Keine Lehrer, keine Ausbildungsplätze - aber enorm viele Studienabbrecher

  • puntino


    Na weil du mit Gehältern über 75k € anfingst.


    Wenn ich schaue, was in dem einen Bereich maximal möglich ist, muss ich auch schauen, was dies in dem anderen ist.


    Und was die Sache mit dem Systemadmin angeht: Die verdienen nicht nur in größeren Unternehmen, sondern auch und vor allem bei staatlichen Institutionen gut Geld. Wenn da mal die Kacke am dampfen ist (Hackerangriff, Fehler wegen Bug in Update etc.), ist sie richtig am dampfen, ja. Aber das trifft eben nur äußerst selten zu.


    Überhaupt ist die ganze Diskussion (wie mir gerade einleuchtet) hier ziemlich sinnfrei.

    Denn was für Personen wird man wohl in einem Lehrerform aus dem Bereich IT (Quer-/Seiteneinsteiger) finden?

    Personen, die vorher mit ihrem Job zufrieden waren? Wohl kaum!

    Personen, die vorher stark gestresst und/oder unzufrieden waren? Ganz bestimmt!

    Werden die einem dann logischerweise sagen, es sei in der IT angenehm? Ganz sicher nicht!


    Das ganze ist somit absolut einseitig. Ich kenne Leute, die in der IT arbeiten und sehr zufrieden sind. Aber die werden dann und deshalb eben nicht Lehrer.

    Eigentlich ganz einfach.

    • Offizieller Beitrag

    Ich fand es in der IT angenehm. Wollte aber trotzdem in die Schule zurück.

    Wobei ich fairerweise dazu sagen muss, dass ich damals von 75.000 €Meilenweit entfernt war.


    A propos 75.000 €. Grob überschlagen bräuchte ich für das gleiche Nettoeinkommen, dass ich aktuell als Angestellter mit 75.000 € Brutto hätte, A13. Für viele Lehrer trifft das also zu. Leider nicht für alle. Man muss dafür also kein Schulleiter sein.

  • Na weil du mit Gehältern über 75k € anfingst.


    Wenn ich schaue, was in dem einen Bereich maximal möglich ist, muss ich auch schauen, was dies in dem anderen ist.

    Eine A13 Lehrkraft erreicht bereits im mittleren Alter (um die 35-40) Nettogehälter, für die man in der freien Wirtschaft 75k p.a. verdienen müsste. Soweit hergeholt war das also nicht von puntino.


    Edit: Frosch war schneller ;)

  • Inwiefern es dem Studium an fachwissenschaftlicher Tiefe mangelt, hängt sicherlich auch vom Fach ab. In Englisch sehe ich keinen wirklichen Unterschied zu den Kommilitonen, die nicht im Lehramt unterwegs waren - okay, die hatten die Didaktikveranstaltungen nicht und dafür halt in jedem Modul ein fachwissenschaftliches Seminar mehr, aber im Prinzip ist es auch völlig egal, ob ich 3 oder 4 Literaturseminare hatte. "Technisch" ist es immer das gleiche, nur der thematische Schwerpunkt unterscheidet sich halt. Hier fühle ich mich in keiner Weise schlechter ausgebildet als die "Voll"anglisten. Bei uns gab es auch übrigens sehr wohl Sprachpraxisprüfungen, mündlich wie auch schriftlich. Die Darstellung auf der vorletzten Seite erschreckt mich etwas.


    In Geographie - und hier wird es ja nun ein wenig naturwissenschaftlicher - sieht das anders aus und hier fehlt im Lehramtsprofil leider die gesamte Forschungsmethodik. Mehr als ein Statistikseminar und ein bisschen Kartieren sowie GIS auf sehr sehr (sehr!) rudimentärem Niveau war nicht Bestandteil der Ausbildung. Mich hat das immer geärgert, denn genau dieser Mangel erschwert den Ausstieg aus dem Lehramt und den Wechsel in ein fachbezogenes Berufsfeld. Auch halte ich es für durchaus wichtig, dass auch Lehrer "hinter" die Bücher schauen können und zumindest einen begrenzten Einblick in die Forschung erhalten. Hier bin ich nicht ansatzweise auf dem Ausbildungsstand eines reinen Fachwissenschaftlers und würde mir das auch nie anmaßen wollen.


