Schwanger vor Dienstantritt

  • Und du glaubst in einem normalen Beruf wäre das auch so gewesen?

    Also ich finde, dass ich einen ziemlich normalen Beruf habe.

    Ich habe es oben schon geschrieben: In dieser Hinsicht haben wir keinen normalen Beruf. Wir sind in einem Dienstverhältnis, bei dem Loyalität gegenüber dem Dienstherr, aber eben auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nochmal deutlich höher gehängt sind als in einem normalen Beschäftigungsverhältnis. Beide Seiten, sowohl der Dienstherr als auch die Beamten, erkaufen sich die Privilegien, die damit einher gehen, teuer.

  • Also ich finde, dass ich einen ziemlich normalen Beruf habe. Auch nicht absurder als Plant Manager, Hair Stylist oder Payroll Executive.

    Abgesehen davon, dass die Anpassungsstörung nur 6 Monate diagnostiziert werden kann und du damit wieder mal bewiesen hast, dass andere keine Ahnung haben, wer warum wie lange fehlt: dass der Beamte im Vergleich zum Hairstylisten ein privilegiertes Beschäftigungsverhältnis hat, sollte klar sein. Der Hairstylist würde nach 6 Wochen Krankengeld bekommen und irgendwann seinen Job verlieren.

    Das heißt aber nicht, dass er deswegen mehr aushält. Ich bin dankbar für die Privilegien, ich nutze sie aber nicht aus. Als Hairstylistin wäre ich schlicht und ergreifend zur Erkrankung auch noch existenziell bedroht gewesen.

  • Ich habe es oben schon geschrieben: In dieser Hinsicht haben wir keinen normalen Beruf. Wir sind in einem Dienstverhältnis, bei dem Loyalität gegenüber dem Dienstherr, aber eben auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn nochmal deutlich höher gehängt sind als in einem normalen Beschäftigungsverhältnis.

    Naja, aber das ist eben nicht nur bei Lehrern so, sondern auch bei Polizisten, Zollbeamten, Finanzbeamten, Verwaltungsbeamten, Beamten bei der Telekom und und und, die profitieren alle von solchen Vorteilen, haben aber auch eben solche Nachteile.

  • Einige meiner langzeiterkrankten Kollegen (ja, es waren durchaus einige) hatten eine Krebserkrannung. Andere schwere OPs. Andere Depressionen.

    Das muss ein Spaß sein @State of Trance!

  • Einige meiner langzeiterkrankten Kollegen (ja, es waren durchaus einige) hatten eine Krebserkrannung. Andere schwere OPs. Andere Depressionen.

    Das muss ein Spaß sein @State of Trance!

    Und in einem anderen Fall war eine Kollegin aufgrund einer Scheidung und des damit verbundenen Stresses über ein Jahr mit vollen Bezügen zu Hause. Anekdotische Evidenz bringt hier aber kaum weiter. Es ist unbestritten, dass bei langen Ausfällen von Kollegen häufig erhebliche gesundheitliche Probleme dahinterstehen. Das steht aber nicht im Widerspruch dazu, dass es in unserem Beruf tatsächlich "zu einfach" ist, auch aufgrund weniger erheblicher Probleme lange Zeit (oder alternativ sehr häufige kurze Zeiten mit kurzen Unterbrechungen) bei vollen Bezügen wegbleiben zu können. In der Wirtschaft endet das i.d.R. mit einer personenbedingten Kündigung, im öffentlichen Dienst halt nicht.

  • To be fair: Die Krankheitstage bei Lehrkräften sind im Durchschnitt tatsächlich niedriger als der Durchschnitt der Arbeitnehmer insgesamt. Problematisch sind halt die wenigen (und es sind auch nur wenige) Fälle mit dauerhaftem oder extrem häufigen Fernbleiben, welches nicht in jedem Fall wirklich entsprechende gesundheitliche Gründe hat. Hier gibt es einfach Lücken in der Frage nach Konsequenz entsprechenden Verhaltens, die ausgenutzt werden können. Erfreulicherweise nutzen dies aber wie erwähnt nur sehr wenige auch wirklich aus.

  • To be fair: Die Krankheitstage bei Lehrkräften sind im Durchschnitt tatsächlich niedriger als der Durchschnitt der Arbeitnehmer insgesamt.

    Wie wäre es, wir ließen es dabei einfach bewenden? Warum muss immer noch einer tippen, dass er wen kennt, der das System bestimmt ganz dolle ausgenutzt hat, weswegen er, der Redliche, der Gelackmeierte sei? Es kennt sicher auch jemand einen Apotheker, der Steuern hinterzogen hat. Deswegen sind kriminelle Apotheker aber kein gesellschaftsrelevantes Problem, was man im Apothekerforum ansprechen müsste, damit Mitlesende sich bestätigt fühlen, dass alle Apotheker kriminell sind.

  • Und auch das ist kein Spaß für die. Etwas mehr Mitgefühl würde einigen doch gut stehen.

