Diskussion über Kopftuch unter Schülern

  • Hallo wertes Forum,


    in meiner 7. Klasse sitzen Kinder aus neun Nationen und es herrscht - trotz der üblichen Reibereien - allgemein sehr viel Toleranz untereinander. Eine Regel, die ich eigentlich konsequent durchsetze, ist das Absetzen von Kopfbedeckungen in geschlossenen Räumen. Nun hat sich aber ein Schüler darüber beschwert, dass dieses Verbot nicht für das eine Mädchen mit Koptuch gelte. Es ist mir bewusst, dass Mädchen und Frauen aus unterschiedlichen Gründen ein Kopftuch tragen und es nicht den einen Grund gibt...

    Dennoch ist es genau genommen schwer, die Ausnahme beim Kopftuch vor den Mitschülern zu rechtfertigen. Es kamen schon die ersten Einwände, dass man auch das Tragen einer anderen Kopfbedeckung letztlich mit der "persönlichen Überzeugung" oder "religiösen Ansichten" begründen könnte.


    Hattet ihr schon mal vergleichbare Situationen und einen Rat?


    Vielen Dank!

  • Nein, so etwas ist in meinem Unterricht in den 20 Jahren, die ich nun schon Lehrerin bin, noch nie passiert. Ich würde mich auf derartige Diskussionen überhaupt nicht einlassen. Fertig.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich kann mir vorstellen, dass die Schüler:innen, die sich bei dir beschwert haben, einfach nur keinen Bock haben, die Mütze oder Cap abzusetzen und demnach aus Prinzip mit ''xyz trägt aber auch eine Kopfbedeckung'' und ''Ungerechtigkeit'' argumentieren - jedenfalls ließt sich das für mich so. Du könntest natürlich, wie bereits von calmac vorgeschlagen, die sich auflehnenden Schüler:innen darum bitten, dir eine ausführliche Begründung der Absichten in Schriftform zukommen zu lassen, aber mach' kurzen Prozess und lass' dich auf keine (größere) Diskussion ein. Spätestens an diesem Punkt werden jene, die nur stänkern und die Unterrichtsstunde verkürzen wollten (ist in dem Alter ja gar nicht so weit hergeholt), die Mütze vermutlich freiwillig absetzen, denn wer bitteschön opfert freiwillig seine Zeit für einen zweiseitigen (?) Aufsatz, wenn keine wirklichen Absichten oder Überzeugungen vorhanden sind.

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  • Naja. Bei vielen Mädchen ist es eher eine "Gewohnheit", das Kopftuch zu tragen, um Diskussionen mit Eltern/Familie zu vermeiden.

    Dann sollen sie diese religiösen Ansichten begründen, am Besten mit Textverweise[n].

    Finde ich auch.

    Bei einem meiner Söhne war die Kappe eine Zeit lang Ausdruck der persönlichen Identität... Der "Schutz durch das Grundgesetz" wurde in der Schule aber locker ausgehebelt.

  • Es kamen schon die ersten Einwände, dass man auch das Tragen einer anderen Kopfbedeckung letztlich mit der "persönlichen Überzeugung" oder "religiösen Ansichten" begründen könnte.

    Die Schülerinnen, die das sagen, wissen, dass das vorgeschoben ist. Das kann man ihnen auch so zurückmelden. Man könnte dann ein Gespräch über Glaubensfreiheit und religiöse Toleranz anschließen.


    Ich verlange übrigens nicht, dass die Schülerinnen die Kopfbedeckungen abnehmen. Ich erkläre ihnen, dass das Ablegen der Kopfbedeckung (und auch das Ablegen der Jacke) bedeutet, dass man irgendwo angekommen sei, sich womöglich sogar dort wohl fühlt. Insofern bedeute das Aufbehalten der Kopfbedeckung, dass man eben (noch) nicht angekommen sei. Und wenn sie in Klassen genau so sitzen möchten, wie an der Bushaltestelle, dann sollten sie das tun.


    Für etwas zwei Drittel reicht das. Mit dem Rest verschwende ich meine Zeit nicht. Sie dürfen so auf mich wirken, wie sie möchten. Allein. Von mir bekommen sie (einmalig) eine Rückmeldung über ihre Wirkung nach außen. So bekommen sie einen klitzekleine Übung darin, etwas für sich zu entscheiden und auch die Verantwortung dafür zu übernehmen.


    Manchmal lassen sie die Mützen auch auf und die Jacken an, weil ihnen kalt ist. Soll ich da noch über diskutieren? Manche haben sogar Fleece- oder Wolldecken dabei.

  • Dann sollen sie diese religiösen Ansichten begründen, am Besten mit Textverweise.

    Das wird in dem Moment schwierig, in dem die vorgelegten Textverweise offen formuliert sind und daher Interpretationsspielraum zulassen.

