Ich habe den Seiteneinstieg an einer Grundschule aufgrund von gesundheitlichen Problemen nach 17 Monaten vorzeitig beendet. Die letzten 5 Monate davon habe ich nicht mehr gearbeitet. Vor dem Seiteneinstieg war ich bereits knapp 1 Jahr an einer anderen Grundschule als Vertretungslehrer tätig.
Nun habe ich die Langzeitbeurteilung von meiner Schule erhalten. Zu meiner negativen Überraschung ist es insgesamt mangelhaft (Fach 1: ausreichend; Fach 2: mangelhaft; insgesamt: mangelhaft). Obwohl ich mit einem durchwachsenen bis schlechten Zeugnis gerechnet hatte, war und bin ich geschockt von diesen Bewertungen. Ich hatte mit einer zwei bis drei in Fach 1 gerechnet. So sagte es mir meine Mentorin in Fach 1 auch mündlich, und zwar unmittelbar (!), bevor sie mich bat, schon einmal die Einzelbewertung des Fachs 1 zu lesen und direkt zu unterschreiben. Sie hatte meine Bewertung des Fachs 1 schon frühzeitig fertiggestellt, sodass ich sie schon zu einem früheren Zeitpunkt hätte unterschreiben können. Ich habe mich damals geweigert, die Einzelbewertung zu unterschreiben, da ich sofort bemerkte, dass ihre soeben getätigte Aussage ‚zwei bis drei‘ absolut nicht mit dem Text übereinstimmte, der unter anderem Formulierungen wie „... hat zufriedenstellend gearbeitet“ oder „...im Wesentlichen erfüllt...“ enthielt, was eher einer Note 4 bis 5 entspricht. So weit, so seltsam.
Vor allem, weil ich mit meiner Mentorin in Fach 1 stets ein gutes Verhältnis hatte und ich sie immer als fair und mir wohlwollend gegenüberstehend wahrgenommen habe. Nach einer Recherche habe ich sie - bereits nach meinem Beschäftigungsende - freundlich und sachlich per E-Mail darauf hingewiesen, dass ich die Formulierungen recherchiert hätte und es eine Diskrepanz zwischen dem von ihr Gesagten und dem von ihr Geschriebenen gäbe. Sie verbat sich eine Einmischung und meinte, sie hätte problematische Formulierungen nun entfernt und müsse das Zeugnis eh formal noch einmal umformulieren, da sie sich an einer neuen Vorlage (die auch eine ‚echte‘ Note erfordert) orientieren müsse. Das Ergebnis dieser Umformulierung bleibt leider dasselbe: ‚Ausreichend‘ für Fach 1 plus einen dazu passenden Bewertungstext. Meine Fachleitung vom ZfsL hat mir in Fach 1 übrigens eine 2 gegeben, und mein eigenes Gefühl ging auch in Richtung mindestens 3. Die 4 passt da einfach überhaupt nicht ins Bild.
In Fach 2 habe ich ebenfalls eine böse Überraschung erlebt, dort jedoch unter schlechteren Grundbedingungen. In Fach 2 hatte ich tatsächlich Probleme, einen konsistenten Unterricht zu planen und durchzuführen. Entsprechend bin ich von einer 4 ausgegangen. So wurde ich auch von meiner Fachleitung bewertet. Letztendlich ist es ‚mangelhaft‘ geworden, was mich wirklich schockiert hat. Und auch böse Folgen für mich hat. Aber dazu später. Neben der schlechten Note kann ich besonders eine Formulierung absolut nicht nachvollziehen: ‚Xy wurde sich seiner Vorbildrolle den Kindern gegenüber zunehmend bewusst.‘ Auf Deutsch: Ich bin meiner Rolle als Vorbild den Kindern gegenüber nicht gerecht geworden. Für mich eine wirklich üble Beurteilung, die mich neben - gewiss vorhandenen - fachlichen Schwächen als Lehrperson insgesamt schlecht aussehen lässt. Ich arbeite nun seit neun Jahren an Grundschulen mit Kindern (zuvor OGS), und noch nie wurde ich mit diesem Vorwurf konfrontiert. Auch meine Mentorin aus Fach 2 hat dies mir gegenüber persönlich zuvor nie erwähnt. Auch dies finde ich äußerst seltsam. Allerdings hatte ich zu ihr auch generell ein schwieriges Verhältnis.
