• Ich persönlich kann überhaupt nicht mit digitalen Büchern arbeiten; ich finde das im Vergleich zu gedruckten Büchern einfach unangenehm.

    Auch Freizeitlektüre am Kindle bringt nicht das gleiche Feeling rüber wie ein gedrucktes Buch in der Hand zu halten.

    Geht mir nicht so. Ich arbeite in der Schule genauso gerne mit den digitalen wie mit den Papierausgaben von Lehrbüchern. Und in meiner Freizeit lese ich mittlerweile zumindest Romane fast nur noch am E-Book-Reader. Lediglich Bildbände, Sachbücher mit vielen Abbildungen, Kochbücher u. ä. mag ich lieber in gedruckter Form, weil die Fotos am Reader einfach nicht gut sind.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wer vertritt, die Aufgaben von Pisa wären über jeden Zweifel erhaben, darf sich mal die folgende Aufgabe ansehen:

    https://pisa2022-questions.oec…-SolarSystem&lang=deu-DEU




    Die erwartete Lösung ist falsch:

    Wenn Uranus den mittleren Abstand 19,2 LJ von der Sonne hat und Saturn den mittleren Abstand 9,58 LJ, dann ist der mittlere Abstand von Uranus und Saturn keineswegs 19,2 LJ -9,58 LJ = 9,62 LJ (erwartete Antwort).


    Uranus und Saturn können sich auf entgegengesetzten Seiten der Sonne befinden. In diesem Fall wäre der Abstand ca. (19,2 + 9,58) LJ. Der mittlere Abstand ist immer deutlich größer, wenn sich die Planeten nicht genau in Linie befinden. Die erwartete Lösung ist somit um Größenordnungen falsch.


    Ein Test im Bekanntenkreis zeigt: Je mehr pseudorichtige Lösungen, je kürzer die Leute aus der Schule raus sind, und je geringer der sonstige naturwissenschaftliche Bildungsgrad. Bei Mathematikern und Physikern löst die Aufgabe Verwirrung und spontane Abschätzungsversuche aus.


    Auch im Schulumfeld ist die Aufgabe völlig undiszipliniert: Sie erzieht die Schüler dazu, das Wort Mittelwert zu ignorieren (der Mittelwert einer kontinuierlichen Bewegung ist den Schülern in dem Alter ja auch unbekannt und hier auch nicht so einfach -> über was wird hier integriert und über welchen Zeitraum?) und sich von der (falschen) Zeichnung und der Erfahrung, was in der Schule gewöhnlich so gefordert wird, leiten zu lassen, ohne die eigentliche Aufgabe sorgfältig zu lesen und das dort geschilderte Problem zu lösen (wozu die Schüler ja angeblich erzogen werden sollen).

  • Immer den Kontext der Aufgabe beachten: hier geht es nicht um Astronomie. Dass hier Fehlvorstellungen erzeugt werden, ist eher unwahrscheinlich. So eine Aufgabe kann man natürlich anders stellen, so ist es aber auch kein Drama.

  • Im schulischen Bereich erwarte ich schon, dass Aufgaben eindeutig lösbar sind, auch für diejenigen, die zuviel wissen.

    Im universitären Bereich kann ich erwarten, dass eine nicht eindeutig lösbare Aufgabe insofern diskutiert wird, dass eine Fehlerabschätzung der möglichen Lösungen stattfindet und diejenige mit dem kleinsten Fehler als Lösung angeboten wird.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Immer den Kontext der Aufgabe beachten: hier geht es nicht um Astronomie

    Wenn's nicht um Astronomie geht, sollte es nicht um Planeten gehen. Die Aufgabe ist nun mal Bullshit. Ich habe noch andere Aufgaben gesehen, die in eine ähnliche blödsinnige Richtung gehen. Wenn's um Mathe gehen soll, dann soll es doch bitte um Mathe gehen und nicht um irgendeinen esoterischen Kram.

  • Ich hätte mal zwei Fragen dazu.


    Erstens, wieso LJ, das sind doch Lichtjahre, AE is a ganzes Stückerl kürzer, hätte ich gedacht?


    Und zweitens, der durchschnittliche Abstand ist ja in der Tabelle angegeben.

    Der mittlere Abstand ist immer deutlich größer, wenn sich die Planeten nicht genau in Linie befinden. Die erwartete Lösung ist somit um Größenordnungen falsch.

