Unterricht wird live gefilmt für Schüler mit Schulangst - Erlaubt?

  • Wie sagte ein Experte mal so schön in einer Fortbildung: "Schulangst ist Elternangst". Meiner Erfahrung nach attestieren Ärzte mittlerweile alles, wenn die Eltern privatversichert sind.

    Das halte ich in dieser Pauschalität übrigens für Quatsch. Die Schülerin mit Schulangst, die ich unterrichtet hatte war nicht privat versichert und hatte ihre Ängste entwickelt, weil sie schon vor Corona wegen einer Krebserkrankung lange Fehlzeiten hatte und kurz vor der Pandemie erst wieder an die Schule, dann in Klasse 6, kommen konnte. Sie hatte noch nicht einmal Anschluss gefunden in der Klasse, als schon die erste Schulschließung wegen der Pandemie kam. Als zu Beginn der 7. Klasse die Schulen erst einmal wieder geöffnet waren, war sie anwesend, aber hatte massive Ängste vor einer Ansteckung, weil ihr Immunsystem so stark geschwächt war. Das hat es ihr nicht leichter gemacht Anschluss zu finden bis erneut die Schulen geschlossen wurden für mehrere Monate. Während der Fernunterrichtszeit hat sie dann leider massives Cybermobbing erlebt durch Mitschüler: innen. Darüber hinaus ist ihr Krebs leider zurückgekommen, so dass der Gedanke wieder in Präsenz in die Schule zu gehen ohne Impfoption zum damaligen Zeitpunkt bei dem Mädchen Panik, massive Schulangst und akute Suizidalität ausgelöst haben. Das war nicht eingebildet oder von den Eltern suggeriert, sondern traurige Realität.


    Geholfen hat der Schülerin, dass wir als Schule, nachdem wir von dem Mobbing erfahren haben, ganz deutlich dagegen vorgegangen sind und das Mädchen unterstützt haben. Dennoch war es für sie untragbar an unsere Schule zurückzukehren, die für sie derart belastet war. Zum folgenden Schuljahr hat sie dann deshalb in Absprache mit ihrer Therapeutin die Schule gewechselt, um sobald wie möglich einfach neu starten zu können an einer für sie unbelasteten Schule.


    Dass du deinen Unterricht nicht gefilmt wissen willst ist völlig in Ordnung. Dennoch solltest du die Erkrankung der Schülerin ernst nehmen. Schulangst gibt es und ist extrem belastend für davon Betroffene. Diese nicht ernst zu nehmen kann das Problem noch verschärfen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wie haben auch eine Schulhelferin die für den Vater den Unterricht protokolliert. Die Kollegin sagt, da gewöhnt man sich dran

    Wofür braucht der Vater der Schulhelferin Unterrichtsprotokolle?

    Oder der Vater einer Schülerin? Auch dann: Wozu? Um die Lehrkräfte zu kontrollieren?

    Auch hier: seltsame Storys.

    Aber das kennen wir ja aus Berlin.

  • Oder der Vater einer Schülerin? Auch dann: Wozu? Um die Lehrkräfte zu kontrollieren?

    Der Vater eines Schülers, ja. Das fragen wir uns auch, vermutlich ja.


    Da aber die Schulhelferin bei ihm und nicht bei der Schule angestellt ist, können wir dagegen nichts tun.


    Angeblich, damit er das alles mit dem Schüler zuhause üben kann.

    Wers glaubt.


    Aber so ganz ungewöhnlich scheint es dann ja nicht zu sein, nachdem hier ja andere ähnliches erzählen.

  • auf jedenfall würde ich nicht einfach alles so hinnehmen, sondern nen Schritt zurückgehen: es geht hier ja um nen NTA und zumindest in NRW ist es so, dass die Ärzte zwar diagnostizieren und empfehlen können, was sie wollen, aber über die Art des NTA entscheidet halt die Schule.

  • Sie


    Bezahlt er dieSchulhelferin privat? Läuft das nicht über die Eingliederungshilfe? Kommt die Schulhelferin von einem Träger oder ist das eine Privatperson? Ich frage so interessiert, weil ich do ein Konstrukt hier von uns nämlich gar nicht kenne.


    Uabhängig davon, finde ich es kurios, dass sie den Unterricht protokolliert. Die Aufgabe von Teilhabeassistenzen ist doch, wie der Name sagt, dem Kind zu assistieren um teilhaben zu können. Wenn sie dann eine Notiz schreibt, wie der Tag verlief, was evtl. noch daheim gemacht werden müsste o.ä., fände ich ja noch absolut vertretbar, mehr aber nicht.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Bezahlt er dieSchulhelferin privat? Läuft das nicht über die Eingliederungshilfe? Kommt die Schulhelferin von einem Träger oder ist das eine Privatperson? Ich frage so interessiert, weil ich do ein Konstrukt hier von uns nämlich gar nicht kenne.