    Ich habe absolut nichts von "Spaß" geschrieben und die Kollegin hatte unser aller Mitgefühl. Und sei versichert, dass das Leitungsgremium in schwierigen privaten Situationen immer ein offenes Ohr für Kolleginnen und Kollegen hat und gemeinsam nach Entlastungsmöglichkeiten sucht. Dass man sich aber aufgrund einer schwierigen privaten Situation einfach über einen so extrem langen Zeit bei voller Bezahlung aus dem Job herausziehen kann, ist einfach nicht tragbar.

  • Wie wäre es, wir ließen es dabei einfach bewenden? Warum muss immer noch einer tippen, dass er wen kennt, der das System bestimmt ganz dolle ausgenutzt hat, weswegen er, der Redliche, der Gelackmeierte sei? Es kennt sicher auch jemand einen Apotheker, der Steuern hinterzogen hat. Deswegen sind kriminelle Apotheker aber kein gesellschaftsrelevantes Problem, was man im Apothekerforum ansprechen müsste, damit Mitlesende sich bestätigt fühlen, dass alle Apotheker kriminell sind.

    Der Vergleich hinkt doch. Es geht hier gerade um die systembedingte Problematik hohen Krankenstands in Deutschland und die insbesondere im öffentlichen Dienst zu niedrige Hürde, sich oft oder längere Zeit herausziehen zu können, ohne weitere Konsequenzen befürchten zu müssen. Darauf dass das zum Glück nur im Ausnahmefall vorkommt, hatte ich hingewiesen. Was das nun mit "kriminellen Apothekern" zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

  • aber du hast selbst geschrieben, dass die Krankheitszahlen trotzdem drunter sind.
    Es ist also davon auszugehen, dass die Person auch krankgeschrieben wäre, wenn sie nur angestellt wäre.
    Dass man den positiven Punkt, dass Beamte kein Krankengeld haben, in Kauf nimmt und nutzt, heißt nicht, dass man ihn ausnutzt. Mein Mann hat ständig Mitarbeiter*innen im Krankengeld und regelmäßig Fälle, wo versucht wird, Lösungen zu finden, damit sie eben NICHT aus dem Krankengeld fallen (nach 78 Wochen).
    Ob ich (ich kann nur für mich sprechen) früher arbeiten gehen würde, hätte ich keine Lohnfortzahlung? Vermutlich. Wäre es gut? Nein. Wäre es gegen jeden ärztlichen Rat? Ja. Würde ich danach vermutlich noch stärker erkranken und vermutlich noch mehr Wochen ausfallen, als vielleicht geplant? definitiv.
    Rückseite der Medaille: der angestellte Mitarbeiter, der nur auf Ausnutzung des Krankengelds aus war (den gibt es sicher auch. Nach Abzug vieler arbeitsgebundenen Kosten kann das Krankengeld auch ganz nett sein,) kann bei Androhung der Aussteuerung nach 78 Wochen wieder gesunden, der Beamte kann schon viel früher in die DU geschickt werden.
    Ähnlich bei scheiternder Wiedereingliederung: dann ist man als Angestellter einfach weiter krankgeschrieben, beim verbeamteten Lehrer droht sofort der Amtsarzt und die DU. Glaub mir: DIE Angst ist nicht förderlich für den Wiedereinstieg, weil es eben kein Trial & error gibt.

    Ich stimme zu: das System kann ausgenutzt werden (und wird es sicher auch), aber ich hab im Krankenhaus genug Leute getroffen, die seit über 6 oder 12 Monaten im Krankengeld waren, zum Teil mit mehreren Unterbrechungen durch Arbeit und trotz finanzieller Einbüsse es von außen beobachtet vielleicht genossen.
    Oder vielleicht hatten sie sich damit abgefunden, weil der Körper einfach nicht anders konnte.

    So verrückt, hier in vielen Beiträgen zu schreiben "krank ist krank, NICHT antworten" und gleichzeitig von den einfachen Missbrauchsmöglichkeiten zu sprechen.

  • Der Vergleich hinkt doch.

    Ja, der Vergleich mit dem Apotheker hinkt. Der Vergleich des Beamten im Schuldienst mit "der Wirtschaft" hinkt aber eben auch, weil es eben ganz grundsätzlich unterschiedliche Formen der Beschäftigung sind.
    Das ist übrigens ein Punkt, der - völlig zurecht - auch regelmäßig angebracht wird, wenn Kollegen sich beschweren, dass dies oder das für Beschäftigte in der freien Wirtschaft besser wäre. Auch das kann man einfach nicht vergleichen.

    Beamte haben gewisse Privilegien. Dafür geben sie an anderer Stelle Freiheiten und Rechte auf. Priviligien durch Vortäuschung falscher Tatsachen auszunutzen, ist nicht okay. Aber die Privilegien, die man sich eben durch die Aufgabe von Rechte und Freiheiten erkauft, in ihrem Sinne zu nutzen, eben bspw. wirklich krankgeschrieben zu sein, bis man körperlich und geistig wieder fit und dienstfähig (nicht arbeitsfähig!) ist, entspricht der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Dienstverhältnis.

