Tödlicher Schwimmunfall ist fahrlässige Tötung- wie bewertet ihr das Urteil?

  • Wir haben bei uns 2 Klassen parallel im Bad. Das sind rund 40-50 Schüler. Plus normale Badegäste.

    Wir haben aktuell bis zu 150 Schüler parallel im Bad, aber keine normalen Badegäste und damit ist der Bademeisterschlüssel mit 0/150 von den Bäderbetrieben erfüllt. Es ist nur einer für die Technik da (und um zu meckern), der ist dann aber manchmal auch im Keller, in der Küche oder sonst wo, wir wissen ja, welchen Knopf wir am Telefon drücken müssen. Soll ich weiter reden?!?

  • Wir haben aktuell bis zu 150 Schüler parallel im Bad, aber keine normalen Badegäste und damit ist der Bademeisterschlüssel mit 0/150 von den Bäderbetrieben erfüllt. Es ist nur einer für die Technik da (und um zu meckern), der ist dann aber manchmal auch im Keller, in der Küche oder sonst wo, wir wissen ja, welchen Knopf wir am Telefon drücken müssen. Soll ich weiter reden?!?

    Ich wollte auch nur deutlich machen, dass das vollkommen unrealistisch ist. In den vielen Bundesländern sind auch Bademeister bei den Kommunen oder sogar bei privaten Unternehmen angestellt. Die haben gar kein Interesse an Schwimmunterricht. Also müsste das Land mehr Lehrkräfte bzw. Hilfskräfte einstellen. Wo die herkommen und was man mit denen außerhalb vom Schwimmunterricht machen soll ...

    Letztlich läuft es auf das bereits x mal geschriebene raus: Mehr Personal ist nötig und super. Aber ein Schlüssel von 8 oder weniger ist vollkommen utopisch. Es wird immer ein Restrisiko bleiben. Und das Land muss rechtssicher die Rahmenbedingungen klar machen.

  • Und auch weiterhin sind weder die beiden Lehrkräfte noch die Schule wegen nicht passender Rahmenbedingungen verurteilt worden, sondern die beiden Lehrkräfte wegen Beurteilungsfehlern während der Durchführung des Schwimmunterrichtes.

    Aus diesem Urteil lassen sich keine Anforderungen an andere Rahmenbedingungen ableiten, da die Rahmenbedingungen nicht das Problem waren.

    Wir führen jetzt hier eine Diskussion, die vergleichbar damit ist, dass der ÖPNV seinen Betrieb einstellen würde, wenn ein Busfahrer für die Verursachung eines Unfalls verurteilt worden wäre, weil er bei rot über die Ampel gefahren ist.

    Leider nicht. Hast Du die ausführliche Urteilsbegründung gefunden? Bisher hört es sich so an, dass die Durchführung des Unterrichtes unter den vorgegeben Rahmenbedingungen in der Praxis grundsätzlich nicht durchführbar ist.


    Wenn am Ende die Begründung darauf fußt, dass man sagt, dass Becken zu tief und nicht geeignet war oder man nicht ausführlich genug die Vorkenntnisse abgefragt oder berücksichtigt hat, kann man sicherlich eher verstehen als die Aussage, dass man grundsätzlich nicht 2 Aufsichten hätte Schwimmen gehen dürfen. Dafür wäre es natürlich sinnvoll, die genaue Begründung einmal zu lesen.

  • In den vielen Bundesländern sind auch Bademeister bei den Kommunen oder sogar bei privaten Unternehmen angestellt.

    Wie gesagt, in Berlin sind die Bäder privatisiert, warum sollten die auch nur irgendjemanden stellen?!?

    Und ja, das Restrisiko hast du immer, wir haben aktuell kaum mehr als 8 Kinder, heute waren mit 17 für zwei Lehrer die meisten da, aber da muss nur ein Kind dabei sein, was am Rad dreht oder ähnliches und es wird für alle zur Gefahr (und verhaltensorginelle Kinder haben wir leider immer mehr und häufiger).

