Inklusion am Gymnasium

  • Geistige Beeinträchtigungen am Gymnasium sehe ich dagegen als schwierig. Bei uns müssen Kinder wegen zu schlechten Leistungen das Gymnasium verlassen und noch schlechtere sollen bleiben? Und unsere Klassen sind deutlich größer als Real- und Gemeinschaftsschulklassen hier vor Ort. Wir haben viel mehr Fachlehrer- und Raumwechsel. Letztendlich würde es das Leistungsprinzip am Gymnasium abschaffen.

    Wir hatten mal mehrere SuS mit GB in einer Klasse im integrativen Unterricht (vor vielen vielen Jahren). Man muss immer bedenken, dass es dabei um den zieldifferenten Unterricht aufgrund einer Behinderung geht. Egal, ob mit dem Schwerpunkt "Geistige Behinderung" als auch "Lernbehinderung" (also Schwerpunkt Lernen).


    Gerade beim "Lernen" bin ich sehr dagegen, diese SuS an einem Gymnasium zu beschulen. Manche haben gegen Ende ihrer Schullaufbahn, vielleicht mit der Wiederholung eines Schuljahres, die Chance auf einen "normalen" Schulabschluss (Aufheben des Förderstatus und erreichen des Hauptschulabschlusses). An einem Gymnasium können sie den Hauptschulabschluss nicht regulär erreichen, haben immer ein Zeugnis mit einem "Makel" (auch wenn für sie der Hauptschulabschluss eine ganz besondere Leistung ist).

    Um nicht kurz vor Ende der Schulzeit, kurz vor dem Abschluss einen Schulwechsel (mit Wechsel von Schulweg, Lehrkräften, Lehrbüchern, Unterrichtsmethoden, ...) zu provozieren, halte ich die inklusive Beschulung mit dem Förderschwerpunkt Lernen am Gymnasium für äußerst "unglücklich" im Interesse der Kinder.

    Bei einer geistigen Behinderung, die einen Hauptschulabschluss in unerreichbare Ferne rückt, sehe ich (bei ausreichender Betreuungsmöglichkeit durch I-Helfer! und Förderschullehrkräfte!) weniger Schwierigkeiten.


    Vergleicht man das mit den SuS ohne Förderschwerpunkt (Lernen oder GB), lässt man außer Acht, dass am Gymnasium ohne gymnasiale Berechtigung immer nur ein Zeugnis mit einem "Förderschul-Vermerk" ausgegeben wird. Das wäre echt schade für jemanden, der an einer Realschule normalerweise den erweiterten Sek-I Abschluss erreicht hätte. Der Vergleich von SuS mit / ohne Förderstatus ist an dieser Stelle also nicht zielführend.

  • Bei Förderschwerpunkt Lernen bin ich bei dir Djino , dass es oft sinnvoller ist, wenn diese Kinder an Sek-I-Schulen inklusiv beschult werden. Nachdem das Argument bei uns im Bereich in den letzten Jahren aber fleißig dazu verwendet wurde, dass Kinder mit zieldifferentem Unterricht generell an die Sek.I- Schulen gegangen sind, während die Gymnasien, aus deren Reihen immerhin besonders viele der Menschen hervorgehen, die später Bildungspolitik machen werden, sich diesbezüglich einen schlanken Fuß gemacht haben, bin ich nicht undankbar, dass für dieses Schuljahr durchgesetzt wurde, dass eben bestimmte Inklusionszuweisungen erstmalig auch an ein Gymnasium gehen. Die Sek.I- Schulen können das nämlich auch nicht alleine schultern angesichts des eklatanten Mangels an zusätzlichen Pool- und Förderstunden samt entsprechend qualifizierten Förderschullehrkräften

    Bestimmten Kindern mit zieldifferentem Unterricht können, wenn wir mal ehrlich sind, auch wir Sek.Iler nicht gerecht werden. Ob diese dann bei uns an der Realschule nicht so umfassend gefördert werden, wie das an Förderschulen möglich wäre und (zumindest hier in BW) gehandhabt wird oder an einem Gymnasium ist dann letztlich Jacke wie Hose. Den Preis muss das Kind in jedem Fall zahlen- auch wenn die Eltern das anders sehen mögen. (Was nicht bedeutet, dass ich Inklusion ablehne, ich sehe sie nur kritisch angesichts der Bedingungen der Inklusion. Ich kann mir durchaus Schulbedingungen vorstellen, unter denen Inklusion für alle Förderschwerpunkte und an allen Schularten funktionieren könnte, habe solche Bedingungen auch schon erlebt im Ref und sehr gerne in einer Inklusionsklasse unterrichtet.)

