POV: knappe Personalsituation erfordert kreative Lösungen.

  • Ich glaube einfach, dass man Schule ... wie soll ich sagen ... anders denken muss, um der Personalknappheit gerecht zu werden.

    Es müssen, wenn du mich fragst, einfach radikal Ressourcen, die für unsere Gesellschaft von geringer Bedeutung sind, zusammengestrichen werden, um wiederum Ressourcen für unsere systemrelevanten Bereiche zu erhalten. Wir erlauben es uns als Gesellschaft momentan, Studiengänge wie Kulturanthropologie zu haben, während wir Probleme haben, genug Lehrer zusammenzubekommen, um Schulanfängern Rechnen und Schreiben beizubringen. Die Universitäten haben in den letzten Jahren so viele Studiengänge aus dem Boden gestampft. Irgendwie ist da noch keiner auf die Idee gekommen, dass, wenn sich junge Leute für diese Studiengänge entscheiden, sie sich wiederum für andere Studiengänge und Ausbildungen nicht entscheiden.

  • Wegen der fehlenden Förderung:

    Wir nutzen derzeit weit mehr Möglichkeiten als früher, dass Kinder in anderen Jahrgangsstufen am Unterricht teilnehmen,

    In der Begabtenförderung heißt das manchmal „Drehtür“ (ich hatte darunter noch etwas anderes verstanden), Kinder aus 2 gehen in Klasse 3,

    aber wir lassen auch DaZ-Kinder aus Klasse 4 jetzt im Unterricht der 2. Klasse mitmachen, weil es mit den verbliebenen Förderstunden nicht aufzufangen ist.

  • Ich wundere mich sehr, dass Kollegen ohne entsprechende Vergütung "zwei Klassen zum Preis von einer" unterrichten - und das sogar freiwillig!

    In gewisser Weise soll das ja den Lehrermangel kompensieren, aber wird er dadurch (langfristig) nicht eher verschärft?

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    Mir ist nicht klar, ob du für die nächsten Monate/das nächste Jahr etwas suchst, weil dich der Mangel droht, oder dich in den nächsten Jahren mit der Schule auf ganz andere Konzepte ausrichten möchtest.

    Hm. Ich hoffe zwar nicht langfristig, aber ich befürchte, dass es so ist.

    Es geht ein wenig darum, ob und wie man langfristig Schule (okay, hier: Grundschule) neu denken kann / muss. (Siehe Beitrag 17)


    Die Frage ist aber daher eigentlich auch ein Gedankenexperiment, was möglich ist und an was für Stellschrauben man innerschulisch drehen kann.

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    Es müssen, wenn du mich fragst, einfach radikal Ressourcen, die für unsere Gesellschaft von geringer Bedeutung sind, zusammengestrichen werden, um wiederum Ressourcen für unsere systemrelevanten Bereiche zu erhalten. Wir erlauben es uns als Gesellschaft momentan, Studiengänge wie Kulturanthropologie zu haben, während wir Probleme haben, genug Lehrer zusammenzubekommen, um Schulanfängern Rechnen und Schreiben beizubringen. Die Universitäten haben in den letzten Jahren so viele Studiengänge aus dem Boden gestampft. Irgendwie ist da noch keiner auf die Idee gekommen, dass, wenn sich junge Leute für diese Studiengänge entscheiden, sie sich wiederum für andere Studiengänge und Ausbildungen nicht entscheiden.

    Siehe dazu mein Ausgangsbeitrag:

    Zitat

    Ich weiß: die Lösung müsste sein - mehr Personal. Da unrealistisch, hilft das in der POV-Situation aber nicht weiter.

  • Zusätzliches "Persona"l:

    Bufdi(s), FSJler und Sozialpädagogen, die durch Lehrkräfte in den angrenzenden Räumen unterstützt werden können. Wahrscheinlich eher in den höheren Jahrgängen, wenn SuS Arbeitsaufträge aus anderen Unterrichtsstunden halbwegs selbstständig bearbeiten könnten.


