Jogginghose oder Schule?

  • Da lebst du in deiner heilen SekII-Welt auf einem anderen Planeten.

    Das ist so unterstellend, anmaßend, ignorant und übergrifig, dass meine Diskussion darüber mit dir an dieser Stelle von meiner Seite beendet ist. Du weißt nichts über meine Schüler*innen. Davon abgesehen, dass Gemeinschaftsschule und BBS auf demselben Gundstück sind wie mein Gymnasium, das im Übrigen Schüler*innen aus dem Hamburger Umkreis zwischen 10 und 20 umfasst.

    Passt für mich aber auch zum Posten von Bildern mit Silikonbrüsten in GG.

  • Ich persönlich verbinde mit der Kleidung, die ich trage, immer auch eine gewisse Einstellung gegenüber der Situation, in die ich mich begebe.

    Am Wochenende zu Hause laufe ich mit Jogginghose und Hoodie rum, gehe ich ins Theater, ziehe ich mich schicker an, geht's in die Schule, reicht die Bandbreite von Jean und Pulli über Bluse und Blazer hin zum Sommerkleid. In Jogginghosen würde ich in der Schule nicht rumlaufen, ebensowenig im Minirock, weil es mir weder für das eine noch für das andere der geeignete Ort zu sein scheint. Der Fokus liegt auf was anderem, nicht auf Chillen und nicht auf Sexy-Sein, sondern auf Arbeiten.


    Ebenso unterstelle ich, mehr oder weniger bewusst, Schülern eine gewisse Haltung, die sie mit ihrer Kleidung zum Ausdruck bringen.

    Und interessanterweise - es wurde hier schon angedeutet - korreliert die Kleidung der Schüler, zumindest meiner Erfahrung nach, auch häufig mit der Leistung bzw. der Leistungsbereitschaft.

    Ich kommentiere Schülerkleidung im Alltag nie - wer bin ich, mich da einzumischen! (Gut, abgesehen von dem Fall "vernachlässigt aussehendes Kind" oder "11jähriger läuft im T-Shirt über den verschneiten Pausenhof", aber das fällt dann wohl mehr unter den Erziehungsauftrag.)


    Was ich aber v.a. bei den höheren Klassen vorher von Anfang an klar mache, ist, dass ich bei mündlichen Prüfungen eine der Situation angemessene Erscheinung erwarte. In Jogginganzug und ungekämmt zum Kolloquium kommen, fände ich unpassend.

    Was die Jugendlichen dann draus machen, liegt in ihrer Hand und hat ja letztendlich auch keine Konsequenzen. Mir ist es nur wichtig, sie für diesen Zusammenhang zwischen Was ziehe ich an und Welche innere Haltung vermittle ich damit in welcher Situation zu sensibilisieren.

  • Freud, Autokorrektur oder Tippfehler? #scnr

    Absicht ;)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.

  • Zum verlinkten Bild:

    Neulich hat einer meiner Schüler einen (meiner Meinung nach) sehr schönen Satz gesagt. Er (als junger Mann) sagte, dass es eigentlich möglich sein sollte, dass jede Frau so wie auf dem Foto herumlaufen kann, ohne dass es negativ verurteilt und kommentiert wird.

    Seine Begründung: Nur weil eine Frau ihren Körper zeigt, heißt das nicht, dass sie eine S*****mpe ist. Nur weil sie ihren Körper zeigt heißt das nicht, dass sie “besprungen” werden will. Nur weil sie Silikonbrüste hat heißt das nicht, dass sie “billig” oder dumm ist. Frauen sollten tragen dürfen was sie möchten, ohne Angst haben zu müssen, dass man sie abwertet oder Angst vor Übergriffen haben zu müssen.

    Ich verstehe die Reaktion, sehr freizügig bekleidete junge Mädchen zum umziehen zu schicken. Aber eigentlich ist es ein Armutszeugnis für die Gesellschaft insgesamt weil das implizit die Aussage beinhaltet “wenn du so rumläufst brauchst du dich nicht wundern, wenn dir etwas passiert”. Ein Stück weit ist das Victim-Blaming und schlägt genau in die Kerbe, weshalb unverschleierte Frauen in manchen Ländern Gewalt angetan wird. Weil man die Verantwortung für die eigenen (männlichen) Triebe auf die Frauen abwälzt.

