Versetzung wegen belastender Klientel möglich?

  • Lass mich raten:

    Damals wurden diese Personen nur von Frauen unterrichtet und ich empfinde es genauso daneben, dass sie damals mit der Forderung „Wir akzeptieren (aus religiösen Gründen) keine männlichen Lehrer“ durchgekommen sind, wie auf der anderen Seite postuliert wird: „Ich komme mit der Schülerklientel nicht klar.“

    Das sind halt die beiden Seiten ein und der selben Medaille.

  • Also hattest du gar kein Problem, weil du die Schülerinnen weder unterrichtet noch deren Leistungen zu bewerten hattest.

    Denn grundsätzlich gibt es natürlich ein abzuwägendes Interesse von Identifizierbarkeit und Vermittlung von Bildungsinhalten vs. Religionsfreiheit. Dass die unterrichtenden Lehrerinnen nicht wussten, wessen Leistungen sie bewerten, ist also entweder nicht wahr, weil du nicht dabei warst, oder ein ungelöstes Problem deiner Schule.

  • Also hattest du gar kein Problem, weil du die Schülerinnen weder unterrichtet noch deren Leistungen zu bewerten hattest.

    Bei mir war es nur der Schock, Weil ich mich bei der Hofaufsicht umgedreht habe und auf einmal ohne Vorbereitung „Gevattern Tod“ einen Meter hinter mir stand.

    Daraus jetzt eine posttraumatische Belastungsstörung zu konstruieren, um damit einen Versetzungsantrag im Sinne des Fragestellers hier aus gesundheitlichen Gründen zu begründen, wäre aber wohl übertrieben.

  • Ich würde gerne nochmal ausholen und mich zu "prolligem Verhalten" und Schülerinnen mit Kopftuch äußern.

    Wir hatten an der Abendrealschule (vergleichbar mit Ausbildungsvorbereitung BK, viele kommen ganz ohne Schulabschluss) lange Zeit immer zwei parallele Klassen. Eine Klasse, die aus ehemaligen Sprachkursen zusammengesetzt wurde, in der Regel Flüchtlinge, meist muslimisch und eine andere aus Bildungsinländern (gemischt). Während die erste Gruppe in der Regel allenfalls sprachlich schwierig war, hat die zweite Gruppe in der Regel viel größere Probleme gemacht. Man kann einfach nicht in dieser Form verallgemeinern und das erst recht nicht so artikulieren.

    Ohne migrantische Klientel wäre im übrigen auch viele Lehrkräfte bereits arbeitslos.

  • Das ist sicherlich richtig. Der Rassismus ist aber unangebracht.

    Ist richtig. Mir ist vom Eingangsposting primär "prolliges Verhalten" hängen geblieben und darauf bezogen sich meine Klientel-Antworten.


    Dennoch: Religionszugehörigkeit kann problematisch sein oder halt auch nicht, da wäre ich vorsichtig mit Pauschalurteilen. In den letzten Jahren hatte ich damit - an einer Schule, an der Muslime in vielen Lerngruppen die Mehrheit stellen - überhaupt gar keine Schwierigkeiten, nie. Ich erinnere mich aber an in dieser Hinsicht extrem problematische Mittelstufenklassen - beispielsweise kam es bei der landesweiten Schweigeminute für den enthaupteten französischen Lehrer zur kompletten Eskalation in der 8. Klasse, in der ich währenddessen gerade Unterricht hatte. Die Reaktionen und das Verhalten einiger Schüler machen mich bis heute sprachlos und diese Situation war für mich eines der zentralen Schlüsselerlebnisse im Entscheidungsprozess, diese Schule schnellstmöglich und letztlich egal wie verlassen zu müssen. Vor dem Hintergrund dessen, was ich an religiös motivierten Konflikten erlebt habe, würde ich niemanden verurteilen, der für sich zu dem Schluss kommt, dass er in einem solchen Umfeld nicht arbeiten kann und will. Was bei den Postings des TE unangenehm aufstößt, ist dass er von Konflikten allerdings gar nichts schreibt, sondern sich pauschal am Kopftuch hochzieht. Ja, das ist Rassismus und davon möchte ich mich auch klar distanzieren (und hätte das vielleicht früher herausstellen sollen, um Missverständnissen vorzubeugen).

