Was könnte man verbessern, damit man es nicht bereut, Lehrer/in geworden zu sein?

  • In einem thread, der jetzt geschlossen wurde, schrieb ich, dass ich nicht nochmals Lehrerin werden würde. Jemand fragte mich warum und da ich da nicht mehr antworten kann, dachte ich, dass es vllt. andere auch interessiert.


    Hier meine Antwort: Ich habe es nicht geschafft, dass meine work-life-balance stimmt. Der Lehrerberuf bestimmt zu sehr mein Leben. Ich kann nicht abschalten und oft merken die Adressaten gar nicht, dass man so viel gibt. Es ist ein undankbarer Job. Selten loben einen mal Eltern oder bedanken sich, hintenrum meckern können aber viele. Es geht so viel Energie drauf. Und in letzter Zeit verstehe ich die älteren Kollegen sehr, die in den letzten Arbeitsjahren nicht mehr so viel Motivation hatten. Das Arbeitspensum wird von der Allgemeinheit unterschätzt. Man gilt als faul und bequem, was überhaupt nicht stimmt.

    "Beim Lockdown hatten sie aber viel frei"....stimmt z. B. in meinem Fall in keinster Weise. Nach 40 anstrengenden Berufsjahren kommst du in meinem Fall auf 2500€ Pension, davon geht die PKV ab. Und auch nur, wenn du 40 Jahre durchgängig Vollzeit gearbeitet hast. Kommt immer auf die persönliche Situation an, ob das viel oder wenig ist, Aber sooo viel wie immer getan wird, ist es auch nicht. Ja, ich weiß, dass es anderen schlechter geht.

    Alles in allem denke ich, dass in den ganzen Jahren zu viel Kraft draufgeht, körperlich und psychisch - mehr als in vielen anderen Berufen.

  • Die Belastung und zeitweise sehr hoch, aber teilweise mangelns Organisation und Perfektionismus selbst verschuldet.


    Ich arbeite auch viel, aber wenn's mir zu viel wird, reduziere ich meine Ansprüche. Eine Klassenarbeit kann auch kürzer und leichter korrigierbar gestellt werden, Es kann ja auch eine Arbeit weniger als vorgeschrieben gestellt werden und bei Zusatzarbeiten darf auch Nein gesagt werden.


    Ich finde, wir haben einen fantastischen Beruf, der richtig viel Spaß machen kann.


    Wenn ich die normale Rente mit unserer Pension vergleiche, geht's uns sehr gut. Außerdem liegt's an uns, rechtzeitig privat vorzusorgen.

  • Wieso kannst du eine Arbeit weniger als vorgeschrieben schreiben??? Vorgeschrieben ist doch vorgeschrieben. Kontrolliert das bei euch keiner?


    Bei den Klassenarbeiten hat man nur in der Sek I Spielraum, in der Oberstufe ist das ja alles vorgegeben.

  • Mir hat der Beruf oft viel Spaß gemacht und oft hatte ich auch tolle Schüler, aber ich finde, dass ich zu wenig Zeit für meine eigene Familie hatte. Meine Kinder mussten schon früh "groß" sein - Helikoptermama zu sein ging bei mir nicht. Beispielsweise mussten sie schon in der ersten oder zweiten Klasse, wenn sie erst zur 2. Stunde hatten, alleine aus dem Haus und zur Schule gehen, weil niemand mehr da und auch ich schon weg war. Ich stellte den Wecker und wenn der klingelte, mussten sie Jacke und Ranzen anziehen, Tür zuziehen und ab in die Schule. Betreuung vor dem Unterricht gab es noch nicht. Einmal zog meine damals Siebenjährige die Tür zu und der Ranzen samt Schlüssel war noch im Haus. Sie musste ohne alles in die Schule. Zum Glück hat niemand das Jugendamt verständigt. Jetzt denke ich manchmal, ob das okay war, aber es ging oft nicht anders. Großeltern Fehlanzeige. Zu weit weg.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe es im Kern nicht bereut, Lehrer geworden zu sein. Meine Motivation war die Freude an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und das Vermitteln der Inhalte der Fächer, für die ich mich besonders interessierte.
    Ich habe zwischendurch zum Teil bereut, Lehrer geworden zu sein, weil ich unterschätzt hatte, wie einen dieser Beruf auffrisst und wie schwierig es ist, gegen die Mechanismen, die dafür verantwortlich sind, anzukämpfen.
    Der im direkten Vergleich zu anderen Berufen entscheidende Vorteil unseres Berufs ist, dass man seine eigenen Kinder aufwachsen sieht und verhältnismäßig viel Zeit für sie hat. Darüber hinaus sind Elternzeit, Teilzeit etc. im Vergleich zur freien Wirtschaft deutlich leichter möglich (- zumindest von der formalen Umsetzbarkeit her. Die tatsächliche Umsetzbarkeit vor Ort ist natürlich mitunter eine Katastrophe.)
    Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten oder in Zeiten der Rezession ist es für die Psychohygiene ein nicht zu unterschätzender Faktor, dass man sich um sein Einkommen nicht sorgen muss. Letzteres hat mich als Student nachhaltig geprägt, so dass ich auch heute noch immer sehr genau über meine Finanzen Bescheid weiß.