    Angebote durch Eltern und Sportvereine, andere Vereine (z.B. Kunst, Musik): Die Mutter, die besonders gern bastelt, bietet eine Bastel-AG an. Diese ist verpflichtend für eine Klasse und findet im Vormittagsbereich statt. Stattdessen wird in der Klasse kein Kunst mehr erteilt.

    Der Sportverein bietet für vier Wochen ein "Schnuppern" in eine Sportart an. Natürlich vormittags, statt Sportunterricht.

    In diesem Modell natürlich ohne Benotung. Es geht nur darum, dass die SuS fachlich betreut werden. Andere LuL schauen ab und zu mal nach dem Rechten.


    Einkauf von Angeboten? Gibt es ein Schulbudget oder einen Förderverein? Vielleicht gibt es tatsächlich einen Verein, VHS o.ä., der gegen Bezahlung Angebote (im Vormittagsbereich) zur Verfügung stellen würde.


    Erasmus+ / Akkreditierung: Man kann die Mittel nutzen, um z.B. Studierende aus anderen Ländern einzuladen (zu bezahlen mit einem Taschengeld), um als Experten o.ä. an der Schule tätig zu werden. (Englischunterricht mit Native Speaker? Oder zumindest jemandem, der kein Deutsch kann & deshalb Englisch als lingua franca verwenden muss?)


    Für zusätzliche Förderstunden: Kooperation mit weiterführender Schule. SuS aus der Nachbarschule bieten am Nachmittag Förderunterricht für ein Taschengeld an. Die SuS der Grundschule verpflichten sich, teilzunehmen. Für jede Teilnahme zahlen sie (ihre Eltern) 3 Euro. Sie bezahlen vorab für z.B. 6 Sitzungen. Pro Fördergruppe gibt es maximal 4,5,6, ... SuS.
    Vielleicht gibt es sogar in der Nähe eine BBS im Bereich Soziales, Erziehung, ... Vielleicht können die SuS "entsenden"? Für manche BBSen / Abschlüsse müssen SuS ein einjähriges (Sozial)praktikum nachweisen - vielleicht dort Werbung machen? (Für das Fachabitur könnte ein solches Praktikum vielleicht auch anerkannt werden - dann auch an regulären Gymnasien Werbung machen - je nachdem, wie die regionalen Bestimmungen sind).


    Kooperation mit der Kirche: Sie entsenden jemanden, um den Religionsunterricht (nicht die Bekehrung...) zu ermöglichen. [Wäre mMn der Unterricht, der am besten entfallen könnte...]


    Andere Organisation:

    Fachunterricht in der Sporthalle oder Aula oder auf dem Schulhof. Eine Lehrkraft könnte hier mehrere Klassen begleiten. In der Realität arbeiten einige SuS selbstständig (allein), die besonders "kreativen" SuS erhalten eine Dauerbetreuung.


    Intensivierte Verwendung von Lernapps in einzelnen Fächern (z.B. Antolin). Falls Tablets (für jede*n SuS eins) vorhanden.

  • Für alle Modelle, in denen z.B. eine Lehrkraft zwei Gruppen betreut. Oder statt 30 dann 45 SuS: Das führt natürlich zu einer Erhöhung der Arbeitszeit & Stressbelastung. Im Worst Case fallen weitere überlastete Kollegen aus. [Tatsächlich hielte ich es für besser, wenn nicht eine Lehrkraft zwei Klassen betreut. Stattdessen zwei Lehrkräfte drei Klassen betreuen. Das ist aber von der Größe der Schule abhängig.]


    Man müsste also gleichzeitig für Entlastung sorgen & diese auch im Kollegium kommunizieren. Aus meinem Kontext ist mir z.B. Folgendes bekannt: Ein Fach wird statt vierstündig nur noch dreistündig unterrichtet. Da die Faustformel lautet: pro Wochenstunde eine Klassenarbeit pro Schuljahr, wird die Anzahl entsprechend reduziert. Das reduziert den Zeitbedarf für den Entwurf einer Klausur und die Korrektur derselbigen. Das gleicht dann vielleicht ein wenig den erhöhten Zeitbedarf von mehr Klassenarbeiten und Elterngesprächen aus.