    Das bedeutet nicht, dass ich es passend finde, halbnackt in der Schule zu sitzen, siehe Argumente von Kieselsteinchen . Aber trotzdem sollte man immer hinterfragen inwiefern es einem selbst eigentlich zusteht, in die Kleiderwahl anderer einzugreifen. Natürlich drückt Kleidung auch immer irgendetwas aus, aber wie man die Kleiderwahl des anderen interpretiert ist höchst subjektiv. Die Gleichung “Jogginghose = Nimmt Schule nicht ernst” ist genauso subjektiv wie “tiefer Ausschnitt = leicht zu haben”.

  • Da gibt's doch heute diese superengen Leggings, mit denen einige Mädels heute rumlaufen. Da sieht man bei passender oder weggelassener Unterwäsche wirklich alles. Besonders in der Sekundarstufe II sind dann noch einige mit Modelmaßen dabei.


    Mich störts überhaupt nicht und als Lehrer werde ich mich hüten, direkt draufzusehen.


    Kann mir aber aus meiner Jugend gut vorstellen, wie hormontriefende Jungs darauf reagieren.


    Wie lächerlich kommt mir dann das Verbot der Jogginghose vor.

  • Ich finde auch die Verlinkung des Bildes unpassend bis peinlich. Wozu soll das dienen? „Klamotten auf die Spitze treiben“ mit solchem Bild zu veranschaulichen ist für mein Gefühl „Altmännerfantasiegeschmacklosigkeit“.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Hormontriefende Jungs versuchen seit Urzeiten, Mädchen unter die Röcke zu gucken, wurden deshalb Röcke oder Kleider verboten? Die Diskussion um die Jogginghose ist so lächerlich, dass ich bei der ersten "Wermelskirchen-Nachricht" gedacht habe - Ist schon wieder Sommerloch?

  • Zumal Jogginghose und auch Sweatshirts inzwischen keine (ausschließliche) Sportbekleidung mehr sind.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Wenn den Kids zum ersten mal auf dem Schulhof von den üblichen Spaßvögeln die Schlabberhose runtergezogen wird (kommt nicht so selten vor, weil - ist ja einfach), überlegen sie sich, ob ihr Outfit so cool ist.

  • Zumal Jogginghose und auch Sweatshirts inzwischen keine (ausschließliche) Sportbekleidung mehr sind.

    Genau. Beim Bäcker sehe ich auch immer wieder Herren in Schlabberhose und Hausschuhen ohne Socken.
    Finde ich peinlich. Genauso wie bei Schülern in der Schule - die (wenn man ein derartiges Erscheinungsbild toleriert und unkommentiert lässt) - so zum Vorstellungsgespräch antreten. Nennt das gerne "Victim-blaming". Ich nenne es "Victim-Verhinderung" und Teil des erzieherischen Auftrages ;)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
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  • Als ich noch frisch im Beruf war habe ich mich auch eher bedeckt angezogen weil ich dachte, mir starrt sonst die ganze Klasse irgendwo hin wenn ich vorne an der Tafel stehe. Und natürlich tun die Schüler/innen das auch, der Lehrkörper ist halt nun mal nicht unsichtbar. Mittlerweile trage ich alles was ich will, auch Sachen die manchem vielleicht unpassend erscheinen. Dazu gebracht hat mich die schlichte Erkenntnis, dass es keine Überraschung und kein Geheimnis ist, was unter dem Stoff ist. Da ich biologisch eine Frau bin ist es nicht verwunderlich, dass ich entsprechende Körperteile habe. Da ändert auch der Umstand nichts dran, dass ein weiter Pulli über dem Hintern hängt. Wenn meine Schüler giggeln, weil sie zB irgendwo einen Blick bei jemandem auf irgendwas erhaschen konnten sage ich immer sehr deutlich “oooh Überraschung, eine Frau hat einen Busen, das hätte ich ja nie gedacht und ich verrate euch noch ein Geheimnis: Etwa die Hälfte der Anwesenden hat sogar eine Vagina” Und dann kommt ganz schnell ein ganz großer Aha Moment, nämlich dass das ja doch gar nicht so spannend ist, worüber man da gerade gegiggelt hat. So etabliert sich in meinen Klassen recht schnell ein sehr offenes Klima, das begrüße ich sehr weil jede Form von Bodyshaming sehr Pfui ist.