    Kommen wir nun zu den entscheidenden Aspekten:
    Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbelastung.

    Über beides ist in diesem Forum ja schon sehr, sehr viel geschrieben worden, daher versuche, das Ganze einmal stark zu verdichten und zu vereinfachen:

    In unserem Beruf sind wir faktisch selbst für unsere Arbeitszufriedenheit und unsere Arbeitsbelastung verantwortlich - weil es sonst niemand tut.
    Dies sorgt dann für eine Vielzahl an "Unwuchten", die sich in der Arbeit der KollegInnen zeigt - sowohl bei den Over- als auch bei den Underachievern.
    Und die beiden Faktoren Zufriedenheit und Belastung haben mir zunehmend und schleichend in den letzten 14 Jahren das Leben schwerer gemacht, bis ich zumindest temporär die Reißleine gezogen habe.
    Da, wo ich jetzt arbeite, sorgt man aktiv für mehr Arbeitszufriedenheit und für eine weitgehend begrenzte Arbeitsbelastung. (Ich bin selbst in "Stresszeiten" selten bei 50% des Belastungslevels des aktiven Schuldienstes.) Gleitzeit ist einfach geil! Manchmal denke ich darüber nach, alles daran zu setzen, dort zu bleiben.

    Noch kurz zur Arbeitszufriedenheit und Arbeitsbelastung:
    Wer nicht zufrieden ist oder zu belastet ist, der ist halt selbst schuld. Das ist die Botschaft des "Systems" und es ist die Botschaft, die man auch hier in diesem Forum lesen kann. Richtiger und weniger moralisierend wäre vermutlich: "Wer nicht zufrieden ist oder zu belastet ist, darf nicht darauf hoffen, dass dies von Außen geändert oder verbessert wird." Mit dieser Erkenntnis lässt es sich freilich auch nicht per se besser arbeiten. Aber man gibt sich auch nicht mehr irgendwelchen Illusionen hin.

    Ich weiß wohl, dass mich meine jetzige Tätigkeit langfristig nicht glücklich machen würde. Ich vermisse die Arbeit "an der Front", was die Arbeit mit den SchülerInnen angeht, vor allem im musikalischen Bereich. Was ich nicht brauche, sind die gesundheitlichen Einschränkungen, die ich im Zuge der 14 Jahre an der Front entwickelt habe. Was ich nicht brauche, ist "Verwaltungsonanie" (den Begriff habe ich in der Behörde das erste Mal gehört. Er steht für Verwaltungshandeln ob des Verwaltungshandelns). Was ich nicht brauche, ist ein System, das darauf abzielt, durch subtile Maßnahmen hinreichend Druck aufzubauen, dass das Kollegium noch mehr macht - sei es wegen der immer als gefährdet dargestellten Anmeldezahlen oder wegen der strahlenden Kinderaugen. Und wenn ich eins festgestellt habe, dann das: Die Kinderaugen strahlen auch ohne den ganzen Schnickschnack - bzw. sie strahlen auch trotz des Schnickschnacks nicht, wenn ich als Lehrerpersönlichkeit diese Augen nicht zum Strahlen bringe.

