Sprache und Rassismus (ausgelagert aus "Toxische/rechte Atmosphäre...")

  • "depp" ist übrigens in bayern eine ziemlich freundliche bezeichnung, das sagt der trainer zu seinem sportler, der kumpel zu seinem besten freund, die braut zu ihrer brautjunger ("a geh her, du depp, was hastn da schoa wieda gmacht..."). ach, war trotzdem beleidigend? ja nun, so war es doch gar nicht gemeint...

    Wenn es nicht als Beleidigung gemeint war und ich aufgrund deines sonstigen Verhaltens annehmen kann, dass das nicht gelogen ist, dann muss ich akzeptieren, dass "Depp" eben so verwendet wird, mich entspannen und nicht ein Faß über diese schreckliche Beleidigung aufmachen.


    Sprache verändert sich. Zigeunerschnitzel ist heute kein rassistisches Wort, Mohrenkopf auch nicht.

  • sorry, aber wenn du nicht akzeptierst, dass du mit diesen begriffen rassistische praktiken weiterschreibst, sehe ich da wenig diskussiongrundlage. das ist wie nicht akzeptieren, dass regen nass macht. mag sein, dass man das aus der sicheren warte eines regenschirms (männlich, erwachsen, weiß, deutscher staatsbürger, vermutlich keine gravierenden behinderungen, hetero- also in vielfacher (!) hichsicht sehr privilegiert - zumal sich verschiedene formen des priviligertseins nicht nur aufaddieren sondern sich gegenseitig auch noch verstärken, wie umgekehrt bei diskriminierungseffekten ebenso, vgl. intersektionalität) so sagen kann. ist trotzdem falsch. dich macht der regen nicht nass, das stimmt. mehr aber auch nicht.

  • sorry, aber wenn du nicht akzeptierst, dass du mit diesen begriffen rassistische praktiken weiterschreibst, sehe ich da wenig diskussiongrundlage. das ist wie nicht akzeptieren, dass regen nass macht. mag sein, dass man das aus der sicheren warte eines regenschirms (männlich, erwachsen, weiß, deutscher staatsbürger, vermutlich keine gravierenden behinderungen, hetero- also in vielfacher (!) hichsicht sehr privilegiert - zumal sich verschiedene formen des priviligertseins nicht nur aufaddieren sondern sich gegenseitig auch noch verstärken, wie umgekehrt bei diskriminierungseffekten ebenso, vgl. intersektionalität) so sagen kann. ist trotzdem falsch. dich macht der regen nicht nass, das stimmt. mehr aber auch nicht.

    Wer sagt denn, dass ich das Wort verwende?
    Als ich Schnitzel für mich entdeckt habe, hießen die schon Paprikaschnitzel.


    Über das Wort Demokratie, muss auch mal dringend geredet werden. Ursprünglich und für sehr lange Zeit verstand man unter Demos nur (wohlhabende) Männer. Dass damit auch Frauen gemeint sind, ist, gemessen am Alter des Begriffs, eine sehr neue Entwicklung. Wird gerne vergessen, wie sexistisch der Begriff Demokratie doch ist. :D


    Ich bin übrigens nicht heterosexuell. ;)


    Dass ich Deutscher bin sieht man mir, wie gesagt, nicht unbedingt an (was im Pass steht ist ja im Alltag irrelevant).


    Was das aber nun mit dem Thema zu tun hat, sehe ich nicht. Wenn Frauen, Schwarze, Moslems, in konkreten Fällen kein Problem mit bestimmten Begriffen haben, wenn diese nicht rassistisch verwendet werden, wo ist dann das Problem? Ich darf meinen bereits erwähnten Freund auch Nigger nennen. Ist das jetzt auch rassistisch von mir?

  • oder halt einfach keine begriffe nutzen, die eine diskriminierende semantik transportieren,

    Diskriminierende Semantik kann frappierend leicht passieren, sogar in eigentlich positiv, zuwendend gemeintem Kontext. Zum Beispiel der Begriff "Nullsprachler", der ungewollt impliziert, dass nur ein Kind mit deutschen Sprachkenntnissen eine Sprache hat.


