Adieu Fremdsprachen? – Macht KI dem Fremdsprachenunterricht wertlos?

  • Jupp, genau so ist es bei uns auch. Jetzt kommt die Maturreform und Wirtschaft/Recht und Informatik werden Grundlagenfächer. D. h. nicht mehr wie bisher 1 Jahr lang zweistündig sondern 3 Jahre lang zweistündig. Von mir aus hätten sie grade noch Philosophie 3 Jahre lang zweistündig dazunehmen können und dafür die Sprachen kastrieren. Ich halte in der Sek II auch 4 Lektionen Deutsch pro Woche für latent übertrieben.

  • Jupp, genau so ist es bei uns auch. Jetzt kommt die Maturreform und Wirtschaft/Recht und Informatik werden Grundlagenfächer. D. h. nicht mehr wie bisher 1 Jahr lang zweistündig sondern 3 Jahre lang zweistündig. Von mir aus hätten sie grade noch Philosophie 3 Jahre lang zweistündig dazunehmen können und dafür die Sprachen kastrieren. Ich halte in der Sek II auch 4 Lektionen Deutsch pro Woche für latent übertrieben.

    Irgendwo muss ja die Masse an Lehrkräften, die (aus mir unerfindlichen Gründen) Sprachen studiert haben, hin. Ok in Deutsch haben wir wohl im Moment zu wenige, da liegt aber an der trägen Regelkreis. Die nächste Welle kommt bestimmt.

  • Man könnte das auch steuern, indem fachbezogen unterschiedliche Bezahlungen erfolgen, um Nachfrage und Angebot auf dem Arbeitsmarkt für Lehrkräfte in Einklang zu bringen. Dann bekommt man vielleicht auch mehr MINT-Lehrkräfte in die Schulen. Aber das scheint nicht gewollt zu sein...mit allen sich daraus ergebenden Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

  • Unsere 8. Klässler haben bspw. 29 Unterrichtsstunden, davon sind 12 sprachlich (Deutsch, Englisch, 2. FS), 7 mathematisch-naturwissenschaftlich (Mathe, Biologie, Physik), 4 Stunden PoWi und Geschichte, 6 Stunden für den Rest. Das ist keine ausgeglichene Allgemeinbildung, sondern eine Überbetonung von Sprachen.

    Okay, die Gegenüberstellung ist deutlich. Trotzdem bleibt die Frage, was Schule leisten soll, ob Überbetonung nicht nach wie vor schlicht richtig ist.


    Ich finde, wer aus der Schule kommt, soll sich vor allem vernünftig ausdrücken können, sich schwierigere Texte erschließen können, wissen, wie man mit Medien umgehen sollte, Grundlagen in zwei oder drei Fremdsprachen haben, Grundlagen erworben haben, wie man sich Wissen aneignet und son bisschen Schwerpunkte für sich entdeckt haben, was einen beruflich interessieren könnte.


    Mit den Leistungskursen kann man sich eigentlich in allen Bundesländern Schwerpunkte setzen, heute noch deutlicher als früher, wenn ich es richtig sehe. Wie mussten noch Mathe und Deutsch belegen und in den beiden Fächern geprüft werden, durften nur bestimmte Sachen kombinieren oder abwählen etc. Wer heute Physik, Mathe und Chemie in Grund und Leistungskursen belegen mag, kann seinen Grundbedarf an MINT decken. Wer Deutsch- und Englisch-LK belegen will, der wird wahrscheinlich sowieso keine Naturwissenschaft studieren, wenn doch, dann ist das, was in der Oberstufe drankommt doch sowieso verzichtbar, so wie ich die Oberstufenkolleg*innen hier bislang gelesen habe.


    Wenn hier noch jemand ein überzeugendes Plädoyer für ein Fach hält, das zuungunsten der 2. FS eingeführt oder verstärkt unterrichtet werden sollte, will ichs zufrieden sein:aufgepasst:

  • Ich finde, wer aus der Schule kommt, soll sich vor allem vernünftig ausdrücken können, sich schwierigere Texte erschließen können, wissen, wie man mit Medien umgehen sollte, Grundlagen in zwei oder drei Fremdsprachen haben, Grundlagen erworben haben, wie man sich Wissen aneignet und son bisschen Schwerpunkte für sich entdeckt haben, was einen beruflich interessieren könnte.

    das rechtfertigt eine Überbetonung von sprachen? Und die Fähigkeit sich sich wissen anzueignen lernt man nur im Sprachunterricht?


    Die Schule an sich hat mir für meine berufliche Orientierung gar nichts gebracht. Höchstens meine Freunde, welche ich dort kennengelernt habe, haben mir dabei geholfen. Also naja, das hätte auch der Fußballverein geschafft.