    Ich kann verstehen, wenn es Menschen gibt, die dem Beruf endgültig den Rücken kehren. Erschreckend daran ist, dass es niemanden im Schulsystem gibt, den das ernsthaft interessiert dergestalt, dass aktiv dagegen etwas unternommen wird.

  • Da ich das Thema sehr spannend finde, schreibe ich auch gerne was dazu.


    Seit ich ein Kind habe, merke ich, wieviel vorher möglich war und wie Zeitmanagement immer wichtiger wird. Und ja, es fällt jetzt auch viel hinten rüber. Mit voller Stelle an einer Grundschule ist es mir nicht möglich, jede Stunde gewissenhaft vorzubereiten, was mir konstant ein schlechtes Gewissen bereitet.

    Beihilfe und Arztrechnungen für meine Familie haben sich zum Nebenjob entwickelt. Jede laut Beihilfe "fehlerhafte" Rechnung ist wieder ein ToDo mehr auf dem Zettel. Hin und wieder flattern Mahnungen ins Haus, weil ich etwas noch nicht bezahlt hatte.

    Elternarbeit ist zunehmend aufwändiger, weil mehr Kinder besondere "Fähigkeiten" entwickeln - meistens im kampfsportlichen Bereich, oft im Sichselbstablenkungsbereich, manchmal angeblich im Hochbegabtenbereich. Hier sind viele Mails, viele Telefonate und viele Gesprächstermine von Nöten. Zwei mal Elternsprechtag im Jahr reicht nicht. Ich mache locker 10-15 Elterngespräche zusätzlich. Das meiste ist für die eigene Klasse, jedes Jahr kommen aber auch mehr Anfragen aus den Fachklassen (Englisch, Sport,...).


    Meine Lösung: Die Klassen müssen drastisch verkleinert werden. Das würde die Elternarbeit erleichtern, es reduziert die Korrekturen, es macht das Arbeiten in den Klassenräumen effizienter. Und vor allem bliebe endlich Zeit für die Kinder. Ich denke, es würden weniger "Verbleibe in der Schuleingangsphase" stattfinden ;) .

  • Hier meine Antwort: Ich habe es nicht geschafft, dass meine work-life-balance stimmt. Der Lehrerberuf bestimmt zu sehr mein Leben. Ich kann nicht abschalten und oft merken die Adressaten gar nicht, dass man so viel gibt. Es ist ein undankbarer Job. Selten loben einen mal Eltern oder bedanken sich, hintenrum meckern können aber viele. Es geht so viel Energie drauf. Und in letzter Zeit verstehe ich die älteren Kollegen sehr, die in den letzten Arbeitsjahren nicht mehr so viel Motivation hatten. Das Arbeitspensum wird von der Allgemeinheit unterschätzt. Man gilt als faul und bequem, was überhaupt nicht stimmt.

    Das sind sehr nachvollziehbare Punkte, die den Spaß am Beruf wirklich killen können. Der Ansatz, der für mich bislang funktioniert, ist ein Perspektivwechsel: Was kann ich für mich steuern, sodass der Beruf machbar bleibt und dauerhaft ausübbar ist?


    Dazu gehören für mich persönlich u.a. folgende Aspekte:


    -> Vorplanung der Arbeitszeit für die nächste(n) Woche(n) und möglichst konsequente Einhaltung. Damit verbunden ist die Beibehaltung von Hobbies und festen Zeiten für Familie usw.

    -> Sinnvolle Ablagestruktur von Daten (elektronisch/ als Print), um schnell Material für U-Vorbereitung, alte Tafelbilder usw. wiederzufinden. Führt zur Zeitminimierung.

    -> Nicht endlos über äußere Rahmenbedingungen beschweren. Das macht nur unzufrieden und ändert i.d.R. gar nichts. So müssen in Nds. z.B. nun einmal mind. 2 Fachkonferenzen und mind. 2 Gesamtkonferenzen im Jahr stattfinden. Beschweren kann man sich immer noch (aber an den richtigen Stellen), wenn das deutlich überschritten wird.

