Lehrer in der heutigen Zeit - würdet ihr es wieder studieren?

  • ...naja, wenn man Systembetreuer wird, ist das oft auch stressig ohne Ende, du bist ja in den Augen der meisten schuld, wenn die Beamer nicht funktionieren und du bist der Heinz, der das dann backen darf. Personalverantwortung haste als Seminarlehrer oder Fachbetreuer auch, und oft nicht zu knapp, Druck von oben ist sehr chefabhängig, Umzug meistens auch inbegriffen, um anderswo die gewünschte Funktionsstelle antreten zu können. Also so völlig gechillt auf eine der wenigen A15-Stellen kommt man eher nicht bzw. die Leute, die das packen, sind meiner Erfahrung nach eher die Leistungsträger, die eh schon von sich aus machen und tun.

    Ja klar sind das tendentiell eher die Leistungsträger. Die Vergleiche vom typischen Lehrergehalt A12/A13 nach oben in die Wirtschaft, die man hier im Forum häufig unter "Wir Lehrer verdienen ja so schlecht" liest, beziehen sich aber ebenfalls ausschließlich auf Positionen in solchen Ebenen. Auch ein A13 Sold in den mittleren bis hohen Erfahrungsstufen (-> keine Berufsanfänger mehr) entspricht vom Nettoeinkommen bei Angestellten zwischen 70k bis über 80k/Jahr. Das sind i.d.R. bestens ausgebildete Akademiker und oft bereits mit Positionen im unteren und mittleren Management verbunden. Führungspositionen in großen Schule werden, wie gingergirl bereits schrieb, entsprechend noch einmal besser dotiert bei überschaubar bleibendem Arbeitsaufwand. Das einzige, was ich persönlich wirklich unangemessen finde mit Blick auf den Umfang der Führungsaufgaben ist die Bezahlung von Schulleiterinnen und Schulleitern. Personalverantwortung für über 100 Personen wird in der Wirtschaft i.d.R. wirklich mit mehr als einem A16-Äquivalent vergütet (oder gar nur A14/A15 je nach Schulart und -größe).

  • [Das einzige, was ich persönlich wirklich unangemessen finde mit Blick auf den Umfang der Führungsaufgaben ist die Bezahlung von Schulleiterinnen und Schulleitern. Personalverantwortung für über 100 Personen wird in der Wirtschaft i.d.R. wirklich mit mehr als einem A16-Äquivalent vergütet (oder gar nur A14/A15 je nach Schulart und -größe).

    Da müsste man dann aber schon auch fragen, was "Personalverantwortung" in diesem Zusammenhang heißt. Wenn ein AN in der Wirtschaft Scheiße baut, hat der Vorgesetzte in der Regel ein größeres Problem als der Schulleiter, dessen Kollege das tut.

  • Ja, da bin ich bei dir. Wobei die Verantwortung von Schulleitern ja noch deutlich mehr umfasst als die reine Personalverantwortung, das gilt wiederum natürlich auch für viele Führungskräfte in der Wirtschaft. Ob man das wirklich gegeneinander vergleichen kann, vermag ich nicht zu beurteilen.

  • ernsthaft. das ist in bayern ganz normal.

    Und dann wundern sich die Bayern darüber, dass man in Deutschland den Kopf über sie schüttelt.


    "Bayerische Freiheit" - es ist eine spannende Sache, dass ausgerechnet die autoritärsten Gesellschaften sich im Glauben befinden, in der größten Freiheit zu leben...

  • Vorsicht, keckks: Haindling ist für Nichtbayern nicht ganz leicht nicht misszuverstehen.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Aus dem Freundes und Bekanntenkreis gibt es einige Bachelor Maschinenbau, die mit Mitte 30 die 120tsd Hürde reißen. Das sind keine Überflieger.

    Mit einem Bachelor in Maschinenbau in diese Gehaltsregionen zu gelangen ist seeeehr selten. Wenn deine Bekannte nicht gerade flunkern dann ist das zumindest nicht repräsentativ.
    Hier mal die aktuelle Gehaltstabelle in Bayern:
    https://www.igmetall.de/downlo…25904dff39ae90d825ea1.pdf
    103k sind bei einer 40 std. inkl. aller Zulagen das höchste der Gefühle außer man wird AT bezahlt. Mit einem Bachelor kommt man meistens nicht mal so hoch.
    Die meisten Ingenieure werden aber nicht nach IGM-Tarif bezahlt. Viele versuchen in so einem Betrieb Fuß zu fassen, die Bewerberzahlen sind aber enorm. Viele schaffen es dort über Zeitarbeit nicht hinaus.
    Ich weiß wovon ich spreche, ich habe schon bei einem bekannten Sportwagenhersteller bei Stuttgart gearbeitet und meine Ausbildung bei einem Zulieferer gemacht.


    Wie gesagt es ist nicht unmöglich, im Vertrieb kann man das auch mal mit einem Bachelor erreichen, das ist aber mit einem enormen Reiseaufwand verbunden. Das macht man auf Dauer nicht mit.