    Als ich den Begriff zum ersten Mal gehört habe, war ich deutlich irritiert!


    Das reproduziert aber letztlich eine lange westlich-abendländische Kulturtradition; als Äquivalent habe ich in der Sek I gelernt, dass die Geschichte dann begann, als Menschen Geschichte aufzuschreiben begonnen haben. Damit waren, so auch durch den Lehrer bestätigt, die Native Americans genau wie auch die Afrikaner bis in das 19. und 20. Jahrhundert hinein vorgeschichtlich und damit implizit minderen Kulturstandes gewesen.


    Das hat der Kollege damals völlig naiv und ohne jeden bösen Willen so gesagt. Ganz viel läuft einfach unbewusst.

  • https://www.ida-nrw.de/fileadm…ck/UEberblick022019_5.pdf


    Bin gerade beim Googeln über dieses Heft gestolpert und habe die ersten zwei Artikel überflogen. Finde ich ziemlich spannend und bedenkenswert.

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • ad mit rechten reden: meiner erfahrung nach sinnlos. ignorieren, isolieren, bei justiziablen fällen konsequentes eskalieren nach oben. im konkreten einzelfall immer und sofort deutliche gegenrede.

    Ich hoffe, das gilt für radikale/fundamentale Ecke, inklusive der religiösen Radikalen/Fundamentalisten und da bin ich auch ganz bei dir.



    sorry, aber wenn du nicht akzeptierst, dass du mit diesen begriffen rassistische praktiken weiterschreibst,...

    Warum kannst du nicht akzeptieren, dass diese Begriffe historisch gewachsen sind und dass sie (zumindest heute) eben keine rassistischen Beschreibungen sind. Ich denke auch nicht, dass in der Zeit seiner Entstehung mit dem Begriff "Mohrenkopf" dunkelhäutige Menschen herabgewürdigt werden sollten. Ich halte dass für eine Sprachkorrektur im Rahmen übertriebener politischer Korrektheit.
    Mit dem Begriff "Königsberger Klopse" werden auch ja keine Königsberger diskreditiert. Oder Mit dem begriff "Amerikaner" (für das Gebäck) und der begriff "Hot Dog" verstößt auch nicht gegen Tierrechte.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Nochmal: Ich kann mir kein Urteil anmaßen über Dinge, von denen ich nicht systematisch betroffen bin.
    Als Weißer kann ich leicht sagen, dass es doch nicht so schlimm ist, von Negerküssen zu sprechen - weil ich noch nie für meine Hautfarbe diskriminiert wurde.
    Als Hetero kann ich leicht sagen, dass es doch nicht so schlimm ist, wenn die Schüler den Begriff "schwul" für alles benutzen, was sie ablehnen - weil meine Sexualtiät immer akzeptiert wurde.
    Als Mann kann ich leicht sagen, dass es doch nicht so schlimm ist, wenn man in der Disco plump zum Geschlechtsverkehr aufgefordert wird - weil mir das als Mann nicht 7345 Mal pro Stunde passiert.
    Etc etc etc.
    Das hat auch nichts mit "ewig Betroffenen" etc. zu tun, sondern damit, einfach mal wirklich von einem Sachverhalt "betroffen" zu sein. So schwer ist das doch nicht.

  • ^ ^ Du kannst nicht als Betroffener sprechen, das stimmt. In letzter Zeit geht aber der gesellschaftliche Trend eher dahin, dass man sich schon fast entschuldigen muss, wenn man ein "alter, weißer Mann" ist - und das muss auch nicht sein, da diese Denkweise genauso diskriminierend ist. Von daher: Wahrscheinlich hilft es, nicht alles allzu ernst zu nehmen und einfach davon auszugehen, dass hinter einer Aussage keine böse Intention steckt.
    Meine Eltern sind noch zu einer Zeit aufgewachsen, in der Zigeunerschnitzel und co. normale Begriffe waren. Ihnen das jetzt zu verbieten, fände ich unverhältnismäßig. Da setze ich eher auf den natürlichen (und nicht politisch motivierten) historischen Sprachwandel, der zeigen wird, ob sich ein Begriff durchsetzen wird oder nicht. Meine Generation benutzt diese Begriffe schon weniger, vlt. wird die kommende Generation erst im Deutschbuch hiervon erfahren... Wir werden es sehen!