    -> Möglichst unabhängig machen von Eltern- und Schülerfeedback. Ich freue mich auch sehr, mal ein nettes Wort zu hören, was zum Glück öfter vorkommt. Ich ärgere mich auch über Gemecker, v.a. wenn es hinten herum erfolgt. Aber eigentlich ist mir weitgehend egal, was insbesondere Eltern von mir halten. Ob ich einen guten Job mache, können diese von außen kaum einschätzen, daher kann mir auch deren Eindruck egal sein.

    -> Mitarbeit im Bereich Schulentwicklung. Ja, das ist "zusätzliche" Arbeit. Arbeitet man an den für sich und die Schule passenden Stellen mit, kann das zum Erleben von Selbstwirksamkeit beitragen und die Berufszufriedenheit erhöhen.


    Wie gesagt: Das sind Dinge, die mir persönlich helfen. Das mag für andere ganz anders aussehen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe es im Kern nicht bereut, Lehrer geworden zu sein. Meine Motivation war die Freude an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und das Vermitteln der Inhalte der Fächer, für die ich mich besonders interessierte.
    Ich habe zwischendurch zum Teil bereut, Lehrer geworden zu sein, weil ich unterschätzt hatte, wie einen dieser Beruf auffrisst und wie schwierig es ist, gegen die Mechanismen, die dafür verantwortlich sind, anzukämpfen.
    [...]
    Ich weiß wohl, dass mich meine jetzige Tätigkeit langfristig nicht glücklich machen würde. Ich vermisse die Arbeit "an der Front", was die Arbeit mit den SchülerInnen angeht, [..]. Was ich nicht brauche, sind die gesundheitlichen Einschränkungen, die ich im Zuge der [14] Jahre an der Front entwickelt habe. Was ich nicht brauche, ist "[...]

    Weil ich Bolzbolds Beitrag nicht genug einrahmen könnte. Einfach das, was ich selbst gesagt hätte.
    Ich BIN Lehrerin. Vielleicht keine sehr gute, aber ganz sicher keine besonders schlechte. und das bin ich sehr gerne.
    Aber ...
    ICH habe die perfekte Persönlichkeit für meinen Dienstherr. Ich kann nicht nein sagen, interessiere mich ehrlich und leidenschaftlich für ziemlich alles, mische am liebstenan tausend Fronten mit (und ich glaube: auch tatsächlich real produktiv) und habe trotzdem keine Haifischzähne, setze naiv auf "wenn meine Arbeit gut ist, wird es gesehen und honoriert" und nicht auf "guckt mal, wie toll ich bin, gib mir A14 sonst mache ich nichts mehr".
    Leider / zum Glück (für den Dienstherr) habe ich keine Kinder und so ist es noch einfacher, jede einzelne Mail abends zu lesen, zu beantworten, und so weiter... und dass das nicht so gut ist, ist klar. Das "System" wird mir weder dafür danken, noch mich davor schützen..


    und trotzdem:
    Ich würde den Job wieder wählen. Jederzeit. Ich wünsche mir aber Abwechslung. Innerhalb der jeweiligen Stelle und innerhalb der Bindung am Land. Ich bin jeden Tag für die Verbeamtung dankbar, aber diese "ewige" Bindung ist einengend. Ich würde gerne eine andere Schule kennenlernen aber eventuell auch gerne zurück, ich würde gerne teils teils arbeiten, usw... Ja, so einfach ist es in der privaten Wirtschaft auch nicht, aber bei uns gar nicht bis kaum möglich. Aber ich weiß die Vorteile zu schätzen und nehme sie (noch) in Kauf. Wer weiß, vielleicht in 10 Jahren nicht mehr, aber bis dahin gucke ich, dass ich oft formulierte "Ratschläge" hier wie hier von Seph und Bolzbold weiter lebe.

  • oft merken die Adressaten gar nicht, dass man so viel gibt. Es ist ein undankbarer Job. Selten loben einen mal Eltern oder bedanken sich, hintenrum meckern können aber viele. Es geht so viel Energie drauf. Und in letzter Zeit verstehe ich die älteren Kollegen sehr, die in den letzten Arbeitsjahren nicht mehr so viel Motivation hatten. Das Arbeitspensum wird von der Allgemeinheit unterschätzt. Man gilt als faul und bequem, was überhaupt nicht stimmt.