  • So mache ich das auch immer! Gleich den Wind aus den Segeln nehmen. Peinlichkeit ist hier fehl am Platz.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Volker Pispers hatte ja mal was in einem Programm über Lehrkräfte, da ging es auch um Kleidung. Da kam unser Berufsstand nicht so gut weg ;)

    Suche ich nachher mal.


    Und PS: Selbst in der größten Hitze trage ich in der Schule keine kurzen Hosen. Da gibt's so einen inneren Widerwillen.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Musste in einem anderen Bundesland tatsächlich schon mal lange Hosen anziehen - von der Schulleitung aus. :D

    Unsere SL wollte selbst mit kurze Hose im Hochsommer unterrichten. Kam gar nicht gut bei einigen KuK an und einige haben sich gleich mal beim Personalrat beschwert.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Zumal Jogginghose und auch Sweatshirts inzwischen keine (ausschließliche) Sportbekleidung mehr sind.

    Zum Joggen dürfte es kaum ein unpraktischeres Kleidungsstück geben als die klassische Jogginghose.

    Ich zB könnte Würgen wenn ich nackte Füße sehe, trotzdem käme ich nie auf die Idee von anderen zu verlangen, dass sie ihre Füße bedecken, nur weil ich dieses Stück Fleisch ekelhaft finde

    Oh, ja... gib mir verhornte Mauken, mit zentimeterdicken, ins uringelbe spielenden Hornhautplacken und panzerplattenartigen Nägeln, garniert mit einem aparten Hallux Valgus. Kannste waschen, wiesde willst, die Dinger - manche Füße sieht man stinken!


    [x] für ein Verbot von Trekkingsandalen abseits des Jakobswegs

  • einige haben sich gleich mal beim Personalrat beschwert.

    Wow, das geht ja ab bei euch!

    Unsre SL (männlich) würde das aber tatsächlich auch nicht machen, die weibliche SL unsrer Schule kommt selbstredend im Sommer mit bis zu kniekurzen Hosen oder Röcken.

    Habt ihr Frauen in der SL? Wie ist deren Dresscode?

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    Aldous Huxley

  • An öffentlichen Schulen hingegen ist lediglich das Tragen eines Ganzkörperschleiers nicht gestattet. Der Verwaltungsgerichtshof Bayern begründete dieses Verbot damit, dass ein Ganzkörperschleier eine Verweigerung von nonverbaler Kommunikation darstelle und in einigen Fällen sogar den Augenkontakt unterbinde.

    Bei uns an der Schule gibt es ein 11-jähriges Mädchen, das seit etwa 2 Jahren schon mit Schleier zur Schule kommt. In Coronazeiten trug sie dann dazu auch Maske - das entspricht im Grunde einer Vollverschleierung. Nun ist die Maskenpflicht vorbei, aber sie trägt immer noch zu dem Schleier die Maske, und zwar drinnen wie draußen. Ich finde das irgendwie grenzwertig! Mehr als die Augen sieht man nicht, keine Mimik…

    Grundsätzlich kommentiere ich bei uns in der Grundschule Kleidung immer dann, wenn jemand barfuß draußen auf den Gängen läuft, in kurzer Hose oder T-Shirt bei kalten Temperaturen, ich weise Kinder darauf hin, wenn die Hose hinten zu kurz ist und das Hinterteil sichtbar wird, und ich bitte darum, Cappies und Mützen in der Klasse auszuziehen - das gehört sich meiner Meinung nach so. Das sind gesellschaftliche Regelungen. Ob unser Grundschulkinder nun Leggings und Jogginghose tragen oder Jeans und Hemd ist ihre Entscheidung und Sache der Eltern und deren Geldbeutel. (Mein Grundschulsohn geht übrigens gern in Sweatshirtjogginhose, T-Shirt und Sakko zu Schule, und das hat er schon in der Kita gemacht - jedem das seine 😅).

    Ich würde mir auch wünschen, das Gesicht der vollverschleierten Schülerin zu sehen, aber ich unterrichte sie nicht, deshalb halte ich mich da raus. Dennoch frage ich mich: gibt es das auch anderswo?

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