Nutzt ihr im Unterricht gendergerechte Sprache?

  • Wobei unterschiedliche Schreibweisen und Definitionen nicht ungewöhnlich sind

    Ich unterrichte kein Deutsch, ich kann die Systematik dahinter nicht erklären. Ich weiss, dass wir fremdsprachige Wörter nicht an die jeweilige Landessprache anpassen, das wäre absolut blödsinnig. Meistens lese ich eigentlich einfach nur "das Mail". Dass ich persönlich häufig eMail schreibe, heisst nicht, dass das richtig ist. Da man hier aber ohehin häufig nicht so genau weiss, was jetzt eigentlich "richtig" ist, stört das niemanden. Bzw man benutzt halt verschiedene Versionen. Wir haben in der Schweiz erheblich weniger Stress damit, dass Sprache irgendwie "verunstaltet" werden könnte, keine der 3 wirklich gesprochenen Landessprachen ist ja "unsere". Bei der Mundart hört der Spass dann aber auf :P

  • Ich glaube, dass mindestens einem Teil der Männer wirklich die Vorstellung dafür fehlt, wie diese Art der verbalen Zurücksetzung sich anfühlt. Es ist mir wirklich wumpe, ob für Isländerinnen der weibliche Flugmann OK ist. Hier, in unserem Kontext, ist Sprache offensichtlich eine Baustelle. Und so wie ich das beobachte, ist die Baustelle 5 km weiter nördlich noch deutlich grösser als hier. Allein die Tatsache, dass die Debatte in den Medien schon gar nicht erst so aufgeheizt geführt wird, spricht Bände. Vieles passiert da einfach so nebenbei, allenfalls begleitet vom Gezeter einer SVP-wählenden Minderheit. Selbst in deren Lager sehen ja längst nicht alle Anlass zur Empörung.

    Das mit dem Zurückgesetztfühlen ist dabei wohl eine recht subjektive Empfindung. In einem Fernsehbeitrag ging es um männliche Beschneidung. Der Reporter benutzte da so eine Neutralisierung "Menschen mit Penis". In dem Interview wurde ein Arzt zu der Thematik befragt. Er erzählte, dass die Männer dadurch zum Teil Probleme mit ihrer Partnerin hätten. Ich als schwuler Mann hätte mich da ja auch zurückgesetztfühlen können, dass nicht gegendert wurde und auch ein Partner erwähnt wurde. Ich wusste, dass mich dieser Arzt ganz sicher nicht ausschließen will und dass es hier auch potenziell um mich gehen könnte.


    Frauen haben immerhin ein eigenes Genus mit einer eigenen Form. Männer haben gar keine spezifische Form (wie Lehreron oder so etwas) und das Maskulinum ist kein Genus nur für Männer, sondern nur für Belebtes/Menschliches. Ursprünglich waren alle Menschen im Maskulinum und vermutlich sind Frauen erst durch lautliche Gründe ins Femininum gewandert. Da spielt eben auch einfach Zufall mit, wie sich Sprache entwickelt. Es gibt auch Sprachen mit Verifikationsmarkern. Haben die sich entwickelt, weil die Sprecher und Hörer so misstrauisch gegenüber Informationen sind? Wohl kaum. Es ist vieles eben Zufall.

  • ich kann mich auch noch gut an die Perweiss-Werbung erinnern. als Kind hab ich gedacht, naja, die Frau des Zahnarztes ist ja quasi Aushängeschild ihres Mannes und muss schöne Zähne haben, damit die Leute PatientInnen bei ihrem Mann werden. Insofern ist sie schon mehr Expertin, als irgendeine KFZ-Meister-Frau. Die kennt sich dann mit Autos aus.


    dabei fällt mit ein, dass auf Friedhöfen häufiger auf Grabsteinen sowas Ähnliches steht wie "Eheleute Heinz Becker". Das find ich wirklich extrem befremdlich.

  • Ärtze dürften damals doch keine Werbung machen

    Richtig, und da hast du die Begründung dafür, warum diese Art von Werbung aber sowas von sexistisch war. Die Frau Zahnärztin hat eh keiner ernst genommen, da war klar, dass die nicht echt ist.