  • Wo findet man das Personal? Wie bezahlt man das? Was kostet das Schwimmen dann für Normalos? Oder arbeiten die Bademeister dann alle nur Halbtags? Und selbst wenn wir das alles lösen würden, dann werden immer noch Unfälle passieren. Machen wir dann 6,5,4,3 Kinder pro Rettungsschwimmer?

    Stell die Frage den Richtern, die die beiden Kolleginnen verurteilt haben. Wenn die Gerichte so entscheiden, ist das halt die logische Konsequenz. Wenn es dann kein Schulschwimmen mehr gibt, ist das sachlogisch richtig. Warum sollen die Sportlehrer für eine verfehlte Politik persönlich haften, wenn dann etwas schiefgeht? Wenn es dann in Folge in den nächsten Jahren mehr Ertrunkene gibt, weil viele Menschen in der Gesellschaft nicht mehr schwimmen können, dann ist das eben so.

  • Hier tun noch immer einige so, als wäre das Problem mit 1-2 Aufsichtspersonen mehr vom Tisch und als sei insofern die personelle Ausstattung ursächlich für den Todesfall gewesen. Auch mit 4 Aufsichtspersonen pro Klasse kann ein falsch gewähltes Setting zu einem solch tragischen Verlauf führen. Und andersherum lässt sich auch jetzt schon Schwimmunterricht rechtssicher mit 2 Aufsichtspersonen durchführen. Dass dann nicht zeitgleich alle Nichtschwimmer im tiefen Wasser sein sollten, hatten wir hier bereits mehrfach geklärt.

  • Hier tun noch immer einige so, als wäre das Problem mit 1-2 Aufsichtspersonen mehr vom Tisch und als sei insofern die personelle Ausstattung ursächlich für den Todesfall gewesen. Auch mit 4 Aufsichtspersonen pro Klasse kann ein falsch gewähltes Setting zu einem solch tragischen Verlauf führen. Und andersherum lässt sich auch jetzt schon Schwimmunterricht rechtssicher mit 2 Aufsichtspersonen durchführen. Dass dann nicht zeitgleich alle Nichtschwimmer im tiefen Wasser sein sollten, hatten wir hier bereits mehrfach geklärt.

    Richtig. Und das bedeutet, dass im Schwimmunterricht deutlich weniger aktive Schwimmzeit zur Verfügung steht.

    Bei den Kindern in einer Variante erlebt: Statt die ganze Klasse ein Jahr in den Schwimmunterricht zu schicken, wurde eben nur die halbe Klasse geschickt und dann im Halbjahr gewechselt. Die Lehrerinnen wollten ansonsten den Schwimmunterricht gar nicht mehr anbieten.

    Insofern macht man sich einen schlanken Fuß, wenn man den Schulen kein Personal liefern kann. Das führt am Ende dazu, dass nur die Kinder von engagierten und finanziell besser ausgestatteten Eltern die Schwimmfähigkeit erwerben und die anderen teils herunterfallen.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Und auch weiterhin sind weder die beiden Lehrkräfte noch die Schule wegen nicht passender Rahmenbedingungen verurteilt worden, sondern die beiden Lehrkräfte wegen Beurteilungsfehlern während der Durchführung des Schwimmunterrichtes.

    Aus diesem Urteil lassen sich keine Anforderungen an andere Rahmenbedingungen ableiten, da die Rahmenbedingungen nicht das Problem waren.

    Wir führen jetzt hier eine Diskussion, die vergleichbar damit ist, dass der ÖPNV seinen Betrieb einstellen würde, wenn ein Busfahrer für die Verursachung eines Unfalls verurteilt worden wäre, weil er bei rot über die Ampel gefahren ist.

    Die Rahmenbedingungen trugen aber vermutlich dazu bei, dass das Kind ertrunken ist. Hätte es einen engeren Betreuungsschlüssel gegeben, hätten sie vermutlich besser auf die Kinder achten können. Warum wohl ist der Schlüssel bei öffentlichen Schwimmkursen so klein?

    Die Lehrkräfte haben ja die Vorgaben erfüllt, und dennoch sind sie verurteilt worden (Ich las zumindest nirgends, dass sie verurteilt wurden, weil sie abgelenkt waren, am Handy daddelten, sich einen Kaffee holen gingen).

