Nur digitaler Unterricht ist guter Unterricht?

  • Bei uns an der Schule ist eine Zweiklassengesellschaft entstanden.

    Die einen machen ihren Unterricht mit Tafelbild und Buch.

    Die anderen mit Powerpoint und QR Code

    (vereinfacht dargestellt)

    Beides hat meiner Meinung nach eine Daseinsberechtigung und ergänzt sich bestimmt, da die Schüler beide Wege der Wissensvermittlung kennenlernen.

    Nun ist es aber so, dass schon mehrere ältere Lehrer den Eindruck geäussert haben, dass die jungen auf sie herabschauen.

    Tatsächlich hat eine Referendarin die Hilfe ihres Mentors abgelehnt, weil sie kein Interesse an altmodischen Tafelbildern habe.

    Ich selbst arbeite immer noch am liebsten mit gemeinsam erarbeiteten Tafelbildern.

    Ich akzeptiere aber auch, wenn das Kollegen anders machen.

    Es kann auf beide Arten gute und schlechte Stunden geben.

  • Darf ich da mal nachfragen, ob es bei euch so etwas wie ein offizielles Medienkonzept gibt?

    Bei uns (Gesamtschule NRW mit schon recht ordentlicher digitaler Ausstattung) hat es über die letzten Jahre immer wieder "Test-Phasen" für verschiedene Aspekte des Medieneinsatzes im eigenen Unterricht gegeben, die aber auch durch regelmäßige Evaluation begleitet bzw. abgeschlossen wurden. Außerdem haben wir eine sehr engagierte Lehrkräfte-Gruppe "Medienteam", die in Absprache mit der Schulleitung Support und Fortbildung organisiert und anbietet.

    Auch wenn ich es nicht von sehr vielen meiner Kolleginnen und Kollegen genau weiß, wie intensiv sie digital arbeiten: Es gibt auch bei uns sicherlich das eher "traditionelle" Lager und andere (wie mich selbst), die am liebsten alles inzwischen digital umsetzen oder umsetzen wollen. Eine Art "Diskriminierung", wie du sie in deinem Beitrag andeutest, bemerke ich bei uns allerdings nicht (obwohl ich es nicht sicher wissen kann).

  • Tatsächlich hat eine Referendarin die Hilfe ihres Mentors abgelehnt, weil sie kein Interesse an altmodischen Tafelbildern habe.

    Hochmut kommt vor dem Fall ;)

  • Darf ich da mal nachfragen, ob es bei euch so etwas wie ein offizielles Medienkonzept gibt?

    Bei uns (Gesamtschule NRW mit schon recht ordentlicher digitaler Ausstattung) hat es über die letzten Jahre immer wieder "Test-Phasen" für verschiedene Aspekte des Medieneinsatzes im eigenen Unterricht gegeben, die aber auch durch regelmäßige Evaluation begleitet bzw. abgeschlossen wurden. Außerdem haben wir eine sehr engagierte Lehrkräfte-Gruppe "Medienteam", die in Absprache mit der Schulleitung Support und Fortbildung organisiert und anbietet.

    Auch wenn ich es nicht von sehr vielen meiner Kolleginnen und Kollegen genau weiß, wie intensiv sie digital arbeiten: Es gibt auch bei uns sicherlich das eher "traditionelle" Lager und andere (wie mich selbst), die am liebsten alles inzwischen digital umsetzen oder umsetzen wollen. Eine Art "Diskriminierung", wie du sie in deinem Beitrag andeutest, bemerke ich bei uns allerdings nicht (obwohl ich es nicht sicher wissen kann).

    Es gab einen Pädagogischen Tag, an dem es verschiedene Einführungen gab. webuntis, moodle, etc.

    Für die einen war das aber alles schon bekannt, für die anderen viel zu viel Neues auf einmal

  • Ich halte die Grundsatzposition "Ich arbeite mit Tafel und Kreide und mache nix, was einen Computerchip benötigt" heute tatsächlich nicht mehr für haltbar, obwohl sie definitiv bei einzelnen KuK noch vorhanden ist. Umgekehrt sind digitale Hilfsmittel nur ein Werkzeug, kein Selbstzweck und man kann natürlich an einzelnen Stellen auch ihren Einsatz hinterfragen.