  • Das mit dem Zurückgesetztfühlen ist dabei wohl eine recht subjektive Empfindung

    Muss ich dir allen Ernstes erklären, wie das nur sein kann? Ehrlich, ich bin ganz sicher keine "Pussy", aber du machst es dir schon echt zu leicht mit deiner Argumentation. Ich bin alles in allem sehr zufrieden mit meiner Situation, unsere Elterngeneration hat aber noch ganz andere Zeiten erlebt. Lass mal noch eine Generation vergehen, dann diskutieren wir hoffentlich gar nicht mehr über sowas.

  • Ohh.. Sorry. Palim hatte ich in der Tat mit einem männlichen Namen verbunden. Wenn ich das gewußt hätte, hätte ich natülich "sie" geschrieben. Das tut mir leid. War keine Absicht.


    Bei meinem Text aus meiner Kindheit hatte ich in der Tat lange überlegt, ob ich Arzt schreiben soll, oder ob ich googlen sollte, wie man das jetzt richtig gendert (Ärzt:in ? Ich weiß es echt nicht, weil das Ä am Anfang so komisch aussieht. Ich erkenne dann nur noch Frauen und Diverse. Ich erkenne dann den Mann nicht mehr. Oder schreibt man das mit A am Anfang? Dann spricht man das aber so komisch aus.).

    Da es aber meine Kindheit ist, ist Arzt richtig. So habe ich damals gedacht und denke ehrlich gesagt noch immer. Wenn ich Arzt höre, dann sind das für mich alle Geschlechter. Arzt ist für mich kein Mann. Arzt sind für mich alle. Das ist eine Frage der Definition in meinem Kopf.


    Das Gefühl teile ich manchmal. Egal was ich schreibe. Und wenn ich hier "1+1=2" schreiben würde. Einige würden sich über mich aufregen.

    Ich kann dir aber versichern, dass nicht eine festgefahrene alte Meinung habe. Du siehst doch, dass ich die Sprache vorranbringen möchte und ändern möchte. Meine jetzigen Positionen sind:

    1. Position: Alle Geschlechter in der Sprache zulassen, und nicht nur die Frauen.

    od

    2. Position: Auf alle Geschlechter zu verzichten.


    Die Version, die man vor ~30 Jahren gesprochen hat, hat seine Nachteile und sollte verbessert werden. Die jetzigen Vorschläge mit "Lehrer:innen" sind aber nur ein schlechter Versuch es zu ändern. Warum können wir es nicht richtig/vollständig/ohne Widersprüche ändern?

  • Sagst du denn "der Laptop"? Ich nicht und das höre ich hier auch eher selten.

    Ich persönlich kann mich nicht daran entsinnen, dass ich mal das Laptop im echten Leben gehört hätte. Ich kenn's nur aus dem Internet/Fernsehen. Bei das Mail ist's genau so. Für mich ist's auch der Joghurt, während eine Kollegin von etwas weiter weg das Joghurt sagt. Ich habe auch immer das Radiergummi gesagt (wegen das Gummi), aber eine Kollegin sagte mir mal, dass es "eigentlich" der Radiergummi hieße. Das hat mich sehr verwundert und wie meistens geht beides.

  • Richtig, und da hast du die Begründung dafür, warum diese Art von Werbung aber sowas von sexistisch war. Die Frau Zahnärztin hat eh keiner ernst genommen, da war klar, dass die nicht echt ist.

    Nee. Das war mir als Kind nicht bewußt. Ich kannte nur meinen Zahnarzt. Ich hatte damals keine Ahnung welches Geschlecht andere Zahnärzte hatten und mein Zahnarzt war weiblich.

  • Muss ich dir allen Ernstes erklären, wie das nur sein kann? Ehrlich, ich bin ganz sicher keine "Pussy", aber du machst es dir schon echt zu leicht mit deiner Argumentation. Ich bin alles in allem sehr zufrieden mit meiner Situation, unsere Elterngeneration hat aber noch ganz andere Zeiten erlebt. Lass mal noch eine Generation vergehen, dann diskutieren wir hoffentlich gar nicht mehr über sowas.

    Ich beziehe mich da rein auf die sprachliche Ebene mit der Movierung (Grammatik) und nicht auf die gesellschaftliche. Das stelle ich überhaupt nicht in Abrede. Das ist es aber genau, was mich an der deutschen feministischen Linguistik stört - diese apodiktische Verknüpfung von Gesellschaft und Sprache.