    Sehe ich mich also gleichwertig ausgebildet wie ein vollstudierter Anglist und ziehe den Gehaltsvergleich zu dieser Absolventengruppe, stehe ich als Lehrer vermutlich verdammt gut dar. Mit Absolventen der Geowissenschaften kann ich fachlich nicht mithalten, aber auch hier wird tendenziell nicht mein Nettogehalt verdient.


    Anekdote aus dem IT Bereich: mein Ex war selbstständiger Softwareentwickler. Sehr gut verdient, den Winter regelmäßig in wärmeren Gefilden verbracht und 3 Monate überhaupt gar nicht gearbeitet, dafür aber das restliche Jahr durchgepowert. Gegen Ende zeichnete sich ab, dass das so allerdings auch nicht mehr funktionieren wird, denn der Markt ist so schnelllebig, dass man sich diese Auszeiten kaum erlauben kann. Zudem erwarten Kunden 24/7 Support, und zwar pronto. Mein Ding wäre es nicht gewesen und er hat dann auch irgendwann hingeschmissen und was komplett anderes gemacht. Als Backoffice-ITler in einem Großunternehmen sieht es vielleicht anders aus, aber ob man da die ganz dicken Gehälter einstreicht, ist eben auch fraglich. Mir erscheint, dass gerade die IT Branche in Bezug auf Gehälter und Arbeitsbedingungen sehr differenziert betrachtet werden muss.

  • Natürlich hat man die Zeit dafür. Das haben wir (meine Mitreferendare und ich) auch alle gemacht, das machen und auch diejenigen, die im Studium gar keine Didaktik und Pädagogik hatten, haben sich da eingearbeitet. Man muss die Kirche auch mal im Dorf lassen. Wir haben die ersten 3 Monate hospitiert und danach stufenweise mehr unterrichtet.

    Anscheinend hattest du ein lässiges Ref.

    Als ich ins Ref ging, gab es bei uns tatsächlich auch noch die 3monatige Phase ohne eigenverantwortlichen Unterricht. DAS war sehr schnell danach rum. Heute ist es so, dass die Referendare gleich zu Beginn theoretisch 6 Stunden eingenverantwortlichen Unterricht erteilen - mit allem, was dazu gehört (Differenzierung, Inklusion, Notengebung). Manchmal bekommen Schulen mit Lehrkräftemangel Referendare, dann haben diese gleich noch ein paar Stunden mehr, die sie allein absolvieren, da keine Lehrkraft frei ist, sie zu begleiten. Zudem beginnt man nicht mehr mitten im Jahr, sondern jeweils zum Halbjahr und hat auch gleich Verpflichtungen im Seminar und Unterrichtsbesuche.

    Die Ausgangsfrage war, wo die Menschen, die keine Didaktik oder Pädagogik im Studium hatten, ihr Wissen her bekommen.

    Wer im Studium nicht aufgepasst hat, sollte seine Prüfungen nicht bestehen können und nicht zum Ref zugelassen werden.

    Bleibt noch die Einarbeitung der Quer- und Seiteneinsteiger. Da gibt es Bundesländer, die vorab Kurse anbieten, andere lassen das.

    Letztlich ist es eine mangelhafte Ausbildung, wenn man z.B. zu Beginn des Refs den Unterschied zwischen Methodik und Didaktik nicht kennt oder keine grundlegende Planung erstellen kann.

    Es geht um die Anteile, die man als Lehramtsstudent im Studium hört.

    Bei uns war es nicht viel mit "hören" und "sitzen", das meiste waren Seminare und es brauchte aktive Mitarbeit.

    Auch der Praxisanteil war damals schon hoch, inzwischen ist er es an sehr vielen Unis, es ist sogar ein komplettes Semester hinzugekommen, in dem die Studierenden in die Schulen gehen, hospitieren, unterrichten und auch Besuche absolvieren.


    Es wir einfach immer weniger und unserer Referendare wissen immer weniger, können aber Vor- und Nachteile der Methode Gruppenpuzzle aufzählen.

    Dann haben sie ja offenbar mehr gelernt, als du erwartet hattest, und nicht weniger, kennen unterschiedliche Methoden und haben gelernt, diese entsprechend der Inhalte und Zielsetzungen auszuwählen.