  • Okay, die Gegenüberstellung ist deutlich. Trotzdem bleibt die Frage, was Schule leisten soll, ob Überbetonung nicht nach wie vor schlicht richtig ist.


    Ich finde, wer aus der Schule kommt, soll sich vor allem vernünftig ausdrücken können, sich schwierigere Texte erschließen können, wissen, wie man mit Medien umgehen sollte, Grundlagen in zwei oder drei Fremdsprachen haben, Grundlagen erworben haben, wie man sich Wissen aneignet und son bisschen Schwerpunkte für sich entdeckt haben, was einen beruflich interessieren könnte.

    Die meisten Sachen betreffen alle Fächer und insbesondere auch Deutsch. Einzig und alleine Grundlagen in zwei oder drei Fremdsprachen haben, bezieht sich doch auf die zweite Fremdsprache. Was mir da aber fehlt, ist das warum. Klar früher habe ich Französisch gelernt, weil ich sonst (eventuell) keine Möglichkeit der Kommunikation mit einem Franzosen hatte. Das ist aber vorbei. Die Verbreitung von Englisch ist immer größer geworden und durch die Technik werde ich im Zukunft besser als die meisten Menschen mit 2. Fremdsprache kommunizieren können. Was bleibt also wirklich? Ich tatsächlich in dieser ganzen Diskussion noch kein Argument gehört, warum man zwingend eine 2. Fremdsprache lernen muss. Wenn ich im Saarland sitze und Französisch lernen möchte, ist das sicherlich sinnvoll. Aber warum muss das Kind in Brandburg es? Oder in Sachsen-Anhalt? Thüringen, Hessen, Bremen alle ohne Außengrenzen. Und in Ostfriesland ist es sicherlich sinnvoll niederländisch zu lernen, aber in Göttingen?

  • Aber warum muss das Kind in Brandburg es? Oder in Sachsen-Anhalt? Thüringen, Hessen, Bremen alle ohne Außengrenzen. Und in Ostfriesland ist es sicherlich sinnvoll niederländisch zu lernen, aber in Göttingen?

    Muss es nicht. In welchem dieser Bundesländer muss ein Kind Französisch lernen?

  • Okay, die Gegenüberstellung ist deutlich. Trotzdem bleibt die Frage, was Schule leisten soll, ob Überbetonung nicht nach wie vor schlicht richtig ist.

    Weder im Sinne einer (Allgemein)bildung, noch im Sinne einer Vorbereitung auf die Welt außerhalb der Schule ist diese Überbetonung sinnvoll.

    Zitat

    Ich finde, wer aus der Schule kommt, soll sich vor allem vernünftig ausdrücken können, sich schwierigere Texte erschließen können, wissen, wie man mit Medien umgehen sollte, Grundlagen in zwei oder drei Fremdsprachen haben, Grundlagen erworben haben, wie man sich Wissen aneignet und son bisschen Schwerpunkte für sich entdeckt haben, was einen beruflich interessieren könnte

    Da fehlen aber noch einige Bereiche der (Allgemein)bildung. Geschichte und Politik sind zentral, wenn man mündige Bürger, die an der Demokratie partizipieren können, bilden will. Sport bzw. Ernährungs- und Bewegungslehre sind zentral, um Menschen unabhängig von ihrer Herkunft dazu zu befähigen, sich gesund zu halten. Kunst/Musik sind (in der Mitelstufe) ein kreativer Ausgleich zum sonstigen Unterricht bzw. Ausdruck der menschlichen Existenz und sollten auch Teil der schulischen Bildung sein. Ästhetische Verständnis hilft zudem auch, die Welt zu verstehen. Usw. usf. Es gibt reichlich wichtigere Inhalte, als eine zweite Fremdsprache.

    Das alles braucht Raum bzw. mehr Raum, als es bisher hat. Über die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit habe ich dabei noch gar nichts gesagt.


    Wie genau soll Schule bei beruflicher Orientierung helfen? Wenn überhaupt gibt es dafür externe Angebote, die auch nur bedingt helfen.


    Zitat

    Mit den Leistungskursen kann man sich eigentlich in allen Bundesländern Schwerpunkte setzen, heute noch deutlicher als früher, wenn ich es richtig sehe. Wie mussten noch Mathe und Deutsch belegen und in den beiden Fächern geprüft werden, durften nur bestimmte Sachen kombinieren oder abwählen etc. Wer heute Physik, Mathe und Chemie in Grund und Leistungskursen belegen mag, kann seinen Grundbedarf an MINT decken. Wer Deutsch- und Englisch-LK belegen will, der wird wahrscheinlich sowieso keine Naturwissenschaft studieren, wenn doch, dann ist das, was in der Oberstufe drankommt doch sowieso verzichtbar, so wie ich die Oberstufenkolleg*innen hier bislang gelesen habe.