  • In letzter Zeit geht aber der gesellschaftliche Trend eher dahin, dass man sich schon fast entschuldigen muss, wenn man ein "alter, weißer Mann" ist

    Nein, dahin geht der Trend nicht. Das formulieren nur diejenigen gerne, die sich nicht damit auseinandersetzen wollen, wie sie durch gesellschaftliche Privilegien begünstigt sind.
    Nirgendwo habe ich gehört, dass "alte, weiße Männer" unter Generalverdacht gestellt werden. Ich habe als (mittelaltes) Mitglied dieser Gruppe noch keine Diskriminierung erfahren oder wurde irgendwie in Sippenhaft genommen.
    Was hingegen gefordert wird, ist dass man sich seine Privilegien bewusst macht und auch sieht, wo man diese Privilegien vielleicht völlig unbewusst und durch die gesellschaftlichen Verhältnisse angeleitet genutzt hat.
    Wenn man da ehrlich zu sich selbst ist, findet man so einiges - ohne dass man jemals aktiv oder gezielt rassistisch, sexistisch etc. gehandelt haben muss.


    Das Zitat oben ist nur ein Strohmann, um abzulenken und das kann ich nicht erstnehmen.

  • Das ist - vielleicht insbesondere in Deutschland - ein reichlich kompliziertes Thema.
    Die Artikel in dem von Jotto verlinkten Heft sind nicht nur lesenswert, die regen durchaus zum Nachdenken an.


    Ich habe mich jetzt die ganze Zeit gefragt... musst du jetzt jedes Wort auf die Goldwaage legen... nein, das kann nicht sein, denn dann kann ich nicht mehr kommunizieren. Es ist also mMn am wichtigsten, wer welchen Begriff in welcher Absicht und welchem Kontext verwendet. Denn die negative/beleidigende Konnotation, die ja heutzutage an manchen Begriffen schon generell festgemacht wird, beabsichtigt garantiert nicht jeder, der so ein Wort verwendet. Manche "Entschärfungen", die es ja gibt, halte ich für lächerlich. Glaubt es oder nicht, in den Neuauflagen von Pippi Langstrumpf darf ihr Papa nicht mehr "Negerkönig" sein. Als ich das als Kind gelesen und im Fernsehen gesehen habe, hat das keinen aufgeregt. Und es wurde auch nicht thematisiert. Himmel, mir wurde als Kind erklärt "in Afrika leben Neger, die sind schwarz." Ja und? Daran war aber nichts "schlimm", weil die negative Konnotation (also von wegen dass das minderwertige Menschen seien) war eben nicht dabei. Genauso gab es die Aussage "Chinesen sind gelb", was ja optisch mehr oder minder stimmt, und dass Asiaten "Schlitzaugen" haben, ist auch eine Tatsache (und dass diverse Asiaten die Europäer als "Langnasen" bezeichnen ist auch heute noch Tatsache, stimmt ja auch, im Vergleich zu deren eher flachen/kurzen Nasen).
    All das sind schlicht Feststellungen. Wenn da keine Konnotation bei ist, sehe ich das auch nicht als irgendwo verwerflich an. Problematisch wird es erst, wenn damit irgendwelche Eigenschaften automatisch asoziiert werden, die eben nicht "definitiv unabänderlich" so sind.