    Ich kann total nachfühlen, was du meinst, genau das ärgert mich auch sehr (besonders dieses Jahr) und es kommt mir so vor, dass - egal, was nicht läuft in der Schule oder beim Kind, auch wenn wir überhaupt keinen Einfluss darauf haben - die Lehrer sind Schuld. Das ist mittlerweile so tief verankert bei den meisten, dass man es nicht mehr rausbekommt. Ich kann diese ganze polemische Hetze "Lehrer leben noch in der Steinzeit" - "Lehrer können nicht mal das Wort Computer buchstabieren" nicht mehr hören, da keiner weiß, dass ich im Klassenzimmer meiner einen Klasse seit 5 (!) Wochen keinen funktionierenden Computer habe. Ich und andere Lehrer haben das jetzt schon mehrfach gemeldet und es tut sich einfach nichts. Ich mache alles, was digital ist mit meinem eigenen Tablet und bin froh, dass wenigstens der Beamer geht. Und das ist nur ein Beispiel von vielen. Mittlerweile denke ich schon, wenn Eltern mal freundlich, wohlwollend und dankbar sind, ist das nur Masche. Ich glaube da schon kaum noch dran.

    Hinzu kommt, dass immer mehr nur noch auf die Noten geschielt wird, einen Abschluss mit einer 1 vor dem Komma muss es bitte sein, und zwar um jeden Preis. Eines meiner 1. Themen hier im Forum waren die Notendiskussionen und die überzogenen Erwartungen in der gymn. Oberstufe (das ging bis hin zu: "Ich hatte zwar vorher immer eher eine 4, aber jetzt möchte ich bitte mind. 10 Punkte und wenn die Frau Lehrerin mir weniger gibt, ist sie einfach viel zu streng und unfair!") und die Eltern machen mit. Ein paar haben gehetzt und sogar Lügen verbreitet, was ich angeblich gesagt haben soll über meine Notengebung (was nicht stimmte). Ich dachte erst, es liegt nur an diesem einen Jahrgang, aber es fängt schon wieder an und meine Kollegen im Parallelkurs bestätigen das teilweise. Dass viele Lehrer aufgeben und dann mitmachen, den SuS die Noten hinterherzuwerfen, nur damit sie keinen Ärger mit den Eltern bekommen, macht es natürlich nicht leichter. Dann steht man ständig als Buh-Mann bzw. -Frau da, obwohl man es eigentlich richtig macht.

    Obendrauf kommt dann noch, dass das Kerngeschäft des Lehrerberufs, nämlich der Unterricht mit allem Drum und Dran, oft wegen anderer angeblich wichtigen Aufgaben, in den Hintergrund tritt. Man wird oft dahingehend bewertet, wieviele außenunterrichtliches Engagement man vorzuweisen hat (Konzepte, Leitfäden erstellen, Veranstaltungen organisieren - bei denen dann wieder Unterricht ausfällt...), nicht dahingehend, dass die KuK sagen, wenn sie eine Klasse von Frau Lehrerin übernehmen: "Toll, dann weiß ich ja, dass sie bei dir was gelernt haben!"


    Das sind so die Dinge, die mich machmal an dem Beruf und an meiner Tätigkeit zweifeln lassen. Dennoch überwiegt derzeit noch das Gefühl, ich mache es richtig und gut so (meine Praktikantin hat neulich total geschwärmt von meinem Unterricht, das hat mich total gefreut!) und ich hoffe, dass es weiterhin so bleibt, denn im Grunde mache ich es immer noch sehr gern und sehe ja selbst, was die SuS nach 1 oder 2 Jahren bei mir gelernt haben und dass ich etwas rüberbringe, etwas erreiche.

  • Ich bereue bisher noch nicht, Lehrerin geworden zu sein. Ich fühle mich zwar seit Beginn sehr belastet, sehe aber auch die Früchte meiner Arbeit. Schüler und Eltern begegnen mir ganz überwiegend wertschätzend und bei den wenigen, die das nicht tun, muss ich es nicht persönlich nehmen.