    In dem Moment, wenn sich zwei Planeten auf einer Linie befinden gibt es einen genauen Abstand und keinen mittleren. Gemittelt ist es im Beispiel über ein Uranusjahr gesehen, oder? Wenn es in der Aufgabe nun heißt "das Modell zeigt die durchschnittliche Entfernung..." Ist dann die Aufgabe "welche Planeten gehören laut den Angaben in dieses Modell..." nicht richtig?

  • In dem Moment, wenn sich zwei Planeten auf einer Linie befinden gibt es einen genauen Abstand und keinen mittleren.

    Ich würde die Aufgabe so lesen, daß schon der Mindestabstand gemeint ist, allerdings mehrfach gemessen während mehrer Sonnenumrundungen. Die Planetenbahnen befinden sich ja überwiegend in der Ebene der Ekliptik, allerdings sind sie nicht exakt kreis- sondern eher ovalförmig. Je nachdem an welcher Stelle dieser Ovale sich die Planeten am nächsten kommen, weichen die Abstände geringfügig voneiner ab.


    Der Einwand, dass immer der gemittelte Abstand über die komplette Planetenbahn genommen werden muss, ist jedenfalls falsch. Schließlich bewegen sich alle Planeten um die Sonne. Der Mittelpunkt aller Planetenbahnen befindet sich also im Mittelpunkt der Sonne, so dass der gemittelte Abstand dieser Planetenbahnen null ist.


    Die Grand Tour ist ja nicht umsonst nur alle 176 Jahre möglich. So schnell werden wir also nach den Voyager-Sonden keine weitere Sonde zum Pluto schicken können.

    —> https://de.wikipedia.org/wiki/Planetary_Grand_Tour

  • Es geht doch aber um mittlere Abstände untereinander. Wenn ein Planet im Mittel 10 Einheiten von der Sonne entfernt ist und der andere 20, haben die beiden Planeten dann zueinander im Mittel nicht den Abstand von 10?

    Nein, die Bahnradien haben den Abstand 10.

    Die Planeten hätten den kürzesten Abstand von 10 und den maximalen Abstand 30 (wenn sie auf entgegengesetzten Seiten der Sonne sind) und damit (vereinfacht, da Planetenbahnen Elipsoide sind und keine Kreise) den Mittleren Abstand von 20.

  • Nein, die Bahnradien haben den Abstand 10.

    Die Planeten hätten den kürzesten Abstand von 10 und den maximalen Abstand 30 (wenn sie auf entgegengesetzten Seiten der Sonne sind) und damit (vereinfacht, da Planetenbahnen Elipsoide sind und keine Kreise) den Mittleren Abstand von 20.

    Auch wieder falsch. Wenn Planet A einen Bahnradius von 100 AE hat und Planet B einen Radius von 110 AE, dann sind sie am nahestehen Punkt 10 AE voneinander entfernt und am weitesten 105 AE.


    Der Abstand am nahesten Punkt sagt nichts über den Bahnradius aus.


    Für mich sind die angegebenen Durchschnittswerte dadurch begründet, dass die Planeten auf ovalen Bahnen um die Sonne kreisen, in deren einem Drehpunkt die Sonne liegt. Die Ovalität ist minimal, führt aber zu geringfügig unterschiedlichen Mindestabständen abhängig davon an welcher Position auf dem Oval der eine Planet gerade den anderen „überholt“.

  • Auch wieder falsch. Wenn Planet A einen Bahnradius von 100 AE hat und Planet B einen Radius von 110 AE, dann sind sie am nahestehen Punkt 10 AE voneinander entfernt und am weitesten 105 AE.

    Was?

    Mal ganz simpel gesagt: Wenn A, S und B in einer Linie liegen, können A und B entweder den Abstand 10 AE haben, wenn sie auf der gleichen Seite von S sind oder von 210 AE, wenn S in der Mitte liegt. Wie soll 105 AE denn da das Maximum sein?


    So oder so liegt das Kernproblem der Aufgabe für mich darin, dass "Entfernung der Planeten" geschrieben wird, wo "Entfernung der Bahnen" gemeint ist.