    Vor allem frage ich mich, wie stehe ich denn selber dazu da. Ich hab ja auch nen dreiviertel "Migrationshintergrund", wie das neudeutsch heißt. meine spanische Hälfte rekrutiert sich effektiv aus Gitanos, und das andere nicht "deutsche" Viertel war mal deutsch, konkret "böhmisch" und wäre nach heutigen Grenzen wohl tschechisch, mein Nachname hat eine slawische Endung, mein Vorname kommt in allen möglichen Sprachen vor, wobei meine Schreibweise die spanische ist. Und optisch? Ich könnte alles mögliche sein, dunkelbraune Haare, braune Augen, durchschnittlicher Teint, also weder besonders blass noch besonders dunkel. Also "irgendwas europäisches, wohl eher nicht nördlich". Sprachlich? Kommt drauf an was ich will dass jemand denkt. Ob ich vielleicht sogar bewusst akzentuiert spreche weil ich das will. Und wie positioniere ich mich da?
    Beleidigt mich ein "Zigeunerschnitzel"? Nein. Ich habe es so kennengelernt und finde solche Begriffe wie "Pusztaschnitzel" (hab ich echt schon gesehen) reichlich übertrieben pc. Wenn jemand einen Sinti, einen Roma, einen Tinker, Phuri Dae, Gitano, usw als "Zigeuner" bezeichnet... merkst du mMn am Tonfall, wie das gemeint ist. Hey, ist sicher nur ein Gadscho der es nicht besser weiß, oder?
    Wichtig wäre es vielleicht, den SuS mal zu erklären, wie der Begriff überhaupt entstanden ist, dann merken sie da zumindest, dass er eigentlich beleidigend gemeint war. "UmherZIEhende Ga(E)UNER", da ist der Stamm des Wortes zu suchen. Und wenn du dem Nazipack mal erklärst, wo diese Völker eigentlich her kommen (kleiner Tipp, es sind aus ethnologischer Sicht die Nachfahren der ursprünglichen "Aryer", geographische Herkunft grob das heutige Afghanistan, ja, die sind weit rumgekommen), bekommen die garantiert nen Herzinfarkt.
    Und, wie sollen sie nun genannt werden?
    Ich würd ja mal den Vornamen vorschlagen.


    Ebenso wenn mich zB jemand fragt "hast du eigentlich ausländische SuS" - ja sicher habe ich das. Ich habe kaum SuS ohne Migrationshintergrund. Nur sind das "Ausländer"? Die Mehrheit hat durchaus die deutsche Staatsangehörigkeit. Wenn die dann meine Kurse sehen würden... ob sie da überhaupt jemanden als "deutsch" einschätzen würden? Viele sicher nicht. Aber dafür höre ich auch irgendwelche abfälligen Bezeichnungen über diverse Bevölkerungsgruppen eben eher nicht in der Schule - weil es eben reichlich bunt ist. Da ist quasi von allem was dabei. Ich habe SuS gefühlt aus aller Welt, also aus Europa, Asien, Afrika, Nord- wie Südamerika... okay, ich glaub aus Australien war noch niemand, aber na und? Solange da niemand eine kleine "diskriminierte" Randgruppe bildet, ist das eigentllich eher unkompliziert. Und ja, das geht, mitten im Ruhrpott. Zumindest größtenteils.