    Ich habe in den letzten Jahren festgestellt, dass die Bedingungen im Kollegium und das Verhalten der Schulleitung eine sehr große Bedeutung für meine gefühlte Belastung haben. Mein Engagement hat merklich nachgelassen, seit wir eine neue Schulleitung haben, die sich für die Belange ihrer Kollegen nicht interessiert und durch ein ausgeprägtes Nichtleitungsverhalten dazu beiträgt, dass Bemühungen und Engagement ins Leere laufen, und ein hohes Maß an Mehrarbeit generiert wird. Die jungen KollegInnen, die in den letzten Jahren zahlreich eingestellt wurden, sind an einem Miteinander so wenig interessiert, dass wir älteren KollegInnen uns inzwischen fragen, ob wir von den Seminarfachleitern systematisch schlecht gemacht werden.


    Ich merke, dass mich das zunehmend in eine Dienst-nach-Vorschrift-Haltung treibt, die meinem Arbeitsethos nicht entspricht. Aber noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich die Situation irgendwann wieder bessert.

  • Zur Ausgangsfrage: Bürokratie abbauen. Für jeden Mist gibts es Formulare. Als ich mal USB-Kabel bestellen wollte musste ich tatsächlich einen Antrag stellen, damit ich einen Antrag für die Kabel stellen konnte. Warum das so ist, konnte mir auch keiner sagen. Wurde halt schon immer so gemacht. Anderes Beispiel wäre die Mehrarbeitsabrechnung (NRW). Warum muss ich das nochmal beantragen? Meine Vertretungsstunden liegen doch vor, da könnte man doch einfach den Mehrbetrag auszahlen.


    Ansonsten fühle ich mich in dem Job ganz wohl und weiß v.a. die gute Work-Life-Balance zu schätzen.

  • Anderes Beispiel wäre die Mehrarbeitsabrechnung (NRW). Warum muss ich das nochmal beantragen? Meine Vertretungsstunden liegen doch vor, da könnte man doch einfach den Mehrbetrag auszahlen.

    DAS ist doch wohl klar ... (Honi soit qui mal y pense. :rolleyes:)

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Anderes Beispiel wäre die Mehrarbeitsabrechnung (NRW). Warum muss ich das nochmal beantragen? Meine Vertretungsstunden liegen doch vor, da könnte man doch einfach den Mehrbetrag auszahlen.

    Vielleicht weil der Regelfall - wie in der Wirtschaft meistens auch - das Abbummeln von Mehrarbeit anstatt der Auszahlung dieser ist? *grübel*

  • -> Möglichst unabhängig machen von Eltern- und Schülerfeedback. Ich freue mich auch sehr, mal ein nettes Wort zu hören, was zum Glück öfter vorkommt. Ich ärgere mich auch über Gemecker, v.a. wenn es hinten herum erfolgt. Aber eigentlich ist mir weitgehend egal, was insbesondere Eltern von mir halten. Ob ich einen guten Job mache, können diese von außen kaum einschätzen, daher kann mir auch deren Eindruck egal sein.

    Und wer kann es beurteilen? Machst du dich generell vom Urteil anderer frei? Wenn auch die Schulleitung nie ein "danke sehr" oder "gut so" übrig hat, die Schüler sowieso nicht, die Eltern sich allenfalls beschweren, woraus ziehst du deine Erfolge? Wir stellen nichts her, wir schreiben keine schwarzen Zahlen, kein Projekt wird honoriert, wir steigen nicht auf, es gibt keinen Titel. Wir arbeiten in einem sozialen Beruf, indem der Erfolg nicht messbar ist. Im Schnitt hat man einige Konflikte, negative Rückmeldung oder gar keine Resonanz aber nie positive Rückmeldung. Denn der eigentliche Erfolg (Kind hat was gelernt) ist natürlich auch nicht der unsrige, denn Kind a lernt und versteht halt und Kind b wird nie einen Schulabschluss schaffen. Jedenfalls wird nie jemand sagen "toll, wie Sie (fachfremd) Geschichte vermitteln, mein Kind hat etwas über die Neandertaler oder unsere Demokratie gelernt."


    Vielleicht kann sich der eine oder andere komplett frei machen von messbaren Erfolgen, mir scheint das eher die Ausnahme zu sein.

