Gen Z lässt sich nicht mehr so viel bieten. Schule sollte kein sozialer Fußabtreter mehr sein.

  • Mir ist das einzelne Kind wichtig. Ich möchte dass es das Bestmögliche für sich erreichen kann. Das Erreichbare ist dabei natürlich sehr unterschiedlich. Ich habe aber durchaus auch Freude daran, Kinder z.B. emotional-sozial zu begleiten und freue mich da über Fortschritte. Wie gesagt frustriert es mich dann natürlich auch, wenn die Basiskompetenzen überwiegend nicht erreicht werden, da das schon den meisten prinzipiell zuzutrauen ist, aber ich kann es auch einordnen und sehe wirklich immer deutlicher, wie sehr die Kinder und ich dann mit unserer Frustration im selben Boot sitzen.

    Ernst gemeinte Fragen: was wird aus Kindern, die keine Basiskompetenzen erreichen? Wie viele dieser Kinder werden einmal Nettosteuerzahler? Sozial-emotionale Begleitung ist ja schön und gut, aber der übergeordnete Sinn und Zweck von Schule liegt immer noch darin, möglichst fähige Arbeitskräfte und Steuerzahler zu generieren. Wenn das zunehmend schlechter gelingt oder gar in einer Lerngruppe "überwiegend" gar nicht, wie lässt sich dann perspektivisch unser recht ordentlicher Stundenlohn überhaupt noch rechtfertigen?

  • Ernst gemeinte Fragen: was wird aus Kindern, die keine Basiskompetenzen erreichen? Wie viele dieser Kinder werden einmal Nettosteuerzahler? Sozial-emotionale Begleitung ist ja schön und gut, aber der übergeordnete Sinn und Zweck von Schule liegt immer noch darin, möglichst fähige Arbeitskräfte und Steuerzahler zu generieren. Wenn das zunehmend schlechter gelingt oder gar in einer Lerngruppe "überwiegend" gar nicht, wie lässt sich dann perspektivisch unser recht ordentlicher Stundenlohn überhaupt noch rechtfertigen?

    Das sind Kinder. Kein Gedanke läge mir ferner als der über ihre Nettosteuerzahlung in 12 bis 8 Jahren. Sie haben diese 8 bis 12 Jahre noch Zeit zu lernen und ich bin Optimist genug zu denken, dass die allermeisten eben wirklich nur länger brauchen, aber schon ankommen werden. Das Emotional-Soziale ist eine Grundlage für das Lernen und für das Leben. Ich sage es nochmal: Ich bilde Menschen, keine Arbeitskräfte. Ich bilde sie im besten Fall zu mündigen und selbstbestimmten Bürger*innen. Mündige und selbstbestimmte Bürger*innen tragen allein aus einem Selbstverwirklichungstrieb etwas zur Gesellschaft bei.

  • Willst du das Gehalt der Lehrenden an deren Produktivität im Erwerbsleben knüpfen?

    Nun ja, der gesamte ÖD hängt finanzierungstechnisch an der Produktivität der Wirtschaft. Insofern ist die Verknüpfung ja eh schon da. Und im Gegensatz zu tibo sehe ich es als unsere Kernaufgabe, Output zu generieren, der den Laden am Laufen hält.

  • Und ich sehe es als meine Kernaufgabe, Kinder, die am Rand der Gesellschaft stehen, weiter in die Mitte der Gesellschaft zu bringen, damit diese ein produktiver und ausgeglichener Teil dieser werden. Das kostet auch was. Und der Staat tut gut daran, diese Ausgaben zu tätigen. Die Alternative ist, dass diese Kinder ausschließlich ausgeschlossen sind. Ausgeschlossene neigen nun nicht gerade dazu, sich freiwillig wieder zu integrieren...