    Mein Studium ist inzwischen zu lang her, als dass ich sagen könnte, dass ich mehr oder weniger in den Fachwissenschaften erlernt hätte, als die, die nun in die Schulen kommen. Auch ändern sich Lehre und Forschungsschwerpunkte, Neues kommt hinzu, das sollte doch gerade in den Naturwisschenschaften noch viel deutlicher sein, als in anderen Fächern, wo es nicht so offensichtlich ist.

    Ich stelle fest, dass sie sehr viel Rüstzeug mitbringen, sehr engagiert sind und das Team bereichern.

    Als BerufsanfängerInnen werden sie nicht alles können und wissen.

    Lehrer sind, zumindest grundsätzlich, keine Pädagogen.

    Nein? Was denn? Abgebrochene, unfertige Fachwissenschaftler?

    Warum kann man Lehramt nicht als interdisziplinären Studiengang anerkennen, in dem man unterschiedliche Wissenschaften miteinander verbindet?

    Warum muss man einen Nachteil suchen, wenn sich Studierende in mehrere Fachgebiete einarbeiten und dies in einem Beruf gewinnbringend zusammenführen?

  • Ich weiß nicht, ob sich in den letzten 15 Jahren so viel verändert hat, aber Pädagogik war bei mir wirklich der Teilbereich, den ich im Studium am wenigsten besucht habe bzw besuchen musste. Pro Semester waren das max 2 Scheine, im Vergleich zu den beiden Fächern war das viel weniger. Ich saß auch sehr selten mit "echten"/reinen Pädagogen in Vorlesungen und Seminaren, sondern es waren lehramtspezifische Kurse.


    Fachwissenschaftlich fühle ich mich in beiden Fächern wesentlich besser ausgebildet (und das ist mir persönlich auch wichtiger)

  • Als BerufsanfängerInnen werden sie nicht alles können und wissen.

    Selbst am Ende des Berufslebens wird man nicht alles können und wissen.

    Als ich ins Ref ging, gab es bei uns tatsächlich auch noch die 3monatige Phase ohne eigenverantwortlichen Unterricht. DAS war sehr schnell danach rum. Heute ist es so, dass die Referendare gleich zu Beginn theoretisch 6 Stunden eingenverantwortlichen Unterricht erteilen - mit allem, was dazu gehört (Differenzierung, Inklusion, Notengebung).

    Da sind die Bundesländer wieder unterschiedlich. In Hessen z.B. ist es noch so wie du es erlebt hast. Das fande ich auch gut.

    Bleibt noch die Einarbeitung der Quer- und Seiteneinsteiger. Da gibt es Bundesländer, die vorab Kurse anbieten, andere lassen das.

    Letztlich ist es eine mangelhafte Ausbildung, wenn man z.B. zu Beginn des Refs den Unterschied zwischen Methodik und Didaktik nicht kennt oder keine grundlegende Planung erstellen kann.

    Naja ob das nun eine mangelhafte Ausbildung ist weiß ich nicht. Ich hatte vorab keinen Kurs und habe den Unterschied zwischen Methodik und Didaktik relativ schnell selbst begriffen. Wie man eine Stundeplant, habe ich auch mehr oder weniger autodidaktisch gelernt. In Gesprächen mit anderen grundständigen Lehrämtlern kam raus, dass das was an der Uni an Didaktik und Unterrichtsplanung gemacht wurde nicht zu dem passt was das Studienseminar bzw. die Ausbilder forderten. Daher mussten die auch vieles neu lernen. Ich habe hier eher das Gefühl, dass diese ganzen pädagogischen Geschichten doch sehr arbiträr sind. Daher würde ich deine Aussage eher in Frage stellen.

  • Natürlich sind wir keine Pädagogen. Meine Schwester hat Pädagogik als Vollstudium absolviert und da kommen wir im Lehramt über die absolut basalen Grundlagen natürlich nicht hinaus. Müss(t)en wir aber auch gar nicht - wenn Schulen mit vernünftigen multiprofessionellen Teams ausgestattet wären, in denen dieser Bereich durch Fachkräfte abgedeckt wird. Ich sehe uns als Vermittler von Fachwissen, die im Zuge dessen aufgrund der Zielgruppe zwangweise auch pädagogisch einwirken. Aber wir sind weder Pädagogen noch ist unser Bildungsauftrag unter den gegebenen Rahmenbedingungen immer mit eigentlich pädagogisch verantwortungsvollem und sinnigem Handeln vereinbar.