    Wie gesagt, ich persönlich bin zwar froh über meinen Beamtenstatus, finde aber objektiv betrachtet nicht, dass Lehrer unbedingt Beamte sein müssen. Solange sie das aber sind, müssen sie sich halt mit Abordnungen und Versetzungen und Erhöhung der Pflichtstundenzahl abfinden (- bzw. halt politisch dagegen vorgehen -) und damit, dass sie nicht streiken dürfen. Im Gegenzug muss sich der Dienstherr mit den Pensionen abfinden und damit, dass der Beamte im Sinne der Gesunderhaltung vielleicht im Einzelfall länger krankgeschrieben bleibt als ein Beschäftigter in der Wirtschaft. Quid pro quo.

  • [...] die systembedingte Problematik hohen Krankenstands in Deutschland [...]

    Welche Problematik? Wir sind die 3./4. stärkste Volkswirtschaft der Welt. Offensichtlich ist vieles kein wirkliches Problem oder eins, dass wir uns leisten können. ;)


    Ansonsten zum Thema Missbrauch von Schutzrechten. Es wird immer in jedem System einen kleinen Anteil von Leuten geben, die die Regeln missbrauchen. Es lohnt sich nicht, sich darüber aufzuregen, solange das System insgesamt funktioniert. Dafür gibt es eine überwältigende Mehrheit an Menschen, denen es hilft.

  • Der Krankenstand unter verbeamteten (?) Lehrer*innen ist also nach Seph niedriger als anderswo. Chilipaprika berichtet, dass sie dank der - ich nenne es mal arbeitnehmer*innenfreundlichen - Regelungen die Zeit hat, wirklich gesund und zu einem angemessenen Zeitpunkt in den Dienst zurückzukehren. Die arbeitnehmer*innenfreundlichen Regelungen bestehen also in einem Zustand, in dem es den Arbeitnehmer*innen (ich weiß, wir sind eigentlich Beamte, aber ich will es jetzt zum Zwecke der Verallgemeinerung mal so benennen) besser geht und für die Arbeitgeber weniger Ausfälle ihrer Arbeitskräfte bestehen. Es ist also ein positiver Zustand für beide Seiten.

    Mir scheint es so, als wäre es besser darüber zu diskutieren, 'unsere' arbeitnehmer*innenfreundlichen Regelungen auf andere Bereiche der Gesellschaft und des Arbeitslebens auszuweiten, als sie bei uns zu beschneiden.

    Unter dem Deckmantel eines Problems, das gar kein großes Problem zu sein scheint, wenn man sich den Krankenstand unter Lehrer*innen und auch den Stand unserer Volkswirtschaft im Vergleich anschaut, sollen Arbeitnehmer*innenrechte beschnitten werden. Das ist leider das kleine Einmaleins kapitalistischer, wirtschafts'liberaler' Politik und bezeichnend für den mMn völlig verschobenen Diskurs in Gesellschaft und Politik bezüglich Arbeitnehmer*innenrechte.

  • Naja, bei uns sind die Vertretungsstellen in der Regel Studenten, da bringen ihnen Planstellen nicht wirklich was.

    Das ist ja auch in Ordnung. Die können gar nicht auf eine Planstelle gesetzt werden.

  • Der Vergleich hinkt doch. Es geht hier gerade um die systembedingte Problematik hohen Krankenstands in Deutschland und die insbesondere im öffentlichen Dienst zu niedrige Hürde, sich oft oder längere Zeit herausziehen zu können, ohne weitere Konsequenzen befürchten zu müssen. Darauf dass das zum Glück nur im Ausnahmefall vorkommt, hatte ich hingewiesen. Was das nun mit "kriminellen Apothekern" zu tun hat, erschließt sich mir nicht.

    Nein, darum geht's hier gar nicht. Es geht um BV bei Schwangerschaften seit Corona. Und es geht darum, dass euer Geunke, wer sich angeblich einen schlauen Lenz macht, dem Ansehen sowohl von hart arbeitenden Lehrerinnen und Lehrern als auch Erkrankten schadet. Nicht das Verhalten einzelner, die sich angeblich falsch verhalten sondern das Lästern darüber, ohne dass man überhaupt einen Nachweis hat, ob das denn stimmt.

    Zu deiner Kollegin: vielleicht hat sie Panikattacken entwickelt? Zusätzlich einen Tumor in der Brust entdeckt, den sie jetzt behandeln lassen muss? Du weißt doch überhaupt nichts über die Diagnosen dieser Person und es geht dich auch nichts an.

  • Zu deiner Kollegin: vielleicht hat sie Panikattacken entwickelt? Zusätzlich einen Tumor in der Brust entdeckt, den sie jetzt behandeln lassen muss? Du weißt doch überhaupt nichts über die Diagnosen dieser Person und es geht dich auch nichts an.

    Und in keinem dieser Fälle könnte man in einem normalen Job 1 Jahr bei vollen Bezügen zu Hause bleiben. Das ist doch genau der Punkt, um den es geht.

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