  • Ich werde Menschen, welche die Basiskompetenzen in Mathematik oder Deutsch nicht erreichen, wohl kaum ihre Mündigkeit und Selbstbestimmung absprechen und in einer inklusiven Gesellschaft wäre das auch kein Hindernis. Bildung und damit auch Basiskompetenzen haben einen hohen Wert an sich, aber natürlich ist es für die Mündigkeit und Selbstbestimmung insbesondere in einer Gesellschaft, welche diese voraussetzt, auch in vielen Bereichen wichtig. Deswegen arbeiten wir in der Grundschule ja auch sehr intensiv an den Basiskompetenzen. Die Schulzeit ist nach vier Jahren aber zum Glück nicht abgeschlossen und die Kinder haben noch mehr Zeit, die Basiskompetenzen und Komptenzen darüber hinaus zu erwerben.

  • Und ich sehe es als meine Kernaufgabe, Kinder, die am Rand der Gesellschaft stehen, weiter in die Mitte der Gesellschaft zu bringen, damit diese ein produktiver und ausgeglichener Teil dieser werden. Das kostet auch was. Und der Staat tut gut daran, diese Ausgaben zu tätigen. Die Alternative ist, dass diese Kinder ausschließlich ausgeschlossen sind. Ausgeschlossene neigen nun nicht gerade dazu, sich freiwillig wieder zu integrieren...

    Das finde ich auch alles gut und richtig. Kritisch wird es meines Erachtens, wenn Kinder ein Verhalten aufweisen, das alle anderen im Lernen und Fortschritt behindert - und darum gehts ja hier, Stichwort sozialer Fußabtreter. Ich wünsche mir andere Verfahrensweisen für diese spezielle Klientel.

  • Hm ja, an meiner Schule sind alle gleich laut ;)

    Im Ernst, das gegenseitige Stören ist bei uns weniger das Problem. Und von andren Schularten kann ich nicht sprechen.

    Schön wäre es, wenn man Störer durch pädagogische Maßnahmen so weit bekäme, dass sie weniger stören. Da muss man schon im kiga anfangen. Also braucht es da mehr Personal, in der GS auch, etc.. Bleiben dann echt noch massive Störer übrig, braucht es gute Diagnostik und passende Konsequenzen, völlig richtig. Über die Art der Konsequenzen können wir vermutlich noch lange diskutieren...

    Danke mal wieder für deine sachliche Art!

  • Ich denke, die regelmäßigen Rufe nach mehr Personal im Bildungsbereich sind nicht zielführend. Es müssten die Kapazitäten anderer Ausbildungs- und Studiengänge reduziert werden, um so wiederum zusätzliche Ressourcen schaffen zu können, und dafür fehlt der politische Wille.

    Ich bin der Meinung, dass das vorhandene Personal reicht, aber effektiver arbeiten muss. Dadurch, dass wir bereits so viele Ressourcen in den Umgang mit Unterrichtsstörungen investieren, zeigt ja, dass der Ansatz schlichtweg nicht zielführend ist. Die Vermittlung von Unterrichtsstoff hat oberste Priorität und Unterrichtsstörungen gefährden dieses Vorhaben. Unterrichtsstörungen werden oft zu lang toleriert und da muss in den Klassenzimmern eine andere Mentalität her, nämlich "Handlung --- Konsequenz". Die Konsequenz muss als unangenehmer als die Teilnahme am Unterricht empfunden werden, dann ist auch der Anreiz, einen auf Clown und Entertainer zu machen, weg.

  • Ich bin der Meinung, dass das vorhandene Personal reicht, aber effektiver arbeiten muss.

    Also für meine Schulform und mein Bundesland stimmt das nicht.

    Gut jetzt hat meine Schulform im S1-Bereich in NRW den schlechtesten Personalschlüssel, die schlechtesten Klassenfrequenzwerte, die höchste Unterrichtsverpflichtung und zusätzlich laden die Gymnasien ihre Problemfälle bei uns ab, oft ohne dass da vorher nennenswerte Aktivität erkennbar ist, die Probleme zu bearbeiten, eher im Gegenteil...