    An meinen Beispielen aus unseren verwandten Sprachen wollte ich aufzeigen, dass das auch alles ganz anders hätte laufen können. Luise Pusch war damals zuerst für die Abschaffung der -in-Movierung. Das ist auch immer sehr abhängig davon, wer wo mit wem gerade ist. Betrachtet man die Debatte um Kernkraft in verschiedenen Ländern kannst du ähnliches feststellen.

  • Bist du dir sicher, dass nicht einfach nur du das so extrem wahrnimmst, weil du dich intensiv damit beschäftigst? Ich betrachte es als ein Privileg, das als Frau in einem reichen, aufgeklärten Land überhaupt nicht zu müssen. Ich bin insgesamt sehr gut darin, einfach zu ignorieren, was mir auf den Sack geht. Ich schrieb es aber schon mal, dass ich meine Meinung zu gerade diesem Thema in den letzten Jahren recht geändert habe. Es ist absolut richtig, dass das Thema in der Öffentlichkeit "nervt", denn noch immer nicht fühlt sich längst jeder und jede OK damit. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Sternchen und Doppelpunkte wieder verschwinden. Was bleibt, ist am Ende die Sensibilisierung für die Sache an sich.

  • Ich erinnere mich sehr gut an diese Art von Werbung. Kaum vorzustellen, welchen Sexismus frau noch vor 20 Jahren ertragen musste, seither hat sich echt viel getan.

    Es gibt echt wilde Werbung von früher. Die ist so daneben, dass ich jedes Mal lachen muss.


    Wie die Fernsehwerbung heute ist weiß ich gar nicht, ich nutze das Medium nicht mehr. Werbung im Internet ist oft nur dazu da mir direkt Geld aus der Tasche zuziehen, sehr oft ohne Produkte 🤔 weiß nicht ob das besser ist. Aber nicht mehr so sexistisch wie früher 🤣

  • Bei beiden Zahnärzten, die mich in meiner Kindheit behandelt haben, war die Ehefrau als Helferin tätig. Meist an der Rezeption, manchmal als Stuhlassistenz. Und diese Frauen waren auch dafür zuständig, mir - neben dem Zahnarztschlumpf als tröstendes Spielzeug - Zahnpasta- und Mundspülungsproben mitzugeben.

    Und so war mir bei der Perlweiß-Werbung sofort klar, dass das auch eine dieser Ehefrauen ist.

    Warum sollte eine „Zahnarztfrau“ eine Ärztin sein?

  • Geht mir ähnlich, das ist mir zu konstruiert und realitätsfremd. Wie ich bereits schrieb spielt die Mehrsprachigkeit bei uns eine zentrale Rolle, die Schweiz hat auch die letzte deutsche Rechtschreibreform in weiten Teilen nicht übernommen.

    Wenn es nur in der Schweiz so wäre, dann würde ich es verstehen. Aber laut Duden ist es ja auch in Österreich und Süddeutschland so. Da spielt doch die Mehrsprachigkeit keine Rolle, oder? Wer kommt denn hier aus der Runde aus der Ecke Österreich und Süddeutschland und könnte dazu seine Meinung sagen?

  • Bei beiden Zahnärzten, die mich in meiner Kindheit behandelt haben, war die Ehefrau als Helferin tätig. Meist an der Rezeption, manchmal als Stuhlassistenz. Und diese Frauen waren auch dafür zuständig, mir - neben dem Zahnarztschlumpf als tröstendes Spielzeug - Zahnpasta- und Mundspülungsproben mitzugeben.

    Und so war mir bei der Perlweiß-Werbung sofort klar, dass das auch eine dieser Ehefrauen ist.

    Warum sollte eine „Zahnarztfrau“ eine Ärztin sein?

    Es geht noch skurriler: Unser Dorfzahnarzt war gar nicht promoviert, seine Frau liess sich aber "Frau Doktor" nennen. Das gehört eben auch zur Geschichte: Es gab Zeiten, da war es den Frauen mehr als recht sich im Glanz des gutbetuchten Ehegatten zu sonnen und selber nichts zu tun. Diese Rosinenpickerei stösst auch sehr zu recht hier einigen an der Diskussion beteiligten Herren auf.

