Verantwortung bei Unfall in der Schule

  • Hallo meine Lieben,


    Ich bin ja recht frisch im Job und es ist passiert: Ich bin die erste Lehrerin, die ein Kind bei einem Unfall antrifft.
    Sichtbare Verletzung (hämatom und schürfwund) am Auge. es war kurz vor Ende der Pause, ich habe dem Schüler gebeten, die Wunde kurz zu reinigen und ihm ein Kühlkissen gegeben. Dann habe ich ihn dem Klassenleiter, der als nächstes Unterricht hatte, übergeben mit den Worten: “... hat sich ziemlich doll wehgetan, kannst du ihn dir bitte ansehen?“ in der letzten Stunde hatte ich den Schüler nochmal im Unterricht, abgesehen von der Schwellung keine Auffälligkeiten.
    Am nächsten Tag stehen die Eltern in der Schule: wie hätte ich den Jungen einfach im Unterricht behalten können und auch noch allein nach Hause gehen lassen dürfen? Er hätte sich neben der offensichtlichen Verletzung auch noch einen Zahn abgebrochen und andere Hämatome.
    Der KL kam dazu und hat sich der Eltern angenommen.
    Nach dem Gespräch kam er zu mir und sagte mir: “Wieso.hast du nichts in HA-Heft reingeschrieben, dann hätten sich die Eltern gar nicht beschwert?“
    Ich war richtig geschockt und fühle mich natürlich richtig schuldig, dass ich mich scheinbar nicht ausreichend um den Verletzten gekümmert habe.


    Ich hatte mich gar nicht in der Pflicht gesehen, den Unfall und die Maßnahmen einzutragen, da ich weder den Unfall gesehen, noch den Jungen begutachtet habe, sondern ihn direkt an den KL (Unfallbeauftragter an unserer Schule) übergeben habe.


    Ich war so überrumpelt, dass ich in der nächsten Stunde einmal kurz rausgehen musste, um mich erstmal wieder zu fangen, weil mir sogar die Tränen kamen.


    Wie seht ihr das?


    LG


    PS: Meine wichtigste Lehre daraus ist, dass ich bei Unfällen und Unwohlsein direkt die Eltern informiere... dann bin ich auf der sicheren Seite.

  • Ich würde das in der GLK besprechen - ab welchem Zustand sollen die Eltern informiert werden. das Ergebnis muss den eltern auf den Klassenpflegschaftsabenden mitgeteilt werden - wir rufen sie an wenn.... Eine weitere Möglichkeit ist, die Versogung einer zentralen Stelle zu übertragen - in vielen schulen dem Sekretariat. Dort sind auch Verbandmittel vorhanden, die Sekretärin entscheidet dann, ob die Eltern informiert werden - in allen Fällen. dafür gibt es auch spezielle Fortbildungen. Warum nicht zentralisieren?


    Eine Schürfwunde finde ich nicht schlimm, den abgebrochenen Zahn hätte man eventuell schneller versorgen müssen. Aber eine Medizinerin bist du ja nicht.
    Kleine Blessuren sind normal, ich möchte als Mutter dann angerufen werden, wenn ein Arztbesuch erforderlich ist - ansonsten nicht.


    Mach dir keinen Kopf, rede noch mal mit den Eltern, sag was Positives über das Kind (Beziehungsarbeit) und das du den Zustand nicht so massiv wahrgenommen hast.
    Und den Rest würde ich mit der ganzen Schule klären.


    Kopf hoch!

  • Das Verhalten deines Kollegen finde ich sehr komisch. Ich denke, es wäre seine Sache gewesen, die Eltern zu verständigen bzw. zu entscheiden, ob das nötig war, denn um genau das hast du ihn ja gebeten. Ein Satz ins Hausaufgabenheft finde ich in so einem Fall auch nicht ausreichend.


    Was du falsch gemacht haben sollst, weiß ich nicht, denn du hast dich an einen erfahrerenen und auch zuständigen Kollegen gewendet, der zudem Klassenlehrer ist.


