Zukunft des Fachs vs. Stellensituation

  • Einen frohen Rosenmontag wünsche ich euch, bevor ich zu meinem Anliegen komme.


    Seit ca. 1 1/2 Jahren arbeite ich (eher unfreiwillig) auf befristeten Vertretungsstellen und konnte dadurch zwei Schulen kennenlernen, die - obwohl im gleichen Ort - unterschiedlicher nicht sein könnten (beides Gymnasien). Über diese Erfahrung bin ich im Nachhinein sehr froh. Trotzdem nagt das Thema Planstelle unaufhörlich an mir und das wird es wahrscheinlich auch, bis ich eine solche erhalten haben werde. Im Vergleich bin noch relativ jung mit meinen 27 Jahren und verspüre privat noch keinen großen Druck, unbedingt sesshaft zu werden, sodass ich es mir vorstellen kann, noch ein paar wenige Jahre als Angestellter befristet zu arbeiten.

    Jetzt habe ich aber auch auch satte 1 1/2 Jahre keine Stunde Latein mehr unterrichtet. Hier in NRW ist super wenig Vertretungsbedarf zu verzeichnen und ich frage mich, wie es mittlerweile um die Zukunft des Fachs bestellt ist und inwieweit ich etwas wählerisch sein darf bei den wenigen Planstellen, die es gibt, da ja nichts weniger als meine berufliche Zukunft davon abhängt. Leider ist meine Glaskugel kaputt und verlässliche Aussagen sind fast gar nicht zu bekommen. Kurz: Ich würde gerne einschätzen können, wieviel Zeit ich mir noch nehmen darf, bevor ich "notgedrungen" irgendeine Stelle annehmen muss, um noch verbeamtet zu werden.

    Ein Bundeslandwechsel käme für mich in Frage, wenn es nicht gerade der tiefste Osten ist. Ich kann mir Schleswig-Holstein oder auch Baden-Württemberg oder Bayern gut vorstellen, weniger hingegen Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt usw. Würde aber natürlich eine Stelle in NRW durch die Nähe zu meiner Familie bevorzugen.


    Irgendwie liegt es aber auch etwas an mir selbst: Ich habe dauerhaft das Gefühl, als Vertretungslehrer eine Lehrkraft zweiter Klasse zu sein, ohne das mir das von außen gespiegelt wird. Ich verpasse - durch die prekäre Befristungssituation - natürlich auch Chancen, mal in der Oberstufe einen GK oder LK übernehmen zu können.


    So. Das war jetzt teilweise ungeordnet der Frust, der mich gerade beruflich begleitet. Habt ihr irgendwelche Ratschläge für mich?

    • Offizieller Beitrag

    die Zukunft des Fachs Latein sehe ich persönlich als ganz gut : mit Latein werden andere Schülermentalitäten angesprochen als mit einer modernen Fremdsprache.


    Aber vll spiegelt diese Ansicht auch nur meine persönlichen Erfahrungen wieder ;)


    Probleme sah ich bislang eher beim Fach Geschichte, weil das so massiv überlaufen war.

    Allerdings wird momentan bzw. nin näherer Zulunft ja scheinbar jedes Fach gebraucht.


    mein persönlicher Rat:

    bewirb dich weiterhin, auch im weiteren Umfeld, da du dich als flexibel beschreibst, und die erste Planstelle, die dir winkt, sagst du zu, wenn dir das Thema Planstelle so wichtig ist. Wegbewerben geht dann immer noch


    Wann das eintreten wird--das wird dir niemand hier voraussagen können :(

  • die Zukunft des Fachs Latein sehe ich persönlich als ganz gut : mit Latein werden andere Schülermentalitäten angesprochen als mit einer modernen Fremdsprache.

    Wenn noch weitere moderne Sprachen zur Auswahl stehen würden, bin ich mir sicher dass noch weniger Latein wählen würden. Das braucht nämlich später fast niemand. Ein moderne Sprache kann man aber sehr gut gebrauchen.

  • Wenn noch weitere moderne Sprachen zur Auswahl stehen würden, bin ich mir sicher dass noch weniger Latein wählen würden.