    Irgendwelche respektlosen, beleidigenden Bezeichnungen bekomme ich eher am Rande im gesellschaftichen Umfeld mit. Da hörst du durchaus Begriffe wie "Ölaugen", "Kopftuchgeschwader", "Mamelukken", "Paselacken", "Kameltreiber", "Bimbos" oder die weit verbreiteten "Kanaken"... das neueste was ich gehört habe waren "TuBuRus" (Erklärung: Leute, die man nicht einordnen kann, entweder TUerken, BUlgaren oder RUssen, aber so oder so "als Nachbarn unerwünscht"). Und wieso werden solche Begriffe verwendet? IdR, weil sich der (meist nicht sonderlich gebildete) Verwender von diesen abgrenzen will - und das passiert auch bei noch engerer "Nachbarschaft", überlegt doch mal... wie oft habt ihr schon mal so was gehört wie
    - Froschfresser (Franzosen)
    - Kaasköppe (Niederländer)
    - Spaghettis, oder noch derber "Itacker" (Italiener),
    - Moccas (Marokkaner)
    - Smörebröds (diverse Skandinavier)
    - "Inselaffen" (Briten)
    ...
    (auffällig, wie oft sich da was auf (angenommene) häufige Ernährungsgewohnheiten bezieht...)
    ...oder sogar innerdeutsch...
    "Fischköppe", "Seppel", "Weißwürste", "Ossis/Wessis" - das ist doch Allgemeinsprech, oder? Manche regts auf, manche nicht, ob jemand damit beleidigen will oder nicht ist eine andere Frage, die Person will sich aber immer irgendwie dagegen abgrenzen. Warum - das ist unterschiedlich. Die Aussage "so bin ich nicht - die sind anders" steht immer dahinter. Nur in welchem Aspekt und aus welcher Motivation heraus diese Aussage gemacht wird, das ist wichtig. Und da bedarf es ggf Aufklärungsarbeit, vor allem da, wo schlicht ein Nicht-besser-Wissen herrscht. Wo mal besseres Kennenlernen angesagt wäre. Denn in den Medien werden fast immer nur die negativ auffälligen Exemplare aufgezeigt. Dass es auch genug andere gibt, die eben "nicht so" sind, das wird eben viel zu wenig vermittelt. Damit die "Masse" auch einmal begreift, dass es sicherlich unerwünschte/kriminelle/gesellschaftsunfähige Vertreter aller Bevölkerungsgruppen gibt, aber das am jeweiligen Individuum liegt, und nicht an deren Ethnie/Kultur/"Rasse" oder was auch immer. An der Sozialisation kann es durchaus liegen, aber daran kann man ja auch arbeiten.


    Also kommen wir mal zum Anfang zurück... darf ich jetzt "Neger" sagen? Oder lieber "Schwarze"? "Farbige"? "Afrikaner" ist uU ja falsch, die können auch anderswo herkommen, und "maximal pigmentierte Mitbürger" ist so sarkastisch pc, das muss ich nicht haben... "Dunkelhäutige" vielleicht? Vor nicht allzu langer Zeit kam mal die Frage aus meinem Dunstkreis "hast du eigentlich schwarze Schülerinnen in deiner AG?" "Ja, habe ich, mehrere." "Und, wie sehen die so aus?" "Ich finde die ziemlich hübsch." Damit war das Thema durch.
    Manchmal hilft es wirklich, aus solchen Situationenn einfach mal den "Druck" rauszunehmen. Entkompliziert vieles.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

    3 Mal editiert, zuletzt von Miss Jones ()

  • Nochmals zum "Zigeunerschnitzel":
    Sinti und Roma empfinden das Wort "Zigeuner" für sie beleidigend. Deshalb sollte man das schon in einer Kategorie wie die "Negerküsse" sehen. "Wiener" empfinden das Wort nicht als beleidigend, deshalb kann man das nicht vergleichen.


    Ich habe mir überlegt, wie früher das Wort "Zigeuner" benutzt wurde. Da gab es zwei Möglichkeiten:
    Man nannte Menschen, die unstet und etwas verwahrlost lebten, "Zigeuner".
    "Zigeuner" hatte auch noch eine positive Seite. Es stand für bunte, folkloristische Lagerromantik, wie es in Filmen oder bei einer Operette, ich glaube, die ist von Lehar, zum Ausdruck kam.
    Schlussendlich meinte man damit auch das fahrende Volk, das einem etwas unheimlich war, weil sie irgendetwas an der Haustüre verkauften.

