Musik fachfremd unterrichten-kann absolut nicht singen!!!

  • Ich habe auch nicht Englisch studiert und in Mathe nur 1 Schein. Musik auch nicht, alles per Learningbydoing oder Fortbildungen. Sind wir so gewöhnt.


    Im Seminar, also im Ref.(in BY 2 Tage die Woche und zwei Jahre) da haben wir allerdings alle Fächer blockweise drangenommen. Da habe ich sehr viel gelernt.

    • Offizieller Beitrag

    1. Die Frage war/ist für mich eher, ob der Gesang für Grundschulen der relevante Teil der musikalischen Ausbildung an der Uni ist oder ob es andere Dinge, wie Musiktheorien, Didaktik und was weiß ich ist.


    2. Ist es wirklich so, dass kleine Kinder versuchen, die Stimme der singenden Lehrkraft nachzumachen?

    2. Ja. Und zwar ohne Vorsingen und Nachsingen. Die meisten Kinder passen die Stimme automatisch an und ohne es zu merken.

    1. Musik ist kein Fach, in dem es den einen Schwerpunkt oder den einen relevanten Teil der Ausbildung gibt - und zwar unabhängig von der Klassenstufe. Man muss sehr viele verschiedene Dinge lernen und können: Singen, klassischesKlavierspielen/Gitarrespielen, Liedbegleitung auf Klavier oder Gitarre, meist ein weiteres Instrument, Chorsingen, Chorleitung, Musikgeschichte, Musikdidaktik selbst Musikstücke schreiben und Begleitakkorde dazu finden, ggf. Tanzen, Stimmbildung, Sprechunterricht, experimentelle Musik, Orchesterleitung, Rhythmik... Ich hatte den Eindruck, auf noch mehr Hochzeiten zu tanzen als in Mathe, Deutsch oder Sachunterricht - wobei es auch in anderen Fächern und Lernbereichen nicht "den einen, an der Grundschule relevanten Teil" gibt.

  • Es ist doch auch sonst üblich, dass man fachfremd Unterricht übernehmen muss.

    Aber wenn es nun angesichts Corona zu kleinen Lehrerteams oder Klassenlehrerunterricht kommt, fällt der Unterricht eher ganz aus oder es gibt ein verkleinertes Angebot.


    Wenn man derzeit nicht singen soll und keine gemeinsamen Sprechstücke nutzen soll, fällt einiges raus.

    Da muss man dann schauen, was übrig und umsetzbar bleibt von den Vorgaben.

  • Naja, ich muss immer Sport geben. Ich hoffe, ich verderbe niemanden.

    Was meinst du, wozu man Sport studiert? Natürlich könnte man auch hier sagen, dass es reiche, mit Erstklässlern Spaß an der Bewegung zu haben. Aber das kann man ausdehnen, es reicht, ihnen was vorzulesen, sie sollen Spaß an Sprache kriegen. Und Zahlen bis 100 können wir doch alle...


    Ich weiß, dass wir oft nicht die Wahl haben, an der Förderschule ist es gezwungenermaßen noch schlimmer.

    Ich würde mich aber freuen, wenn nicht auch noch Primarstufenlehrerinnen damit Hausieren gingen, dass den Beruf jeder ausüben kann, der sich bewegen und ein Kinderlied summen kann.

  • Ich gebe dir hier Recht, @samu. Gerade vor Musik- und Sportunterricht habe ich definitiv Respekt, weswegen ich positiv überrascht bin, dass fachfremder Unterricht in diesen Fächern in der Praxis doch so gut funktioniert - Hochachtung vor den Kollegen. Und ja, bei euch in der Förderschule ist es noch einmal eine Spur härter, da ihr zumindest in meinem Bundesland nur ein Unterrichtsfach studiert, in anderen Fächern aber teilweise bis zur 10. Klasse unterrichten müsst. Fachfremdes Unterrichten ist ein notwendiges Übel im Bereich Grund-, Haupt- und Förderschullehramt und da bin ich ehrlich, manchmal muss man eben Mut zur Lücke beweisen ;) .

  • Ich habe mich ja lange vor dem Musikunterricht drücken können muss aber seit 3 Jahren ran. Ich habe 2 sehr gute Fortbildungen besucht und dort gelernt wie vielfältig Musikunterricht ist. Ich bin durchaus musikalisch (ok mit eingerosteter Singstimme), spiele aber kein Instrument und habe auch nie im Chor gesungen. Ich fühle mich total überfordert wenn ich vernünftigen Musikunterricht geben will (also nicht nur CD an und singt mal mit). Ich finde es z.B. unglaublich schwierig eine ganze Klasse mit Instrumenten zu koordinieren. Ich habe extra mit ganz einfachen Lieder angefangen - aber ich steh da echt wie der Ochs vorm Berg wenn ich da 24 1.Klässlern mehr oder weniger gleichzeitig sagen muss was sie machen sollen. Wenn ich in Musikzeitschriften lese verstehe ich ehrlich gesagt nur Bahnhof....