  • @Michael & al.
    Man kann diesen Knochenjob verfluchen und sich nach etwas anderem sehnen. Wenn man im Hormonsumpf watet, fernab jeder Supporteinrichtung, können Zweifel kommen, ob die Entscheidung für diese Tätigkeit richtig war.
    Vor meinem Lehrerdasein war ich in der Industrie tätig. "Meine" Firma wurde gerade aus der Insolvenz aufgekauft. "Meinen" Beruf gibt es heute nicht mehr - die technische Entwicklung hat ihn obsolet gemacht.
    Ich bin froh, da zu sein, wo ich bin. Staatsbeamter. Gehalt. Pension. Schutz & Fürsorge.
    Stress, ungehobelte Schüler, manchmal Ärger mit seltsam denkenden Eltern. Kolleg*innen oder Schulleitungen.
    OK. Gewisse Nebenwirkungen gibt's immer. In der Summe jedoch: Positiv.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich würde alles wieder genauso machen. 24 Stunden, A14 und äußerst geringer Korrektur- und Vorbereitungsaufwand. Liegt allerdings zum großen Teil auch an meinen Fächern und dass ich eben schon alles vorbereitet habe. Meine Kollegen mit Deutsch, Englisch oder viel Oberstufe haben natürlich einen erheblichen Mehraufwand. Daher Augen auf bei der Berufs- (und insbesondere Fächerwahl).

  • Wenn alle künftig die Augen auf machten, würde niemand mehr Sprachen als Fach studieren. Das löst aber das systemische Problem nicht.

    Natürlich nicht. Aber das ist auch nicht unsere Aufgabe, sondern die unserer Politiker.

  • nein. das hier ist eine demokratie. jeder ist aufgerufen, sich an problemlöseprozessen zu beteiligen. du bist bürger, nicht untertan. du sollst diese gesellschaft mitgestalten. aktiv. politische kultur, zivilgesellschaft... deine haltung klingt mehr nach dem, was man von fröhlichen "bürgern" in autoritären gesellschaften hört. was geht's mich an, das sollen die da oben regeln.

  • Das redest du dir vielleicht ein. In erster Linie bin ich mir selbst Rechenschaft schuldig und muss meine Berufs- bzw Fächerwahl so ausrichten, dass ich zufrieden bin und 40 Jahre durchhalte. Wenn du ehrlich bist, hast du dich auch daran (und vielleicht auch an den Fächern mit guten Zukunftschancen) orientiert. Oder hast du deine Fächerwahl am Allgemeinwohl orientiert? ;)

  • Nö. An Interessen, an der Prämisse, mir meinen Arbeitsplatz aussuchen zu können, und auch daran, welches SuS-Klientel ich in etwa will, und das hat geklappt. Finde übrigens nicht, dass "viel Oberstufe" gleichbedeutend sein muss mit "besonders viel Arbeit" - ich hab nämlich "viel Oberstufe" und bin da sehr entspannt... dieses Jahr nur neunte aufwärts, so in etwa darf das gerne bleiben... genau die Sorte mit denen ich gut arbeiten kann.



    Aber ansonsten hat keckks recht. Wundert mich aber nicht.
    Finde es vielmehr schlimm, wie der Name eines echten Genies hier besudelt wird...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • davinci, es geht nicht um deine ausführungen zur individuellen fächerwahl - die sind so unironisch klischeehaft, dass ich mich frage, ob du wirklich lehrer bist - sondern um deine aussage, die richtungsdiskussion und problemlöseprozesse der "politik" irgendwo da oben zuschreibt anstatt sich selbst dafür mitveranwortlich zu fühlen. das ist wie gesagt in einer demokratie eine imo problematische haltung, da sich hier untertanengeist zeigt. du bist aber bürger, kein untertan.

  • Das redest du dir vielleicht ein. In erster Linie bin ich mir selbst Rechenschaft schuldig und muss meine Berufs- bzw Fächerwahl so ausrichten, dass ich zufrieden bin und 40 Jahre durchhalte. Wenn du ehrlich bist, hast du dich auch daran (und vielleicht auch an den Fächern mit guten Zukunftschancen) orientiert. Oder hast du deine Fächerwahl am Allgemeinwohl orientiert? ;)

    Da ich (neben einer Sprache) Gesellschaftswissenschaften unterrichte: Ja, da hat durchaus auch der Aspekt etwas zur Mündigkeit beizutragen und damit einen Gemeinwohlbeitrag leisten zu können mit eine Rolle gespielt abgesehen von meinem simplen Interesse, meiner Begeisterung und meiner Leidenschaft für meine Fächer. Für mich waren weder Einstellungschancen noch künftige Aspekte von Korrekturen und Co. (die man sowieso erst realistisch einschätzen kann, wenn man sie selbst zu schultern hat) relevant. Einstellungsaspekte haben tatsächlich erst eine Rolle gespielt, als ich über eine weitere universitäre Laufbahn und Promotion nachgedacht habe gegenüber einem Ref (wobei auschlagggebend an dieser Stelle die Art der Arbeit und der Zielgruppe war und nicht Einstellungsaspekte).

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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