Überforderung und Abbruchgedanken

  • Dem kann ich nicht zustimmen. Ich fand die Anfangszeit mit meiner Vollzeitstelle tatsächlich stressiger als mein Ref. Oder besser gesagt: Es war halt eine andere Art von Stress (26 Unterrichtsstunden in verschiedensten Klassen vorbereiten zu müssen bspw. fand ich - trotz guter Unterstützung meiner KuK - doch anstrengender als den Vorbereitungsaufwand für die Hälfte der Stunden während des Ref.).


    Genauso habe ich es eben auch empfunden.

  • Vom zeitlichen Aufwand her mag das erste Jahr nach dem Ref ja ähnlich wie das Ref gewesen sein. Aber die Tatsache, dass je nach Ausgang des Refs 5 Jahre Studium mehr oder weniger umsonst sind, grenzte für mich - verbunden mit dem Druck in den UBs und Lehrproben - schon fast an Psychoterror.

    Selbst ein 35 Stunden Deputat könnte nicht schlimmer sein.


    Aber gut, das empfindet jeder anders und es spielen viele Faktoren mit rein.

  • Ach, Nikoo, das tut mir leid, dass du dich da so unwohl fühlst und wohl auch körperlich reagierst - das passiert ja oft, wenn die Seele was nicht so ganz hinkriegt (ohne Esoterik. Geht auch ganz normal so).


    Das Problem: es bringt gar nichts, dich da weiterhin hineinzuquatschen oder dich rauszuquatschen. Du wirst sehr viele Eindrücke und Meinungen bekommen, weil alle das für sich verschieden wahrgenommen haben und wahrnehmen...und niemand von uns ist DU. Es gibt Menschen, die sich durch etwas durchpushen und danach ist alles super, es gibt genauso welche, die einfach überfordert bleiben. Es gibt welche, die abbrechen und anderweitig hineinrutschen oder komplett aufhören und in einem anderen Beruf Erfolg haben - oder diejenigen, die abbrechen und es dann ewig bereuen.


    Sicher, es gibt Momente der Überforderung in jeder Schulform und sicher auch in jedem Arbeitsalter (von Anfänger bis alter Hase).


    Aber nur du selbst kannst entscheiden, welcher Gruppe du angehören könntest, weil du dich am besten kennst.


    Frage dich doch ein paar Fragen mal selbst:


    Kenne ich Überforderung und Abbruchgedanken von mir schon? Ist mir das eigen bei größeren Stress?

    Möchte ich sowas durchhalten, wenn ich lese, dass viele, die dieselben Gefühle hatten, jetzt mit Spaß unterrichten?

    Sind meine Abbruchgedanken abhängig oder unabhängig von dem, was andere hier sagen?

    Welche Alternativen habe ich denn? Habe ich darüber schon nachgedacht oder ist es bisher lediglich ein Bauchgefühl?

    Könnte ich mir denn vorstellen, etwas völlig anderes zu machen?

    Mache ich nur weiter, um "nicht zu scheitern"?

    Wie gehe ich mit einem eventuellen Abbruch um?

    Wie mit einem eventuellen Fortführen des Refs?


    Und vor allem:


    Macht mir das Unterrichten, wenn ich eine gute Vorbereitung habe, denn SPASS?


    Auch die Unterrichtsvorbereitung ist ja eine Erfahrungssache. Man wächst da auch mit seinen Aufgaben und alles wird mit der Zeit leichter. Vieles sitzt irgendwann so, dass du es einfach abrufen kannst.


    Es liegt also an dir zu schauen, ob du dich in der Lage siehst, diese Übergangszeit auszuhalten oder ob du merkst, dass du innerlich daran zerbrichst, weil dir das zu viel Druck, zu viel Verantwortung und viel zu viel Stress ist.


    Das kannst nur du dir beantworten. Einfach mal mit Kopf, Herz und Bauch zusammensetzen und allen Gehör schenken.


