Bildungskommunisten schaffen das Sitzenbleiben ab !

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Von den anderen, die sitzen geblieben sind, und denen es geschadet hat, erfahre ich dann wohl eher nicht 1:1, die scheitern dann halt so vor sich hin und sprechen die Ex-Lehrer eher nicht drauf an.


    Die Frage ist nur: lag das Scheitern/ geschadet haben am Sitzenbleiben? Wären die Schüler ohne Sitzenbleiben nicht gescheitert (oder erst recht)? Wäre es besser gewesen, dass sie, anstatt sitzenzubleiben direkt die Schulform gewechselt hätten? (Vielleicht, aber ist ein direktes "Oh, du bist falsch bei uns an der Schule" nicht etwas rabiat?)


    Ich denke, dass Wiederholen einer Klasse ist eine Möglichkeit, die dem Schüler helfen kann. Genauso wie Förderung helfen könnte (aber nicht hilft, da es sie im notwendigen Maße kaum gibt). Es ist allerdings kein Allheilmittel, ggf. sind die Schüler an der Schule einfach grundsätzlich überfordert, so dass auch ein Sitzenbleiben nicht helfen würde.


    kl. gr. frosch

  • Oder kurz gesagt: Unabhängig davon, ob das Sitzenbleibern den Sitzenbleibern nutzt, nutzt es denen, die sich anstrengen um nicht sitzen zu bleiben! Und diesen Effekt kann man schwer in eine Studie fassen.
    Ich glaube nicht, dass ein hochpubertierender Siebtklässler einschätzen kann, dass er Wissenslücken anhäuft, die ihn 3 Jahre später den Abschluss kosten könnten!


    Und noch ein Aspekt: Die (meisten) Sitzenbleiber bei uns in der Schule wiederholen, weil sie die Fördermöglichkeiten nicht angenommen haben / nicht annehmen wollten...

    • Offizieller Beitrag

    Z.B. hier: http://www.lehrerverband.de/ak…lsmannstudien_Dez_12.html


    Aufschlussreich ist alleine die Lektüre des wikipedia-Eintrags, besonders im Hinblick auf das explizit verfolgte Ziel der Politikberatung.


    Es gibt auch ein Sachbuch aus dem Campus-Verlag zum Thema aus dem Jahr 2010, die damalige Reaktion der Stiftung sprach Bände.


    Das kenne ich ja. Ich verstehe nur nicht was das inhaltlich mit den anderen 60 internationalen Studien zu tun hat oder der Bereitschaft, Hinweise darauf, dass Sitzenbeiben vielleicht doch nicht so effizient ist, wie erhofft, zumindest mal zu diskutieren.


    Argumente, wie die von Moebius und Frosch kann ich gut nachvollziehen. Ich habe auch keine dogmatische Ansicht zum Sitzenbleiben. Ich halte es für eine ziemlich drastische Maßnahme, deren Effizienz nicht erwiesen ist. Ich würde mir Altenativen wünschen, die weniger Zeit im Leben eines Schülers kosten und den "Erniedrigungsfaktor", also das gefühlte Versagen, weswegen sich die allermeisten Schüler mit Händen und Füßen gegen das Sitzenbleiben sträuben, umgehen könnten. Freiwilligkeit könnte ggf. ein Baustein sein - nach guter Beratung. Und bessere Förderung in kleineren Klassen natürlich auch, auch wenn der Spartrend nicht dahin geht. Das heißt ja nicht, dass man das deshalb nicht mehr fordern und dafür streiten darf.