  • Insofern macht man sich einen schlanken Fuß, wenn man den Schulen kein Personal liefern kann. Das führt am Ende dazu, dass nur die Kinder von engagierten und finanziell besser ausgestatteten Eltern die Schwimmfähigkeit erwerben und die anderen teils herunterfallen.

    Ich denke, dass man mehr Personal in den Schwimmbädern benötigt. Die Schulen sind da nur sekundär die Leidtragenden. Wenn also durchgehend im Jahr 150 Kinder von diversen Schulen im Wasser sind, da der Schulträger abstimmt wann welche Schule den Schwimmunterricht anbietet, kann man durchaus mit 5 Lehrer/innen (eine Person pro Klasse mit 30 Schülern) ins Schwimmbad fahren. Dann lösen die Lehrer/innen eben 150 Eintrittskarten und die Aufsicht geht auf die Bademeister über. Klar kostet dann eine Schwimm-Doppelstunde schnell mal 1.500€, aber das sind die realen Kosten für so eine Veranstaltung, auch wenn das viele Schulträger nicht hören wollen und sich mit der Aufsicht durch uns Lehrer zumindest finanziell einen sehr schlanken Fuß macht.

  • Und auch weiterhin sind weder die beiden Lehrkräfte noch die Schule wegen nicht passender Rahmenbedingungen verurteilt worden, sondern die beiden Lehrkräfte wegen Beurteilungsfehlern während der Durchführung des Schwimmunterrichtes.

    Aus diesem Urteil lassen sich keine Anforderungen an andere Rahmenbedingungen ableiten, da die Rahmenbedingungen nicht das Problem waren.

    Wir führen jetzt hier eine Diskussion, die vergleichbar damit ist, dass der ÖPNV seinen Betrieb einstellen würde, wenn ein Busfahrer für die Verursachung eines Unfalls verurteilt worden wäre, weil er bei rot über die Ampel gefahren ist.

    Wenn es denn eine Analogie sein soll: Der Busfahrer wurde verurteilt, obwohl die Verkehrsbetriebe das Fahrzeug nicht gewartet hatten und ein Bremsschlauch angegammelt war. Der Busfahrer hätte entgegen aller Regularien, Gesetze und üblichen Vorgehensweisen ja mal vor Fahrtantritt in den Motorraum gucken können, ob alles einwandfrei funktioniert. Außerdem hätte er aus eigenem Antrieb alle Insassen zwischen Haltestelle Rathaus und Markt zum Anlegen der Sicherheitsgurte verpflichten müssen.

    Ich übertreibe, da ich nicht weiß, was genau vorgefallen ist. Du aber auch nicht.

  • Rechtlich geht die Aufsicht NIE an Bademeister über, wenn du mit Klassen schwimmen gehst (zumindest für NRW weiß ich das sicher). Deshalb sollte man nicht nur in der Grundchule sondern auch in der weiterführenden Schule nie mit einer Klasse ins Freibad gehen (egal, ob nun auf Klassenfahrt oder als Ausflug).


    Darf eine Schwimmmeisterin/ein Schwimmmeister vorübergehend die Aufsicht im Schwimmunterricht einer Schulklasse übernehmen?

    Nein. In den Rechtsgrundlagen zum Erlass „Sicherheitsförderung im Schulsport“, 3.2 Aufsicht heißt es dazu: „ Die Anwesenheit weiterer Personen (z. B. Schwimmbadpersonal) entbindet die Lehrkraft nicht von ihrer Aufsichtspflicht. Grundsätzlich gilt auch beim Schwimmen im Schulsport die verantwortliche Zuständigkeit einer Lehrkraft je Lerngruppe“. Die Aufsicht obliegt gemäß den Verwaltungsvorschriften zu 57 Abs. 1 SchulG den Lehrkräften. Die Schwimmmeisterin/ der Schwimmmeister kann als geeignete Hilfskraft hinzugezogen werden, wenn keine anderen Badegäste zu beaufsichtigen sind.