    Nun ja, jetzt bist du um eine Erfahrung reicher. Mach dich nicht verrückt deshalb. Da wächst du schon rein.


  • PS: Meine wichtigste Lehre daraus ist, dass ich bei Unfällen und Unwohlsein direkt die Eltern informiere... dann bin ich auf der sicheren Seite.

    Mach das. Ich finde es auch schwer einzuschätzen, wann es Kindern wie geht. Oft quengeln sie über Übelkeit, Haarspitzenkatarrh und Zehweh, 5 min. später blödeln sie wieder herum. Manchmal führt aber plötzlich ein harmloser Umgang mit einem Allergen zu Atemnot oder der Aua-Finger entpuppt sich als Bruch des Mittelhandknochens. Wir können nicht reingucken :spritze:


    Habt ihr ein Unfallbuch, wo man sowas notieren kann? Wenn die Eltern zum Arzt gehen, will ja die Unfallkasse Genaueres wissen. Frag mal die Schulleitung nach Vorgehensweisen.


    Wenn du Aufsicht hast, macht es schon Sinn, das Kind im Sekretariat abzugeben, mit der Bitte, die Eltern anzurufen. Wenn du es an den Klassenlehrer übergibst und er nachher dir die Schuld zuschiebt würde ich gleich zurückfragen, warum er sich denn nicht selbst gekümmert hat, du warst ja dann wieder in deiner eigenen Klasse.


    Wenn Eltern nicht erreichbar sind, sollte man verletzte Kinder nicht unbedingt alleine heimschicken. Allerdings ist das halt Ermessenssache. Kommt aufs Alter und den Entwicklungsstand an. Und wegen einer Schürfwunde und nach 3 Stunden fröhlich-im-Unterricht-mitgemacht mache ich auch kein Aufhebens mehr. Beruhige die Eltern, dass du dich ganz vorbildlich um ihr armes Kindlein gekümmert hast, mit Pusten und allem und es für unterrichtstauglich befunden. Ansonsten muss das Kind halt sagen, wenns ihm schlecht geht. Dass der Zahn betroffen war, kannst du nicht wissen, wenns dir das Kind nicht sagt.

  • die Sekretärin entscheidet dann, ob die Eltern informiert werden - in allen Fällen. dafür gibt es auch spezielle Fortbildungen.

    Bei uns ist die Benachrichtigungsschwelle sehr niedrig. Alles, was über den kurzen Moment hinaus gleichbleibende (stärker werdende) Beschwerden verursacht, wird an die Eltern gemeldet und um Abholung gebeten. Sind die nicht erreichbar, bzw. es wird akut, wird der KTW gerufen, bzw. der nächstpraktizierende Allgemeinmediziner ins Haus telefoniert.


    Wir haben Kinder mit Epilepsie und Diabetes, die sind schulweit bekannt und da sind die Verfahren mit Eltern und behandelnden Ärzten abgesprochen. Aber wenn es sich um im allgemeinen gesunde Kinder handelt, wird nur dann länger genauer nachgehorcht, wenn die Tendenz zur Selbstentlassung schon vorher vorhanden war.


    Behandlungen beschränken sich auf Pflaster auflegen und Kühlakkus verteilen. Wunden auswaschen ist offiziell nicht. Selbst fürs Zeckenentfernen beim Waldwandertag holen wir vorher eine schriftliche Erlaubnis der Eltern ein. Unsere Sekretärin hat leider auch keine medizinische Ausbildung, um die Schwere eines Unfalls einzuschätzen.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Danke für eure Einschätzungen.
    Ich sehe das ganz ähnlich mit dem Eintrag ins Hausaufgabenheft, das wäre eigentlich nicht meine Sache gewesen.


