Massive Gewalt ohne Konsequenzen?

  • Hallo,

    ich bin KL einer äußerst wilden 8. Klasse. Von 25 Sch. sind ca 8 echte Knaller ( Schwänzen, Fäkalsprache, körperliche Gewalt).

    Wir haben seit kurzem eine neue SL, die solche Dinge gern verharmlost.

    Heute früh wurde ich darüber informiert, dass gestern in der Pause einer meiner Schüler von 2 anderen brutal zusammengeschlagen wurde und sogar noch weiter auf ihn eingetreten wurde, als er am Boden lag. Im Beisein der Eltern, die ihren verletzten Sohn abholten , und der Kollegin wurde von beiden noch ausgesprochen, dass sie ihn morgen abstechen. Dies wurde nachmittags noch schriftlich wiederholt und liegt vor.

    Ich sprach heute früh mit der SL über Maßnahmen.

    Folgendes wurde vereinbart:

    Vor Beginn des Unterrichts werden die beiden zur SL gebracht und ein Gespräch mit der SL und der Polizei haben. Sie werden von den Eltern abgeholt und suspendiert bis zur Klassenkonferenz, die zum Ziel hat die Suspendierung nachträglich zu genehmigen, sie für (???) vom Unterricht auszuschließen und den Schulverweis anzudrohen. Beide hatten bereits mehrere Klassenkonferenzen; allerdings ohne nennenswerte Maßnahmen.

    Folgendes passierte wirklich:

    ein Gespräch mit der SL fand statt, ohne Polizei. Die Eltern weigerten sich, ihre Kinder abzuholen.Morgen findet ein Gespräch mit allen Eltern gleichzeitig statt, damit sie sich aussprechen können .

    Ich war sprachlos. Auf Nachfragen, erklärte sie, die beiden hätten es ja nicht so gemeint. Von einer Klassenkonferenz ist keine Rede mehr.

    Das kann doch wohl nicht wahr sein! Zumal ich es den beiden durchaus zutraue, ihre Ankündigung umzusetzen. ( Bereits mehrere Anzeigen wg schwerer Körperverletzung)

    Aber ich kann mich doch nicht über die SL hinwegsetzen….

    Was meint ihr?

    An meiner alten Schule wurden solche Dinge hart geahndet.

    Wie würdet ihr weiter verfahren? Meinen Standpunkt habe deutlich dargestellt ihr gegenüber….

  • Deine SL könnte meine sein...


    Zunächst mal: Hier geht es nicht um die Befindlichkeit der SL, sondern um die Bedrohung/Gefährdung eines Schülers. Da reicht kein Du-Du-Du, und da wäre es mir auch egal, ob ich mich über die (Befindlichkeit der) SL hinwegsetze.


    -> Der Schüler soll eine Anzeige bei der Polizei machen.

    -> Habt ihr einen Polizeibeamten, der für Jugendkriminalität zuständig ist und sich in eurer Schule ab und zu blicken lässt? Falls ja, würd ich mit dem das Gespräch suchen.

    -> Kannst du dich mit jemandem solidarisieren, z.B. die Kollegin, die bei der Schlägerei dabei war?

    -> Ist evtl. Hilfe von der Schulsozialarbeit zu erwarten?


    Bitte schweig auf keinen Fall. Das machen viel zu viele.

  • 1. Gespräch mit der SL suchen. Höfflich und nett auf deine Bedenken hinweisen und Sie bitten ihre Entscheidung zu überdenken.


    2. Wenn SL weder einlenkt noch dich überzeugt, schriftlich und höfflich gegenüber der SL die Bedenken darlegen und vor allem darauf hinweisen, dass man hier eine direkte Gefährdung der Schüler sieht. Ggf. gegen die Entscheidung der SL remonstrieren. Das sollte man sich natürlich gut überlegen. Ob es in der Situation angemessen ist, ist von außen schwierig zu entscheiden. Deine Einwände solltest du aber so oder so schriftlich festhalten, wenn es mündlich zu keiner Einigung kommt.


    3. Eltern des betroffenen Schülers als KL anrufen und sich nach dem Zustand erkundigen. Nett fragen, ob sie denn eine Anzeige erstattet haben. Auf Beratungsmöglichkeiten außerhalb und innerhalb des Schulsystems hinweisen. Wenn der Vorfall so war und die Eltern einigermaßen kompetent sind, gibt es da durchaus Möglichkeiten Druck zu machen. Eine gute Beratungsstelle wird den Eltern dort mehr helfen als alles andere. Wenn sich die SL bereit erklärt eine Konferenz zu machen aber dann nicht dahinter steht, hilft es auch nur begrenzt. Eine gute Beratung durch professionelle Externe kann da viel mehr erreichen.