    Ich bin mir sicher, dass noch mehr SuS Latein und Griechisch wählen würden, wenn das an mehr Schulen zur Auswahl stünde.

    Das braucht nämlich später fast niemand. Ein moderne Sprache kann man aber sehr gut gebrauchen.

    Es ist die Frage, was in dem Zusammenhang mit "brauchen" gemeint ist.

    Aktiv angewandt habe ich die Kenntnisse in manchen der "modernen Sprachen", die ich gelernt habe, schon eine Weile nicht mehr. Latein hingegen kann man täglich anwenden, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht.

  • Ich bin mir sicher, dass noch mehr SuS Latein und Griechisch wählen würden, wenn das an mehr Schulen zur Auswahl stünde.


    Griechisch bedeutet dann m.W. Altgriechisch und das ist dann sogar noch deutlich sinnfreier (im Hinblick auf eine lebensnahe Anwendbarkeit) als Latein, außer man möchte mal Platon oder so im Original lesen. Humanistischer Bildungsansatz halt...


    Latein ist wenigstens noch vorteilhaft für Studiengänge wie Medizin und Jura - oder einfach zum Klugscheißern.

  • Wenn noch weitere moderne Sprachen zur Auswahl stehen würden, bin ich mir sicher dass noch weniger Latein wählen würden.


    Vielleicht mal Türkisch.


    Nee, im Ernst. Ich glaube, dass auch für Japanisch z.B. durchaus eine große Nachfrage vorhanden wäre. Unheimlich viele Kids stehen auf dieses Anime-Zeug und so.

    Ich persönlich fände auch Niederländisch oder skandinavische Sprachen interessant. In SH kann man an einigen Schulen zumindest Dänisch lernen.



    FrozenYoghurt


    Es wird immer irgendwo Glück bleiben. Gibt es in NRW denn auch so eine Wartelistenregelung wie in Hessen, also dass man nach vier oder fünf Jahren auf der Liste sich wieder neu draufsetzen lassen muss und man mit jedem Jahr auf der Warteliste einen Bonus auf die Note bekommt? Werden Vertretungsstellen auch angerechnet?


    Dann wäre es neben deiner Gesamtnote auch zu berücksichtigen, wo du dich gerade auf der Liste befindest.

  • Griechisch bedeutet dann m.W. Altgriechisch

    Natürlich.

    außer man möchte mal Platon oder so im Original lesen

    Oder Homer. Oder das Neue Testament. Usw.

    Latein ist wenigstens noch vorteilhaft für Studiengänge wie Medizin und Jura

    Eher für Geschichte, Philosophie, Theologie, Sprach- und Literaturwissenschaften.

    Das Fachvokabular für Medizin hat eher weniger mit dem klassischen Latein zu tun und auch für Jura braucht man Latein (von ein paar Sprichwörtern, die man auch so lernen kann, abgesehen) wohl nur, wenn man sich auf römische Rechtsgeschichte spezialisiert.

  • Ich denke, die Fremdsprachenauswahl hängt auch sehr vom Typ Mensch ab. Ich pesönlich empfehle den Sechstklässlern bzw. den Eltern bei analytisch orientierten Schülern eher Latein (Griechisch wird bei uns nicht angeboten.), bei eher kommunikativ orientierten Schülern Französisch bzw. wenn angeboten Spanisch.

  • dass auch für Japanisch z.B. durchaus eine große Nachfrage vorhanden wäre. Unheimlich viele Kids stehen auf dieses Anime-Zeug und so.

    Nachfrage schon, aber die Dropout Rate wäre sicherlich auch groß, denn wenn Leistung gefragt ist, ist es schon recht schwierig und viel zu lernen. Ähnlich spanisch, was auch mehr als vamos a la Playa ist und dann trotzdem gerne zum Hassfach wird.