    Man kann auch in der Oberstufe einen sprachlichen Schwerpunkt setzen und noch eine zweite und eine dritte Fremdsprache wählen. Dabei kommt mehr rum, als in vier Jahren Zwangssprachunterricht.

  • Muss man nicht. Man muss gar nichts zwingend lernen.

    Doch, eine zweite Fremdsprache mit 4 Stunden pro Woche, wenn man das Abitur haben möchte.

    Dass man Privat- und Strafrecht nicht unterscheiden kann, seinen ersten Arbeitsvertrag nicht mal im Ansatz versteht, nicht versteht, wie BAföG oder Sozialabgaben funktionieren und das Internet für Magie hält, ist egal. Hauptsache, man hat ein bisschen Französisch gelernt, das man nie wieder benutzt und an dem man gar kein Interesse hat.

  • Muss es nicht. In welchem dieser Bundesländer muss ein Kind Französisch lernen?

    In jedem, wenn die "Wahl" zwischen Pest (Spanisch) und Cholera (Französisch) fallen muss.


    Ich hatte das Glück, wenigstens eine Sprache wählen zu können, die mich interessiert hat und mittlerweile habe ich auch rudimentäre Französisch Kenntnisse.

    Für viele Schüler ist der Zwang zu einer zweiten Fremdsprache aber ein echtes Problem und eine Wahl zwischen Oest und Cholera. Und das, ohne vernünftigen Grund.

  • Wenn man am Fremdsprachenunterricht in der Schule sägen will, müsste man zuerst bei einigen Studiengängen die Axt anlegen, die eine oder sogar zwei Fremdsprachennachweise benötigen. Mal eben zwei Sprachen neben dem Studium nachholen? Da wünsche ich viel Kraft.

  • Wenn man am Fremdsprachenunterricht in der Schule sägen will, müsste man zuerst bei einigen Studiengängen die Axt anlegen, die eine oder sogar zwei Fremdsprachennachweise benötigen. Mal eben zwei Sprachen neben dem Studium nachholen? Da wünsche ich viel Kraft.

    Schwaches Argument. Die meisten Studiengänge benötigen lediglich Englischkenntnisse. Wenn man nicht gerade eine andere Fremdsprache studiert und hierfür natürlich entsprechende Vorkenntnisse vorweisen muss, dann ist oft nur ein Latinum (seltener noch Altgriechisch- oder Hebräischkenntnisse) am Ende des Studiums vorzuweisen. Da haben sich aber die Unis drauf eingestellt und bieten entsprechende Vorbereitungskurse an oder man besucht außeruniversitäre Kurse, die sich auf das Nachholen spezialisiert haben.


    À+

  • Ach ja, die berühmt berüchtigte Latinum-Pflicht für Jura, Medizin oder was auch immer :D

    Zu meiner Zeit war beinahe jedes Lehramtsstudium davon betroffen, (interessanterweise nicht unbedingt die entsprechenden Diplom-/Master-Studiengänge) und das war ein ebenso häufiges Aussiebkriterium. Habe aber mal auf deinen Kommentar hin nachgeschaut, ob das an der Uni Hamburg immer noch der Fall ist. Offenbar scheint man nun nur noch Englischkenntnisse (wenn überhaupt) zu erwarten. Wie dem auch sei, Nachholkurse gibt es immer noch, nur sind die jetzt an den Theologie-Fachbereich angeschlossen und nur noch für Theologie- und Geschichts-Studierende nötig.


    À+

    • Offizieller Beitrag

    Genauso war es bei mir auch (vor gut 20 Jahren, RLP).
    Latein für Deutsch, Geschichte, romanische Sprachen, etc...
    NICHT für Jura, NICHT für Medizin, ...
    Für Germanistik: Möglichkeit sich befreien zu lassen, wenn man eidesstattlich erklärt, keine Abschlussarbeit oder Diss in der historischen Linguistik schreibt.
    Für Geschichte: Englisch und Französisch zusätzlich zu Latein notwendig (für Lehramt UND Magister), aber als Magister die Möglichkeit, Französisch durch Russisch zu ersetzen, wenn man den Schwerpunkt NICHT auf Frankreich setzt (wir hatten osteuropäische Geschichte als Schwerpunkt, Frankreich nicht... man musste aber keine Arbeit in "Osteuropa" schreibt). Und Latein konnte man als Magister auch weglassen (nur Kenntnisse statt Latinum), wenn man keine alte Geschichte als Schwerpunkt hatte.