  • Vor dem Hintergrund dessen, was ich an religiös motivierten Konflikten erlebt habe, würde ich niemanden verurteilen, der für sich zu dem Schluss kommt, dass er in einem solchen Umfeld nicht arbeiten kann und will.

    Aber... hat man nicht auch als Lehrkraft die Aufgabe, solche Dinge anzugehen? Auch in der Grundschule kann man nicht nur unterrichten, sondern muss auch erziehen. Wenn ältere Schüler auf bestimmte gesamtgesellschaftliche Ereignisse seltsam reagieren, ist die Schule mitunter das einzig mögliche Korrektiv. Wenn alle auf dem Standpunkt ständen, dass sie nur unterrichten und andere Einflüsse nicht sehen wollen, dann sieht man die Gesamtaufgabe nicht. Eine Lehrkraft hat immer noch eine gewisse erzieherische Aufgabe auf dem Boden des Grundgesetzes und damit muss man sich anfreunden.

  • Weil ich mich bei der Hofaufsicht umgedreht habe und auf einmal ohne Vorbereitung „Gevattern Tod“ einen Meter hinter mir stand.

    Diese Mädchen haben die Niqap oder Burka sicher nicht freiwillig getragen oder sind von der häuslichen Tradition sehr beeinflusst. In der Grundschule sind mir nach der großen Fluchtbewegung sehr junge Kopftuchträgerinnen und bei großer Hitze langärmelig gekleidete Mädchen aufgefallen. Es waren aber ganz normale Kinder und sie taten mir leid, dass sie bei der Hitze so schwitzen mussten.

    Wir Frauen erleben manchmal diese (ehemals) Verschleierten oder Kopftuchträgerinnen privat. Das sind ganz normale, nette Frauen und Mädchen. Ich glaube, das ist vor allem ein "Männerproblem", das so zu werten.

    Es ist halt schade, wenn die Familie dieser Mädchen in unserer freien Gesellschaft so etwas erzwingt und deshalb bin ich auch vom emanzipatorischem Gedanken her gegen den Zwang, der von einem patriarchalischen Frauenbild kommt.

  • Ich glaube, das ist vor allem ein "Männerproblem", das so zu werten.

    Nein. Das Kopftuch ist ein Problem "bestimmter" Männer. Aber Gesichtsverschleierung (bis auf den Sehschlitz) halte ich auch für sehr grenzwertig im sozialen Umgang. Das habe ich in der Schule bei Müttern zum Glück nicht erlebt (bei den Mädchen auch nicht, natürlich).

  • Eine Lehrkraft hat immer noch eine gewisse erzieherische Aufgabe auf dem Boden des Grundgesetzes und damit muss man sich anfreunden.

    Das ist richtig! Die Grundschule ist aber sicher ein Spezialfall, weil das Erziehen dort viel mehr im Vordergrund steht. Und wie viel Ausdauer man für die Erziehungskomponente hat, bevor man auslaugt, ist sicher auch von Lehrkraft zu Lehrkraft verschieden. Ich finde Maylins Beitrag vor diesem Hintergrund sehr differenziert und stimmig.

    Hier eine kleine Anekdote: Ich wurde einmal im Unterricht gefragt, ob es wirklich wahr sei, dass die Welt unterginge, wenn der Papst eine dunkle Hautfarbe habe (Die Schüler haben es etwas anders ausgedrückt). Zu meinem Entsetzen glaubte die Mehrheit der Klasse daran - man muss dazu sagen, es war an einer Auslandsschule in einem Land, in dem Aberglaube noch weit verbreitet ist. Ich fand es sehr schwierig, auch für mich fordernd, gegen diese Mehrheitsmeinung anzukommen und war erleichtert, dass der Religionslehrer die Diskussion später in seinem Unterricht noch einmal in dem gebührenden Umfang übernommen hat.