  • Danke dir.

    Schriftlich festhalten wollte ich das sowieso . Ich werde morgen nochmals das Gespräch suchen und auf die mögliche Gefährdung hinweisen.

  • Danke dir.

    Schriftlich festhalten wollte ich das sowieso . Ich werde morgen nochmals das Gespräch suchen und auf die mögliche Gefährdung hinweisen.

  • Bei uns ist es durchaus üblich, in solchen Fällen das Jugendamt einzuschalten. Bei uns läuft das so, dass ich das der Schulsozialarbeiterin melde und diese es ans Jugendamt weitergibt. Möglicherweise ist dieser Zwischenschritt aber gar nicht nötig (ich hatte den Fall erst einmal in dieser Form und das war 2018).

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Hallo, danke für eure Antworten. Ja, wir haben einen Polizisten in unserem Stadtteil, der für die Schulen zuständig ist. Der sollte ja eigentlich bei dem Gespräch dabei sein gestern. Aber sie fand es nicht so schlimm und deswegen wurde das unterlassen.

    Ich habe jetzt gleich ein Gespräch mit der SL zur Vorbereitung des Elterngesprächs. Da werde ich das noch mal alles auf den Tisch bringen.

    Heute Abend werde ich mal berichten.

  • Zitat

    Ja, wir haben einen Polizisten in unserem Stadtteil, der für die Schulen zuständig ist. Der sollte ja eigentlich bei dem Gespräch dabei sein gestern. Aber sie fand es nicht so schlimm und deswegen wurde das unterlassen.

    Kannst Du Dich trotzdem an diesen Polizisten wenden? Dieser bzw. die Polizei ist i.d.R. ganz und gar nicht der Meinung, dass sie es "nicht so schlimm" finden (...) Vielleicht haben bzw. nutzen die auch eigene Möglichkeiten, auf die Schule bzw. die SL zuzugehen. Solche Vorfälle im Sande verlaufen zu lassen, ist ganz und gar nicht im Interesse der Polizei. Die wissen sehr gut, dass durch solche Verharmlosungen die Gewalt immer mehr zunimmt.


    Ich kenne eine Schule, da wurde seitens der SL auch gern verharmlost und unter den Teppich gekehrt (natürlich wurde das offiziell immer anders dargestellt). Diese Schule hat mittlerweile neben Gewaltproblemen insbesondere ein sehr großes Problem mit Vandalismus (z.B. wurden bereits häufiger Waschbecken und WC-Becken von den Wänden gerissen/zertrümmert, Schulmöbel zerschlagen). Die SL ist mittlerweile vorzeitig in Pension gegangen (...), mit den bestehenden Problemen darf sich nun die neue SL herumschlagen.

    Sachbeschädigung und körperliche Gewalt sind nicht so weit voneinander entfernt.

  • Ihr Lieben,

    ich bin immer noch fassungslos über den heutigen Tag. Bis heute hielt ich dieses Vorgehen für undenkbar.

    Heute Morgen wollte ich mit der SL das Elterngespräch vorbereiten. Auf meine Frage, ob es nicht doch besser sei, die Polizei einzuschalten und ob denn eine Klassenkonferenz jetzt folgen solle, wurde die SL geradezu aggressiv. Ich würde meine Kompetenzen überschreiten, so etwas zu initiieren obläge ausschließlich ihr.

    Ich wies daraufhin, dass wir doch aber solche Gewaltausbrüche und Drohungen nicht tolerieren könnten. Daraufhin erklärte sie mir, dieses Abstrafen der Schüler hier wäre nicht in ihrem Sinne. Mit ihr gäbe es hier im Prinzip keine Klassenkonferenzen. Die Sch. kämen aus einem schwierigen Elternhaus und bräuchten Unterstützung, keine Strafen. …Eine Gefährdung des Opfers hielt sie für unwahrscheinlich.

    Das Elterngespräch begann mit der Darstellung des Opfers, der Vater des Haupttäters war offensichtlich stolz auf seinen Sprössling. Er sei halt temperamentvoll und ein echter Kerl. Er habe das nicht so gemeint.Am Ende schloss die SL das Gespräch, weil sich ja jetzt wieder alle verstehen.

    Die Eltern des Opfers waren fassungslos; das Opfer heulte vor Angst. Und dann gingen alle in den Unterricht!!!!

    Ich wurde noch daraufhin gewiesen von der SL, dass ein Vermerk bzw. Gesprächsnotiz in der Schülerakte unnötig sei, da ja nun alles geklärt ist.