    Zum Thema "Kommunikation" (mit Kolleg*innen und Eltern): Wenn man es langfristig ankündigt, kann man vielleicht an einem Tag das Distanzlernen üben und während dieser Zeit Dienstbesprechungen (zu pädagogischen Zwecken) oder Elternsprechtage durchführen (statt diese nur im Nachmittagsbereich zu platzieren)?

  • Siehe dazu mein Ausgangsbeitrag:

    Kurzfristig, definitiv, aber langfristig müssen wir uns einfach ehrlich machen, dass wir uns nicht diese ganzen Freizeitstudiengänge nicht leisten können, wenn wir Engpässe haben, die systemrelevanten Bereiche mit Personal auszustatten. Es ist cool, dass man in Deutschland Saxophon, Skandinavistik und byzantinische Archäologie studieren kann, aber geht es im Zweifelsfall auch ohne?


    PS: Es ist echt spannend, zu erfahren, was es alles an Studiengängen gibt. Seit letztem Jahr kann man in München seinen Bachelor of Music in Steirischer Harmonika machen :staun: .

  • Was bei uns auch ein Thema ist:

    Man muss beachten, wann man ein Fach nicht mehr benoten kann.

    Kunst in Klasse 2 hat keine Note, in Klasse 3 aber schon.

    Unterricht, der durch die Pädagogischen Mitarbeiter:innen beaufsichtigt wird, kann nicht bewertet werden.


    Dazu finde ich es sinnvoll, wenn an schulintern Absprachen hat, was wie verteilt wird. Vertretungen setzen wir nach Möglichkeit nicht in die 1. Klassen. D und Ma geben wir eher in die Hände der (Stamm-)Lehrkräfte, wenn es irgendwie geht, anderes geht dann eher an Abordnungen oder PM, auch weil es einfacher ist, dafür Material bereitzustellen.

    Wir haben schon wirklich oft den Stundenplan umgestellt und dann sind die Zusatzkräfte (pädagogische Mitarbeiter:innen, Vertretungen o.a.) eben doch fest im Plan gesteckt.


    Noch ein Gedanke ist eine 4 Tage-Woche, braucht in der Grundschule aber Notbetreuung.

    Es bleiben 2 Klassen zu Hause, eine Lehrkraft übernimmt die Notbetreuung, die andere Unterricht in einer ganz anderen Klasse. Das wird je Wochentag gewechselt, sodass immer andere Kinder zu Hause sind.

    Das guckt sich die Behörde aber nicht lange an, merkt aber dann, dass sie handeln muss, wenn die Schule viel zu wenige Ressourcen hat und schon alles zusammengestrichen ist.

  • Sorry, Gymshark, wenn ich das jetzt so formuliere.

    Könntest du bitte einen anderen Thread aufmachen, wenn du überlegen möchtest, wo weiteres Personal herkommen kann.

    DAS ist nicht der Kern dieses Threads.


    Danke.

  • Du hast in dem Thread mehrere Fragen aufgeworfen, daher noch einmal die Frage an dich: Um welchen Zeitraum geht es dir konkret? Geht es darum, jetzt einen Personalengpass (übergangsweise) zu kompensieren, geht es um demnächst oder reden wir von "in den nächsten paar Jahren"? Je nachdem, was du suchst, führt entsprechend zu der Antwort, die wir dir im Rahmen unseres Brainstormings geben könnten.

  • Zumindest ma gedanklich durchspielen, ob Konzentration aifs Kerngewchäft Entlastung bringen könnte.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Von außen betrachtet: diese ganze Klassenzusammenlegerei liest sich gruselig. Was sind das denn bitte für Zustände 😳 Hat man da überhaupt Ruhe und Kontinuität in seinen Klassen, um vernünftig arbeiten zu können?