  • Aber laut Duden ist es ja auch in Österreich und Süddeutschland so. Da spielt doch die Mehrsprachigkeit keine Rolle, oder?

    Nein, aber insbesondere in Österreich hat die Mundart noch einen ganz anderen Stellenwert als in Deutschland. In Süddeutschland werden solche grammatischen Formen nach und nach von der Standardsprache verdrängt. Ich höre das in Baden-Württemberg nur in unmittelbarer Nähe zur Grenze und in Bayern auch nur "daheim", also dort wo ich geboren bin. Dem Donaubayrischen wie dem Alemannischen liegt eine eigene Systematik zugrunde, das kannst du durchaus als eine Art "Fremdsprache" betrachten. Schriftdeutsch wird in der Schweiz - die Bezeichnung lässt es vermuten - im Wesentlichen nur geschrieben, auch die Nachrichten beim SRF werden im Dialekt gesprochen. Ich bin selbst mit Bayrisch aufgewachsen, gesprochenes Hochdeutsch habe ich erst an der Uni richtig gelernt. Das ist heute nicht mehr so, mein Neffe z. B. spricht gar keinen richtigen Dialekt mehr.

  • Warum sollte eine „Zahnarztfrau“ eine Ärztin sein?

    War für mich damals als Kind ganz klar, da ich 2 Hinweise dafür hatte:

    Auf dem Schild meines Zahnarztes stand "Zahnarztpraxis Frau Dr. ..."

    Ähnlich wie Müllmann, ist der weibliche Zahnarzt dann Zahnartzfrau.

    Das die auf das Schild nicht "Zahnarztfraupraxis Dr ..." schreiben war mich auch klar; hört sich einfach komisch an.

  • Ich denke, dass kann ich sehr gut nachvollziehen. Bei diesem ganzen "Lehrer:innen" Gendern wundert es mich daher, dass gerade die Frauen nicht sagen, dass die anderen/diversen Geschlechter nicht auch ein Recht haben angesprochen werden zu können. Die meisten Frauen wollen witzigerweise "ihr" "in" behalten, und wollen die Diversion nur in ALLE abschieben (Daher der : oder das * in Lehrer:innen) und gaukeln dann scheinheilig vor sich um die Diversen zu kümmern. Aber eine eigene Ansprache wird den Diversen nicht erlaubt, warum auch immer. Dort unterstützen die Frauen nicht die anderen Geschlechter. (Und vermutluch aus' Tradition' schon gar nicht die Männer).

    Warum sollten sich "gerade die Frauen" für die Rechte von Queeren Menschen einsetzen?

    Abgesehen davon habe ich den Eindruck, dass das * von der queren Szene sehr wohl angenommen wird. Da bin ich thematisch aber zu wenig drin, um etwas dazu sagen zu können.


    Setze ich mich für mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen und Transpersonen ein oder gegen Rassismus, wird mir an den Kopf geworfen, es gehe mich nichts an, weil ich nicht betroffen sei.

    Setze ich mich für Frauen ein, wird mir (also in dem Fall nicht mir persönlich) vorgeworfen, ich sei egoistisch und solle mich auch für Queere engagieren, oder noch besser für Männer.

    Ja was denn nun.


    Weißt du Volker_D, ich habe gar nichts gegen Männer. Ich mag Männer und liebe sogar einen.

    Ich bin für ALLE Menschen und daher bin ich auch für das Gendern, damit alle mitgeschrieben/-gesprochen werden und nicht nur mitgemeint sind.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • und du wirst als "Frau Direktor" (Frau Zahnarzt) angesprochen

    Wenn es "Frau Doktor" war, hätte man den Mann der Lehrerin ja mit "Herr Lehrerin" ansprechen müssen,

    um es mal deutlicher zu machen.

    Es gab Zeiten, da war es den Frauen mehr als recht sich im Glanz des gutbetuchten Ehegatten zu sonnen

    Ja, solche gab es sicherlich, aber es gab auch welche, die eher "Anhängsel" waren.

    Da wurde von der Frau erwartet, dass sie den Beruf des Mannes unterstützt und ihm zur Hand geht - oder ihm den Rücken frei hält.

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