  • Ich bereue es bisher nicht, das liegt aber auch daran, dass ich eine Schulform ohne Eltern, Aufsichten, Klassenfahrten oder großartige Erziehungsarbeit gewählt habe. An einem Regelgymnasium mit Sek 1 Einsatz, möglicherweise Klassenleitung in der 5 und so Späßen, wäre ich nicht glücklich geworden.


    Ich würde nicht noch einmal Lehramt studieren, aber meine aktuelle Stelle am Weiterbildungskolleg ist ein Traum. Diesen Traum können sich aber nur wenige erfüllen, da die Stellen rar sind.

  • Ich habe doch bereits geschrieben, dass ich mich davon nicht ganz frei machen kann. Meine Zufriedenheit geht aber auch nicht in die Brüche, weil mal ein Elternteil herummeckert. Aber ich muss widersprechen, wenn es heißt, wir könnten keine Erfolge verbuchen. Es lohnt sich, diese aktiv mal zu suchen.

    woraus ziehst du deine Erfolge? Wir stellen nichts her, wir schreiben keine schwarzen Zahlen, kein Projekt wird honoriert, wir steigen nicht auf, es gibt keinen Titel. Wir arbeiten in einem sozialen Beruf, indem der Erfolg nicht messbar ist.

    Erfolgserlebnisse können u.a. sein:


    -> Eine Unterrichtsstunde verläuft weitgehend so, wie geplant in angenehmer Arbeitsatmosphäre und erkennbarem Lernzuwachs bei einer Reihe von Schülerinnen und Schülern (Ja, solche Stunden gibt es)

    -> Ein Jahrgang macht seinen Abschluss (ja, das ist durchaus so etwas wie ein gemeinsames Projekt mit den anderen Kolleginnen und Kollegen zusammen). Besonders freut es mich, wenn Schülerinnen und Schüler über die Erwartungen hinaus wachsen.

    -> Eine mitgeplante schulinterne Fortbildung verläuft mal so, dass nur die üblichen 3-4 Lehrkräfte am Meckern sind und viele andere daraus etwas sinnvolles mitnehmen (und das auch zurückmelden).

    -> Der SL fällt die gute Arbeit an einem kleinen Aspekt auf und meldet das auch zurück.

    -> Schüler melden mal zurück, dass der Unterricht grundsätzlich in Ordnung ist oder sie die Bewertung nachvollziehbar fanden.


    Und es stimmt auch nicht, dass man nicht aufsteigen könnte. Es gibt (an weiterführenden Schulen und in der Behörde zumindest) eine gute Reihe von Aufstiegsoptionen. Diese sind auch mit Titeln Amtsbezeichungen verbunden, wenn man denn darauf steht (OStR/StD/OStD, Konrektor/Rektor usw.). Unter Titeln verstehe ich eher akademische Titel wie Dr., etwas was man als Lehrkraft im Übrigen berufsbegleitend oder vorher auch erlangen kann, wenn man möchte. Auf "Titel" wie z.B. Junior Marketing Manager kann ich gut verzichten, bezeichnet das doch auch nur einen Berufseinsteiger.

  • Gabler Wirtschaftslexikon schrieb:

    "1. Begriff: positive (bei Arbeitsunzufriedenheit negative) Einstellung, die aus subjektiven Bewertungen der jeweiligen allg. und spezifischen Arbeitssituationen und der Erfahrung mit diesen resultiert.


    2. Die praktische Bedeutung der Arbeitszufriedenheit wird v.a. in ihren Beziehungen zu Motivation, Fehlzeiten- und Fluktuationsquoten, Unfallhäufigkeit, Krankheitsquoten und bestimmten Erkrankungen sowie allg. Lebenszufriedenheit gesehen.