  • Wenn "Betroffene" diesen Begriffen aisgesetzt sind und damit in konkreten Fall ein Problem haben, dann ist die Wahl eines anderen Begriffes sicher nicht falsch. Aber vorauseilender Gehorsam und die Ansichten grundsätzlich empörter "Inreressenvertreter" sind keine Grundlage für eine Verhaltensänderung.
    Ein schwarzer Freund hat sich auch mal darüber halb kaputt gelacht, dass sich einer seiner schwarzen Freunde rassistish beleidigt gefühlt hat, als er mit seiner 15cm kleineren, sehr weißen, sehr blonden Freundin Händchen haltend durch die Gegend gelaufen ist und das Paar häufig angeschaut (nicht angesprochen oder beleidigt) wurde. Dieses grundsätzliche Beleidigtsein und sich angegeriffen Fühlen ist wirklich anstrengend und eine geschickte Ablenkung von echten Problemen.


    Ich werde aufgrund meiner Optik (dunkle Haare, dunkle Augen, relativ starker, dunkler Bartwuchs) und meines Nachnamens (der nicht Schmidt lautet) auch öfter mal als Mensch mit Migrationshintergrund wahrgenommen. So what? Einfach mal entspannen.

    Weißer Mann, nicht-ausländischer Herkunft, verheiratet mit einer Frau, also zumindest nach außen hin Heteronormativität lebend, auch wenn dass deinem letzten Beitrag nach nicht zutreffend ist: Damit gehörst du nunmal zu verschiedenen Gruppen die über verdammt viel Macht und Einfluss in unserer Gesellschaft verfügen und besonders wenig Diskriminierung selbst erfahren in ihrem Alltag. Toleranz, Respekt, Verständnis und der Schutz von Minderheiten sollten aber nicht das eigene Erleben und den eigenen Alltag als Norm voraussetzen, sondern Betroffene von Diskriminierung als solche hören, sehen und nicht weiter entrechten, was damit anfängt, sie nicht in Anführungszeichen zu setzen, sondern ernst zu nehmen. "Einfach mal entspannen" schreibt sich bestimmt sehr nonchalant, wenn man selbst kaum oder keine Diskriminierung im Leben erfahren hat, zeugt aber von keinerlei Respekt für tatsächlich davon Betroffene, die u.a. von Menschen wie dir und mir ein weitergehendes Bewusstsein für die Achtung der Menschenwürde erwarten dürfen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Es gibt keine klare Grenze zwischen Rassismus und "Nicht-Rassismus", die Übergänge sind schleichend. Als Beispiel, es gibt viele Kolleginnen und Kollegen, die sich standhaft nicht in die Lage versetzen, nicht-deutsche Namen korrekt auszusprechen, obwohl man das in einigen Sprachen, wie Türkisch, sehr schnell, in anderen, wie Polnisch, ein bisschen weniger schnell lernen kann. Ich finde, da beginnt schon eine Missachtung, die einen ethnischen Einschlag hat.


    Hallo Meerschwein Nele,


    das mit den Namen finde ich problematisch. Die innere Einstellung eines Menschen an Äußerlichkeiten wie Namensmerkfähigkeiten bzw. verbalen/phonetischen Talenten festmachen zu wollen, führt uns vermutlich in den meisten Fällen aufs Glatteis.


    Das betrifft Dinge, die die wenigsten Menschen bewusst beeinflussen können. Und selbst wenn jemand aus Bequemlichkeit die korrekte Aussprache von schwierigen Namen nicht lernt, muss das keinesfalls bedeuten, dass das aus rassistischen Gründen geschieht.


    Die Rassismus-Keule wird ständig und überall ausgepackt, das ist ein bequemes Totschlagargument geworden. Mir wird ständig von SuS erzählt, Lehrer XY sei ein Rassist. Wenn ich dann nachfrage, läuft es in der Regel darauf hinaus, dass der Schüler schlecht bewertet wurde. Das funktioniert natürlich nur bei deutschen Lehrern.


    Sehr ungünstig bei dieser Entwicklung ist, dass das für echten Rassismus unempfindlicher macht. Der ist nämlich in der Regel nicht so vermeintlich einfach greifbar. Der lässt sich nicht an versprochenen Namen oder einem blöden Spruch im falschen Moment dingfest machen.