    Grundlagen in Didaktik machen natürlich Sinn, hier sehe ich es allerdings auch so, dass das bis zum Eintritt ins Ref überwiegend totes Wissen ist, das im Studium selbst erstmal wenig Relevanz hat. Im Referendariat hat mir der Ordner mit dem Didaktikkram aus der Uni dann allerdings doch recht gute Dienste getan.

  • Natürlich sind wir keine Pädagogen.


    ... und zumindest einen begrenzten Einblick in die Forschung erhalten. Hier bin ich nicht ansatzweise auf dem Ausbildungsstand eines reinen Fachwissenschaftlers und würde mir das auch nie anmaßen wollen.

    Bisschen schade, was sind wir denn deiner Meinung nach?

    • Offizieller Beitrag

    Zumindest in der Grundschule und in der Förderschule ist man auf jeden Fall Pädagoge. (Ich Habe zwar kein Diplom in Pädagogik, aber es war der größte Einzelbereich in meinem Studium.)


    Ich würde allerdings Lehrer an weiterführenden Schulen jetzt nicht als Nicht-Pädagoge bezeichnen, aber wenn diese das selber machen, ist es wohl deren Erfahrung und Selbstwahrnehmung.


    Kl.gr.Frosch

  • Warum kann man Lehramt nicht als interdisziplinären Studiengang anerkennen, in dem man unterschiedliche Wissenschaften miteinander verbindet?

    Warum muss man einen Nachteil suchen, wenn sich Studierende in mehrere Fachgebiete einarbeiten und dies in einem Beruf gewinnbringend zusammenführen?

    Danke noch mal für diese Formulierung.


    Natürlich wird man immer was finden, was andere ausführlicher gelernt haben. Ich habe kürzlich Bauarbeitern dabei zugesehen, wie sie mit einem Schwerlastkran auf wenigen Quadratmetern gezirkelt haben, um Eisenträger zu platzieren. Irgendwer wird auch ausgerechnet haben, welche Träger man braucht und ob der Kran nicht zu schwer ist für diese Stelle. Irgendwer anders wird die Arbeit im Amt in Auftrag gegeben haben und diese Herren haben die körperliche und handwerkliche Arbeit vor Ort geleistet. Lehrer*innen forschen nicht, sondern haben eine zweigeteilt Ausbildung mit fachwissenschaftlichem Anteil und Praxisanteil, die jeweils mit Staatsprüfung abschließen. Sie sind "an der Front" aber eine Ausbildung allein tut es eben nicht.


    Wenn ihr euch das selbst immer schlechtreden müsst, wundert euch nicht, dass wir in der Öffentlichkeit eben genauso gesehen werden: Leute, bei denen es nicht für mehr gereicht hat und die besser verdienen, als es ihnen zusteht... Über jeden Artikel, der sowas verzapft wird sich aufgeregt, aber wenn es selbst viele Lehrer so sehen- traurig.


    Ob Ärzte auch zweifeln, ob sie genug wissen, auch wenn sie in einer Praxis arbeiten statt zu forschen? "Nehm' se Antibiotikum/Cortison und hier is ne Überweisung zum Facharzt" kommt einem nach 20 Dienstjahren sicher auch jämmerlich vor.

  • Für mich drängt sich bei der Gleichsetzung Lehrer = Pädagoge die ausserhalb der Physik gerne genommene Gleichsetzung Gewicht = Masse auf ;) Fachlich gesehen nicht korrekt, aber jeder benutzt es so. Vor allem die Medien, hier wird gerne von Pädagogen gesprochen, wenn eigentlich Lehrer gemeint sind. Ob aus Unwissenheit oder weil es den Journalisten egal ist, kann ich nicht sagen. Meine Theorie: Pädagoge klingt nett und ist als Begriff für Nichtexperten so vage, dass sich jeder darunter vorstellen kann, was er möchte.

  • Als ich ins Ref ging, gab es bei uns tatsächlich auch noch die 3monatige Phase ohne eigenverantwortlichen Unterricht. DAS war sehr schnell danach rum. Heute ist es so, dass die Referendare gleich zu Beginn theoretisch 6 Stunden eingenverantwortlichen Unterricht erteilen - mit allem, was dazu gehört (Differenzierung, Inklusion, Notengebung). Manchmal bekommen Schulen mit Lehrkräftemangel Referendare, dann haben diese gleich noch ein paar Stunden mehr, die sie allein absolvieren, da keine Lehrkraft frei ist, sie zu begleiten. Zudem beginnt man nicht mehr mitten im Jahr, sondern jeweils zum Halbjahr und hat auch gleich Verpflichtungen im Seminar und Unterrichtsbesuche.