    Ich weiß ja nicht ob andere sich genauso doof anstellen wie ich - aber gerade Musikunterricht sollten doch besser Leute machen die mehr Ahnung haben.


    Sport habe ich mir fachfremd mit viel Freude angeeignet und unterrichte es gerne - egal welches Thema. Viele fachfremd unterrichtende Kolleginnen trauen sich z.B. Geräteturnen nicht zu. Ich mache das sehr sehr gerne. Wir hatten letztes Jahr einen Referendar mit Sport an der Schule und kamen aus dem Staunen nicht mehr raus was er aus den Kindern alles herausgeholt hat und vor allem welches Hintergrundwissen für den Sportunterricht doch sehr wichtig ist.


    Gerade an der Grundschule, wo man ja quasi alles außer Religion unterrichten soll (zumindest in BW), finde ich es absolut unsinnig, dass man nur 2-3 Fächer studiert und sich den Rest so nebenbei aneignen soll. Das funktioniert einfach nicht mit allen Fächern. Ich habe Kunst studiert und mir rollen sich die Fußnägel hoch, wenn ich Kolleginnen sehe die das ganze Schuljahr nur mit Vorlagen basteln.

  • Ich gebe ja nun seit Jahren fachfremd Musik, kann weder Klavier noch Gitarre spielen (wobei ich mir Klavier langsam aneigne, aber zur Begleitung geht das noch gar nicht, weil man da ja auch noch Kinder im Blick haben muss usw.), aber es geht alles. Die Instrumente klappen irgendwann, man muss sich nur trauen usw. Vorteil ist natürlich, dass ich Noten lesen kann, solche Dinge lernen bei mir auch schon die 1-3er, andere machen das nie vor der 4. Klasse.


    Eigentlich geht eben viel über Singen (und ja, Video und singt mit und das klappt zumeist) oder eben Tanzen usw. Jetzt wird das aber ja um vieles schwieriger. Die nächste Woche überbrücke ich damit, dass ich mit den Kindern draußen auf dem Hof singe zwei Tage und Donnerstag das ganze aufnehmen werde für die Einschüler und dann mal gucken, was kommt. Instrumente gibt es im Musikraum, die müssten aber immer desinfiziert werden (warum auch immer) und die Klasse durchs Schulhaus laufen, was auch nicht gewünscht ist, also mal schauen, wie das klappen soll.

  • Moin!


    Erst meine Erfahrungen: Ich habe auch in der GS fachfremd Musik unterrichtet, allerdings wurde ich zuvor gefragt, ob ich es mir zutraue.

    Ich habe mir damals erst mal viel Material angeschafft. Die ganzen Hefte von 20x45 Minuten Musikunterricht. Davon fand ich viele Stunde toll. Von den Musikkollegen habe ich auch viel Material erhalten, z.B. eine komplette Reihe zu "Peter und der Wolf". Dann habe ich mir viele Kindermusicals besorgt, welche eine Vollplayback Version beinhalten. Damit war man wochenlang beschäftigt und wir hatten daraufhin für jeden Anlass einen Programmpunkt. Besonders toll fand ich damals "Der Weihnachtsgast". Ich hatte jedoch auch traumhafte Verhältnisse mit einer Bühne und einer guten Anlage. Allerdings muss ich dazu sagen, ich habe immer mitgesungen.


    Anekdotisch/OT: Fachfremder Unterricht ist leider in Zeiten des Lehrermangels und auch schon davor sehr aktzeptiert. Finde ich teilweise okay, wenn die Personen wirklich in diesem Bereich gut vorgebildet sind. Ich habe mich zum Beispiel immer geweigert das Fach Englisch zu unterrichten.

    Leider habe ich bereits mehrere negative Beispiele erleben müssen. Einmal war es tatsächlich im Musikunterricht. Zwei Kolleginnen hatten eine Choreografie für ihren Kurs vorbereitet und zählten diesen fleißig im Takt bis 4 durch. So richtig wollte es nicht fluppen, sie kamen immer wieder durcheinander. Tja, lag wohl daran, dass das ausgewählte Lied ein 3/4 Takt war.

