbeitsbedingungen: Vielen würde es helfen (auch und insbesondere Teilzeitkräften), wenn es die Wahl zwischen Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung gäbe. Dann wären hoffentlich alle Probleme durch die Aufgaben aus der Klammer gelöst, da diese Aufgaben real als Arbeitszeit abgebildet würden. Weiteres Beispiel: Mails lesen, nachdenken, schreiben, Korrektur lesen, absenden.

    Das ist eines der kleineren Probleme. Ich erfasse meine eigene Arbeitszeit und achte darauf, dass ich im Jahresschnitt nicht über 41 Stunden pro Woche (minus Feiertage, minus 6 Wochen Urlaub) komme. Natürlich sind auch E-Mails schreiben, Konferenzen usw. Arbeitszeit, die ich erfasse.


    Deputat, Verwaltungsaufgaben, Inklusion usw. sind, wie Mathemann aufgezählt hat, deutlich größere Probleme. 24 - 25 Unterrichtsstunden sind meiner Meinung nach natürlich leistbar, aber unnötige Gesamtkonferenzen, Zusatzaufgaben ohne Gegenleistung, Inklusion für die ich nicht ausgebildet bin usw. machen das Lehrersein anstrengender und unattratktiver, als es sein müsste.

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