  • Die einen machen ihren Unterricht mit Tafelbild und Buch.

    Die anderen mit Powerpoint und QR Code

    (vereinfacht dargestellt)

    Und genau diese Vereinfachung dürfte nicht zu halten sein. An unserer Schule arbeiten inzwischen sehr viele Lehrkräfte gezielt (!) mit den Möglichkeiten digitaler Werkzeuge im Unterricht. Das bedeutet aber gerade nicht, dass nicht auch das klassische Lehrbuch (oder dessen digitale Variante) und gemeinsam erarbeitete Tafelbilder genutzt werden. Kritisch ist doch viel eher die verweigernde Haltung einiger Lehrkräfte, die sich strikt gegen die Verwendung der "neuen" Werkzeuge sperren.

  • In meiner 3. Klasse kennen die meisten Kinder die gängigen Shortcuts in Windows wie strg + c usw. Bald werden wir ein bisschen programmieren. In der 4. Klasse werden sie eine eigene Website erstellen. Mit einem Baukastensystem, das für die Grundschule gemacht ist, zunächst werden sie aber ein kleines bisschen HTML und CSS schreiben.


    Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass ich meine digitale Tafel seit Monaten kaum während des Unterrichts einschalte. Ich arbeite mit dem einen blanko Tafelflügeln und mit Whiteboardstiften in vier Farben. Ich hänge auch gerne etwas mit Magneten auf die Projektionsfläche der digitalen Tafel. Ich bin da also voll bei Moebius und Seph.

  • Bei mir im Unterricht ist beides vertreten. Je nach Thema mit unterschiedlicher Gewichtung.

    Wenn mir eine Referendarin (Lehrerin in Ausbildung, Junglehrerin,...) so kommen würde, würde ich ihr schon ein paar Takte sagen, bzw sie des Raumes verweisen. Ihren nächste ("unwichtige") Unterrichtsbesuch bei mir, wäre zufällig Stromausfall :aufgepasst:.

  • Nuja, wenn die Referendarin halt in ihren UBs digitale Mittel die ja anscheinend vorhanden sind) quasi einsetzen muss....


    Was man von jedem Kollegen verlangen kann, ist, sich mit ihm zur Verfügung gestellten digitalen Geräten auseinanderzusetzen - ob er sie nach Prüfung einsetzt, sollte ihm überlassen sein.

  • Es geht dabei ja gar nicht mal um das Tafelbild als solches. Aber eine der ersten Sachen, die ich bei Betreuung mit frischen Anwärtern durchgehe, ist die saubere Vorüberlegung der Dokumentation des Unterrichts für die Schüler. Das kann der Entwurf eines geeigneten Tafelbilds sein, das Zurverfügungstellen entsprechender Präsentationen, das Erstellen eines passenden Arbeitsblatts u.v.m. Das konkret verwendete Medium ist am Ende gar nicht so wichtig, viel wichtiger finde ich, dass sich vorher klar überlegt wird, wie die Sicherung der Arbeitsergebnisse erfolgen sollen.

  • Und genau diese Vereinfachung dürfte nicht zu halten sein. An unserer Schule arbeiten inzwischen sehr viele Lehrkräfte gezielt (!) mit den Möglichkeiten digitaler Werkzeuge im Unterricht. Das bedeutet aber gerade nicht, dass nicht auch das klassische Lehrbuch (oder dessen digitale Variante) und gemeinsam erarbeitete Tafelbilder genutzt werden. Kritisch ist doch viel eher die verweigernde Haltung einiger Lehrkräfte, die sich strikt gegen die Verwendung der "neuen" Werkzeuge sperren.

    Da gibt es niemanden, aber einige Kollegen sind schlichtweg überfordert. Und ich selbst mühe mich redlich.

    Ich habe meine Examensarbeiten auch schon auf dem PC geschrieben, in den Nachbarzimmern des Studentenwohnheims klapperten noch die Schreibmaschinen.

    Da schreibt jetzt sicher kein Kollege mehr drauf, ich betone nur, dass die älteren Kollegen eben noch nicht so digital aufgewachsen sind und sich logischerweise mit den Neuerungen schwerer tun.