    Dann noch eine erschreckende Erfahrung: Wir wurden alle als Begleitperson zum Schwimmunterricht eingeplant. Der Rettungsschwimmerschein wurde uns jedoch erst während des laufenden Schuljahres angeboten. Ich machte diesen dann mit ein paar Kolleginnen. Was soll ich sagen? Die konnten nicht schwimmen. Es hätte höchstens fürs Seepferdchen gereicht und sie wurden nach kurzer Zeit gebeten, den Kurs abzubrechen. Sie begleiteten allerdings bereits seit Wochen unsichere Schwimmer ins Schwimmbad. Gruselig!

    Auch schon erlebt: In Klasse 5 kommt ein kompletter Kurs einer GS ins Schwimmbad und übt den Bein- und Armschlag gleichzeitig beim Brustschwimmen aus. Sie haben es so gelernt. Gleitphase? Braucht man anscheinend nicht. Da war ganz sicher auch kein Schwimmlehrer am Werk.

  • Was meinst du, wozu man Sport studiert? Natürlich könnte man auch hier sagen, dass es reiche, mit Erstklässlern Spaß an der Bewegung zu haben. Aber das kann man ausdehnen, es reicht, ihnen was vorzulesen, sie sollen Spaß an Sprache kriegen. Und Zahlen bis 100 können wir doch alle...


    Ich weiß, dass wir oft nicht die Wahl haben, an der Förderschule ist es gezwungenermaßen noch schlimmer.

    Ich würde mich aber freuen, wenn nicht auch noch Primarstufenlehrerinnen damit Hausieren gingen, dass den Beruf jeder ausüben kann, der sich bewegen und ein Kinderlied summen kann.

    Naja, auch wenn ich nicht Musik studiert habe, spiele ich immerhin mehrere Instrumente und Liedbegleitung ist mir sicher kein Fremdwort. Im Studium musste ich mich zwischen Kunst, Musik und Sport entscheiden und ich nahm Kunst, weil es mir genauso viel Spaß macht. Die Entscheidung zwischen Kunst und Musik fiel mir schwer. Ich kann auch nichts dafür, dass wir alles können müssen.

  • Gerade an der Grundschule, wo man ja quasi alles außer Religion unterrichten soll (zumindest in BW), finde ich es absolut unsinnig, dass man nur 2-3 Fächer studiert und sich den Rest so nebenbei aneignen soll. Das funktioniert einfach nicht mit allen Fächern. Ich habe Kunst studiert und mir rollen sich die Fußnägel hoch, wenn ich Kolleginnen sehe die das ganze Schuljahr nur mit Vorlagen basteln.

    Ich bin zwar jetzt in BW, habe aber in BY studiert, da sind es wenigstens 4 Fächer und in diesen fühle ich mich tatsächlich viel sicherer. Die unstudierten Fächer brauchen bei mir viel mehr Vorbereitung.

  • An den Schulen, wo fachfremd unterrichtet wird, sollte sich auf jeden Fall etwas im Studium bzw. in der Lehrerausbildung tun.

    Ich gehöre noch zu der auslaufenden Lehrergeneration, die ein Generalbitur haben. D.h., ich hatte bis zum Abitur fast alle Fächer und konnte nur in der Oberstufe das ein oder andere abwählen. Ich hatte noch kein Kurssystem, sondern wir wurden bis zur 13. Klasse im Klassenverband unterrichtet. Damals, als ich studierte, hieß es für den Grund und Hauptschulbereich: Man studierte zwar 2 Fächer fachwissenschaftlich, es wurde aber vorausgesetzt, dass man sich in die anderen Fächer aufgrund seiner Schulbildung einarbeiten kann. Das didaktische Handwerkszeug und die Unterrichtsplanung dazu bekam man an der PH. Zum größten Teil stimmte das für den Grund- und Hauptschulbereich auch, wenn es nicht gerade ein ganz schwieriges Fach war. Damals war es auch noch üblich, dass man erwartet hat, dass ein Gymnasiast privat ein Musikinstrument erlernt, was viele gemacht haben. Ich habe z.B. kein Sport studiert, aber Sportabitur und alle Schwimmabzeichen, die man so als Jugendlicher machen konnte. Mit Fortbildungen und entsprechender Literatur kann man dann den Sportunterricht in der Klasse fachfremd gut abdecken, wenngleich die Spezialisten dies sicher noch anders machen.

    Dadurch, dass das Abitur inzwischen doch spezieller ist, wirkt sich das für Lehrer auf das fachfremde Wissen aus. Über Deutsch und Mathematik werden die wenigsten in den unteren Stufen jammern - das sind Abiturfächer - aber ich finde es eine Zumutung, wenn jemand ein Fach unterrichten muss, das er als Schüler vielleicht höchstens einmal bis zur 9./10. Klasse gehabt hat.


