Wie wird bei Klausuren mit AI gespickt?

  • Liebe Leute,


    beim Korrigieren einer Q1 Klausur in Englisch schreiben Schüler, die im Unterricht nichts sagen, auch auf Nachfrage keinen graden Satz rausbringen, Sätze, die Begriffe enthalten, welche nie im Unterricht eingeführt wurden und sachlich oft auch leicht an der Aufgabenlösung vorbei gehen:

    „The narrative Voice blends external description with glimpses into the protagonist’s dialogue. The author skillfully reveals character dynamics and emotional undercurrents without directly stating them.”

    Darauf kommt doch kein Schüler, der einem noch nicht mal sagen kann, was er am Wochenende gemacht hat.

    Ich habe aber bei der Klausur keinen Handygebrauch entdeckt. Außerdem konnten die Schüler den vorgelegten Text, einen Romanauszug, vorab nicht kennen.
    Und selbst wenn ein Handy im Spiel war: wie kann man dann seitenweise sowas schreiben, zumal orthografisch fast einwandfrei. Hätte sich der S das irgendwie mit Knopf im Ohr diktieren lassen, wäre zumindest die Rechtschreibung katastrophal.

    Ich will einfach nicht glauben, dass schwache S sowas selbst geschrieben haben. Wie spicken die?

  • Hatten die Schüler die ganze Zeit beide Hände auf dem Tisch?

    Manche Schüler sind sehr geschickt, bedienen das Handy mit einer Hand, verstecken es in "weiter" Kleidung.

    Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, habe gleich bei meinen Kleinen (besitzen noch kein Handy) beobachtet, dass sie wirklich während der gesamten Arbeit beide Hände auf dem Tisch haben (eine einzige langte für wenige Sekunde einmal unter den Tisch), habe das auch in anderen Klassen inzwischen überprüft. Kurz, bei längerer Zeit eine Hand unter dem Tisch ist Aufmerksamkeit geboten.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Möglichkeit: Foto vom Aufgabentext in eine KI, dann das Handy z. B. zwischen die Oberschenkel auf den Stuhl und die gelöste Aufgabe abschreiben.

    Pro-Tipp von einem meiner Schüler, damit die Sprache nicht so auffällt:
    Die Lösung von der KI auf Deutsch übersetzen lassen und dann selbst ins Englische übersetzen, damit der Sprachstil nicht auffällt.

  • Bei uns in der Gegend ist jetzt ein "Knopf im Ohr" rumgegangen, mit dem ein Schüler erwischt wurde. So ein wenig James-Bond-Style. Gibt es wohl für €100 bei Amazon. Aber damit ist die Frage nach der Rechtschreibung im Ausgangspost nicht beantwortet.

  • Bei uns ist tatsächlich die Bedienung mit einer Hand unter dem Tisch in.

    Aktuell erwischen wir dank obigen Tipp einige (und insgesamt haben wir weniger KI verdächtige Lösungen).

    Aber wenn eine Variante nicht mehr klappt, wird eine andere kommen. Knopf im Ohr habe ich auch im Verdacht.

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  • Laut meinen Kindern fotografieren manche schon beim Austeilen die Angabenblätter in ChatGPT. Die Handys parken dann auf den Oberschenkeln, unter der Bank oder auch direkt unter den Blättern, auf denen sie schreiben. Wieder andere lassen sich die Lösungen diktieren (Knopf im Ohr). Damit der KI-Gebrauch nicht so auffällt, wird der Prompt angepasst in Bezug auf "einfache Sprache", Schülersprache" "Fehler einbauen" o.ä.. Manche SuS sind extrem geübt und Lehrkräfte oft zu unbedarft bzw. unaufmerksam, sodass es nur äußerst selten auffällt. Die KI-Arbeiten bekommen durch die Bank gute Noten und die ehrlichen Schüler fühlen sich zunehmend verarscht.

  • Sätze, die Begriffe enthalten, welche nie im Unterricht eingeführt wurden

    Nun ja, dass SuS in der Oberstufe nicht nur "eingeführte" Wörter verwenden, sondern sich einen eigenen fremdsprachlichen Wortschatz aufgebaut haben, finde ich jetzt nicht so verwunderlich. Wäre schade, wenn nicht?