    Und jetzt kommen Digital Native Referendare, für die das alles selbstverständlich ist. Diese sollten aber trotzdem die Methoden der alten zumindest kennen lernen.

  • Also, so bis 55 ist man schon mit PCs und so aufgewachsen.....


    Digital native Referendare sind mir überproportional noch nicht begegnet (ältere Kollegen kennen sich da teilweise weitaus besser aus) - ich sehe eher die Gefahr, dass man entdeckt, dass man mit (beliebig oft wiederverwendbaren Powerpointpräsentationen) sehr ökonomisch seinen Unterricht gestalten kann, ohne sich überhaupt präzise mit den Lernzielen und Lernvoraussetzungen der SuS auseinandersetzen zu müssen (dieses Phänomen des Powerpointlehrers gibts übrigens bei alt und jung)


    Durch die Verbreitung der Smartphones könnte es zukünftig sogar zu einer Verflachung der digitalen Kompetenz bei Junglehrern kommen (bin z.B. sehr erstaunt darüber, dass es Junglehrer gibt, die ohne Desktop-PC mit Computermonitor auskommen - das heißt ja, die lesen kaum oder nur oberflächlich mit digitalen Endgeräten)

  • Ich glaube wir müssen hier deutlich zwischen der Methodik an sich und der Umsetzung mittels zur Verfügung stehender Werkzeuge unterscheiden. Ich bin wie oben beschrieben vollkommen bei dir, dass eine saubere Ergebnissicherung des Unterrichts nach wie vor sehr wichtig ist und man sich damit auseinandersetzen muss - egal ob jung oder alt. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass sich Lehramtsanwärter heute z.B. nun echt nicht mehr mit der Bedienung und Vorbereitung entsprechender Folien eines OHPs auseinandersetzen müssen.


    Nebenbei: auch als gestandene Lehrkraft kann man gerade von den Anwärtern noch so einiges lernen - genau wie andersherum natürlich auch.

  • Auch durch die Gestaltung von OHP-Folien könnte man etwas lernen, diese stehen nämlich nicht beliebig zur Verfügung (bei Powerpoint macht man halt mal schnell ne Präsi mit 30 Folien, wenn Zeit nicht reicht, klickt man halt schnell über ein paar rüber - ppts kann man auch schnell ändern, anders als OHP-Folien, wo man sich Gestaltung und Layout schonmal mehr überlegt).


    Aber klar, dass soll jetzt kein Plädoyer für die Zukunft des Polylux/OHPs sein

  • Also, so bis 55 ist man schon mit PCs und so aufgewachsen.....

    Mein erster Kontakt mit programmierbaren NICs (noch mit Maschinencode) war 1972. Lochkarten habe ich 1977 gestanzt und als W15 habe ich die Buchhaltung der 10.Panzerdivision am Nixdorf-Computer erledigt. Die ersten Fotos habe ich 1984 digitalisiert. Meinen ersten PC hatte ich (als Leihgerät) 1989 zur Vorbereitung der Wordstar-, Multiplan-, und dBase-Kurse Zuhause stehen.

    Mittlerweile arbeite ich vorwiegend mit Linux-Systemen, für die Schule hatte ich einen privaten Beamer angeschafft, weil die Schulleitung das einzige mobile Gerät der Schule im Rektorat gebunkert und nur widerwillig ausgegeben hat.
    Kannst mal abschätzen, wie alt ich bin. Man sollte dem alten Harung die Erfahrung nicht absprechen. Und ich bin nicht der einzige EDV-affine Ü60-Lehrer.
    Wobei ich ALLE Medien für den Unterricht verwende. Auch die Kreidetafel. Und den OHP (als Gestell für den Beamer) ;)

    BTW: Diesen Scanner hab' ich damals benutzt:

  • ... bei Powerpoint macht man halt mal schnell ne Präsi mit 30 Folien ...

    Meinen Schülern (und den Referendaren) hab ich die Pecha-Kucha-Methode gezeigt:
    20x20: maximal 20 Folien, jeweils maximal 20 Sekunden (mit automatischem Folienwechsel)
    Gesamtdauer der Präsentation maximal 400 Sekunden= 6'40"
    Mehr braucht es nicht.