    Mich ärgert die Flickschusterei generell im Schulsystem. Eigentlich müsste man realistisch schauen, was mit dem verfügbaren Personal an einer konkreten Schule zu erreichen ist, und dementsprechend die Stundentafeln runterkürzen. Im Hybridunterricht unter Corona-Bedingungen war halbe Zeit mit halber Lerngruppe oft effektiver als der Regelbetrieb. Statt Lerngruppengrößen zu verdoppeln, müsste es bei angespannter Personalsituation eigentlich in die andere Richtung gehen und der Fokus auf ggf. quantitativ weniger, aber qualitativ hochwertige Lerneinheiten mit bestmöglichen Lernbedingungen gelegt werden statt auf maximale Kinderaufbewahrungsdauer.

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    Du hast in dem Thread mehrere Fragen aufgeworfen, daher noch einmal die Frage an dich: Um welchen Zeitraum geht es dir konkret? Geht es darum, jetzt einen Personalengpass (übergangsweise) zu kompensieren, geht es um demnächst oder reden wir von "in den nächsten paar Jahren"? Je nachdem, was du suchst, führt entsprechend zu der Antwort, die wir dir im Rahmen unseres Brainstormings geben könnten.

    Ich denke, die Frage habe ich bereits beantwortet.

    Zitat

    Ich weiß: die Lösung müsste sein - mehr Personal. Da unrealistisch, hilft das in der POV-Situation aber nicht weiter.

  • Zumindest ma gedanklich durchspielen, ob Konzentration aifs Kerngewchäft Entlastung bringen könnte.

    Sorry, aber lies bitte meinen Ausgangsbeitrag nochmal. Da geht es nur um die 200-Stunden Kerngeschäft. Und wie man Schule "kreativ anders denken kann", um außerdem noch Zeit für andere Aspekte des Kerngeschäfts (wie Förder etc.) zu haben.

  • Ich sitze langfristig vor der gleichen Aufgabe.

    In SH wird ja Jahrgangsübergreifender Unterricht bevorzugt/gewünscht/als Sparmaßnahme gesehen/ je nachdem, wie man dazu steht, aber es ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, aus 4x 35 Kindern pro Jahrgang 6 Lerngruppen zu bauen. Funktioniert, wenn die LK dahinter stehen.

    Andere Idee: Lernzeiten, in denen man die SuS in eigener Verantwortung Aufgaben bearbeiten lässt, die durch weniger Lehrkräfte als Klassen da sind beaufsichtigt werden, mit Unterstützung durch pädagogisches Personal /FSJ usw., so dass man hier Stunden spart.

    Oder: Im Mentoren-System Zeiten einbauen, in denen die Viertklässler die Erstklässler übernehmen: Lesetraining, Vorlesen usw, mit gutem Konzept und ritualisiert, so dass nur eine Lehrkraft für 2 Klassen z.B. nötig ist.

    Das fällt mir gerade noch ergänzend ein…

  • Noch ein Gedanke zum Thema Personal in Schule:
    Wir waren mal in der Situation, dass massenweise reguläre Lehrkräfte für mehrere Wochen und Monate ausfielen. Es ergab sich unendlich viel Vertretungsunterricht, also keine haltbare Situation. Uns wurde somit eine "Feuerwehrlehrkraft" seitens der Behörde genehmigt - wir mussten sie nur finden.

    Es gab genau einen Bewerber - von der Aktenlage her eher "exotisch". Vor dem Einstellungsgespräch hatten wir uns (mit Schulleitung, Personalrat. Gleichstellungsbeauftragte, Fachleiter etc.) darauf geeinigt, dass wir genau ein ausschlaggebendes Kriterium für die (befristete!) Einstellung hätten: Schafft es selbstständig in die oberste Etage des Gebäudes.


    Das war möglich, die Person damit vorübergehender (tatsächlich mehrmonatiger) Teil des Kollegiums. Es hat dazu geführt, dass alle in weniger Vertretungsunterricht eingespannt waren, die Klassen offiziell "betreut" waren. Was will man in Ausnahmesituationen mehr?