    Außerdem konnten die Schüler den vorgelegten Text, einen Romanauszug, vorab nicht kennen.

    Vielleicht haben sie den Roman privat gelesen?

  • Mi KI zu pfuschen ist auch eine Kompetenz. Nicht unbedingt die angefragte aber immerhin.🤷

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • „The narrative Voice blends external description with glimpses into the protagonist’s dialogue. The author skillfully reveals character dynamics and emotional undercurrents without directly stating them.”

    Das liest sich für mich einfach wie ein vorgefertigter Satz aus dem Setzkasten, wie ich ihn meinen SuS auf einem "Useful Phrases"-AB austeile und der überall bei der Prüfung platziert werden konnte, da im besagten Beispiel kein Textbeleg angegeben wird. Liegt denn irgendwo einer vor?

  • Textbelege fehlen dann auch durch die Bank. Bin mir unsicher, ob ich die Lösung dann inhaltlich noch werte und mir Abzüge in der Darstellungsleistung mache?


    Ja, vllt war auch ein Handy unter der Jacke. Aber ich kann den S doch nicht in die Jacke greifen und bei 25-30S kann man nicht jeden immer beobachten.

    Früher hab ich bei der Klausur immer korrigiert. Selbst wenn dann mal einer einen Spicker mit ein paar Stilmitteln hatte… egal. Aber heute schau ich schon genau und trotzdem passiert es massenhaft.

    Ob man die S wohl mündlich nachprüfen könnte?

  • Textbelege fehlen dann auch durch die Bank. Bin mir unsicher, ob ich die Lösung dann inhaltlich noch werte und mir Abzüge in der Darstellungsleistung mache?

    Ohne Textbeleg würde ich jede einzelne Aussage nicht werten (weil es sonst etwas von Bingo hat: Wenn es in der Reihe um Reden geht, kann ich fast pokern, dass es Metapher, Klimax und Vergleiche gibt... usw..

    Dann bei der Darstellungsleistung 0 Punkte in Zitierweise, sowie vermutlich (je nach weiterem Inhalt) Aufgabenbezug.

  • Wir haben jetzt angefangen, in Oberstufenklausuren die Aufgabenstellung so zu gestalten, dass sehr konkrete Bezüge zu den Materialien (in der Regel Texte) aus dem Unterricht gefordert werden, allerdings ohne diese Texte zu benennen: Refer to texts and materials discussed in class, oder so. Wir bennenen die Texte nicht, weil die KI ja durchaus auch oft Zugriff auf Standardtexte hat. Und die KI weiß ja nicht von selbst, welche Texte wir hatten. Ja, man könnte sie im Vorfeld trainieren und die Texte einlesen, also ist es nicht DIE Lösung, aber es ist halt wenigstens nochmal eine Barriere mehr.

  • Wir haben jetzt angefangen, in Oberstufenklausuren die Aufgabenstellung so zu gestalten, dass sehr konkrete Bezüge zu den Materialien (in der Regel Texte) aus dem Unterricht gefordert werden, allerdings ohne diese Texte zu benennen: Refer to texts and materials discussed in class, oder so. Wir bennenen die Texte nicht, weil die KI ja durchaus auch oft Zugriff auf Standardtexte hat. Und die KI weiß ja nicht von selbst, welche Texte wir hatten. Ja, man könnte sie im Vorfeld trainieren und die Texte einlesen, also ist es nicht DIE Lösung, aber es ist halt wenigstens nochmal eine Barriere mehr.

    Auch eine gute Idee. Aber letztlich ist das auch nur ein Unteraspekt. Wenn der Bezug zu anderen Texten fehlt gibts einige Punkte Abzug, aber letztlich kommt der S doch durch, obwohl er nichts kann.