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Zielgleiche Inklusion finde ich völlig angemessen und da müssen alle Schulformen gleichermaßen ran.


    Zieldifferent ist eine Zumutung für alle Beteiligten und eine absolute Totgeburt. Ich hatte zwei LE Schüler und eine GE Schülerin in Klasse 5/6 mit dabeisitzen (mehr war es faktisch nicht, weil im gleichen Jahr plötzlich Haushaltssperre angesagt war und kein Inklusionsmaterial angeschafft werden konnte) und später dann nochmal 2x in 9 (mussten sie wiederholen, weil sie länger in der Sek I verweilen mussten, als die Sek I unter G8 andauerte). Da saßen sie dann halt immer noch mit im Raum, okay. Was diese Kinder gelernt haben, und ob überhaupt irgendwas Nennenswertes, ich hab keine Ahnung. Wie man als Eltern meinen kann, dass das die beste Bildungsvariante für das eigene Kind ist, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben.

  • Wir haben bei uns ca. 12-15 SuS mit Förderbedarf. Gut die Hälfte davon mit Hören, die entsprechenden Räume haben Höranlagen, mit ein bisschen gutem Willen sind diese SuS sonst völlig unauffällig.

  • Wir haben bei uns ca. 12-15 SuS mit Förderbedarf. Gut die Hälfte davon mit Hören, die entsprechenden Räume haben Höranlagen, mit ein bisschen gutem Willen sind diese SuS sonst völlig unauffällig.

    Körperliche Einschränkungen sind auch nicht vergleichbar mit GB/ Lernen oder ESE.

    Das ist einfach nur schräg...und in unsere Klassenstärke nicht leistbar.

  • Das ist einfach nur schräg...und in unserer Klassenstärke nicht leistbar.

    In unser aller Klassenstärke nicht leistbar.

    Die Klassengröße an Förderschulen liegt vielleicht bei 8 SuS pro Klasse. (Ich weiß, je nach Förderschwerpunkt unterschiedlich, je nach Unterversorgung de facto ebenfalls, selbst wenn das Papier etwas anderes sagt.)

    Ein Beispiel: Klasse mit Förderschwerpunkt Hören an der entsprechenden Schule ist mit 8 SuS "voll".


    In der Inklusion werden SuS mit Inklusionsstatus bei der Klassenbildung doppelt gezählt. Also 8 "Hören-SuS" zählen als 16 SuS. Es dürfen dann noch 15 weitere SuS in die Klasse, bevor eine neue Klasse aufgemacht wird. Hört sich irgendwie nach einem Sparmodell an.

    (Hinzu kommt, dass an der Förderschule neben einer hauptverantwortlichen Lehrkraft vielleicht noch, zumindest zeitweise, eine weitere betreuende oder unterrichtende oder unterstützende Person im Raum / Nebenraum ist. Sowas haben wir seit Jahren hier nicht mehr gesehen.)

  • Ach ja, und Räume: Wir haben an unserer Schule genau *einen* Unterrichtsraum, der einen "Nebenraum" hat. Klein, aber besser so als gar keine Möglichkeit für Differenzierung oder Rückzug aus dem Unterricht oder ...

  • In meiner Klasse sind 25 Schülerinnen und Schüler, 4 mit Förderbedarf LE, 2 mit SE und dazu kommen noch ca. 2 Schüler, die eigentlich einen LE Förderbedarf haben müssten. Nur in 2 von 4 Mathestunden bin ich in Doppelbesetzung.

  • Nur in 2 von 4 Mathestunden bin ich in Doppelbesetzung.

    Bei uns wird die Doppelbesetzung regelmäßig aufgelöst, um die "ad hoc" Vertretung gewährleisten zu können.