    Ich wünsche dir ein gutes inneres Durchkommen durch dich selbst.

  • Hallo,


    vielen Dank für die zahlreichen Tipps, Meinungen und Hilfestellungen. Kurz zu meiner Person: Ich habe am Berufsschulamt studiert und später im öffentlichen Dienst gearbeitet. Während meines Bachelor- und Masterstudiums wurde ich an einer Gesamtschule für Vertretungen eingesetzt. Ich war sehr gerne in der Schule, obwohl der Stressfaktor an der Gesamtschule im Vergleich zur aktuellen Berufsschule höher war. Meine Fächer sind Wirtschaft und Politik/Wirtschaft.




    Heute hatte ich eine Unterrichtsmitschau im Fach Wirtschaft, die leider nicht so gut verlief. Hier sind die genannten Negativpunkte:

    1. Passivität:
      • Mir wurde vorgeworfen, zu passiv gewesen zu sein.
    2. Ortswechsel:
      • Es wurde bemängelt, dass ich nie an einem Ort verweilte und häufig die Plätze in der Klasse wechselte
    3. Plakatvorbereitung:
      • Die Plakate waren nicht ausreichend vorbereitet.
    4. Aktive Interaktion:
      • Es wurde angemerkt, dass ich mehr zwischendurch agieren sollte.
    5. Setting:
      • Das Setting wurde als nicht optimal bewertet.
    6. Aussprache meines Namens:
      • Ein Schüler hat meinen Namen falsch ausgesprochen, was kritisiert wurde.




    Positiv wurde hervorgehoben, dass die Schüler sehr gut mitgearbeitet haben und positiv auf meine Interaktion reagierten.




    Gibt es gute Bücher für die Unterrichtplanung und wie ich die Gedanken Schritt für Schritt im Kopf durchgehen kann? Und Ich habe sehr nette Mitreferendare die mir immer helfen, aber trotzdem nachdem ersten 1. UM bin ich schon deprimiert. Der Fachleiter hat fast 1, 5 Seiten aufgeschrieben und das hat mich schockiert. Ich brauche halt sehr lange für die Vorbereitung dann fehlt mir hinterher die Zeit woanders.


    Danke

  • Mir wurde vorgeworfen, zu passiv gewesen zu sein.

    Määäh. Ein anderer Beobachter hätte dir das Gegenteil vorgeworfen.

    Es wurde bemängelt, dass ich nie an einem Ort verweilte und häufig die Plätze in der Klasse wechselte

    Siehe oben.

    Die Plakate waren nicht ausreichend vorbereitet

    Das könnte ein bedenkenswerter Punkt sein.

    Es wurde angemerkt, dass ich mehr zwischendurch agieren sollte

    Siehe oben.

    Das Setting wurde als nicht optimal bewertet

    Was denn für ein Setting?

    Ein Schüler hat meinen Namen falsch ausgesprochen, was kritisiert wurde

    Ja, für den Fehler des Schülers bist du natürlich verantwortlich. Isso bei Referendaren.

    Positiv wurde hervorgehoben, dass die Schüler sehr gut mitgearbeitet haben und positiv auf meine Interaktion reagierten

    Ja, was denn nun? Zuviel? Zuwenig?


    - in nuce: In meinen Augen gar kein schlechtes Feedback. Bedenke: Das komplette System ist defizitorientiert. So ein Unterrichtsbeobachter muss erstmal die Haare in der Suppe finden und benennen. Beachte die Punkte, wo es eine konkrete Rückmeldung gibt (Plakate) und versuche diese zu verbessern. Ansonsten gilt: Wenn mal gar nichts positives mehr vermerkt wird, sollte man sich natürlich Gedanken machen.

  • Wurde denn auch ausdrücklich etwas Positives gesagt?


    Abgesehen von den unter Umständen unzureichend vorbereiteten Plakaten sind die Kritikpunkte Kleinigkeiten. Wenn die größeten "Probleme" sind, dass du zu wenig rumläufst und die SuS selbstständig arbeiten: Glückwunsch, das läuft doch.