    Um das in den Thread-Zusammenhang zu stellen: Nicht jede Lehrkraft ist gleich gut für die Erziehungsarbeit gemacht. Was mich am Unterrichten glücklich macht und ausfüllt, ist, in den Schülern Begeisterung für meine Fächer zu wecken. Ich bin froh, dass Situationen, wie ich sie oben beschrieben habe, bei mir selten vorkommen. Ich unterrichte hauptächlich Sek 2 und stünde die Erziehung im Vordergrund, würde ich diesen Job nicht machen. Ich kann es gut nachvollziehen, wenn andere Kolleginnen das ähnlich sehen. Ich freue mich aber andererseits auch, dass es Kollegen gibt, die sich noch stärker um die soziale Komponente kümmern. Die sind enorm wichtig und ich kann nur sagen: Hut ab!

  • Nein. Das Kopftuch ist ein Problem "bestimmter" Männer. Aber Gesichtsverschleierung (bis auf den Sehschlitz) halte ich auch für sehr grenzwertig im sozialen Umgang. Das habe ich in der Schule bei Müttern zum Glück nicht erlebt (bei den Mädchen auch nicht, natürlich).

    Das Gesicht muss erkennbar sein (ich dachte, da gäbe es ein Urteil).

    Wir hatten dieses Problem aber auch noch nicht.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • pepe

    Ich gebe dir Recht in #52. Mir ging es darum, darauf hinzuweisen, dass sich unter den Verschleierten oder den Frauen mit Kopftuch normale Menschen (Frauen) befinden und das nichts mit wandelnden Gespenstern zu tun hat. (Was für ein Kommentar!)

    Daniellp

    Gut finde ich, dass das Problem dann doch von einer Lehrkraft der Schule aufgegriffen wurde und nicht im Sand verlief. Manchmal sollten Meinungen, Vorkommnisse usw. in einem anderen Zusammenhang diskutiert oder behandelt werden. Ich habe z.B. manche soziale Probleme an die Sozialarbeit abgegeben. Wichtig ist, dass man in der Schule diese Sachen sieht, (multiprofessionell) zusammenarbeitet und nichts Wichtiges unter den Tisch kehrt.

  • Bei mir war es nur der Schock, Weil ich mich bei der Hofaufsicht umgedreht habe und auf einmal ohne Vorbereitung „Gevattern Tod“ einen Meter hinter mir stand.

    Daraus jetzt eine posttraumatische Belastungsstörung zu konstruieren, um damit einen Versetzungsantrag im Sinne des Fragestellers hier aus gesundheitlichen Gründen zu begründen, wäre aber wohl übertrieben.

    Wie viel Promille hattest du intus, als du dir anhand verschleierter Schülerinnen „Gevatter Tod“ auf dem Schulhof zusammenfabuliert hast? Wie nüchtern warst du beim Erstellen deines bewusst komplett übertrieben formulierten Beitrags?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Niqab oder Burka können im Unterricht ja glücklicherweise untersagt werden.

    Und so einfach und ganz ohne unnötige Übertreibungen, konstruierte Hilflosigkeit oder schlicht plumpen Rassismus können erwachsene, souveräne Lehrpersonen, Schulleitungen und Schulen das in der Realität lösen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Aber... hat man nicht auch als Lehrkraft die Aufgabe, solche Dinge anzugehen? Auch in der Grundschule kann man nicht nur unterrichten, sondern muss auch erziehen. Wenn ältere Schüler auf bestimmte gesamtgesellschaftliche Ereignisse seltsam reagieren, ist die Schule mitunter das einzig mögliche Korrektiv. Wenn alle auf dem Standpunkt ständen, dass sie nur unterrichten und andere Einflüsse nicht sehen wollen, dann sieht man die Gesamtaufgabe nicht. Eine Lehrkraft hat immer noch eine gewisse erzieherische Aufgabe auf dem Boden des Grundgesetzes und damit muss man sich anfreunden.

    Mag sein. Ich bin dieses Korrektiv aber nicht. Ich bin kein Sozialarbeiter und ich möchte auch keiner sein. Unter "erzieherischen Aufgaben" verstehe ich naiver Mensch sowas wie Maßregelungen bei Quatschereien oder Rumlaufen oder übers Ziel hinaus schießenden pubertären Äußerungen im Unterricht, Mediation bei altersgerechten Konflikten oder dergleichen (halt das, was nötig ist, um angemessene Beschulung zu gewährleisten), aber nicht, gesamtgesellschaftliche Großkonflikte mal eben nebenbei im Klassenraum zu lösen. Wo das nötig ist, braucht es meines Erachtens Extrastunden und speziell dafür qualifizierte Menschen.

