Bin ich "altmodisch" (Forderung von Einhaltung von Regeln - Konferenzbeschlüssen)?

  • Dauerhaft auch eher nein.

    Ich habe aber gerade den passenden Schüler vor Augen, dem das bestimmt gefallen würde.:_o_)

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Wenn ich eine Regel aufstelle, begründe ich sie. Für mich. Für die Kollegen. Für die Kinder.

    Wenn ich das nicht kann ... *schulterzuck*

    Nein. Es gibt Regeln, die einzuhalten sind, einfach weil sie da sind. Das nennt man Rechtspositivismus. Ich muß diese Regel nicht verstehen, ich muß sie auch nicht für gut befinden, aber ich habe sie einzuhalten - ein Beispiel: Vor der roten Ampel bleibe ich stehen, auch wenn kein Querverkehr kommt. Ich zahle meine Steuern, auch wenn ich ihre Verwendung oftmals nicht einsehe (und auch, weil mir nichts anderes übrig bleibt).

    Und dann gibt es Regeln, die zwar nicht festgeschrieben sind, die aber dennoch gelten, wie zum Beispiel, daß man als Mann in geschlossenen Räumen die Kopfbedeckung abnimmt, oder daß man bei feierlichen Anlässen Anzug und Krawatte trägt. Das mag vielleicht altmodisch sein, aber es gibt durchaus Leute, die darauf Wert legen - und wenn einer dieser Leute der potentielle Arbeitgeber ist (oder sonst jemand wichtiger), täte man gut daran, diese ungeschriebenen Regeln auch einzuhalten. Um sie einhalten zu können, müssen sie zunächst einmal vermittelt werden, und das ist meines Erachtens schon auch eine Aufgabe von uns Lehrern.

  • Was ich allerdings oft mache, ist, den Schülern eine Auswahl zu geben und ihnen jeweils die Folgen der einzelnen Wahlmöglichkeiten aufzuzeigen. Hier ist das klassische Beispiel: Verschieben einer Klassenarbeit, etc. Denn mir persönlich ist es in der Regel vollkommen egal, wann wir die Arbeit schreiben.

    Ich stelle mir gerade vor, wenn ich das bei der Griechisch-Schularbeit mit Schülern aus drei verschiedenen Klassen mache: Da werde ich vermutlich von einem Drittel des Kollegiums bei lebendigem Leibe gefressen werden...

  • Der Gefahrstoffbeauftragte könnte auch einfach darauf hinweisen, dass es kompletter Bullshit ist, dass man in einem Raum, in dem Chemie unterrichtet wird, grundsätzlich nicht essen darf. Es gibt dafür gar keine Rechtsgrundlage.

    Aber einen Konferenzbeschluß, der dieses Verbot dann zum Teil der Hausordnung macht. Hausordnungen sind zwar so ziemlich am untersten Ende dessen, was von rechtlicher Relevanz ist, dennoch existieren sie und sind einzuhalten.

  • Eine Regel sollte schon begründbar sein. Ich stimme aber insofern zu als das die andere Person diesen Grund nicht unbedingt verstehen muss und sich trotzdem daran halten sollte bis sie es irgendwann einmal versteht. Ist in Mathe ab und zu auch so. Da erkläre ich etwas und weiß auch ganz genau warum ich es so mache und nicht anders. Dann versuche ich es aber zumindest kurz zu erklären oder verschiebe die Erklärung auf ein späteres Schuljahr.


    Witzigerweise werden selbst einige "einfache" Regeln in verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich ausgelegt.

    In einigen Ländern ist es guter Ton die servierte Mahlzeit ganz zu essen. z.B. als Zeichen, dass es geschmeckt hat.

    In anderen Ländern ist es guter Ton die servierte Mahlzeit nicht ganz zu Essen, da es ansonsten zeigt dass man noch Hunger hat und der Gastgeber zu wenig serviert hat. Das ist dann für den Gastgeber peinlich, wenn er nicht mehr hat.

    Auch das Aufstoßen/Rülpsen wird unterschiedlich wahrgenommen.

    In einigen Ländern schüttelt man sich die Hände. In anderen nicht.

    ...

    Manchmal ändern sich Verhaltensweisen. Und wenn man dann dafür den Grund kennt, um so besser.