    Das ist aber auch schulformabhängig. Bei uns an den BBS in Niedersachsen beginnt das Ref. noch immer zum 1. Mai und zum 1. November und die LiV haben weiterhin bis zum Beginn des nächsten Schul- bzw. Halbjahres keinen eigenverantwortlichen Unterricht.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Bisschen schade, was sind wir denn deiner Meinung nach?

    Lehrkräfte.


    Meine Berufsbezeichnung ist "Lehrer mit Lehramt für berufliche Schulen".

  • Anscheinend hattest du ein lässiges Ref.

    Als ich ins Ref ging, gab es bei uns tatsächlich auch noch die 3monatige Phase ohne eigenverantwortlichen Unterricht. DAS war sehr schnell danach rum. Heute ist es so, dass die Referendare gleich zu Beginn theoretisch 6 Stunden eingenverantwortlichen Unterricht erteilen - mit allem, was dazu gehört (Differenzierung, Inklusion, Notengebung). Manchmal bekommen Schulen mit Lehrkräftemangel Referendare, dann haben diese gleich noch ein paar Stunden mehr, die sie allein absolvieren, da keine Lehrkraft frei ist, sie zu begleiten. Zudem beginnt man nicht mehr mitten im Jahr, sondern jeweils zum Halbjahr und hat auch gleich Verpflichtungen im Seminar und Unterrichtsbesuche.

    Buhu, mein Ref war viel härter als deins? Wirklich?

    Ich verstehe noch immer nicht, über was genau du dich eigentlich aufregst.

    Grundlagen aus dem Studium sind im Ref hilfreich, klar. Aber die relevante Essenz aus 8 SWS Pädagogik und die Grundlagen der Fachdidaktiken nach am Anfang des Refs nachzuarbeiten ist auch kein Hexenwerk. Das macht das Ref noch anstrengender, aber ganz offensichtlich schaffen das ja zahlreiche Lehramtsanwärter irgendwie. Auch diejenigen, die quasi ohne Didaktikkenntnisse aus dem Lehramtsstudium kommen (entweder, weil sie als Quereinsteiger ohne Kurs kommen oder weil sie das Studium druch in der Didaktik geschlafen haben), können das schaffen.


    Da steckt überhaupt keine Entwertung der Kollegen an Grundschulen drin. Ich behaupte ja nicht, dass Didaktik und Pädagogik für die Tonne sind und die Fachwissenschaft das einzig Wahre ist. Natürlich sind Pädagogik und Didaktik sinnvoll. Das Wissen muss irgendwo herkommen, aber eben nicht zwingend aus Uni Seminaren sein. Gelernt, wie man praktisch Wissen an die Schüler bringt und wie wichtig soziale Gefüge sind, habe ich im Referendariat.


    Zitat

    Wer im Studium nicht aufgepasst hat, sollte seine Prüfungen nicht bestehen können und nicht zum Ref zugelassen werden.

    Das Examen hat mit dem Rest des Studiums nichts zu tun. In Hessen werden die Prüfungsthemen und Fragestellungen mit Dozenten individuell besprochen und müssen nicht mit der Schule zusammenhängen. In den Grundwissenschaften wurde ich zur Außenpolitik Chinas und das Politische System der BRD (Politik) sowie zur Leseförderung und Hattie Studie (in Pädagogik). Meine Prüfung im Fach Englisch war schriftlich ohne Didaktikanteile (Prüfungsthemen: Semantik und Syntax). In Informatik hatte die mündliche Prüfung tatsächlich Didaktik Anteile. Die bezogen sich aber nur auf die Einführung in die Didaktik der Informatik. Für jede Prüfung gabe es vorgegebene Texte, die einfach nur bearbeitet werden mussten. Da die Didaktik Einführung bei mir zum Examenszeitpunkt schon ein paar Jahre her war, habe ich mich eben hingesetzt und in ein paar Tagen noch mal einschlägige Literatur durchgearbeitet und die Veranstaltungsfolien angesehen. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon eigene Lerngruppen erfolgreich bespaßt hatte, musste ich eben die Veranstaltunginhalte noch mal auswendig lernen.