  • Dass das tatsächliche Sitzenbleiben nur in wenigen Fällen wirklich etwas bringt, sehen ja die meisten Lehrer mehr oder weniger ähnlich. Die eigentliche Frage ist aber in meinen Augen: hat die Androhung der Nichtversetzung einen Einfluss. Beziehungsweise wie werden sich in Zukunft Schüler verhalten, die alleine aufgrund schlecher Arbeitshaltung Lücken aufbauen und die nicht mehr befürchten müssen, dass das irgendwelche mittelfristigen negativen Konsequenzen hat, weil sie ja trotz 7 mal "mangelhaft" im Zeugnis jahrelang durchgewunken werden und sie sich der Illusion hingeben, dass es ja völlig reicht sich dann im Abschlussjahr ein bischen anzustrenge, dann wird es mit dem Realschulabschluss oder dem Abi schon klappen.


    Wenn wir die Schüler nur durch die Androhung oder die Durchführung von Konsequenzen oder Sanktionen zum lernen motivieren können, sollten wir uns dann nicht erst einmal über Lehrinhalte, -methoden, -qualität etc. Gedanken machen, bevor wir über das Sitzenbleiben sprechen?

  • Was heißt denn da drohen - teilweise wäre es halt eine logische Konsequenz und kann auch eine Überzeugungsgrundlage sein. Einer meiner Schüler steht ansonsten befriedigend bis gut, allerding in einem Nebenfach auf 6 und zweimal auf 5. Damit würde er durchfallen. Begründung: Ich mag die Lehrer nicht und Facebook interessiert mich im Moment mehr. Jetzt steht halt "Vorrücken stark gefährdet" im Zwischenzeugnis und er ist sehr erschrocken. Ich bin sicher, bis zum Jahresende wird er das in Ordnung bringen. Ansonsten müsste ich ewig ausdiskutieren, dass Lehrer x, y und z auch gemocht werden müssen. ;)

  • Eines ist aber auch klar: Zusätzliche Gelder und Lehrerstunden, um jeden Problemfall individuell zu fördern, wird es nicht geben. Da kann die Politik noch so viel versprechen...


    "Sitzenbleiben" und Förderschulen haben eine Gemeinsamkeit:


    Sie wären überflüssig, wenn die "faulen S..." sich dazu bequemen würden, mehr indiviudell zu fördern bzw. zu inkludieren.


    Natürlich wird's dafür keine zusätzlichen Ressourcen geben, sehen wir ja gerade live und in Farbe bei der Inklusion.


    Womit auch die Schuldfrage geklärt wäre, wenn's wieder einmal nicht funktioniert: Nein, es werden nicht die Politiker und Bildungsexperten die Schuldigen sein, denn die haben's doch nur gut gemeint...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • (Ironie)


    Das mit den fehlenden finanziellen Ressourcen könnte ja evtl. in einer Vernetzung von Schulministerium und Jobcentern gelöst werden. Ressourcenverschiebung sozusagen.
    Wenn ein Großteil der Referendare nach der Ausbildung sowieso Hartz4 wird, könnten die als Billiglehrer (Ein-Euro-Jobniveau oder eine kreative, neue Bezeichnung) über die Jobcenter wieder zum Einsatz kommen mittels Zwangszuweisung.
    Dafür erhält das Schulministerium auch noch zusätzlich Fördergelder (für Qualifizierung der arbeitslosen Lehrer), die die Bundesagentur für Arbeit ausschüttet und hätte damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen:
    Gratis-Lehrer plus Zusatzgelder. :D


    (Ironie Ende)



    Ich persönlich halte von dem Abschaffen des Sitzenbleibens auch nicht viel. Wobei es natürlich vom Einzelfall abhängig ist und einer differenzierten Betrachtungsweise bedarf.
    Letzendlich bleibt diese Mehrarbeit auch noch an den Lehrern kleben.
    Da ich jahrelang mit den Waldorfschulen zu tun hatte, konnte man dort z.B. sehr gut erkennen, wohin das automatische Versetzen führen kann:
    Schüler der Klasse 10 konnte das kleine Einmaleins nicht.
    Schüler der Klasse 5 kann keine Uhr lesen.


    Aufgefallen war das niemandem.....