  • Eine Regel sollte schon begründbar sein. Ich stimme aber insofern zu als das die andere Person diesen Grund nicht unbedingt verstehen muss und sich trotzdem daran halten sollte bis sie es irgendwann einmal versteht.

    nicht unbedingt: cf. mein Beispiel von vorher bzgl. der roten Ampel, an der man anhält, obwohl nichts kommt.

    Und (ungeschriebene) Konventionen gibt es auch - es gibt zwar keine Verpflichtung, sich daran zu halten, aber oftmals ist es zweckdienlich, dies zu tun (cf. mein Beispiel vom potentiellen Arbeitgeber).


    Witzigerweise werden selbst einige "einfache" Regeln in verschiedenen Ländern ganz unterschiedlich ausgelegt.

    das stimmt natürlich - dennoch kann man nicht Dinge, die bei uns als "Fehlverhalten" eingestuft werden (zum Beispiel lautes Rülpsen bei der Mahlzeit) mit dem Hinweis auf andere Zeiten oder andere Kulturen zum "Normalfall" erklären.


    Manchmal ändern sich Verhaltensweisen

    Das stimmt natürlich auch. Allerdings ändern sich Verhaltensweisen langsam. Und wenn ich während eines Bewerbungsgespräches eine Kopfbedeckung (Kappe) trage oder Kleidung trage, die mein potentieller Arbeitgeber als unangemessen ansieht, dann nützt mir der Verweis auf sich änderndes Verhalten auch nichts.

    Außerdem sollten wir als Lehrer schon auch vermitteln, daß es unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Sichtweisen gibt und daß es einem vielleicht nicht immer frommt, die eigene Sichtweise als das Maß aller Dinge zu betrachten - und sei es jetzt bei so vergleichsweise nebensächlichen Dingen wie Kleidung, etc.

  • Und so ist es wohl auch eine kulturelle Eigenheit der Schweiz, ständig alles tot zu diskutieren. Hier ist selten irgendwas "einfach so". Selbst wenn eigentlich jedem klar sein müsste, es steht irgendwo im Gesetz, dass dieses und jenes jetzt aber wirklich so sein müsste, diskutieren wir noch drüber, dass das Gesetz dann offensichtlich blöd ist. Und ob nicht irgendjemand jemanden im Landrat kennt, der da mal was tun könnte. Das Schlimme ist ja, dass das Gesetz auch häufig noch so vage formuliert ist, dass man sich eben wirklich problemlos tot diskutieren kann. Oder man findet, ach, wir machen es jetzt aber doch anders und behaupten im Zweifelsfall empört, man hätte ja nicht wissen können.


    Ich kann mich an einen einzigen Konventsentscheid in 9 Jahren erinnern, bei dem wir ohne irgendeine Diskussion einstimmig dafür waren. Es ging um die neue Kaffeemaschine fürs Lehrerzimmer.

  • Wobei das mit der roten Ampel erstmals schon Sinn macht.

    Es kommt vielleicht scheinbar für dich nichts, aber nur deshalb, weil du evtl. nicht alles sehen oder überblicken kannst.

    Erst wenn du es öfters und länger aus mehreren Perspektiven sehen könntest, dann ist die rote Ample evtl. sinnlos.

    Aber dann kann man bei der Stadt, oder wer auch immer für die Ampel zuständig ist, nachfragen und es ggf. ändern.

    Normalerweise baut man eine Ampel nicht grundlos.

  • Was ich auch schon erlebt habe: Wenn man Chef ist, dann kann man auch so lange abstimmen lassen, bis sich eine Mehrheit findet. Einfach in jeder Konferenz wieder neu abstimmen lassen. Und sobald sich die Mehrheit gefunden hat kommt es nicht mehr auf die Tagesordnung. Schließlich muss es dann erst mal erprobt werden und danach evaluiert werden und dann kann man ja mal vielleicht darüber nachdenken.