    Falls es sich um ein muslimisches Mädchen handelt, könnte hier Sure 24 Vers 31 greifen, obgleich hier weniger eine explizite Kopfbedeckungspflicht herauszulesen ist, sondern lediglich die Forderung nach einem reizarmen Kleidungsstil der Frau. Entsprechend fallen die Interpretationen global wie national sehr unterschiedlich aus, von der Ganzkörperverschleierung bishin zum betont freizügigen Auftreten - und zwischen den Extremen viele Grauabstufungen.

  • dir eine ausführliche Begründung der Absichten in Schriftform zukommen zu lassen

    „In meiner Religionsgemeinschaft ist das Tragen einer Schirmmütze vorgeschrieben. Weitere Regeln verbieten mir, im Detail darüber zu sprechen. Die Inhalte der heiligen Schriften sind nur Glaubensschwestern zugänglich. Sie kommen in die Hölle, weil Sie danach gefargt haben. Viel Glück.“

  • Wieso dürfen die Schüler*innen keine Kopfbedeckung tragen? Ist das Werkstatt-Unterricht? Wird da an Maschinen gearbeitet? Für den Sport- bzw. Schwimm-Unterricht gibt es spezielle Kopftücher, die gefahrlos getragen werden können.

  • Unsere Schülerinnen tragen alle kein Kopftuch. Die Schulordnung wird akzeptiert. Hardliner begleiten ihre bekopftuchten Töchter bis zum Schultor und nehmen das Kopftuch dann wieder mit zurück nach Hause. Und klar sehe ich da größeren "Diskussionsbedarf" bei weiterführenden Schulen.

  • Apropos Werkstatt: unsere Bäckermeisterin verlangt kurzärmlige Oberbekleidung in der Backstube, damit man nicht mit dem Ärmel im Teig rummanscht. Hygiene, quasi „Vernunft vor Zunft“. Einige Mädels tragen zum „Verdecken der Reize“ aber lieber langärmelig. Gibt immer wieder Diskussionen.


    Letztendlich kann man bestimmte Berufe halt nicht ausüben, wenn man sich für eine Religion entscheidet, die das nicht zulässt.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Mir wäre es schon schlicht zu viel Zeitverschwendung, so ein Kopfbedeckungsverbot durchzusetzen. Ich habe kein Problem mit Kopfbedeckungen und verstehe auch, wenn pubertäre Schülerinnen und Schüler das als Entfaltung ihrer Persönlichkeit sehen. Bei religiöser Begründung für eine Kopfbedeckung (muss ja nicht nur das muslimische Kopftuch für Frauen sein) kann man doch ohnehin nichts machen. Und auch bei einer anderen Begründung halte ich es für einen Eingriff, der mir nicht zusteht.

  • Mir wäre es schon schlicht zu viel Zeitverschwendung, so ein Kopfbedeckungsverbot durchzusetzen. Ich habe kein Problem mit Kopfbedeckungen und verstehe auch, wenn pubertäre Schülerinnen und Schüler das als Entfaltung ihrer Persönlichkeit sehen. Bei religiöser Begründung für eine Kopfbedeckung (muss ja nicht nur das muslimische Kopftuch für Frauen sein) kann man doch ohnehin nichts machen. Und auch bei einer anderen Begründung halte ich es für einen Eingriff, der mir nicht zusteht.

    Sehe ich genauso… In Zeiten in denen sich Männer Frauenkleidung anziehen und behaupten dürfen, sie seien eine Frau UND auch noch bestimmte Pronomen einfordern dürfen…. Also ganz ehrlich… Da gibt es noch Leute, die sich an einem Kopftuch stören? Verstehe ich nicht…

  • Nun hat sich aber ein Schüler darüber beschwert, dass dieses Verbot nicht für das eine Mädchen mit Koptuch gelte. Es ist mir bewusst, dass Mädchen und Frauen aus unterschiedlichen Gründen ein Kopftuch tragen und es nicht den einen Grund gibt...

    Dennoch ist es genau genommen schwer, die Ausnahme beim Kopftuch vor den Mitschülern zu rechtfertigen. Es kamen schon die ersten Einwände, dass man auch das Tragen einer anderen Kopfbedeckung letztlich mit der "persönlichen Überzeugung" oder "religiösen Ansichten" begründen könnte.

    Diese Argumente kann ich nachvollziehen.


    Wenn die Schulordnung es nicht ausdrücklich untersagt (warum auch?), kann man doch eine Mütze auf dem Kopf haben, so wie man einen Pferdeschwanz oder einen Vollbart trägt, sich die Haare färbt oder ein Piercing hat? Warum sind religiöse Gründe "was anderes" als persönliche Gründe? Wie schon oben geschildert: Es lebe das Spagettimonster.

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