    Wir haben schon ein Personaldefizit, das sich nicht mehr durch 'effektiver arbeiten' auffangen lässt.

  • Ich denke, die regelmäßigen Rufe nach mehr Personal im Bildungsbereich sind nicht zielführend. Es müssten die Kapazitäten anderer Ausbildungs- und Studiengänge reduziert werden, um so wiederum zusätzliche Ressourcen schaffen zu können, und dafür fehlt der politische Wille.

    Ich bin der Meinung, dass das vorhandene Personal reicht, aber effektiver arbeiten muss. Dadurch, dass wir bereits so viele Ressourcen in den Umgang mit Unterrichtsstörungen investieren, zeigt ja, dass der Ansatz schlichtweg nicht zielführend ist. Die Vermittlung von Unterrichtsstoff hat oberste Priorität und Unterrichtsstörungen gefährden dieses Vorhaben. Unterrichtsstörungen werden oft zu lang toleriert und da muss in den Klassenzimmern eine andere Mentalität her, nämlich "Handlung --- Konsequenz". Die Konsequenz muss als unangenehmer als die Teilnahme am Unterricht empfunden werden, dann ist auch der Anreiz, einen auf Clown und Entertainer zu machen, weg.

    Du schreibst ja selbst, dass die Vermittlung des Stoffs die oberste Priorität haben sollte. Da würde deutlich mehr Personal schon helfen.

    Z.B. Möglichkeiten der Differenzierung mit mehreren Personen (die nicht nur als Vertretungsreserve eingeplant sind).

    Und in Kleingruppen hat man bessere Möglichkeiten auf Störer zu reagieren oder diese in einen extra Raum zu schicken, bis sie sich wieder gefangen haben.

    Und auch im Kindergarten wäre mehr möglich, wenn sich nicht nur zwei Personen im 23 Kinder kümmern müssen

    Von den ganzen zusätzlichen Aufgaben der Schülerverwaltung möchte ich gar nicht reden.

  • kodi :

    OK, dann drücke ich es anders aus, ich gebe zu, dass ich da zuvor schwammig in der Formulierung geblieben bin: Es sollte so viel Personal Einsatz finden wie es die Vorgaben zum Personalschlüssel derzeit vorsehen (Ich weiß, dass das an einigen Standorten, vor allem im sozioökonomisch schwachen Einzugsgebieten, derzeit nicht der Fall ist.), aber die Vorgaben müssen nicht darüber hinausgehend erweitert werden.

    Bedingt durch die von dir aufgezeigten (sic!) "Problemfälle" hat deine Schulform in deinem Bundesland einen vergleichsweise schwierigen Stand, wenn es darum geht, Abiturienten (m/w/d) schmackhaft zu machen, ein Lehramtsstudium in diesem Bereich zu absolvieren. Das fachlich niedrigere Anspruchsniveau des zu vermittelnden Stoffes schreckt weniger ab als die Konfrontation mit Gewalt und Unterrichtsstörungen, daher muss in erster Linie hieran angesetzt werden. Vorher erscheinen die Rufe nach zusätzlichem Personal, selbst wenn es dieses gäbe, als nicht zielführend, da potentielles Personal (nachvollziehbarerweise) die Konfrontation mit Gewalt und Unterrichtsstörungen im beruflichen Kontext meiden möchte.

  • Milk&Sugar : OK, da hast du ein paar gute Punkte genannt. Differenzieren lässt sich auf verschiedene Arten und Weisen. Der Ansatz der Inklusion und der inneren Differenzierung, wie er die letzten 10 Jahre versucht wurde, stellte sich als nicht zielführend, auch unter ökonomischen Aspekten, heraus. Inwieweit Differenzierung hilft, aus der Makroebene heraus betrachtet das Bildungsniveau zu erhöhen, ohne dass die Kosten hierfür völlig ausufern, da bin ich mir ehrlicherweise unsicher. Zu Betreuung in Kitas kann ich zu wenig sagen, da ich hierzu zu weit weg bin ausgehend von meinen Zielgruppen. Beim Punkt "Schülerverwaltung" könnte die Etablierung des Ausbildungsberufs "Teaching assistant" helfen, sodass sich akademisch gebildete Lehrkräfte viel stärker als jetzt auf ihre eigentlichen Kernkompetenzen konzentrieren können.