    3. Theoretische Erklärung: Wichtige Impulse für die Arbeitszufriedenheitsforschung gingen von der Herzbergschen Zweifaktorentheorie aus, die zwischen Hygienefaktoren (Verdienst, soziale Beziehungen, Arbeitsplatzsicherheit, physische Arbeitsbedingungen, Betriebspolitik, soziale Leistungen u.Ä.) und Motivationsfaktoren (Anerkennung, Verantwortung, Leistungserfolg, Vorwärtskommen u.Ä.) unterscheidet. Negative Ausprägungen der Hygienefaktoren führen zu Arbeitsunzufriedenheit, während positive Ausprägungen nicht zu Arbeitszufriedenheit führen, sondern lediglich zum Nichtvorhandensein von Unzufriedenheit; diese Faktoren stellen also eine Vorsorgeleistung dar. Motivationsfaktoren wirken motivierend und führen zu Arbeitszufriedenheit.

    Hinsichtlich der Herausbildung von Arbeitszufriedenheit ist von interindividuellen Differenzen auszugehen.

    4. Formen: Angenommen wird, dass Anspruchsniveaus, d.h. Bedürfnisse und Erwartungen an die Arbeitssituation, mit der wahrgenommenen Arbeitssituation verglichen werden; Ergebnis kann sein, dass das Anspruchsniveau steigt, gleichbleibt oder sinkt (Anspruchsanpassung).

    Zu unterscheiden sind entsprechend: a) Progressive Arbeitszufriedenheit: Entsteht, wenn der Vergleich von Anspruchsniveau und Realität positiv ausfällt und in der Folge davon das Anspruchsniveau erhöht wird.

    b) Stabilisierte Arbeitszufriedenheit: entsteht bei positivem Soll-Ist-Vergleich ohne Erhöhung des Anspruchsniveaus.

    c) Resignative Arbeitszufriedenheit: entsteht, wenn bei negativem Soll-Ist-Vergleich ein Gleichgewicht hergestellt wird, indem das Anspruchsniveau gesenkt wird.

    5. Reaktionsmöglichkeiten bei negativem Soll-Ist-Vergleich aber gleichzeitiger Erhaltung des Anspruchsniveaus: a) Konstruktive Arbeitszufriedenheit, bei der aus der subjektiv wahrgenommenen Diskrepanz von Anspruchsniveau und Arbeitssituation die Tendenz zur konstruktiven Veränderung entsteht, was i.d.R. nur durch Arbeitsplatzwechsel und Qualifizierung möglich ist.

    b) Fixierte Arbeitsunzufriedenheit, bei der die wahrgenommene Situation hingenommen wird.

    c) Pseudo-Arbeitszufriedenheit, die auf einer Verfälschung der Situationswahrnehmung beruht.

    Es kann davon ausgegangen werden, dass die Grenzen zwischen den verschiedenen Formen der Arbeitszufriedenheit fließend sind.

    6. Die Ergebnisse empirischer Untersuchungen sind bisher kontrovers und unbefriedigend. Dies liegt an der Komplexität des Konstrukts Arbeitszufriedenheit, in dem soziale und psychische Faktoren einen multivarianten Zusammenhang bilden, und an der Schwierigkeit der Messung von Arbeitszufriedenheit."


    Mist also, wenn die "Motivationsfaktoren" nicht passen und konstruktiv nix zu ändern ist, in der Folge dann im Wesentlichen Resignation bleibt.

  • ...

    Und es stimmt auch nicht, dass man nicht aufsteigen könnte. Es gibt (an weiterführenden Schulen und in der Behörde zumindest) eine gute Reihe von Aufstiegsoptionen. Diese sind auch mit Titeln Amtsbezeichungen verbunden, wenn man denn darauf steht (OStR/StD/OStD, Konrektor/Rektor usw.). Unter Titeln verstehe ich eher akademische Titel wie Dr., etwas was man als Lehrkraft im Übrigen berufsbegleitend oder vorher auch erlangen kann, wenn man möchte. Auf "Titel" wie z.B. Junior Marketing Manager kann ich gut verzichten, bezeichnet das doch auch nur einen Berufseinsteiger.

    An Förderschulen gibt's das praktisch nicht. Und es geht ja dabei nicht um Titel, sondern um Verantwortung, Entscheidungsbefugnisse, Leistungsanerkennung, neue Aufgabengebiete usw. Wenn man den ganzen Kladeradatsch sowieso macht und kein "Junior Manager" dafür ans Revers geheftet bekommt ist das eben für viele frustrierend.

Werbung