  • Grundsätzlich wird auf das Fach ja schon seit rund 40 Jahren ein Abgesang beschworen und siehe da, es hält sich immer noch. Trotzdem: Altgriechisch hat es eben irgendwann auch "erwischt", sodass ich keinem Studienanfänger aus rationaler Sicht dazu raten kann. Es hat mich erstaunt, dass Geschichte häufiger gesucht ist / war als Latein! Aber vielleicht ist das nur meine Wahrnehmung hier im Umkreis


    mjisw Es ist in NRW hier so, dass alle registrierten Bewerber nach sogenannten Ordnungsgruppen (die beste ist 2, die schlechteste 99) auf einer Rangliste stehen. Wenn sich sehr viele Bewerber auf eine ausgeschriebene Stelle bewerben, muss entschieden werden, bis zu welcher Ordnungsgruppe eingeladen wird. Man kann sich durch das Ableisten von Vertretungsstellen um bis zu 8 Ordnungsgruppen verbessern (nach 1.500h). Mit perfekten Noten im Studium und im Ref würde man bei OG 10 starten und sich maximal auf 2 hocharbeiten können. Ich bin mit OG 17 gestartet und bin momentan bei OG 13, maximal ist bei mir OG 9 möglich. Examen habe ich mit 1,7 gemacht.

  • :rofl::rofl:


    genau dieses Argument ist keines.:rofl:

    Das ist für den Schüler ein sehr wichtiges Argument. Er darf wählen, also wählt die Mehrheit etwas was sie später mit höherer Wahrscheinlichkeit verwenden wird. Da kannst du dich noch so umher kugeln, das ist eine legitime Entscheidungsfindung. So habe es meine Freunde und ich auch gemacht.

  • Was glaube ich bei einem Fach wie Latein nicht schaden kann ist ein Plan, wie man das Fach an der Schule attraktiver gestalten wollen würde, um diesen Sprachzweig eben auch langfristig zu erhalten. Das könnte dein Ass im Ärmel sein, um eben für Schulen auch attraktiv zu sein. Ein ergänzendes AG-Angebot (z. B. Römer-AG ab Klasse 5, wo gemeinsam Werkzeuge und Co. nachgebaut werden, auf dem lokalen Fluss gerudert wird, Rezepte nachgekocht werden,...) könnte so ein Pluspunkt sein, der dabei hilft, dich für die eine freiwerdende Stelle zu einer herausstechenden Bewerberin zu machen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Das ist für den Schüler ein sehr wichtiges Argument. Er darf wählen, also wählt die Mehrheit etwas was sie später mit höherer Wahrscheinlichkeit verwenden wird. Da kannst du dich noch so umher kugeln, das ist eine legitime Entscheidungsfindung. So habe es meine Freunde und ich auch gemacht.

    Wer mit Fremdsprachen extrem fremdelt und schon im Englischunterricht nur deutsch klingt, tut sich mit Latein als zweite Fremdsprache am Ende einen Gefallen. Zumindest wird in dem Fach niemand das Hörverständnis prüfen, aktive Dialoge verlangen oder Kommunikationsprüfungen abverlangen, an denen sprachlich wenig talentierte SuS eher scheitern als an reinen Übersetzungsklausuren. Selbst wenn man also keinen künftigen Nutzen in Lateinkenntnissem für sich selbst zu erkennen vermag, kann es gute Gründe geben als Schüler:in eben dieses Fach zu wählen. In meiner Lateinklasse haben damals 2/3 Latein genau deshalb gewählt, weil schon Englisch sie sprachlich an Grenzen gebracht hat und sie keine romanische Sprache hätten lernen wollen oder auch können. Diese haben dann auch folgerichtig ab Klasse 9 mit dem NaWi-Zug weitergemacht und keine 3.Fremdsprache gelernt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    • Offizieller Beitrag