  • Es wurde positiv angemerkt, dass die Schülerinnen und Schüler gut mitgearbeitet haben. Allerdings fiel die negative Kritik stärker aus, insbesondere in Bezug auf den fachlichen Aspekt, der als zu wenig empfunden wurde. Ich muss jetzt einen Termin mit dem Fachleiter in Wirtschaft vereinbaren, um meine Unterrichtsaufgaben erneut durchzugehen. Es wurde darauf hingewiesen, dass größere Kritikpunkte vorhanden waren und dass diese Schritt für Schritt verbessert werden sollen.



    Ich fühle mich schon etwas platt…..

  • Die Kritikpunkte nehmen immer viel mehr Raum ein, während das, was positiv war nur ganz kurz abgefrühstückt wird, weil man die kurze Zeit des Refs für maximale Entwicklungssprünge nutzen möchte. Deshalb werden auch immer so viele Details angesprochen, die noch nicht perfekt waren. Danach ist jeder erst einmal platt, weil einen das sprichwörtlich überfährt.


    Geh die größeren Kritikpunkte mit einem Dachleiter Fachleiter durch und dann arbeite konsequent in jeder Unterrichtsstunde an 2-3 davon. Erst wenn etwas gut klappt nimmst du dir den nächsten Kritikpunkt vor zur Bearbeitung. Vieles lässt sich so schon nach wenigen Stunden abhaken, manches braucht dagegen einfach mehr Übung in den Bereichen Unterrichtsplanung und -durchführung .

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL ()

  • Auch wurde bemängelt, dass die Besprechungssituation nicht ganz optimal war, aber meine Mentoren meinten, dass es auch bei ihr bis zum letzten UB immer wieder kritisiert wurde. Ich werde mir jetzt die 2 größten Kritikpunkte aussuchen und die versuchen zu bessern. Der nächste UM ist nächste Woche Freitag ich hoffe es klappt etwas besser, aber diesmal in Sozialkunde.


    Danke für den regen Austausch.

  • Ich verstehe nicht, wie Plakate unzureichend vorbereitet sein können. Waren das SchülerInnenarbeiten bzw wurden diese in der Stunde erarbeitet?

    Und was ist die Besprechungssituation? Die Nachbesprechung der Stunde?

  • Die Kritikpunkte nehmen immer viel mehr Raum ein, während das, was positiv war nur ganz kurz abgefrühstückt wird, weil man die kurze Zeit des Refs für maximale Entwicklungssprünge nutzen möchte

    Ach. Und ich dachte immer, das sei, um die Referendare zu dissen. Again what learnt!

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ich verstehe nicht, wie Plakate unzureichend vorbereitet sein können. Waren das SchülerInnenarbeiten bzw wurden diese in der Stunde erarbeitet?

    Und was ist die Besprechungssituation? Die Nachbesprechung der Stunde?

    Es wurde kritisiert, dass die Plakate nicht optimal waren. Zwei Gruppen hatten eine zu kleine Schrift auf ihren Plakaten verwendet. Außerdem wurde angemerkt, dass die Besprechungssituation im Unterricht besser gestaltet werden könnte. Ich hätte einen Stuhlkreis organisieren sollen, um die Präsentationsphase zu verbessern.

  • Die Kritikpunkte nehmen immer viel mehr Raum ein, während das, was positiv war nur ganz kurz abgefrühstückt wird, weil man die kurze Zeit des Refs für maximale Entwicklungssprünge nutzen möchte. Deshalb werden auch immer so viele Details angesprochen, die noch nicht perfekt waren. Danach ist jeder erst einmal platt, weil einen das sprichwörtlich überfährt.

    Diese Vorgehensweise ist und bleibt eine Katastrophe. Ich werde auch niemals auf diese Art und Weise Feedback geben - egal, in welcher Rolle ich mich befinde.