    Mehr zu Pecha Kucha:
    https://www.autenrieths.de/vorbereitungen.html#Pecha

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.

  • dass die älteren Kollegen eben noch nicht so digital aufgewachsen sind und sich logischerweise mit den Neuerungen schwerer tun

    Hast du noch mehr Klischees parat? Woher kommt immer dieser Quatsch, man müsste mit irgendwas "aufgewachsen" sein um es zu können? Überleg dir einfach, was du sonst so im Erwachsenenalter alles gelernt hast. Ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, was du diskutieren willst. Du wirftst ein paar unüberprüfbare Behauptungen in den Raum, von wegen KuK würden nur (noch) dies, das und jenes so oder so machen. Woher weisst du das so genau? Hast du bei all denen schon im Unterricht gesessen? Also ich habe junge Kollegen, die mit dem Laptop in den Unterricht gehen und beim Zimmerwechsel die Tafel wischen. Irgendwas scheint während der 45 min passiert zu sein, das nichts mit dem Laptop zu tun hat. Ich wische nur ausgesprochen selten die Tafel. Über meine Ergebnissicherung weisst du mit dieser Information genau... Nichts.

  • Ich gehöre zu beiden oder keiner der zwei Klassen und kann nur bestätigen, dass ein dynamisch aus dem Unterrichtsgespräch heraus entwickeltes TB in punkto Schüler*innen-Motivation und Binnendifferenzierung m. E. immer noch eines der besten Mittel ist.

    Warum ich meistens digital arbeite, habe ich schon öfter dargelegt; und was die Tafel angeht, ist es auch sehr pragmatisch: Ich bin allergisch gegen alles, was in der Luft so herumfliegt, und mein ASthma freut sich über wenig(er) Tafelstaub.

  • Bei uns ist es noch nicht ganz so heftig wie bei German, aber es gibt einzelne Kollegen, die mit Papierverschwendung argumentieren, wenn man für seine Klassen noch ganz oldscool Kopien anfertigt (die fahren aber u.a. mit dem fetten Auto nach Hause).


    Was ich viel schlimmer finde, sind die Äußerungen und das Verhalten vieler Schüler zu diesem Thema. Lektüre wird nicht mehr in Buchform gekauft, sondern auf dem Handy gelesen (oder besser entziffert). Oft finde ich Fehler, die in einer Klausur gemacht wurden, durch das Lesen/Anschauen des ersten Hints bei Google. Egal, ob ich einen Tafelanschrieb mache oder eine Präsentation auf den Boards mache, es wird sofort das Handy/Ipad/Was auch immer gezückt und fotografiert. Mitschreiben wird als unnötig betrachtet, ständig muss ich argumentieren, weshalb ich meine Dateien/Tafelanschriebe nicht in die Schulcloud hochlade.

  • Nebenbei: gerade beim "klassischen Tafelbild" empfinde ich die Digitalisierung als riesen Vorteil. Das gibt es bei mir immer noch, aber eben fortlaufend mit Goodnotes auf dem iPad, so dass ich Aufgabenstellungen, Bilder aus Büchern und Schülerlösungen schnell integrieren kann, ich kann die ein mal vorbereitete Vorlage jedes Jahr wieder nutzen (gerade in Physik ist meine Arbeit deutlich entspannter geworden, weil ich keine Versuchsaufbauten mehr an die Tafel zeichnen muss) und ich kann beliebig zurück blättern und sowohl mal eben schnell wiederholen, was wir letzte Stunde besprochen haben, als auch zeigen, dass wir ein bestimmtes Verfahren zum Lösen von Gleichungssystemen vor drei Jahren eben doch gemacht haben.

    Didaktisch und Inhaltlich bleibt das Tafelbild trotzdem relativ dicht an dem, was ich vor 10 Jahren auch schon an der Kreidetafel gemacht habe, dabei habe ich mir nämlich was gedacht und das meiste davon ist heute immer noch gültig.


    KuK, die da immer noch aus Prinzip darauf beharren, alles mit Kreide an die Tafel zu schreiben, kann ich aber tatsächlich auch nur noch begrenzt für voll nehmen.

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