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    Selbstständiges Arbeiten: muss geübt und gelernt werden und war in den Kontexten, in denen ich es angewendet habe (Grundschule, 1. bis 3. Klasse, 25 bis 28 Kinder pro Klasse), massiv anstrengend: Differenzierte Pläne vorbereiten, jede Seite kontrollieren (und zwar nicht während der "Lernzeit"), denn während der Lernzeit gibt es permanent eine lange Schlange an Kindern, die Unterstützung braucht: Einmal das Normale, was man eh schon nebenbei mitmacht: Bleistift abgebrochen, Anspitzer funktioniert nicht, weil Mine drinsteckt (nein, kriegen Erstklässler nicht alleine raus, auch Drittklässler nicht unbedingt blutfrei), Tintenroller läuft aus, Wasserflasche umgekippt, Bein gestellt, Schultasche von anderem Kind zu lange angeguckt, Sachen weggenommen, etwas nicht verstanden, Bestätigungswünsche... Dann die Dinge, die durch das individuelle Lernen dazukommen: "Ich weiß nicht, was ich machen soll.", Aufgabenstellung nicht verstanden, die muss mit vielen Kindern einzeln geklärt werden, weil die individuell sind, viele Kinder fühlten sich zumindest in meinen Einzugsgebieten nicht genug gesehen, wenn sie individuell lernen sollten (und zwar Erstklässler, die gar keine andere Variante gelernt hatten) und kamen dadurch ständig an und wollten Aufmerksamkeit. Dann gibt es statt einer Schlange mit permanent 10 bis 20 Kindern halt die Klammern, die nach und nach abgearbeitet werden. In der Zeit können manche nicht weitermachen, weil sie eine Erwachsene bräuchten, die zu ihnen geht, sie darin bestärkt, eine andere Aufgabe zu nehmen. Die Erwachsene ist aber mit den anderen Kindern beschäftigt. Es kommt bei freieren Lernformen auch zu mehr Streit und Zwischenfällen. (Fragt nicht nach der Reihenfolge der Klammern.) Es dauert, bis das etabliert ist. Und dann sitzt man halt abends und am Wochenende und kontrolliert, um zu wissen, wo der Stand der Kinder ist, welches die nächsten Schritte sein könnten und so weiter. Wenn noch Kinder mit speziellen Bedürfnissen dazwischensitzen und mitbetreut werden müssen, wird es noch schwieriger.


    Das braucht Jahre, bis es etabliert ist. Die Selbstständigkeit, wie sie in der SekI da ist, haben die Kleinen einfach nicht.


    An meiner jetzigen Schule läuft es mit 22 bis 26 Kindern in der Klasse 1/2 besser. Allerdings ist es so, dass es dort keine Individualisierung der Pläne gibt, alle machen das gleiche und wer am Ende der 2. Klasse nicht ganz fertig ist, geht trotzdem in die 3. und hat dann ggf. einen Teil der Themen nicht geübt. (Einführungen gibt es trotzdem frontal, die Lernpläne werden in maximal 2 Stunden täglich bearbeitet.) Wer nicht dauerhaft arbeitet, wird durchaus mal angesprochen, aber es geht halt nur manchmal, weil auch bei uns die Lehrkraft immer eine Schlange aus mehreren Kindern bei sich hat. "Tja, dann machen die halt nichts, sie gehen ja trotzdem weiter in die 3. Klasse."

    In meiner letzten 3. Klasse war individuelles Lernen nur mit einer zweiten Erwachsenen drin überhaupt einigermaßen zu händeln, da es permanent zu Gewalt kam. Ich war nach diesen Stunden so fertig (Lärm, Unruhe, ADHS und Migräne bei mir), dass ich damit nach ein paar Wochen wieder aufgehört habe, ich wäre sonst krank geworden.