  • Mir ist aufgefallen, dass es Waldorfschüler gibt, die Medizin oder Management studieren - trotz automatischer Weiterversetzung.
    Wie gewichten wir nun die empirisch ermittelten Fakten in Bezug auf die Sinnhaftigkeit des Wiederholens?

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Mir ist aufgefallen, dass es Gymnasialschüler gibt, die nicht erfolgreich Medizin oder Management studieren - trotz andauernden "Nicht-Sitzenbleibens".
    Wie gewichten wir nun die empirisch ermittelten Fakten in Bezug auf die Sinnhaftigkeit des "Nicht-Sitzenbleibens"?


    Im Ernst:
    Meinetwegen kann man das Sitzenbleiben komplett abschaffen, wenn man den Schülern alternative Möglichkeiten zur Schließung von Wissenslücken anbietet und diese auskömmlich finanziert (i.W. zusätzliche Lehrerstunden bereitstellt).


    Aber gerade letzteres wird wohl nicht passieren, höchstens im Rahmen einer allgemeinen Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte oder über die bekannten Möglichkeiten der "versteckten" Arbeitszeiterhöhung über entsprechende Aufgabenzuweisungen per "Erlass" (ist ja am bequemsten für das KuMi und fällt auch am wenigsten auf, nicht einmal alle Kollegen und Kolleginnen erkennen so etwas).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Sitzen bleiben


    Dieses Thema hatten wir ja schon vor 2 Monaten auch ohne NDS-Wahl.
    Jeden Tag habe ich diese oberfrustrierten Dauernichtsitzenbleiber vor meiner Nase. Eigentlich drehen sie bald durch. Dass ihr Verhalten (Schlechtverhalten) einfach keine Konsequenzen hat verstehen sie selbst nicht richtig. Jetzt sind wir in Klasse 8. Die Kandidaten wissen eigentlich jetzt schon, dass sie ohne Abschluss gehen. Aber es gibt partout keinen richtigen Druck vielleicht doch was für die Schule zu tun.


    Zur Lernförderung: Hier gehen sie nicht hin. Machen meistens blau und fliegen deswegen auf Dauer raus. Nicht dass es keine Lernförderung gäbe!!! (Unsere Schule wirbt damit.)
    Aber sie wollen nix tun wenn sie es ja auch nicht müssen und es den Eltern egal ist. Denen kann NUR mit Einzelnachhilfe geholfen werden. DAS zahlt niemand.


    Und hier noch die Nicht Sitzen Bleiben Befürworter....
    Die keine Nicht Sitzen Bleiber kennen.

  • Zitat Meike :

    Zitat

    Ich finde es NICHt notwendig, es zu verteufeln, hysterische Ausbrüche zu kriegen, zu behaupten, alle Sizenbleibervertreter wären Bildungsnazis

    Bildungsnazis ? Na, was ist denn das schon wieder für ein bildungskommunistischer Kampfbegriff, geehrte Meike ?


    Zur Auffrischung und Weiterbildung hinsichtlich Pädagogikgeschichte : Die Nazis waren mitnichten Anhänger und Verfechter einer Bildung im Humboldtschen Sinn, so dass ihnen z.B. das traditionell humanistisch geprägte Gymnasium immer irgendwo suspekt vorkam und ideologisch nicht so recht in die Volksgemeinschaft passen wollte. Ihnen hat für die Volksdeutschen eher, im Sinne einer ideologischen Bildungsgleichschaltung, ein gleichmacherisches Schulsystem vorgeschwebt.


    Auch haben sie nicht unbedingt den konservativen lehrerzentrierten Unterricht favorisiert. Der Unterricht in den NAPOLAS hatte sehr ausgeprägte reformpädagogische Elemente, wie etliche Filmdokumente es zeigen.