    Da ich noch kurz mit den Eltern des Opfers sprach, weiß ich, dass sie Strafanzeige stellen wollen und ihren Sohn jetzt täglich zur Schule bringen und abholen. Sie haben große Angst um ihren Sohn, was ich durchaus verstehe.

    Die anderen Kollegen, die das mitbekommen haben , reagierten mit ungläubigem Staunen.

    Und ich als Klassenlehrer fühle mich wie im falschen Film. Das ist doch eine Farce!

    Ich brauche auch wohl nicht zu erwähnen, dass sich die beiden Herzchen jetzt als Helden führen und sich dementsprechend in der Klasse heute gegeben haben, oder?

  • Das ist wirklich ein Wahnsinn, was du beschreibst. Solch eine SL ist ja fürchterlich: Nicht nur die mangelnde Konsequenz, sondern insbesondere auch noch Absprachen sang und klanglos in den Wind schlagen und dann auch noch die Kollegen anzugehen, wenn diese auf diese getroffenen Absprachen verweisen.


    Da sowohl du als auch die Eltern und der betroffene Schüler selbst offenbar eine reale Gefahr sehen, würde ich tatsächlich eine Remonstration in Betracht ziehen - bzw. eine dokumentierte schriftliche Stellungnahme: Eine Remonstration ist ja ein Hinweis auf die Unrechtmäßigkeit des Vorgehens der Schulleitung, was hier wohl eher nicht gegeben ist: Sie hat ja Maßnahmen getroffen. Dennoch: Man stelle sich vor, die beiden machen Ernst und verletzten den Mitschüler: Dann würden die Eltern des Opfers vermutlich im Zuge des aufkommenden Verfahrens auf die bekannte Bedrohungslage verweisen, und ggf. könnten Ermittlungen eingeleitet werden um zu überprüfen, welche Verantwortung bei der Schule liegt. Vermutlich ist das rechtlich nicht gefährlich (siehe oben: ihr habt schließlich Maßnahmen getroffen, wenn auch lasche), aber auskennen tue ich mich nicht und eine Absicherung über eine dokumentierte schriftliche Stellungnahme gegenüber der SL halte ich für überlegenswert. Das Klima mit der SL scheint ja ohnehin gerade zerrüttet zu sein (schade, dass man so etwas bedenken muss...).


    Gibt es für künftige Fälle eventuell einen Stufenkoordinator, den du zuerst ins Boot holen könntest? Also: Mittelstufenkoordinator die Sachlage schildern und im erneuten Akutfall mit dessen Rückendeckung und in dessen Beisein die SL einschalten? So hast du die Meldekette eingehalten und vllt. hilft es, wenn die SL mitbekommt, dass nicht nur du Konsequenzen für nötig hältst.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • So etwas würde ich immer auch verschriftlicht (zumindest auch per Email) an die SL geben und in NRW auch auf dem Dienstweg an den/die Dienstvorgesetzten.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

    Einmal editiert, zuletzt von Websheriff ()

  • Das ist wirklich ein Wahnsinn, was du beschreibst. Solch eine SL ist ja fürchterlich: Nicht nur die mangelnde Konsequenz, sondern insbesondere auch noch Absprachen sang und klanglos in den Wind schlagen und dann auch noch die Kollegen anzugehen, wenn diese auf diese getroffenen Absprachen verweisen.

    Da kann man sich sicher sein, dass sich diese SL einen unvergesslichen Ruf geschaffen hat. Sowohl gegenüber Eltern, Schülern und Kollegen.


    Das erinnert mich an einen Spruch eines Lehrers während meiner Praxisphase (sinngemäßes Zitat): Eine Schule ohne starke Leitung ist wie ein Schiff ohne Kapitän. Dem Untergang geweiht!

  • Gibt es evtl. in Deinem Bundesland einen Passus in der Schulordnung / dem Schulgesetz, der sagt, dass, wenn ein bestimmter Prozentsatz der Lehrkräfte es will, eine Konferenz einberufen werden MUSS?

    • Offizieller Beitrag

    Gibt es evtl. in Deinem Bundesland einen Passus in der Schulordnung / dem Schulgesetz, der sagt, dass, wenn ein bestimmter Prozentsatz der Lehrkräfte es will, eine Konferenz einberufen werden MUSS?

    Es wird so sein, wie in vermutlich allen Bundesländern. Wenn die Schulleitung nicht sanktionieren möchte, wird nicht sanktioniert.

  • Es wird so sein, wie in vermutlich allen Bundesländern. Wenn die Schulleitung nicht sanktionieren möchte, wird nicht sanktioniert.