    Lange Rede kurzer Sinn: Solange man irgendwie durchs Studium kommt, und wenn es mit Bulimielernen ist, schafft man es auch ins Ref.


    Zitat

    Letztlich ist es eine mangelhafte Ausbildung, wenn man z.B. zu Beginn des Refs den Unterschied zwischen Methodik und Didaktik nicht kennt oder keine grundlegende Planung erstellen kann.

    Bei uns war es nicht viel mit "hören" und "sitzen", das meiste waren Seminare und es brauchte aktive Mitarbeit.

    Auch der Praxisanteil war damals schon hoch, inzwischen ist er es an sehr vielen Unis, es ist sogar ein komplettes Semester hinzugekommen, in dem die Studierenden in die Schulen gehen, hospitieren, unterrichten und auch Besuche absolvieren.

    Es ist auch mangelhafte Ausbildung, wenn ein aktueller Gymnasialrefi weder in der Schule noch im Studium Shakespeare gelesen, keine formalen Kenntnisse der Grammatik und keine Ahnung vom Brexit hat. Oder Informatikrefis zwar Java Projekte betreuen sollen, aber selbst im Studium nur ein bisschen Delphi gemacht haben und da auch nie so richtig ins Programmieren reingekommen sind. Oder Datenstrukturen erklären sollen, die sie selbst nicht verstanden haben. So ist das eben. Wenn man aus dem Studium kommt, hat man wenig Ahnung. Wo damals (tm) auch das Lehramtsstudium ein Fachstudium war, ist es jetzt ein Sammelsurium von Halbwissen und ein bisschen vor Klassen und Kommilitonen stehen und so tun, als sei man Lehrer. Das Ref ist dann trotzdem ein kaltes Wasserbecken, in das man geschubst wird, mittlerweile nur ohne die fachliche Sicherheit, dass man wenigstens inhaltlich weiß, von was man redet. Das ist noch eine Baustelle, die da unnötig aufgemacht wird.


    Zitat

    Dann haben sie ja offenbar mehr gelernt, als du erwartet hattest, und nicht weniger, kennen unterschiedliche Methoden und haben gelernt, diese entsprechend der Inhalte und Zielsetzungen auszuwählen.

    Nein. Die haben eine Liste von Vor- und Nachteilen auswendig gelernt und können diese auf Nachfrage nicht auf ihren Unterricht anwenden. Natürlich lernen die das. Gefühlt ist der überwiegende Teil der Lehrer, die am Ende des Refs rauskommen, durchaus brauchbar. Das lernt ein Refi aber auch, wenn er davon im Studium nichts gehört hat und sich dann im Ref ein Methodenbuch schnappt um seinen Unterricht zu machen. Das muss ja so oder so jeder. Auch die, die mal irgendwann Vor- und Nachteile auswendig gelernt haben.


    Zitat

    Mein Studium ist inzwischen zu lang her, als dass ich sagen könnte, dass ich mehr oder weniger in den Fachwissenschaften erlernt hätte, als die, die nun in die Schulen kommen. Auch ändern sich Lehre und Forschungsschwerpunkte, Neues kommt hinzu, das sollte doch gerade in den Naturwisschenschaften noch viel deutlicher sein, als in anderen Fächern, wo es nicht so offensichtlich ist.

    An den Grundlagen der Naturwissenschaften und der Informatik ändert sich nichts. Es wird alles irgendwie bunter und interaktiver, aber inhaltlich tut sich da nichts. In den Bereichen, in denen sich wirklich etwas ändert, arbeiten Lehrer nicht.

    Im Gegenteil ändert sich in Englisch ständig etwas. Und wenn es nur das Referenzland und die Referenzliteratur ist. Wobei sich auch kulturell und politisch im englischsprachigen Raum einiges tut.


    Zitat

    Ich stelle fest, dass sie sehr viel Rüstzeug mitbringen, sehr engagiert sind und das Team bereichern.

    Als BerufsanfängerInnen werden sie nicht alles können und wissen.

    Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass das Fachliche an der Grundschule die wenigsten Referendare überfordern sollte.


    Zitat

    Nein? Was denn? Abgebrochene, unfertige Fachwissenschaftler?