    Seit Beginn des neuen Schuljahrs war meine Doppelbesetzung nicht ein einziges Mal in meiner Mathe Klasse.


    Ist niemals schön, da die SuS mit Förderbedarf dann zu kurz kommen.

  • Gerade beim "Lernen" bin ich sehr dagegen, diese SuS an einem Gymnasium zu beschulen.

    Sie sind an allen anderen Regelschulformen genauso zieldifferent, wie am Gymnasium.


    Vergleicht man das mit den SuS ohne Förderschwerpunkt (Lernen oder GB), lässt man außer Acht, dass am Gymnasium ohne gymnasiale Berechtigung immer nur ein Zeugnis mit einem "Förderschul-Vermerk" ausgegeben wird. Das wäre echt schade für jemanden, der an einer Realschule normalerweise den erweiterten Sek-I Abschluss erreicht hätte. Der Vergleich von SuS mit / ohne Förderstatus ist an dieser Stelle also nicht zielführend.

    An allen anderen Schulen bekommen sie doch auch ein Förderschulzeugnis. Wo ist der Unterschied?


    Mich nervt diese Tendenz vieler Gymnasien sich der Inklusion zu entziehen echt an.

  • Mich nervt diese Tendenz vieler Gymnasien sich der Inklusion zu entziehen echt an.

    Dafür bin ich nicht ausgebildet.

    Bei Kindern mit körperlichen Einschränkungen habe ich kein Problem. Auf körperliche Beeinträchtigungen kann ich Rücksicht nehmen und den Unterricht so gestalten, dass die Einschränkung unproblematisch ist. Wir haben eigentlich in jedem Schuljahr mehrere Kinder, die im Rollstuhl sitzen, nur ein Bein haben, extrem schlecht sehen, kleinwüchsig sind, schlecht hören oder sogar taub sind, oder irgendeine andere körperliche Beeinträchtigung haben. Selbst mit tauben Kindern komme ich im Unterricht klar (und habe mittlerweile sogar die Basics der Gebärdensprache ganz in Ordnung drauf; in der Regel ist bei diesen Kindern aber eine Hilfskraft/Dolmetscher dabei).

    Was ich mit einem geistig eingeschränkten Kind im Unterricht anfangen soll, weiß ich nicht. Es klingt vielleicht hart, aber wenn ich Interesse daran gehabt hätte, mich beruflich mit geistig eingeschränkten Kindern zu befassen, hätte ich Förderschullehramt studiert. Glücklicherweise "entzieht" sich meine Schule bisher in dieser Hinsicht erfolgreich der Inklusion.

  • Ganz ehrlich...wir wissen doch alle , dass wir Kindern mit GB/ LB im gemeinsamem Unterricht nicht gerecht werden können..

    Wie auch..

    1. Nicht ausgebildet

    2. Viel zu große Klassen

    3. Keine Doppelbesetzung


    Im Endeffekt werden die Kinder mit Förderheften/ AB " vollgemüllt"..woher soll die Zeit/ das Personal auch kommen?


    Eigentlich ist es unverantwortlich den Eltern zur Inklusion an einer Regelschule zu raten..


    Natürlich war das von Anfang an nur ein Sparkonzept.

  • An allen anderen Schulen bekommen sie doch auch ein Förderschulzeugnis. Wo ist der Unterschied?

    Das schrieb ich doch im selben Beitrag:

    Manche haben gegen Ende ihrer Schullaufbahn, vielleicht mit der Wiederholung eines Schuljahres, die Chance auf einen "normalen" Schulabschluss (Aufheben des Förderstatus und erreichen des Hauptschulabschlusses).

    Das ist an einer Hauptschule oder IGS oder Oberschule möglich. Aber nicht am Gymnasium. Wird da der Förderstatus aufgehoben, müssen die SuS dem "Standard" des Gymnasiums entsprechen und haben keine Chance auf einen Hauptschulabschluss.

  • Mich nervt diese Tendenz vieler Gymnasien sich der Inklusion zu entziehen echt an.

    Du redest aber jetzt nicht von mir, oder? Tust du wahrscheinlich, weil du ja auf meinen Beitrag antwortest, bei dem du einen Satz aus dem Kontext gerissen hast (vielleicht rotes Tuch für dich, weshalb du nicht weitergelesen hast?).