    Naja, in meinem Bundesland entscheidet z.B. die Lehrerkonferenz (oder ein von ihr gewähltes Gremium) über bestimmte Sanktionen. Klar, sich hier gegen die SL zu stellen ist schwierig und mit Aufwand (und je nach eigner Position auch mit Risiko) verbunden ... aber der hier geschilderte Fall ist schon heftig.

  • Eine Klassenkonferenz, in der es um Erziehungsmaßnahmen geht, kann auch die Klassenleitung einberufen, für eine zu Ordnungsmaßnahmen braucht es die SL.


    Mit einer solchen KK würden die Vorfälle aktenkundig und bekannt, allerdings können dann auch nur Erziehungsmaßnahmen beschlossen werden. Ein nächsten Vorfall liegt dann dieser Beschluss schon vor.


    Warum du keine Aktennotiz abheften solltest, verstehe ich nicht. Ob die SL dir eine Begründung schriftlich geben möchte?


    Noch eine Möglichkeit: du forderst selbst für dich Beratung an (Polizei, Schulpsychologie), damit du Hilfe hinsichtlich der Einschätzung und des professionellen Umgangs mit diesen SchülerInnen erhältst. Auch so wird etwas aktenkundig.


    Aber der Versetzungsantrag ist dann naheliegend, ggf. ist die nächste Abordnung deine.

  • Eine Klassenkonferenz, in der es um Erziehungsmaßnahmen geht, kann auch die Klassenleitung einberufen, für eine zu Ordnungsmaßnahmen braucht es die SL.

    Termine von Klassenkonferenzen sind unabhängig vom Inhalt immer im Einvernehmen mit der Schulleitung festzulegen. Die Schulleitung darf an jeder Konferenz teilnehmen und den Vorsitz übernehmen. Der Unterschied ist nur, dass du Erziehungsmaßnahmen ohne Klassenkonferenz verhängen darfst während Ordnungsmaßnahmen eine Klassenkonferenz oder eine Entscheidung der SL voraussetzen. Im letzteren Fall wird die Konferenz dann nachgeholt.

    Grundsätzlich wird die Konferenz ja auch ergebnisoffen einberufen. Letztlich dient die Konferenz dazu über den Vorfall zu beraten und angemessene Maßnahmen festzulegen.


    Eine Ausnahme wäre, wenn die Schule hat sich eine besondere Ordnung für diese Konferenzen gegeben hat. Dann wäre tatsächlich eine Konstellation möglich, dass Erziehungsmittel auch auf einer entsprechenden Konferenz besprochen werden.


    @Cappuccino: So wie du dich äußerst, würde ich mich auf jeden Fall noch mal schriftlich an die Schulleitung wenden. Ggf. remonstrieren und parallel an die Dienstvorgesetzten. Die Frage ist natürlich, ob du an der Schule deine Zukunft siehst.

  • Ich wies daraufhin, dass wir doch aber solche Gewaltausbrüche und Drohungen nicht tolerieren könnten. Daraufhin erklärte sie mir, dieses Abstrafen der Schüler hier wäre nicht in ihrem Sinne. Mit ihr gäbe es hier im Prinzip keine Klassenkonferenzen. Die Sch. kämen aus einem schwierigen Elternhaus und bräuchten Unterstützung, keine Strafen.

    Mal als Ansatz: In Niedersachsen entscheidet über Ordnungsmaßanhmen zwar eine Klassenkonferenz unter Vorsitz der Schulleitung, nicht aber die Schulleitung selbst. Eine Klassenkonferenz (und damit Teilkonferenz) ist einzuberufen, wenn mind. ein fünftel der stimmberechtigten Mitglieder dies verlangt. Die Sitzung hat dann innerhalb von sieben Tagen stattzufinden. Die Konferenz entscheidet mit Mehrheit über die entsprechende Maßnahme und niickt nicht einfach den SL-Entscheid ab.


    Desweiteren unterliegt deine SL einem groben Missverständnis. Ordnungsmaßnahmen sind gerade Unterstützungsmaßnahmen, die im Zusammenwirken mit Erziehungsmitteln auf die Wiederherstellung normgerechten Verhaltens abzielen. Disziplinarmaßnahmen sind keine Strafmaßnahmen. Letztere resultieren aus dem Strafrecht, welches hier zusätzlich zur Anwendung kommen kann. Die SL hat im Übrigen die Pflicht, neben anderen Straftaten insbesondere auch Gewaltdelikte zur Anzeige zu bringen. Man möge sie in diesem Zusammenhang u.a. auf den Erlass "Sicherheits- und Gewaltpräventionsmaßnahem in Schulen in Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft" und ihre damit einhergehenden Pflichten erinnern. Sie macht sich andernfalls u.U. selbst der Strafvereitelung nach §258 StGB schuldig.

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