  • Ich bin der Meinung, dass das vorhandene Personal reicht, aber effektiver arbeiten muss. Dadurch, dass wir bereits so viele Ressourcen in den Umgang mit Unterrichtsstörungen investieren, zeigt ja, dass der Ansatz schlichtweg nicht zielführend ist. Die Vermittlung von Unterrichtsstoff hat oberste Priorität und Unterrichtsstörungen gefährden dieses Vorhaben. Unterrichtsstörungen werden oft zu lang toleriert und da muss in den Klassenzimmern eine andere Mentalität her, nämlich "Handlung --- Konsequenz". Die Konsequenz muss als unangenehmer als die Teilnahme am Unterricht empfunden werden, dann ist auch der Anreiz, einen auf Clown und Entertainer zu machen, weg.

    Du meinst also, dass wir das Königlich-Preußisches General-Land-Schul-Reglement aus dem Jahre 1763 wieder einführen sollten?

    --> https://opendata.uni-halle.de/handle/1981185920/56624

  • Ich sage es nochmal: Ich bilde Menschen, keine Arbeitskräfte. Ich bilde sie im besten Fall zu mündigen und selbstbestimmten Bürger*innen. Mündige und selbstbestimmte Bürger*innen tragen allein aus einem Selbstverwirklichungstrieb etwas zur Gesellschaft bei.

    Ach ja, der ach so "mündige und selbstbestimmte Bürger" mal wieder!8)

  • ich bilde Menschen, keine Arbeitskräfte. Ich bilde sie im besten Fall zu mündigen und selbstbestimmten Bürger*innen. Mündige und selbstbestimmte Bürger*innen tragen allein aus einem Selbstverwirklichungstrieb etwas zur Gesellschaft bei.

    Doch, du bildest sehr wohl zukünftige Arbeitskräfte aus. Klingt, als wäre Arbeit etwas Schlechtes.

    Es ist zwar eine schöne Vorstellung, dass alle S*S später selbstbestimmt und - viel wichtiger nMn. - verantwortungsbewusst etwas zur Gesellschaft beitragen. Aber die Realität zeigt, dass der Selbstverwirklichungstrieb nicht immer dorthin führt, wohin er führen sollte, um dann tatsächlich ein selbstbestimmtes und der Gesellschaft dienliches Leben zu führen, sondern ganz woanders hin.

  • Die Vermittlung von Unterrichtsstoff hat oberste Priorität und Unterrichtsstörungen gefährden dieses Vorhaben. Unterrichtsstörungen werden oft zu lang toleriert und da muss in den Klassenzimmern eine andere Mentalität her, nämlich "Handlung --- Konsequenz".

    Wir kommen immer wieder auf diesen Punkt zurück, dysfunktionaler Unterricht aufgrund der sozialen Fußabtreterei. Auf Kosten der Psyche der Lehrer und (noch willigen) Schüler!

    Ich denke auch, dass man das o.g. Problem um ein paar Prozentpunkte absenken könnte, wenn sich die Einstellung in den Lehrerzimmern grundlegend ändern würde. Die Prioritäten müssen endlich wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Lehrer als Fachvermittler statt als sozialer Mülleimer.

    Mir immer noch zu viel Gutmenschentum und weinerliche soziale Sentimentalität in den Lehrerzimmern. Ich denke, Gen Z wird da nicht so recht mitspielen wollen.

    Muss erstmal ein System komplett vor die Wand fahren, bevor es sich grundlegend ändert?8)

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