    Aber nun gut, was anderes, als es hinnehmen wie es ist, kann ich nun auch nicht. :)


    Ich fühl mich jetzt auch schon besser, wenn ich nicht mehr das Gefühl habe, alles vermasselt zu haben :D

  • Bei uns wäre der Klassenlehrer verantwortlich.
    Ich selbst lasse immer die Eltern kontaktieren, wenn es sich um eine Kopfverletzung handelt. Das ist mir zu heikel.


    Bei uns gilt die merkwürdige Regel, dass wir Lehrkräfte nicht ohne Zustimmung der Schulleitung und vorheriger Begutachtung des Schülers durch eine Lehrkraft mit Sanitätsausbildung einen Notarzt rufen dürfen. Ich schaffe also ein stark blutendes Kind erst einmal hoch vors Lehrerzimmer und hole die Kollegin zeitraubend aus ihrem Unterricht, während mir das Kind verblutet. Hauptsache, ich habe mich an die Vorschriften gehalten.
    Und dann darf ich die unterlassene Hilfeleistung wahrscheinlich auch noch den Eltern erklären. :top: :autsch:

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Das Verhalten deines Kollegen finde ich sehr komisch. Ich denke, es wäre seine Sache gewesen, die Eltern zu verständigen bzw. zu entscheiden, ob das nötig war, denn um genau das hast du ihn ja gebeten. Ein Satz ins Hausaufgabenheft finde ich in so einem Fall auch nicht ausreichend.


    Was du falsch gemacht haben sollst, weiß ich nicht, denn du hast dich an einen erfahrerenen und auch zuständigen Kollegen gewendet, der zudem Klassenlehrer ist.


    Nun ja, jetzt bist du um eine Erfahrung reicher. Mach dich nicht verrückt deshalb. Da wächst du schon rein.

    Genau so sehe ich das auch, der Klassenlehrer hätte mehr machen müssen wenn, nicht du!


    Bei uns wäre der Klassenlehrer verantwortlich.
    Ich selbst lasse immer die Eltern kontaktieren, wenn es sich um eine Kopfverletzung handelt. Das ist mir zu heikel.

    Ist bei mir auch so.

  • Aus meiner Sicht hast du alles richtig gemacht.
    Erstversorgung und Weitergabe an den qualifizierteren Ansprechpartner an eurer Schule mit Bitte sich das nochmal anzusehen.
    Was kann man mehr verlangen. Du bist kein Arzt und kannst nur auf Grundlage deiner Einschätzung und der Äußerungen des Kindes handeln.


    Ich denke der Klassenlehrer versucht sich da nun billig herauszureden.

  • Ich finde es auch selbstverständlich, dass sich der Klassenlehrer weiter kümmert, schon allein aus Zeitgründen. Schließlich hattest du vermutlich anschließend auch noch Unterricht in einer anderen Klasse. Wärest du da zu spät gekommen, hättest du aufsichtstechnisch ja auch schon wieder ein Problem gehabt. Außerdem kennt der Klassenlehrer seine Schüler und kann sicherlich besser einschätzen, wie es dem Kind tatsächlich geht. Und offensichtlich hat ja dann er entschieden, ihn im Unterricht zu behalten und nicht du.


    Für mich auch klares "Verschulden" des KL und absolut unmögliches und unkollegiales Verhalten dir gegenüber.


    Was den Zahn angeht, wundere ich mich auch, dass das Kind nichts gesagt hat. Und kein Mensch würde in so einem Fall ohne Grund in den Mund gucken...