    Wir müssen die katastrophale Feedbackkultur im Referendariat und das häufige, bedenkliche Ausnutzen des hierarchischen Gefälles nicht schönreden. Es gibt klare Vorgaben, wie Feedback erfolgen sollte. Dass die Beteiligten im Referendariat sich diesem versuchen zu entziehen, indem abstruse Theorien zu Entwicklungssprüngen formuliert werden, spricht nicht für das Ausbildungssystem von Lehrern.

  • Es wurde kritisiert, dass die Plakate nicht optimal waren. Zwei Gruppen hatten eine zu kleine Schrift auf ihren Plakaten verwendet. Außerdem wurde angemerkt, dass die Besprechungssituation im Unterricht besser gestaltet werden könnte. Ich hätte einen Stuhlkreis organisieren sollen, um die Präsentationsphase zu verbessern.

    Und hättest du einen Stuhlkreis organisiert, wäre eben dieser kritisiert worden. Wenn es keine fixen, objektiven Kriterien gibt, was von einem erwartet wird und nach denen man bewertet wird, ist genau diese Form von Rückmeldung das Ergebnis. Die Fixierung auf Methoden ist ebenfalls eine spannende Eigenart des Refs.


    Lass dich nicht unterkriegen. Schwierig ist es, die berechtigte Kritik von der unberechtigten zu trennen. Ein weiterer Grund, wieso das Ref in seiner jetzigen Form reformiert gehört. Die überzogene Kritik - insbedondere die Kritik von Details - verunsichert die Leute. Das Gegenteil, was man eigtl. von Lehrern will. Sie sollen sich selbst reflektieren, zugleich aber mit zunehmender Erfahrung an Selbstsicherheit gewinnen. Letzteres wird häufig vollkommen außer Acht gelassen.

  • Diese Vorgehensweise ist und bleibt eine Katastrophe. Ich werde auch niemals auf diese Art und Weise Feedback geben - egal, in welcher Rolle ich mich befinde.


    Wir müssen die katastrophale Feedbackkultur im Referendariat und das häufige, bedenkliche Ausnutzen des hierarchischen Gefälles nicht schönreden. Es gibt klare Vorgaben, wie Feedback erfolgen sollte. Dass die Beteiligten im Referendariat sich diesem versuchen zu entziehen, indem abstruse Theorien zu Entwicklungssprüngen formuliert werden, spricht nicht für das Ausbildungssystem von Lehrern.

    Mir scheint, du unterstellst mir anhand einer Beschreibung dessen, was ich- genau wie andere- selbst um Ref erlebt habe, wie ich persönlich Feedback geben würde. Falls dem so wäre, muss ich das als unzutreffend zurückweisen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Es wurde kritisiert, dass die Plakate nicht optimal waren. Zwei Gruppen hatten eine zu kleine Schrift auf ihren Plakaten verwendet. Außerdem wurde angemerkt, dass die Besprechungssituation im Unterricht besser gestaltet werden könnte. Ich hätte einen Stuhlkreis organisieren sollen, um die Präsentationsphase zu verbessern.

    Ganz ehrlich, das ist doch kaum der Rede wert (außer: Das Gestalten von Plakaten/Präsentationen durch Lernende war das Hauptziel der Stunde). Das nächste Mal weist du deine SchülerInnen darauf hin und gut ist.

    Natürlich kann man einen Stuhlkreis organisieren, man kann aber auch viele andere Varianten wählen. Nun weißt du also, dass dein Fachleiter in der Sicherungsphase gerne eine weitere Methode sehen möchte und das zeigtst du dann beim nächsten Mal - oder begründest, warum du darauf verzichtest (z.B. weil der Schwerpunkt der Stunde bei XYZ liegt, die Sicherung mit Methode A,B, C aber möglich wäre)

  • wenig rumläufst und die SuS selbstständig arbeiten

    Das ist doch ein Problem. Es sollte umgekehrt sein, sonst kommt man nicht auf seine 10.000 Schritte am Tag.

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