  • Haha, nee, das probier hier mal. Dann hast du die Mistgabel des Mobs im Rücken. Bis überhaupt mal verbindlich abgestimmt wird, braucht es ja vorgängig eine Vernehmlassung. Das ist die Phase des tot diskutierens. WENN dann mal der Konsens gefunden ist, dann gilt der tatsächlich. Um den wieder zu kippen, braucht es ein Wedererwägungsgesuch und dafür gibt es einen definierten Ablauf. Das ganze Prozedere ist sehr genau geregelt, nur das was rauskommt eben nicht ;)

  • Was ich auch schon erlebt habe: Wenn man Chef ist, dann kann man auch so lange abstimmen lassen, bis sich eine Mehrheit findet. Einfach in jeder Konferenz wieder neu abstimmen lassen. Und sobald sich die Mehrheit gefunden hat kommt es nicht mehr auf die Tagesordnung. Schließlich muss es dann erst mal erprobt werden und danach evaluiert werden und dann kann man ja mal vielleicht darüber nachdenken.

    das stimmt leider und das ist schade bis furchtbar - allerdings gibt es ja 3 "Stände" bei solchen Abstimmungen (Schüler, Eltern, Lehrer) und Beschlüsse müssen von zweien der drei gefaßt werden. Entscheidungen gegen alle kann also auch der energischste Schulleiter nicht durchsetzen...

  • Aber einen Konferenzbeschluß, der dieses Verbot dann zum Teil der Hausordnung macht. Hausordnungen sind zwar so ziemlich am untersten Ende dessen, was von rechtlicher Relevanz ist, dennoch existieren sie und sind einzuhalten.

    Wo du's schreibst... Unsere Hausordnung muss dringend angepasst werden, die ist Stand 2019. Seit Corona ist das Mittagessen im Schulzimmer ja offiziell erlaubt und bezüglich der Fachräume gab es noch nie einen Konventsbeschluss.

  • bezüglich der Fachräume gab es noch nie einen Konventsbeschluss.

    dann ist es tatsächlich sozusagen "rechtsfreier Raum" und jeder kann dort eigentlich machen, was er will. Gerade in Hinblick auf mögliche Verschmutzungs-, Verwechslungs-, etc., gefahr sollte bzgl. der Fachräume meines Erachtens schon eine einheitliche, für alle verbindliche, Regelung getroffen werden...

  • Warum? Es gibt gar kein Problem. Es gab früher immer mal wieder "Scherzkekse", die auf den Tastaturen der Schulrechner Buchstaben vertauschten. Die Rechnerräume gibt es nicht mehr, wir haben BYOD. In den Fachräumen der Naturwissenschaften gab es noch nie irgendwelche relevanten Vorfälle, seit ich an der Schule arbeite. Wir haben grundsätzlich kein wirkliches Problem mit Vandalismus *im* Schulhaus. Das Schlimmste, was passiert, ist mal ein Penis mit Kugelschreiber auf dem Tisch. Am Wochenende machen gerne mal fremde Jugendliche Party auf dem nicht eingezäunten Schulgelände und hinterlassen ihren Dreck. Dagegen können wir nichts machen.

  • Nein. Es gibt Regeln, die einzuhalten sind, einfach weil sie da sind. Das nennt man Rechtspositivismus. Ich muß diese Regel nicht verstehen, ich muß sie auch nicht für gut befinden, aber ich habe sie einzuhalten - ein Beispiel: Vor der roten Ampel bleibe ich stehen, auch wenn kein Querverkehr kommt. Ich zahle meine Steuern, auch wenn ich ihre Verwendung oftmals nicht einsehe (und auch, weil mir nichts anderes übrig bleibt).

    Das sind Gesetze und Verordnungen. Was haben die mit Regeln in der Schule zu tun?

    Zitat

    Und dann gibt es Regeln, die zwar nicht festgeschrieben sind, die aber dennoch gelten, wie zum Beispiel, daß man als Mann in geschlossenen Räumen die Kopfbedeckung abnimmt,

    Warum nur als Mann? Mädchen/Frauen dürfen dann ihre Kappen aufbehalten?

    Zitat

    oder daß man bei feierlichen Anlässen Anzug und Krawatte trägt.

    Ich war in letzter Zeit auf diversen Hochzeiten, runden Geburtstagen und anderen Feierlichkeiten. Obwohl da auch durchaus hochpreisige Veranstaltungen dabei waren, hat fast niemand eine Krawatte getragen, Anzüge waren auch eher selten.

    Zitat

    Das mag vielleicht altmodisch sein, aber es gibt durchaus Leute, die darauf Wert legen -

    Und es soll Ziel von Schule sein, dass Schüler versuchen, anderen zu gefallen? Und sich in der Schule so anziehen, wie es dir gefällt? Merkwürdige Einstellung

    Zitat

    und wenn einer dieser Leute der potentielle Arbeitgeber ist (oder sonst jemand wichtiger), täte man gut daran, diese ungeschriebenen Regeln auch einzuhalten.