    Ich schrieb bereits, dass wir auch GB inkludieren. Und viele andere Förderschwerpunkte. Auch mit Mehrfachstbehinderungen.


    Was mich annervt, ist diese pauschale Verurteilung. Und das Benennen von unbestimmt "vielen". (Aber vielleicht ist NRW da einfach noch nicht so weit. In BaWü, wenn ich den Threadersteller richtig verstanden habe, ist das ja auch noch Neuland.)

  • Aber nicht am Gymnasium. Wird da der Förderstatus aufgehoben, müssen die SuS dem "Standard" des Gymnasiums entsprechen und haben keine Chance auf einen Hauptschulabschluss.

    oh, das wusste ich garnicht. wir prüfen ja zB in Klasse 9 bei Nachprüfungen auch auf niedrigere Abschlüsse als MSA.

  • Zumindest in NDS erhalten SuS am Gymnasium am Ende der 9. Klasse den Hauptschulabschluss automatisch, wenn sie "regulär" in die 10. Klasse versetzt werden. Da gibt es keine Abschlussprüfungen, keine Möglichkeit für eine Prüfung.

    (Am Ende von 10 gilt die Versetzung in 11 als erweiterter Sek I Abschluss, wieder ohne irgendeine Prüfung.)

    Ein Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen, der am Gymnasium in NDS den Hauptschulabschluss erreichen möchte, muss also am Ende von Klasse 9 "nur" in allen Fächern eine 4 haben (ein Fach darf 5 sein (oder zwei Fächer 5, Ausgleich mit 2x 3 in "passenden" Fächern & Zustimmung der Klassenkonferenz, die eine voraussichtlich erfolgreiche Mitarbeit im nächsthöheren Schuljahr feststellen muss)).

  • Da gibt es keine Abschlussprüfungen, keine Möglichkeit für eine Prüfung.

    (Am Ende von 10 gilt die Versetzung in 11 als erweiterter Sek I Abschluss, wieder ohne irgendeine Prüfung.)

    Da sollte auch mal die Sinnhaftigkeit überprüft werden, wenn man bedenkt, dass sich in den jeweiligen Sek-1-Lehrgängen die Schüler teilweise monatelang auf etwaige Prüfungen zur Erlangung dieser Abschlüsse vorbereiten, während dies im von dir beschriebenen Fall nicht notwendig zu sein scheint.

  • Da sollte auch mal die Sinnhaftigkeit überprüft werden, wenn man bedenkt, dass sich in den jeweiligen Sek-1-Lehrgängen die Schüler teilweise monatelang auf etwaige Prüfungen zur Erlangung dieser Abschlüsse vorbereiten, während dies im von dir beschriebenen Fall nicht notwendig zu sein scheint.

    Die Zugangsvoraussetzung für die Gymnasiale Oberstufe (11. Klasse) ist der erweiterte Sek I Abschluss.

    Am Gymnasium wird von der 10. in die 11. Klasse versetzt. Logische Folge: Gleichstellung der Versetzung mit dem Abschluss.

    Die meisten SuS am Gymnasium "benötigen" diesen Abschluss nicht. Die bereiten sich danach ja mehrere Jahre auf das Abitur vor.


    Hier im Thread geht es um Inklusion am Gymnasium. Und am Gymnasium ist die Regelung, dass die Abschlussprüfungen für die Hauptschule und die Realschule nicht am Gymnasium abgelegt werden, weil da ja die Abschlussprüfung das Abitur ist. Bedeutet aber, dass SuS, die bestimmt nie das Abitur erreichen werden, aber eine Chance auf einen Hauptschulabschluss haben könnten, am Gymnasium "Probleme" bekommen.

  • Diese automatische Versetzung in die Sek II ist gängige Praxis, das stimmt. Verkehrt wäre es aber nicht, zumindest darüber nachzudenken, auch hier Abschlussprüfungen zwischenzuschalten, um den Abschluss nicht einer Schülergruppe zu "schenken", während andere hierfür viel Mühe investieren müssen. Und klar, für Schüler mit Förderbedarf ist das sicher auch nicht optimal.

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