  • Immer den Kontext der Aufgabe beachten: hier geht es nicht um Astronomie. Dass hier Fehlvorstellungen erzeugt werden, ist eher unwahrscheinlich. So eine Aufgabe kann man natürlich anders stellen, so ist es aber auch kein Drama.

    Die Überschrift ist „Sonnensystem“. Warum sollte es dann nicht um Astronomie gehen? Um was denn sonst? Wenn es um Geometrie gehen soll, kann man doch auch eine geometrische Skizze zeigen und dazu Aufgaben stellen. So ist es wieder der krampfhafte Versuch, Anwendungsbezüge herzustellen.

  • Das Kernproblem solcher Aufgaben ist, dass offenbar auch diejenigen, die sich sich ausgedacht haben, nicht verstehen, dass Mathe keine Naturwissenschaft ist. Es gibt in der Mathe nicht diese oder jene Lösung, je nachdem auf welcher Seite der Sonne sich die beiden Planeten gerade befinden. Wenn das die Fragestellung ist, gehört sie in die Physik und dann gibt es verschiedene Lösungen und nicht *eine*, die korrekt sein soll. Wenn man nie lernt, dass Mathe ein in sich geschlossen funktionierendes System ist, wird man auch nie den Transfer leisten können. Es hängt nicht alles mit allem zusammen und Lernen beginnt nicht beim "grossen Ganzen" sondern beim grundlegenden Prinzip. Ich habe PISA-Aufgaben zur Aussagenlogik gesehen, die mathematisch betrachtet schlichtweg falsch gestellt sind. Die mathematische Implikation folgt eindeutigen Regeln, die ebenso eindeutig *nicht* voraussetzen, dass ich mir erst noch Gedanken über Biologie (in dem Kontext war eine Aufgabe gestellt) machen muss um ich für die richtige Lösung zu entscheiden.


    Ich unterrichte zwei Naturwissenschaften mit einer sehr grossen Schnittmenge. Weder unterrichte ich Physik als "Hilfswissenschaft" noch tu ich in der Chemie so, als würden da plötzlich andere Gesetzmässigkeiten gelten nur weil's nicht mehr "Physik" heisst. Wenn ich in der Chemie z. B. mit dem Coulomb-Gesetz irgendwas argumentiere muss ich einfach exakt deklarieren, welche Annahmen und Vereinfachungen ich gerade treffe.

  • Diese Argumentation ist nicht richtig. Es steht nicht da: der Abstand der Planetenbahnen, sondern der mittlere Abstand der Planeten.

  • Auch wieder falsch. Wenn Planet A einen Bahnradius von 100 AE hat und Planet B einen Radius von 110 AE, dann sind sie am nahestehen Punkt 10 AE voneinander entfernt und am weitesten 105 AE.

    Nein, der weiteste Abstand sind eben 210 AE, denn - wie oben gesagt - die Planeten können auf verschiedenen Seiten der Sonne stehen. Eindimensional auf dem Zahlenstrahl:

    - Sonne steht auf 0

    - A steht auf 100 (Abstand zur Sonne 100)

    - B steht auf -110 (Abstand zur Sonne 110)


    Wer immer noch glaubt, dass man das so ausrechnen kann, wie behauptet, soll sich zwei Planeten vorstellen, die auf derselben Bahn kreisen: Ist ihr Abstand dann Null? Man kann sich ein solches System mit jedem Planetenabstand vorstellen.

  • Ich glaube die Diskussion hier zeigt eindrucksvoll, wie blödsinnig die Aufgabenstellung ist. Was wird denn da "gemessen"? Wie gut Jugendliche darin sind, sich vorzustellen, was wohl gemeint gewesen sein könnte? Die "tollen Chinesen" beeindrucken mich in dem Kontext immer weniger. Hinter deren Ergebnissen steckt halt einfach sehr konsequentes "teaching to the test". Von meinen Jugendlichen würde ich erwarten, dass sie Rückfragen stellen, der Art, wie sie hier gerade diskutiert werden. Ob dann am Ende irgendeine Lösung angekreuzt ist, ist schlussendlich egal und auch kein Indikator dafür, wie "schlau" sie nun sind.


    Wenn ich überlege, welchen Aufriss wir veranstalten, wenn's um die schriftliche Matura geht ... Da wird stundenlang im Kreis diskutiert, ob die Aufgabenstellung nun wohl eindeutig ist bzw. welche Antworten man erwarten und als richtig werten kann. Der Ausarbeitung der PISA-Aufgaben erscheint mir nicht halb so sorgfältig gemacht.