    Dieses "Argument" kann ich echt nicht mehr hören. Sprichst du mit Schülern nicht darüber, dass unterschiedliche Kontexte unterschiedliches Verhalten erfordern? Dann sprichst du doch sicher auch darüber, dass man sich bei einem Vorstellungsgespräch zur Sicherheit lieber eine Stufe schicker anzieht, als man es normalerweise macht.

    Was genau hat das mit dem Alltag in der Schule zu tun? Wie genau behindert es den Unterricht, wenn Schüler ihre Kappen aufbehalten?

  • Und dann gibt es Regeln, die zwar nicht festgeschrieben sind, die aber dennoch gelten, wie zum Beispiel, daß man als Mann in geschlossenen Räumen die Kopfbedeckung abnimmt, oder daß man bei feierlichen Anlässen Anzug und Krawatte trägt.

    [...oder dass man "dass" inzwischen nicht mehr mit "ß" schreibt... sorry - oder ist das in Österreich nicht so?]


    Ich bin übrigens komplett ohne Anzug und Krawatte durch's inzwischen lange Leben gekommen, völlig ohne Stress mit irgendwelchen ungeschriebenen Regeln. Auch in der Grundschule können Kinder schon lernen, unsinnige Vorschriften zu hinterfragen. Das finde ich durchaus wichtig.

  • Und dann gibt es Regeln, die zwar nicht festgeschrieben sind, die aber dennoch gelten, wie zum Beispiel, daß man als Mann in geschlossenen Räumen die Kopfbedeckung abnimmt, oder daß man bei feierlichen Anlässen Anzug und Krawatte trägt. Das mag vielleicht altmodisch sein, aber es gibt durchaus Leute, die darauf Wert legen - und wenn einer dieser Leute der potentielle Arbeitgeber ist (oder sonst jemand wichtiger), täte man gut daran, diese ungeschriebenen Regeln auch einzuhalten. Um sie einhalten zu können, müssen sie zunächst einmal vermittelt werden, und das ist meines Erachtens schon auch eine Aufgabe von uns Lehrern.

    Die oberste Priorität, die bei mir vermittelt wird, ist dass Männer und Frauen und Diverse dieselben Rechte, Pflichten und Möglichkeiten haben (von den paar rechtlichen Abweichungen mal abgesehen, aber die habe ich nicht festgelegt). Ich wüsste nicht, was Penis und Vagina mit dem Tragen von Kopfbedeckungen zutun haben. Entweder alle Schüler dürfen Kopfbedeckung tragen oder keiner, aber das mache ich nicht am Geschlecht aus. Und ja, man sollte durchaus auch vermitteln, dass es Menschen gibt, die auf sowas wert legen und wenn man was von denen will, wie eben einen Arbeitsplatz, dann sollte man überlegen, wo man die Prioritäten setzt. Aber in Werkstätten, Industriebetrieben und modernen Büros sind Kopfbedeckungen nun wirklich nicht unüblich. Die wenigsten werden in einer Bank arbeiten.

  • Nein. Es gibt Regeln, die einzuhalten sind, einfach weil sie da sind.

    Es geht also um die Regeln um ihrer selbst Willen? Das ist der Stoff, an dem sich Dikataturen bedienen. Jede Regel muss es erdulden, hinterfragt zu werden. Womöglich nicht in der konkreten Situation. Manchmal ist es notwendig, etwas durchzuziehen. Und macnhmal muss ich auch Regeln anwenden oder gar durchsetzen, die mir widerstreben. Das ist wohl so. Aber auch da gibt es Grenzen, in denen die Ethik über den Untertaninnengeist obsiegt.


    ich beteiligte mich z. B. nicht an der Durchsetzung eines Todesurteils (da haben wir in diesem Land Glück, aber in anderen ist das positives Recht).

    Vor der roten Ampel bleibe ich stehen, auch wenn kein Querverkehr kommt.

    Ein schönes Beispiel für eine leicht verständliche und leicht einzusehende Regel. Das viele Menschen trotz Führerinnenschein zu dumm zum Auto fahren sind, ändert nichts daran, dass der IQ eines Toastbrots ausreicht, um sie nachzuvollziehen.

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