    Warum kann man Lehramt nicht als interdisziplinären Studiengang anerkennen, in dem man unterschiedliche Wissenschaften miteinander verbindet?

    Warum muss man einen Nachteil suchen, wenn sich Studierende in mehrere Fachgebiete einarbeiten und dies in einem Beruf gewinnbringend zusammenführen?

    Lehrer sind Lehrer. Komische Frage. Pädagogen sind Pädagogen, Informatiker sind Informatiker, Lehrer sind Lehrer.

    Zumindest aus der akademischen Perspektive, aus der wir da gerade drauf schauen.


    Ich bin schon länger für ein studienbegleitendes Referendariat. So ähnlich, wie bei Medizin Studenten (jaja, ich weiß, die haben kein Ref; aber die haben praktische Ausbildugnsanteile). Dann hätte das Sammelsurium an Halbwissen wenigstens direkte Bezüge zur Praxis.

  • Lehrkräfte.


    Meine Berufsbezeichnung ist "Lehrer mit Lehramt für berufliche Schulen".

    Ätsch, ich habe sogar ein Diplom: ich bin nicht nur Lehrerin an beruflichen Schulen sondern auch "Diplom Handelslehrerin" ;) ! Die Diplomurkunde bekamen wir damals noch nachträglich ausgehändigt.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wenn ihr euch das selbst immer schlechtreden müsst, wundert euch nicht, dass wir in der Öffentlichkeit eben genauso gesehen werden: Leute, bei denen es nicht für mehr gereicht hat und die besser verdienen, als es ihnen zusteht... Über jeden Artikel, der sowas verzapft wird sich aufgeregt, aber wenn es selbst viele Lehrer so sehen- traurig.

    Die Benennung von Tatsachen ist kein Schlechtreden. Es sagt auch niemand, dass es bei Lehrern nicht für mehr gereicht hat. Das Problem ist doch, dass sich Lehrer selbst gerne mit Fachwissenschaftlern vergleichen. Für die älteren ist das sicher noch ein angemessener Vergleich, für die Absolventen von heute nicht mal mehr im Ansatz.

    Lehrer sollten lieber lernen, sich als Lehrer zu verstehen und sich auch so zu präsentieren. Lehrer sind keine Pädagogen (den Primar- und Förderschulbereich vielleicht ausgenommen) und keine Fachwissenschaftler. Sie sind Lehrer. Warum müssen da zur Selbstdefinition ständig Vergleiche angestellt werden?

  • Ich lese dazu Folgendes:


    Zitat

    Allerdings gibt es auch Lehramtsfächer, in denen sich die Zahl der Studierenden unterwegs halbiert. Davon weiß Ingolf Schäfer zu erzählen, der als Lektor im Fach Mathematik an der Bremer Uni unterrichtet. Von rund 80 Studierenden, die Mathe auf Lehramt für Gymnasien und Oberschulen studieren, würden am Ende des Bachelors oft nur rund 40 bleiben, sagt er. Etwa 20 Personen würden das Fach wechseln, weitere 20 aus anderen Gründen nicht weitermachen. Ein Grund dafür ist seiner Einschätzung nach: Viele würden Mathe wählen, weil es ein Mangelfach sei. So würden zum Teil auch Leute Mathematik studieren, die keine besondere Affinität zu dem Fach haben oder selbst in der Schule schon leichte Schwierigkeiten in Mathe hatten. „Bei Mathe in der Schule geht es darum, eine konkrete Aufgabe zu lösen, im Studium geht es häufig um sehr abstrakte Verfahren zur Problemlösung“, erläutert Schäfer.


    https://www.weser-kurier.de/br…enheit-_arid,1869070.html



    Für mich ist "Pädagoge" keine Schmähbezeichnung, sondern ein Oberbegriff, zu dem z.B. Lehrer und auch Erzieher gleichberechtigt gehören.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass das Fachliche an der Grundschule die wenigsten Referendare überfordern sollte.

    Das denken viele... und dann stehen sie da mit ihrem Glück.

    Auch ist immer die Frage, was man denn als "das Fachliche an der Grundschule" bezeichnen möchte.


    Die Lehrkraft sollte fachliches Wissen hinsichtlich der Materie haben, diese aber auch - fachlich versiert - mit allen Schwierigkeiten, Entwicklungsverzögerungen und Störungen verbinden können.