    "Meine" Schule wird in den nächsten 2-3 Jahren 3 von 4 Lateinlehrkräften verlieren.
    Ich bin aber ganz ehrlich: ich würde durchdrehen, wenn die Schule jemanden mit Latein/Geschichte einstellen würde.
    Latein wird maximal 14-16 Stunden einnehmen (7.-10. Klasse, ich habe die aktuellste Stundentafel nicht im Blick), und es gibt in der Regel nur 2 Lateingruppen im Jahrgang. und dann noch 10 Stunden müssen also Geschichte sein. Minimum, jedes Jahr.
    Da wir in Geschichte sicher eine Überbelegung haben, bringt es Unruhe in beiden Fachschaften (der Lateinlehrer mit einem "unbrauchbaren" Zweitfach (UV-teachnisch!!!) muss also möglichst viel Latein bekommen, die anderen Lateinlehrer bekommen nie Oberstufe, und/oder kriegt automatisch sein Zweitfach, der Deutsch/Geschichtskollege hat also am Ende vielleicht 20 Stunden Deutsch und 5 Stunden Latein, Jahr für Jahr...

    Aber sei beruhigt, ich bin nicht SL und meine Erfahrung zeigt: die wenigsten SL denken so weitsichtig, wie ich es tue. (und einige können es sich nicht mal leisten, so zu denken...)

  • Nachfrage schon, aber die Dropout Rate wäre sicherlich auch groß, denn wenn Leistung gefragt ist, ist es schon recht schwierig und viel zu lernen.

    Man müsste es natürlich auf einem deutlich grundlegenderen bzw. niedrigeren Niveau ansetzen als Französisch, Spanisch, Latein - das ist klar.




    Ähnlich spanisch, was auch mehr als vamos a la Playa ist und dann trotzdem gerne zum Hassfach wird.


    Also ich hatte drei Jahre Spanisch in der Oberstufe, weil ich die zweite Fremdsprache nachholen musste und ich fand es ehrlich gesagt nicht übermäßig schwer. Bis auf die Elf (wo ich noch eine andere Lehrkraft hatte, die einen eher motiviert hat), habe ich kaum was für das Fach gemacht und bin trotzdem immer gerade so durchgekommen. Das mag aber von der Lehrkraft abhängen und ist bei mir auch schon ne Weile her. Auch war es halt ein berufliches Gymnasium, wo die Leute massenweise die zweite Fremdsprache nachholen - da hat man u.U. beide Augen bzw. Ohren zugedrückt. ^^

  • Man müsste es natürlich auf einem deutlich grundlegenderen bzw. niedrigeren Niveau ansetzen als Französisch, Spanisch, Latein - das ist klar.

    Dann wäre in ein paar Jahren "Ich kann immer noch keine Katakana lesen" das neue "Ich kann in Französisch nur "Je ne parle pas francais"" :D

  • NRW stellt doch in den nächsten Jahren auf G9 um und wird dann Lehrkräfte für einen weitern Jahrgang benötigen.

    Wenn man darüber hinaus ist, wird es die üblichen Stellen für pensionierte Lehrkräfte geben.

    Kannst du nebenbei Zusatzqualifikationen ausbauen?

    • Offizieller Beitrag

    NRW stellt doch in den nächsten Jahren auf G9 um und wird dann Lehrkräfte für einen weitern Jahrgang benötigen.

    Wenn man darüber hinaus ist, wird es die üblichen Stellen für pensionierte Lehrkräfte geben.

    Kannst du nebenbei Zusatzqualifikationen ausbauen?

    Für die Fremdsprache (Latein) spielt die Umstellung keine Rolle, weil die Schüler*innen im G8 in der 6. Klasse die 2. Fremdsprache angefangen haben, in G9 in der 7. (also nicht mehr Stunden als vorher).
    Bei Geschichte gibt es glaube ich auch keinen großen Zuwachs UND im Vorfeld dieser Umstellung werden schon seit ein paar Jahren "Vorgriffstellen" mit Abordnung für die ersten Jahren an andere Schulformen mit Bedarf (Grundschule, Sekundarschule, Hauptschule...) besetzt.
    Zusatzqualis und Drittfächer sind definitiv ein Vorteil bei den zwei Fächern.

  • chilipaprika Drittfach würde bedeuten, nochmal Uni und in einem anderen Fach einen Bachelor -> Master machen, richtig?

    Zu Zusatzqualifikation wäre ich durchaus bereit, leider kommt man an die Zertifikatskurse ja nur über eine Planstelle ran...

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