    Und nur Selbstabsicherung, falls man dieses Posting ganz humorlos rassistischen Umtrieben zurechnen sollte: Ich bin immun gegen diesen Vorwurf. Ich fliege einmal jährlich zum Familientreffen in die Türkei. :P


    der Buntflieger

  • fossi, ich wollte dich nicht beleidigen.


    bitte denk aber trotzdem nochmal über rassistische sprache nach und überlege auch nochmal (auch in bezug auf die pragmatik-inhalte deines englisch-studiums), ob wirklich du privat die semantik rassistischer ausdrücke loswerden kannst oder nicht. die welt wird kein deut besser und manche werden echt sehr verletzt und strukturell bestehende diskriminierungen bestimmter gruppen fortgesetzt, wenn man andere mit den von dir genannten ausdrücken belegt, nur weil irgendwer meint, es sei zuviel verlangt, die eigene ausdrucksweise zu überdenken. tatsachen gehen nicht weg, nur weil man sie nicht so meint. siehe den depp-ausdruck und die regen-metapher.


    fußnote: bitte vergleiche auch dein eigenes gefühl, das sich einstellte, nachdem ich dich (nicht mal intentional persönlich dich, eher so allgemein alle, die solche dinge sagen!) hier so betitelt hatte, mit dem möglichen gefühl einer nicht der mehrheits-gesellschaft entsprechenden person, wenn sie einmal mehr durch die von dir genannten ausdrücke beleidigt wird. auf dich hab ich jetzt extra mit einem post rücksicht genommen.

  • Wenn meine sus merken, dass ich ausspracheprobleme mit ihren Namen haben, gibt das meist ein kurzes Kichern und dann bieten die sus idR von sich aus einen alternativen Kosenamen an, der für deutsche sprechgewohnheiten einfacher ist. Ich versuche nach bestem Wissen und Gewissen die richtige Aussprache, aber das klappt nicht immer und ich würde deshalb auch Zuhause keine "Sprechübungen" machen. Meine sus sprechen meinen Namen auch ungefähr 100 mal am Tag ungewollt falsch aus, da hilft auch richtiges vorsagen nichts. Aber nie würde ich auf die Idee kommen, dass das mit mangelndem Respekt zusammenhängt. Genau wie meine sus sich nicht beleidigt fühlen, wenn ich einen Namen nicht muttersprachgetreu hinkriege. Wenn ein beidseitiger wertschätzender Umgang vorhanden ist, dann sind solche Probleme mMn absolut verzeihbar und fallen für mich nicht unter die Kategorie "Diskriminierung".

  • ich bemühe mich um korrekte aussprache schwieriger namen und verlege die aussprache-übungen i.a. in die erste stunde vor der klasse. hat einen gewissen unterhaltungswert.
    letztes jahr hat sich ein abiturient mit so einem namen beim bier nach der abifeier bedankt dafür, es habe ihm sehr gut getan, dass mal jemand wenigstens versucht, ihn da zu sehen. der hätte dir auf nachfrage sicher gesagt, es sei total egal,wie du das aussprichst, ist ja nur ein name, haha, wie lustig, vor allem als teenager.

  • Ich habe zunehmend das Gefühl, dass genau diejenigen, die sich am meisten über Rassismus empören, zugleich diejenigen sind, die am wenigsten mit anderen Kulturen in Berührung sind.


    Mir kommen manche Argumente doch sehr theoretisch-belehrend vor.


    Ist nur mein persönlicher Eindruck...

  • die am wenigsten mit anderen Kulturen in Berührung sind.

    Schulterzuck. Ich wohne seit über 10 Jahren in einer verrufenen Ecke der Dortmunder Nordstadt. Ist von bildungsbürgerlichen Doku-Machern, die sich gerne gruseln, "No-Go Area" genannt worden. Ist sie aber nicht.

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