    Da muss das Studium endlich einmal angepasst werden. Gerade in der Grundschule ist es von der Beziehung her wichtig, dass die Klassenlehrkraft einen breiten Fächerkanon abdeckt und das auch fachwissenschaftlich einigermaßen solide kann. Das Didaktische und Pädaogigsche lernt man ja auf jeden Fall im Grundschullehrerstudium, da finde ich, ist das Studium schon gut entwickelt.


    Solche Fehler, wie Jazzy schildert, dürfen nicht passieren. Ich habe das Gefühl, dass das mit zunehmender Spezialisierung beim Abitur zunimmt. Man sollte allerdings auch noch ein oder zwei Spezialfächer für die Fachwissenschaft studieren um u.a. ins fachwissenschaftliche Denken und Arbeiten hineinzukommen.

  • Es hilft, wenn man beim Singen eine Orientierung hat. Ich kann zwar ganz schlecht "solo" singen, aber zur Gitarrenbegleitung z.B. klappt’s ganz gut. Wenn Du kein Instrument spielst, kannst Du Dir vielleicht reine Instrumentalversionen zu den Liedern, die Du mit den Kindern singen möchtest/musst, besorgen.


    Darüber hinaus: Ein „Lagerfeuerdiplom" ist schnell erworben ... :top:

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Das "Lagerfeuerdiplom" ist aber halt auch nicht die Qualität der musikalischen Bildung, die auch für die GS wünschenswert wäre.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    • Offizieller Beitrag

    In der Musikpädagogik gibt es eigentlich keine "unmusikalischen" Menschen sondern nur "unmusische". Singen ist im Wesentlichen eine Frage der persönlichen Einstellung und des sich drauf Einlassens. Singen ist aber auch Selbstentblößung und macht einen offen für Angriffe und Kritik von außen - ganz unabhängig von der Schulform.

    Als ich als Mann meinen vokalpraktischen Kursen im Falsett ein zweigestrichenes gis glasklar aus dem Stand vorgesungen habe, haben die Teilnehmer mitunter gelacht. Nicht weil ich so schlecht war, sondern weil Selbstentäußerung eben mitunter mein Gegenüber verlegen macht.

    Übung macht hier in der Tat den Meister - das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Und Singen ist mitunter eine sehr effiziente Therapie für das eigene Selbstbewusstsein.

  • Das Hauptproblem beim Singen mit jüngeren Kindern (ich bin zwar Gymnasiallehrer, aber ich habe ja auch eigene Kinder und habe immer mal ein paar Singstunden im Kindergarten für Feste gemacht) ist, wie schon einmal erwähnt wurde, eine kindgerechte Tonhöhe.


    Das ist zwar individuell unterschiedlich, aber meist passt es für Kinder von d' bis d'' .


    Die meisten erwachsenen Frauen, die nicht im Chor o.ä. singen, fühlen sich wohl von g bis g', also eine Quinte tiefer. Das habe ich genau so im Kindergarten erlebt, die Erzieherin, die am besten singen konnte, sang in einer Tonart, in der die Kinder absolut nicht mitsingen konnten.


    Das Erschließen dieses Tonbereiches in ein paar Gesangsstunden würde ich also für sehr wichtig halten, wenn man fachfremd Musikunterricht machen muss / will.


    Das ist übrigens ein Tonbereich, den früher (50er Jahre) praktisch jeder singen konnte (Kirchenlieder, Volkslieder), heutzutage, da in den Familien kaum mehr gesungen wird, ist das leider was anderes.

  • Naja, auch wenn ich nicht Musik studiert habe, spiele ich immerhin mehrere Instrumente und Liedbegleitung ist mir sicher kein Fremdwort. Im Studium musste ich mich zwischen Kunst, Musik und Sport entscheiden und ich nahm Kunst, weil es mir genauso viel Spaß macht. Die Entscheidung zwischen Kunst und Musik fiel mir schwer. Ich kann auch nichts dafür, dass wir alles können müssen.

    Wer redet von "dafür können"? du meinst ironisch, dass du hoffentlich niemanden verdirbst, wenn du Sport unterrichtest. Ich sag mal so, mit falschen Situps hat man jahrelang "Nacken verdorben". Gerade im Sport gibt es so viel über Sicherheit und richtiges Üben zu wissen. Klar kann man auch "der Fuchs geht um" spielen, nur isses halt dann kein Sportunterricht, sondern gut bezahlte Beaufsichtigung. Genauso wie Englisch fachfremd keine guten Grundlagen legt, so ehrlich sollte man sein, finde ich, sonst zeichnest du ein Bild deines Berufes, dass suggeriert, ihn könnte jeder ausüben, der einen Ball oder Stück Kreide halten kann.

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