    D.h. individuelle Lernformen würde ich in der Grundschule nur als sinnvoll ansehen, wenn es Eltern, Praktikanten, Ehrenamtliche... gäbe, die dabei sind und unterstützen und auch am Nachmittag dabei sind, um die Aufgaben zu kontrollieren, die durch die vermehrt zu betreuende Schülerzahl dazukommen. Alternativ den Eltern direkt sagen, dass nur punktuell kontrolliert wird und das an der kompletten Schule so durchziehen, um die noch vorhandenen Kolleginnen nicht noch mehr zu verschleißen.


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    Eine zweite Variante, die es in Berlin gibt, ist Folgende: Die Stundendauer wird von 45 auf 40 min gekürzt. Dadurch stehen mehr Lehrerstunden zur Verfügung, d.h. jede Lehrkraft muss mehr Stunden unterrichten, hat ggf. mehr Lerngruppen, mehr Elternbetreuung etc. Andererseits stehen mehr Stunden zur Verfügung, um die Stundentafel abzudecken. Das ist offiziell auch so erlaubt, die 5 min machen offiziell keine großen Wissensverluste aus.

  • Eine zweite Variante, die es in Berlin gibt, ist Folgende: Die Stundendauer wird von 45 auf 40 min gekürzt. Dadurch stehen mehr Lehrerstunden zur Verfügung, d.h. jede Lehrkraft muss mehr Stunden unterrichten, hat ggf. mehr Lerngruppen, mehr Elternbetreuung etc. Andererseits stehen mehr Stunden zur Verfügung, um die Stundentafel abzudecken. Das ist offiziell auch so erlaubt, die 5 min machen offiziell keine großen Wissensverluste aus.

    Bei diesem Modell handelt es sich um eine Arbeitszeiterhöhung, weil ohne Ausgleich eine Lerngruppe mehr hinzukommt. Somit wie durch dich geschrieben mehr Unterrichtsvorbereitung, mehr Korrekturen, mehr Elterngespräche.


    Das 40+5 (oder 80+10) Modell kann durchaus sinnvoll an Schulen sein - wenn die gewonnene Zeit verwendet wird, um andere Angebote zu schaffen, die nicht zu einer Mehrbelastung der Lehrkräfte führen. Zum Beispiel können die so gewonnenen 160 Minuten pro Woche (wenn SuS eigentlich an 5 Tagen jeweils 6 Stunden à 45 Minuten hätten) in zusätzliche Klassenlehrerstunden investiert werden. Alles mögliche Organisatorische wird durch die Klassenlehrkraft im eigenen Fachunterricht bearbeitet, besprochen, ... Das ist zumindest in der Sek I (am Gymnasium) ein Problem, weil man die Klasse vielleicht insgesamt nur 3 Stunden in der Woche hat. Wenn alle Fächer etwas Zeit abgeben, dann verteilt sich die zeitliche Belastung auf alle.


    Was man mit der gewonnenen Zeit ebenfalls tun kann, ist die Umsetzung besonderer Konzepte. Bis ca. Ende Klasse 8 könnte ich mir z.B. Leseförderung vorstellen: SuS lesen (beaufsichtigt), ob im Klassenraum oder der Schulbibliothek. Vielleicht an zwei Tagen in der Woche, jeweils 40 Minuten. Die beaufsichtigende Lehrkraft hat hier keine zusätzliche Klasse, keine zusätzlichen Korrekturen etc.

    In Kombination mit der Personalknappheit hier im Thread könnte das vielleicht dazu führen, dass die lesende Klasse tatsächlich nur aus dem Nachbarraum betreut wird, keine eigene Lehrkraft hat.

  • Ich finde die von dir aufgeworfene Frage sehr interessant. Verstehe ich es richtig: es geht nicht um die Vertretungssituation, sondern generell darum, Stunden zu sparen? Was ich daran nicht so ganz verstehe: in der Stundentafel sind doch Förderstunden verankert. Wozu dann zusätzliche Förderstunden? Teamstunden im ersten Schuljahr? Es gibt doch an vielen (allen?) Schulen die sozialpädagogischen Fachkräfte, die die Erstschuljahreslehrer unterstützen. Was genau möchtest du denn mit den gesparten Stunden machen?

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