    Dass sie das bisherige Schulsystem kaum umkrempeln konnten, lag daran, dass der Gefreite aus Braunau sowie seine Schergen ab dem 1. September 1939 (Ich hoffe, dass das historische Datum bekannt ist!) bis zum 8. Mai 1945 die Schulreform nicht mehr so sehr in den Mittelpunkt des Interesses mehr genommen haben. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    2 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Jetzt sind wir in Klasse 8. Die Kandidaten wissen eigentlich jetzt schon, dass sie ohne Abschluss gehen. Aber es gibt partout keinen richtigen Druck vielleicht doch was für die Schule zu tun.

    Warum sollte jemand, den es nicht stört, die Schule ohne Abschluss zu verlassen, sich von der Drohung des Sitzenbleibens erschrecken lassen?


    Pausi

  • Aber es gibt partout keinen richtigen Druck vielleicht doch was für die Schule zu tun.


    Ich muss noch einmal fragen: Wenn man Schüler anscheinend nur durch Druck zur Arbeit und zum Lernen motivieren kann - haben wir dann nicht ein viel grundsätzlicheres Problem?

  • Zitat

    „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“.

    Klingt ja gar nicht so ganz dolle schlimmm....?

    Ach. Warum hätte es denn schlimm klingen sollen?


    Um so mehr treibt mich natürlich die Frage um, wo Elternschreck sie denn entdeckt hat, die Leute, die für diese explizite Form individueller Förderung stehen. Wer sind denn nun die Bildungskommunisten? Kann sich der, der mit dem begriff hier aufschlägt auch dazu äußern? Oder ist es doch alles nur heiße Luft, was er ablässt?


    Pausi


  • Ich muss noch einmal fragen: Wenn man Schüler anscheinend nur durch Druck zur Arbeit und zum Lernen motivieren kann - haben wir dann nicht ein viel grundsätzlicheres Problem?


    Ein Problem hat man eher dann, wenn man jegliche Form von Druck kategorisch ablehnt, selbst bei Schülern, bei denen alle anderen Varianten schon gescheitert sind und selbst bei diesen sofort ob der armen gequälten Kinderseelen aufrscheit, wenn dann irgendwann am Ende des pädagogischen Maßnahmenkataloges auch mal tatsächlich spürbare negative Konsequenzen drohen.

  • Ich muss noch einmal fragen: Wenn man Schüler anscheinend nur durch Druck zur Arbeit und zum Lernen motivieren kann - haben wir dann nicht ein viel grundsätzlicheres Problem?


    Natürlich. Genau wie wir ein sehr grundsätzliches Problem haben, wenn die Leute z.B. partout keine Steuern zahlen wollen, wenn man sie nicht mit Gesetzen dazu animiert. Dieses Problem heißt umgangssprachlich "Menschliche Natur", und alle bisherigen Versuche, dieses Problem grundsätzlich anzugehen hatten mehr oder weniger katastrophale Ergebnisse.


    Insofern mag Druck nur die zweitbeste Lösung sein, aber in abgestimmtem Maß angewandt ist er durchaus brauchbar.

    --

    Keine Daten, keine Quellen? Kein Interesse.

  • Zudem erzeugt die Tatsache, dass man irgendwo drinsitzt, wo man nichts mehr peilt, wohl auch einen gewissen Druck, oder?


    Ich wäre absolut für variable Maßnahmen, z.B. hätte ich gerne die Möglichkeit, Schüler in zusätzliche Fördermaßnahmen, sprich Nachhilfe schicken zu können. Sitzenbleiben als Strafmaßnahme gefällt mir jetzt als Gedanke auch nicht. Manchmal ist es aber auch eine Chance.

  • Was macht man mit Schuelern, die partout keine Foerderung annehmen? Ich habe da ein paar (9.Kl. Mathe), die gehen in die schulinterne Foerderung einfach nicht hin.Sie haben sogar die Rueckendeckung durch die Eltern, da der Foerderunterricht ein freiwilliges Angebot unserer Schule ist. Was macht man mit den Schuelern? Durchschleifen?

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

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