  • Die Überschrift ist „Sonnensystem“. Warum sollte es dann nicht um Astronomie gehen? Um was denn sonst? Wenn es um Geometrie gehen soll, kann man doch auch eine geometrische Skizze zeigen und dazu Aufgaben stellen. So ist es wieder der krampfhafte Versuch, Anwendungsbezüge herzustellen.

    Es geht offensichtlich darum, Werte aus einer Tabelle abzulesen und plus/minus zu rechnen. Den "Anwendungsbezug" kann und sollte man, auch als Schüler, einfach ignorieren. So, wie bei den meisten "anwendungsbezogenen" Aufgaben. BS zu erkennen und zu ignorieren gehört zu den Fähigkeiten, die man seinen Schülern auch vermitteln sollte.

  • Ich finde es unglaublich und erschreckender als Pisa-Ergebnisse, dass eine solche Aufgabe durch ein internationales Gremium geht, etliche Male übersetzt wird, korrigiert wird (oder zumindest automatische Auswertungsergebnisse vorliegen) in mehreren deutschen Zeitungen erscheint, ohne dass auffällt, dass die Aufgabe unglücklich formuliert und so wie sie dasteht falsch ist.


    Was soll man von Schülern erwarten, wenn man selbst so unkritisch und schlampig ist. Was erwartet man von schriftlichen Schüler-Ausarbeitungen, wenn der Anspruch an die eigene Arbeit lautet: "Ja, die Aufgabe ist wohl irgendwie falsch, spielt aber keine Rolle, ist doch wohl klar, was gemeint war und was du wieder mal rechnen sollst."


    Ich habe einmal eine internationale Prüfung geschrieben. Da wurde viel Wert auf 4-Augenprinzip bei der Aufgabenstellung gelegt. Zur Bewertung hieß es, dass nach der ersten automatischen Auswertung sämtlicher Tests noch erhoben wird, welche Aufgaben auch die 10% Besten mit hoher Häufigkeit falsch gemacht haben. Diese Aufgaben werden dann nochmals gesichtet, ob sie vielleicht missverständlich oder falsch formuliert waren. Sollte sich das herausstellen, werden sie aus der Wertung herausgenommen. Danach wird alles nochmals ohne diese Aufgaben gewertet. Passiert das beim Pisa-Test auch?

  • Es geht offensichtlich darum, Werte aus einer Tabelle abzulesen und plus/minus zu rechnen. Den "Anwendungsbezug" kann und sollte man, auch als Schüler, einfach ignorieren. So, wie bei den meisten "anwendungsbezogenen" Aufgaben. BS zu erkennen und zu ignorieren gehört zu den Fähigkeiten, die man seinen Schülern auch vermitteln sollte.

    Wer immer sich die Aufgabe ausgedacht hat, hat die tatsächliche Komplextät der Fragestellung nicht erkannt und damit einen Fehler gemacht. Das kann passieren. Die Aufgabe hätte aber auf keinen Fall durch alle Evaluierungen hindurch in den Test gelangen dürfen.


    P.S.: Mich würde mal interessieren, ob es SuS gab, die während des Tests erkannt haben, was hier schiefgelaufen ist. Wäre das eine KLassenarbeit, hätten die sich die doppelte Punkzahl für die Aufgabe verdient :)

  • Wer immer sich die Aufgabe ausgedacht hat, hat die tatsächliche Komplextät der Fragestellung nicht erkannt und damit einen Fehler gemacht. Das kann passieren. Die Aufgabe hätte aber auf keinen Fall durch alle Evaluierungen hindurch in den Test gelangen dürfen.

    Die Fragestellung hat keine Komplexität. Die Bearbeiter sollen herausfinden, für welche zwei Werte in der rechten Tabelle die Differenz 4,38 ist und dann zum größeren Wert 9,62 addieren.

    Dass das Planetenabstände sein sollen, ist vollkommen zufällig und hat mit der Aufgabe nichts zu tun. Insofern ist die Aufgabe schlecht. Dass sie es in den Test geschafft hat, wundert mich aber gar nicht. Pseudo "Praxisbezug" findet sich überall in Schulbüchern und Prüfungen. Das ist kein Drama.

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