    Ob die Planung und Umsetzung des Unterrichts dann allein ins Ref gehört, wäre zu diskutieren.

    Statt "das Fachliche" auf das zu begrenzen, was andere Berufe in ihrem Studium erlernen, gehört doch für eine Lehrkraft, die mehrere Fächer UND Pädagogik UND Psychologie (also Erziehungswissenschaften) studiert hat, letzteres ebenso zum "Fachlichen", da es ja Anteil am "Fachstudium Lehramt" hat.


    Lehn dich aus dem Fenster, Schmidt , ich stelle schon mal ein Rettungskissen darunter, damit du sanft landest, wenn du springst, weil du schon in Klasse 2 das Zahlverständnis und die Grundrechenarten nicht an die inklusive Mischung im Klassenraum vermitteln kannst, weil dir die Hintergründe fehlen.


    Da steckt überhaupt keine Entwertung der Kollegen an Grundschulen drin.

    Nein? Und wie viel Entwertung steckt darin, wenn man sich gegenseitig damit brüsten muss, wie viele Punkte man im Studium gesammelt hat,

    ... obwohl man dann selbst zugeben muss, dass man die nur abgesessen hat?

    Das Examen hat mit dem Rest des Studiums nichts zu tun.

    In Hessen werden die Prüfungsthemen und Fragestellungen mit Dozenten individuell besprochen und müssen nicht mit der Schule zusammenhängen.

    Und dann wunderst du dich, dass die Studierenden keine ausreichenden Inhalte erlernen?

    Bei der Aussage muss man gar nicht zum Seminar, da kann man auch gleich in der Sprechstunde die Themen und den Zeitpunkt der Prüfung vereinbaren.


    Es ist auch mangelhafte Ausbildung, wenn ein aktueller Gymnasialrefi weder in der Schule noch im Studium Shakespeare gelesen, keine formalen Kenntnisse der Grammatik und keine Ahnung vom Brexit hat.

    Ja. Ist es. Aber nach dem, was DU SELBST über Studium und Prüfung erzählst, nutzen die Studierenden das System nach DEINER Anleitung.

    Lange Rede kurzer Sinn: Solange man irgendwie durchs Studium kommt, und wenn es mit Bulimielernen ist, schafft man es auch ins Ref.

    Tatsächlich finde ich am erschütterndsten, dass du als Lehrkraft selbst eine solche Einstellung zum Lernen und Studieren - also zu Bildung hast ...

    ... und dazu selbst nicht bemerkst, wenn du dich tatsächlich doch mit schulischen Inhalten beschäftigt hast:

    In den Grundwissenschaften wurde ich zur Außenpolitik Chinas und das Politische System der BRD (Politik) sowie zur Leseförderung und Hattie Studie (in Pädagogik). Meine Prüfung im Fach Englisch war schriftlich ohne Didaktikanteile (Prüfungsthemen: Semantik und Syntax). In Informatik hatte die mündliche Prüfung tatsächlich Didaktik Anteile.

    Um nur eines davon herauszuheben: Ohne die ausgiebigen sprachwissenschaftlichen Anteile meines Studiums würde ich im Erstunterricht und im DaZ-Unterricht vieles gar nicht bemerken. Das gehört tatsächlich mit zum "Fachwissen der Lehrkraft".

    So ist das eben. Wenn man aus dem Studium kommt, hat man wenig Ahnung. Wo damals (tm) auch das Lehramtsstudium ein Fachstudium war, ist es jetzt ein Sammelsurium von Halbwissen und ein bisschen vor Klassen und Kommilitonen stehen und so tun, als sei man Lehrer.

    Das lernt ein Refi aber auch, wenn er davon im Studium nichts gehört hat und sich dann im Ref ein Methodenbuch schnappt um seinen Unterricht zu machen. Das muss ja so oder so jeder.

    Mit der Einstellung geht man in unseren Ausbildungsseminaren baden. Ich weiß nicht, wie man sich dann die Inhalte des Faches und der Methodik aneigenen will, für die andere 10 Semester benötigen, um im 2wöchigen Rhythmus Unterrichtsbesuche zu präsentieren, die Aufgaben aus den Seminarsitzungen zu bewältigen und von Beginn an inklusiven Unterricht mit sämtlicher Differenzierung in mehreren Lerngruppen hält, einschließlich Dokumentation der Fortschritte.

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