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    • Offizieller Beitrag

    Stimme vollkommen zu. Klassenlehrer ist verantwortlich und will sich rausreden.
    Bei uns ist erste Anlaufstelle ebenfalls das Sekretariat. Vor einigen Jahren gab es ein Kind, das eine Tischtenniskelle an den Kopf bekam, ihm ging es bis auf eine winzige Beule super - und die Erzieherin hatte eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung an der Backe, da später eine Gehirnerschütterung festgestellt wurde. Damals wurde bei jeder Kopfverletzung das Elternhaus informiert mit einer Aussage, wie es dem Kind geht und die Eltern mussten einschätzen, ob sie das Kind abholen oder nicht. Alle paar Jahre wurde die Belehrung diesbezüglich wiederholt, zwischendurch schliff es beachtlich - und zwar bei der Sekretärin.
    Das Problem ist, dass Kinder manchmal im Nachhinein eine Gehirnschwellung entwickeln können, weil die Knochen noch nicht so fest miteinander verwachsen sind wie bei Erwachsenen. Es kann dann passieren, dass in der Schule alles gut ist und ein paar Stunden später zu Hause kippt das Kind um, wird ohnmächtig etc. Dann ist es wichtig, dass die Eltern wissen, was los war oder gleich zum Arzt gehen.
    Jedenfalls sehe ich hier auch den Klassenleiter in der Pflicht.

  • Ja hatten wir auch schon.
    Problematisch ist ja alleine schon die telefonische Nachfrage bei den Eltern, wie man verfahren soll. Im Zweifelsfall kann man nicht beweisen, dass die Eltern am Telefon gesagt haben, dass das Kind bleiben soll etc... Schwierig..

  • Ich sehe das ganz ähnlich mit dem Eintrag ins Hausaufgabenheft, das wäre eigentlich nicht meine Sache gewesen.

    Ich würde mich als Mutter sowieso bedanken, wenn mein Kind verletzt nach Hause käme und im HA-Heft stünde "ihr Kind ist übrigens verletzt."


    Entweder, dem Kind gehts schlecht und man muss sich Sorgen machen, dass auf dem Heimweg aufgrund der Verletzung etwas passiert (wird bewusstlos...), dann will ich angerufen werden. Oder die Verletzung ist minimal, dann kann mir das Kind von seinem blauen Fleck selber erzählen. In beiden Fällen ist die Ha-Heft-Notiz sinnfrei bis seltsam.

  • Nein ich finde es gibt einen dritten Fall. Dem Kind geht es soweit gut, ich möchte aber, dass etwas im Auge behalten wird. "Ihr Kind klagte heute über starke Bauchschmerzen, bitte beobachten sie sie weiter."


    "Ihr Kind hatte heute einen Sturz, danach war wieder alles in Ordnung. Beobachten sie sie weiter und gehen sie ggf. zum Arzt.


    Das das Kind das am Abend zu Hause erzählt, darauf sollte man sich nicht verlassen.


    LG Anja

  • Ja, aber das Hausaufgabenheft hat ja keinen "amtlichen Stellenwert". Wenn ich will, dass die Eltern mit dem Kind zum Arzt gehen, rufe ich an. Hausaufgabenhefte verschwinden, werden nicht jeden Tag gesehen... Naja, wie auch immer, der KL im obigen Fall hätte jedenfalls selber diese Entscheidung treffen müssen, da sind sich alle einig ;)

  • Diese ständige Angst vor juristischen Konsequenzen macht mich fertig. "Die Erzieherin hatte eine Anzeige an der Backe" - ja und? Wenn ich möchte, hat jeder hier im Forum morgen eine völlig unbegründete "Anzeige an der Backe". Solange da juristisch nichts rumkommt im Sinne eines rechtskräftigen Urteils, ist eine Anzeige erst einmal sicher stressig aber mit Verlaub: scheißegal. Und hier mit einem Hirnödem zu kommen ist auch großes Kino. Hier mal von meinem Ausbilder aus dem Ersthilfekurs für Kinder: "Solange das Kind noch schreien kann ist die Verletzung noch im Rahmen. Wenn das Kind sehr plötzlich sehr schweigsam wird, dann müssen sie sich Sorgen machen"
    Und dann brauchst du auch keine Eltern, sondern einen RTW.


    Zum Erstbeitrag: Klarer Fehler der Klassenleitung, auch wenn man ein Kind mit Hämatom und herausgebrochenem Zahn auch direkt abholen hätte lassen sollen (auch komisch dass dem Kind das mit dem Zahn gar nicht aufgefallen ist)...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

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