    Ich habe seinerzeit versucht zu sprechen, was nicht möglich war, und bin dann schließlich mit den Schülerinnen (war eine Gruppe Mädels) zur Schulleitung marschiert (das erste und einzige Mal überhaupt). Dort gab es ein beschwichtigendes "hmm also das war jetzt aber nicht so ganz in Ordnung" und "was motiviert euch denn zu so einem Verhalten?" und das wars. Fand ich fast noch schlimmer, als das Verhalten der Schüler selbst. Meiner Ansicht nach hätte man hier direkt Teilkonferenzen einberufen und Verweise aussprechen müssen.

    Mit älteren Schülern kann man meiner Erfahrung nach auch bei Differenzen vernünftig sprechen und einen Konsens für einen zivilisierten und respektvollen Umgang miteinander auch bei unterschiedlichen Weltanschauungen finden. Mittelstufenschüler sind dagegen oft hochemotional und ideologisch aufgepeischt, komplett unzugänglich für differenzierte Positionen und hysterisch in einem Ausmaß, dass ICH da keinen Ansatz finde. Ich bewundere jeden, der hier den richtigen Ton trifft und das kann, habe aber auch vollstes Verständnis für diejenigen, die (wie ich) das Handtuch schmeißen. Ich kann es nicht und ich will es auch nicht.

  • Vor dem Hintergrund dessen, was ich an religiös motivierten Konflikten erlebt habe, würde ich niemanden verurteilen, der für sich zu dem Schluss kommt, dass er in einem solchen Umfeld nicht arbeiten kann und will.

    Ich empfinde den Import dieser religiösen Konflikte (Schiiten gegen Suniten etc.) auch als äußerst belastend. Wenn es mir dann Zuviel wird, bitte ich die Schüler das Handy rauszuholen und „Magdeburgisieren“ zu googeln bzw. ChatGPT danach zu befragen. Dann schwenke ich auf den 30jährigen Krieg, bei dem Protestanten gegen Katholiken ins Feld gezogen sind und bitte die Schüler diese Situation mit der im Islam zu vergleichen , um zu erkennen wie sinnlos das alles ist.

  • Dass religiöse Konflikte bei Migrationsbewegungen mitgenommen werden, ist bekannt und wurde bei den migrationspolitischen Entscheidungen der letzten 20 Jahre im Vorfeld umfassend berücksichtigt.

    Gesellschaftliche Realitäten wirken immer auch in Schulen hinein. Die demographische Zusammensetzung des Einzugsgebiets beeinflusst immer auch die Arbeit vor Ort in den jeweiligen Schulen. Was jedoch alle Schulen vereint, ist dass an allen die staatlichen Vorgaben in Form der Bildungsgesetze und Curricula umzusetzen sind.

    Veränderungen können nicht in Schulen erzeugt werden, sondern bei Wahlen. Wenn dem Kollegen, allgemein gesprochen, aktuelle gesellschaftliche Realitäten missfallen: Es enpfiehlt sich, vor der nächsten Wahl die Wahlprogramme möglichst aller relevanten Parteien intensiv zu lesen und sich für die Partei, deren Vorhaben seinen Vorstellungen am ehesten entspricht, zu entscheiden.

    Davon abgesehen: Eine herausfordernde Schülerschaft erfordert ein besonderes pädagogisches Geschick. Wichtig hierfür ist die Unterstützung von Kollegen (m/w/d) und der Schulleitung, um bei Bedarf auch Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen konsequent durchführen zu können. Versetzungen sind am ehesten eine Option, wenn die Zusammenarbeit mit Kollegen und/oder der Schulleitung irreparabel (und nachweislich) gestört ist oder er unmittelbar von einer Straftat betroffen ist (sei es als Täter oder Opfer). Sollte dies nicht der Fall sein und der Kollege dennoch auf Dauer hohe Unzufriedenheit bei der Arbeit verspürst, könnte der Wechsel in ein anderes Tätigkeitsfeld eine Möglichkeit darstellen.

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