    Stand: 01.08.2020

    https://www.schulsport-nrw.de/sicherheits-un…d-aufsicht.html

  • Rechtlich geht die Aufsicht NIE an Bademeister über, wenn du mit Klassen schwimmen gehst (zumindest für NRW weiß ich das sicher). Deshalb sollte man nicht nur in der Grundchule sondern auch in der weiterführenden Schule nie mit einer Klasse ins Freibad gehen (egal, ob nun auf Klassenfahrt oder als Ausflug).

    Dann sollte man dies als Erstes ändern!

  • Stell die Frage den Richtern, die die beiden Kolleginnen verurteilt haben. Wenn die Gerichte so entscheiden, ist das halt die logische Konsequenz.

    Momentan gibt es wohl einen Einzelrichter bzw. ein Gericht, dass das so beurteilt. Und selbst da fehlt uns noch die genaue Begründung. Vielleicht sollte man erstmal die Begründung und die Berufung abwarten. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Urteil wieder kassiert wird.

    Hier tun noch immer einige so, als wäre das Problem mit 1-2 Aufsichtspersonen mehr vom Tisch und als sei insofern die personelle Ausstattung ursächlich für den Todesfall gewesen. Auch mit 4 Aufsichtspersonen pro Klasse kann ein falsch gewähltes Setting zu einem solch tragischen Verlauf führen. Und andersherum lässt sich auch jetzt schon Schwimmunterricht rechtssicher mit 2 Aufsichtspersonen durchführen. Dass dann nicht zeitgleich alle Nichtschwimmer im tiefen Wasser sein sollten, hatten wir hier bereits mehrfach geklärt.

    Momentan fehlt mir noch die Urteilsbegründung. Hast Du sie inzwischen gefunden? Dann wäre es nett diese Mal zu veröffentlichen.
    Momentan sieht es so als ob der Richter der Meinung ist, dass unter den vorgegebenen Rahmenbedingungen sowieso kein Schwimmunterricht rechtssicher stattfinden kann. Dann wäre das Verschulden eher beim Land zu suchen. Es ist sicherlich nicht Sinn der Sache mit 20 Kindern zum Schwimmen zu fahren und 10 sitzen dauerhaft auf der Bank. Dann muss man halt die Vorgaben ändern und nur mit halben Klassen oder wie hier gefordert 8er-Gruppen schwimmen gehen.

    Was anderes ist sicherlich, wenn das Verhalten der Lehrkräfte ursächlich war. Beispielsweise wenn Lehrkraft X statt die Aufsicht zu führen am Handy gespielt. Nachdem was wir wissen, scheint aber eher ersteres der Fall zu sein.

  • Dann sollte man dies als Erstes ändern!

    Das ist auch bundeslandspezifisch. Letztlich ist eine Absprache zwischen Land und Kommunen. Woher die zusätzlichen Aufsichten kommen, ist auch relativ egal. FRage ist nur, wer sie womit bezahlt.

  • Natürlich sollte man dies tun. Nur ist bis dahin jeglicher Schwimmunterricht aus Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den Lehrkräften zu unterlassen.

    Damit könnte ich gut leben. Würde auch Druck auf die Landesregierungen machen, klare Regelungen zu schaffen. Ggf. müssten sich am Ende Gerichte damit beschäftigen, was auch durchaus im Sinne von mehr Rechtssicherheit zu begrüßen wäre.

  • Dann sollte man dies als Erstes ändern!

    "Leider können wir aufgrund der geänderten Gesetzeslage Schulklassen keinen Zutritt mehr gewähren."

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • Fun fact: An der PH Ludwigsburg ist das Sportzentrum seit Jahren geschlossen und wird derzeit neu gebaut. Von außen kann man gut die leeren Schwimmbecken sehen. Bist also sehr, sehr nahe an der Wahrheit dran.

    Kleiner Nachtrag dazu: die Sporthalle inkl. Schwimmbad ist seit mehreren Jahren einsturzgefährdet, deshalb wird diese nun abgerissen. Selbstverständlich werden sowohl Sport im allgemeinen, als auch Schwimmen trotzdem gelehrt und geprüft, nur eben in der neuen Halle und den städtischen Schwimmbädern. Das hat nichts mit der Entscheidung der Stadt bzgl. Schwimmunterricht oder der Qualifikation der dortigen Absolvent*innen zu tun.

Werbung