    Ich finde das so frustrierend: man bereitet Musterlösungen vor, schaut Schülerhausarbeiten durch, macht aufmerksam die Positivkorrektur.
    Aber dann fehlen die S oft, viele sehen den Klausurtermin nur als Hinweis und kommen zur Nachklausur, die man auch wieder extra ausarbeiten muss.
    Im Unterricht folgen nur wenige S und lassen sich zumeist Lösungen von AI erstellen ohne auf Nachfrage erklären zu können was das heißt. Angeblich mit nem Freund zusammen gemacht, schon zu lange her etc.

    Ich habe mittlerweile den Eindruck, von vielen S von vorne bis hinten verar… zu werden. Hemmungslos.

  • Ich habe mittlerweile den Eindruck, von vielen S von vorne bis hinten verar… zu werden. Hemmungslos.

    Für die Oberstufe gilt für mich: Ich ziehe mir diesen Schuh nicht an.
    Positivkorrektur gibt es bei mir nicht mehr, dafür biete ich Einzelgespräche zu Extraterminen an (- ich hab das neulich mal in einem anderen Thread erläutert, warum ich das als Arbeitserleichterung auf verschiedenen Ebenen sehe). Wenn Schüler Hausaufgabentexte vorlesen, die den Eindruck erwecken, selbst geschrieben zu sein, gibt es ausführliches und detailliertes Feedback. Wenn ein Text als Hausaufgabentext KI erkennbar ist, sage ich sowas wie: "Interessant, von einer KI würde das vermutlich ähnlich klingen." und rufe den nächsten auf. Ich habe weder Interesse auf Diskussionen, wenn ich Schüler "falsch" verdächtige, noch will ich den Detektiv spielen, um ihnen etwas nachzuweisen. Und ich werde sicher nicht mehr Zeit für Feedback aufwenden, als es den Schüler gekostet hat, einen Prompt zu formulieren. Wie gesagt, in der Oberstufe. In der Mittelstufe ist das natürlich nochmal anders, weil ich hier noch mehr Erziehungsauftrag wahrnehme.

    Zu den Materialien aus dem Unterricht: Wenn die Aufgabe konkret darin besteht, dass diese Bezüge hergestellt werden, dann fehlen nicht nur ein paar Punkte, sondern es ist eine Themaverfehlung, wenn nicht auf solche Materialien konkret eingegangen wird. Und man kann das ja durchaus in mehr als einer Aufgabe einfordern.

  • Mir ist es auch ein Rätsel. Es liefern Schüler KI Texte ab, die in der Klausur direkt frontal vor mir sitzen und bei denen ich schon gezielt genauer hinschaue. Und dennoch passiert es wieder und wieder.

    Ich hab den Schülern die besonders geschwungenen Sätze zuletzt auf Deutsch vorgelegt und darum gebeten, das bitte mal sinngemäß im Englischen zu formulieren. Oder einzelne Wörter zu erklären, die garantiert nicht ihrem Wortschatz entstammen. Bisher haben ausnahmslos alle dann den KI Einsatz zugegeben und ich habs nicht gewertet. Allerdings mag bei der Frage nach dem Wie noch keiner so richtig rausrücken..

  • Mh, das Problem konnte ich in meinen Lerngruppen (Oberstufe) noch nicht beobachten.

    Für Klausuren bekommen alle von der Schule Papierbögen gestellt, so wie bei einer zentralen Prüfung auch. Diese Bögen sind gestempelt. Handys und andere Geräte müssen vorne abgelegt werden, so wie auch Taschen und Jacken. Bei Verdacht lasse ich den Schüler kurz aufstehen, aber das passiert eigentlich nie. Bei einer relativ kurzen Arbeitszeit (90 Min oder weniger) bitte ich die SuS darum, nur vor oder nach der Klausur die Toilette aufzusuchen. Ich formuliere es als Bitte und das reicht auch schon. Die SuS halten sich dann auch daran.

    Vor den Klausuren kläre ich meine Lerngruppen darüber auf, warum Betrug nicht in Ordnung ist und dass sie es sich bei mir wirklich verscherzen, wenn sie meinen, es probieren zu müssen. Ich versuche es also auch über die Beziehungsebene. Ich weiß von manchen SuS, dass das etwas bewirkt hat.

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