    In NRW wurde die Lateinvoraussetzung, die es für Englisch, Deutsch, und co gab vor ca. 4-5 Jahren gekippt.
    Man braucht es nur noch für Theologie, Latein, Altgriechisch und Geschichte. (Ja, ich spreche vom Gymlehramt, ja, einige werden einen Herzinfarkt bekommen. Ich finde es traurig, aber mir wäre es lieb, die Frankoromanist*innen würden gut Französisch sprechen, und ihre schlechten Kenntnisse kommen sicher nicht von der Latinumabschaffung)

  • Für ein geisteswissenschaftliches Studium sind Kenntnisse in Latein, Altgriechisch oder Französisch sehr hilfreich und auch notwendig. Daher bin ich sehr froh darüber, diese Sprachen im Rahmen meiner Schullaufbahn gelernt zu haben. Es geht dabei nicht nur darum, Voraussetzungen aus irgendwelchen Prüfungsordnungen zu erfüllen, sondern die Fremdsprache als Werkzeug für akademisches Arbeiten zu nutzen.


    Das Wissen aus den anderen Fächern hat mir eher weniger geholfen, aber so ist es halt, wenn man die ALLGEMEINE Hochschulreife haben will. Alternativ könnte ich mir ein System wie in England vorstellen. Dann müssten unsere SuS eben schon sehr früh entscheiden, wohin die Reise geht.

  • Ich fand es absurd, dass ein Latinum für die Prüfungszulassung beim Lehramtsstudium in Französisch verpflichtend war (jedoch keine Englischkenntnisse trotz mehrheitlich englischsprachiger Fachtexte), für das Magisterstudium lediglich "Kenntnisse in einer weiteren Fremdsprache" (was ja meistens Englisch war, auch in Linguistik) vorausgesetzt wurden. Obwohl es für beide Studiengänge dieselben Veranstaltungen und Bedingungen für den Scheinerwerb gab. Als ob Latein für das VERMITTELN so viel wertvoller ist als für das ERFORSCHEN.

    Nebenbei bemerkt, gerade in Germanistik würde ich eher Dänisch/Schwedisch/Norwegisch als Latein (trotz Versuche, als Nachfolger des Römischen Reiches zu gelten) als weitere Fremdsprache erwarten. Ich lehne mich da womöglich sehr weit aus dem Fenster,w enn ich behaupte, Englisch ist ein wenig von den Franzosen versaut worden, oder?


    À+

    • Offizieller Beitrag

    Ich möchte jetzt nicht missverstanden werden:

    Selbstverständlich finde ich einen solchen Trend schade, und auch die Perspektive, auf die der Fremdsprachenbereich zusteuert, gefällt mir gar nicht. Aber irgendwo bin ich realistisch und ich werde nicht bis zur Pensionierung uninteressierte Schüler*innen in Französisch unterrichten. Sondern gar keine mehr :(
    Ich gebe zu: ich bin frustriert und mir ist es am Ende total egal. Ich werde dadurch nicht auf Oberstufenunterricht und spannende Inhalte verzichten, sondern: das tue ich eh schon. In _meiner_ Realität ist mein Fach ein Sek1-Fach, das aber ab dem 3. Lernjahr von der Hälfte nur noch "mitgeschleppt" wird mit dem Wissen, dass man es bald abwählt. Ganz ernsthaft: dann mache ich lieber ein Ersatzfach als Zertifikatskurs und lerne mit den Kids Programmieren.
    Ich halte es für ein kulturelles Problem, dass zuviel nach der direkten Verwertbarkeit bewertet wird, sowie dass alles, was Anstrengung bedeutet, keine Chance hat (seien wir mal ehrlich: im Wahlpflichtbereich hat die 2. Fremdsprache keine Chance gegen Theater, Naturwissenschaften oder Ähnliches..., das sehe ich ja bei der 3. Fremdsprache bzw. beim WPII-Bereich)

    Und gleichzeitig ist es nunmal so: Strukturwandel: Mein Opa ist eine Dampflok gefahren, irgendwann musste er umlernen, meine Mutter ist Stenografin, ursprünglich, und dann war sie arbeitslos, weil sie nicht genug reagiert hat und jetzt, 40 Jahre später, immer noch Probleme hat, einen Computer zu bedienen.
    Das sind Individualfälle, ich werde ein Individualfall sein, aber unsere Gesellschaft sollte auch reagieren. Ob es an DEM Punkt sein muss, das muss noch ausführlich diskutieren, aber... Klammern aus Tradition werde ich nicht. Ich habe genug Einblick in andere Schulsysteme, ich kann sagen: andere Länder haben gerade sehr ähnliche Probleme, mit dem kleinen Unterschied: sie finden keine Deutschlehrer*innen und deswegen fällt denen der Unterricht weg.

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