    Du kannst als Eltern dir das Geld für den Schulherlfer/die Schulhelferin auszahlen lassen und selber suchen und anstellen oder eben die Schule hat welche über Träger (was für uns viel besser ist, weil dann evtl. für mehrere Kinder ein Schulhelfer o.ä.), er ist der einzige, der die erste Variante gewählt hat und dann ist alles echt schwierig.


    Solange sie alles andere auch schafft, finde ich das nicht ganz so dramatisch, in meinen Fächern schafft sie es nicht, da ist zuviel praktisch zu tun, aber ich beneide die Klassenlehrerin nicht.

  • ich find das dennoch merkwürdig, dass ich - nur weil ich jemanden selbst bezahle - alles in einer Schule bestimmen kann. bedeutet das, dass wenn ich nen Handwerker bestelle in die Schule, er immer während Mathearbeiten im Klassenraum boren darf - nur weil ich ihn bezahle? das wäre ja irgendwie seltsam.

  • Höre ich echt zum ersten Mal, dass sowas geht. Sachen gibt es...

    Zumal der Person komplett die fachliche Anleitung fehlt. Keine Teamsitzung, keine kollegiale Fallberatung, keine Supervision. Professionell ist echt anders.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Da aber die Schulhelferin bei ihm und nicht bei der Schule angestellt ist, können wir dagegen nichts tun.

    Du solltest echt in deinem eigenen Interesse langsam anfangen, dich mit deinen grundlegenden Rechten und Pflichten vertraut zu machen. Es ist nicht Gesetz, was irgend ein Vater oder Hausmeister sagt, sondern was der Gesetzgeber beschlossen hat.

  • Wenn man es ganz genau nimmt, dann wird das Geld für den Schulhelfer nicht zweckgebunden eingesetzt. Also ich würde mich da als Schule mit Händen und Füßen gegen sowas wehren. Das Geld ist für das Kind und nicht für den Vater gedacht.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Oh ja, ist hier definitv ein Lehrer-Forum. :)

    Du bist auch einer? Oder warum verstehst du den Unterschied zwischen deiner und chilipaprika s Formulierung nicht?


    Zur Ausgangsfrage: nein, du musst dem nicht zustimmen. Du darfst aber mit psychisch kranken SuS und ihren Eltern ins Gespräch kommen. Das wäre menschlich nett und als Lehrkraft geradezu professionell.

  • CDL , danke für deine sehr ausführlichen und differenzierten Beiträge. Dem habe ich absolut nichts hinzuzufügen - alles, was mir beim Lesen des Ausgangsbeitrages in den Sinn kam, hast du dann auch schon geschrieben (und natürlich wie immer besser formuliert, als ich es je könnte). Nur dies hier:

    eine Integrationsassistenz in der Klasse mitsingen

    also so weit kommt's noch, in meinem Unterricht zu singen. ;)


    Wobei die "Stasi-Assistenz" (super Begriff übrigens) an Susanneas Schule vermutlich selbst das dürfte, wenn der Vater das verlangte? Ich verstehe das Konstrukt da bei euch auch überhaupt nicht, Susannea . Die Aufgaben der Begleitung müssen doch klar definiert sein, was soll ein Protokoll für den Vater (!) bringen? Es muss doch Absprachen mit der Schule geben, es geht doch um eine Förderung/Unterstützung des Kindes, völlig egal wer zahlt?

  • Bei all dem, was hier gerade geschrieben wurde... warum müssen wir Lehrer/innen uns eigentlich das alles gefallen lassen?! Ist das nicht der Grund für den Lehrermangel? Ich zumindest kann niemandem empfehlen, diesen Beruf zu ergreifen.

  • Ich habe in den letzten Jahren fast in jedem Schuljahr eine Integrationskraft im Unterricht gehabt und habe im nächsten Schuljahr auch wieder eine. Es waren bisher 4 verschiedene SuS, die aus unterschiedlichen Gründen Unterstützung brauch(t)en. Es werden auch jedesmal gemeinsam mit dem Jugendamt, das die Helfer bezahlt, Ziele festgelegt, was sich beim Kind verbessern soll und was die Aufgaben der Integrationshelfer sind. Ich finde es wichtig, diesen auf Augenhöhe zu begegnen, sie einzubeziehen, besprechen, was man vorhat und wie sie unterstützen können. Dass jemand den Unterricht mitschreibt, habe ich noch nicht erlebt, höchstens, welche Auffälligkeiten es bei dem Kind gab.

  • Tulpenfisch : Was meinst du eigentlich mit "das alles gefallen lassen"? Es gab doch sehr hilfreiche Beiträge, wie du mit der Situation umgehen kannst, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, pädagogisch sinnvoll zu handeln und auch die betreffende Schülerin zu unterstützen.

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