Fach 1 wurde also statt einer zwei bis drei eine vier, Fach 2 statt einer 4 eine 5. Beides für sich genommen schon schlimm genug. Vor allem, weil ich beabsichtige, in Fach 1 - wie auch bereits zuvor schon - wieder als Vertretungslehrer zu arbeiten.
Noch schlimmer ist allerdings, dass nun die gesamte Langzeitbeurteilung der Schule (so nennt sich das Zeugnis genau genommen) ebenfalls mangelhaft ist. Meine Rektorin erklärte mir bei der Zeugnisabholung, dass sie mir ja gerne mindestens insgesamt ein ausreichend gegeben hätte, aber ihr leider die Hände gebunden seien, da sie nur ganze Noten geben könnte (statt beispielweise eines ausreichend minus) und die Einzelnoten durch 2 geteilt ja 4,5 und somit ein mangelhaft ergäben. Sie sagte auch, dass die Schulnote immer ein mangelhaft sein müsse, wenn ein Fach mangelhaft sei. Da ich tatsächlich etwas unter Schock stand, während sie mir das erläuterte, bin ich mir nicht mehr ganz sicher, welche dieser Gründe sie hauptächlich meinte.
Wie immer es auch sein mag: Dieses Zeugnis bedeutet im Prinzip das komplette Ende meiner Tätigkeit als (Vertretungs-)Lehrer. Und das, obwohl ich in Fach 1 - also in dem Fach, in dem ich auch einen universitären Hintergrund habe, von meiner Fachleitung (nach 2 unbenoteten und 2 benoteten UBs) mit einer 2 bewertet wurde und meine Mentorin mir - zu meinem eigenen Gefühl passend - mündlich eine 2-3 ‚versprochen‘ hatte. Mit diesen Noten hätte ich mich - wie von mir geplant - gut als Vertretungslehrer für Fach 1 bewerben können.
Nun habe ich einmal darüber geschlafen, und bei mir sind viele Fragen aufgetaucht. Zunächst einmal habe ich mich natürlich mit der 5 in Fach 2 beschäftigt und mich gefragt, in welchen Fällen eine solch schlechte Note gerechtfertigt ist. Ich habe ja schon angemerkt, dass ich dort größere Probleme hatte, ich bin also durchaus selbstkritisch. Die absoluten Grundlagen - respektvoller Umgang mit den Kindern, Vorbildrolle, Ritualisierung der Unterrichtsabläufe, Herstellen einer arbeitsförderlichen Atmosphäre (mit Abstrichen) - habe ich aus meiner Sicht aber erfüllt. Fachlich war es dann wahrscheinlich meist eher ‚bemüht‘ als ‚gekonnt‘. Und genau deshalb stößt mir dieser Satz ‚zunehmend seiner Rolle als Vorbild bewusst geworden..‘ (o.ä.) so dermaßen auf. Weil er mir als absolut grundlegend erscheint. Und ich mich frage, ob er als Rechtfertigung für eine 5 genutzt werden könnte bzw. hier so genutzt wurde.
Da meine Rektorin, die mich in der Langzeitbeurteilung ja auch bewertet, sich für ihre Bewertung größtenteils bei den Einzelbewertungen von Fach 1 und Fach 2 bedient hat, steht dieser unselige Satz nun auch noch mehrmals in meinem Zeugnis. Leider war ich während meiner Zeugnisabholung und -unterschrift nicht geistesgegenwärtig genug, da direkt drauf einzugehen. Das werde ich nächste Woche dann noch nachholen.
Dieses für mich überraschend schlechte Zeugnis inklusive der beschriebenen Umstände haben mich misstrauisch werden lassen. Zudem an der Schule während meiner relativ kurzen Anwesenheit mehrere Lehrerinnen im Streit und unter seltsamen Umständen gegangen sind.
Für diejenigen, die noch dabei sind: Danke fürs Mitlesen und Mitdenken! Das ist ja ein ziemlicher Roman hier. Die genauen Umstände sind aber wichtig für meine folgenden Fragen:
- Was seht ihr für mich für Möglichkeiten, mich gegen dieses Zeugnis zu wehren?
- Ist ein ‚mangelhaft‘ besonders begründungsbedürftig?
- Was haltet ihr von dem von mir genannten kritischen Satz über meine fehlende Vorbildrolle?
- Wird ein Schulamt mir eine Einstellung als Vertretungslehrer trotz Einladung zum Vorstellungsgespräch und positiv verlaufenem Gespräch aufgrund dieses Zeugnisses verwehren?
- Was haltet ihr von der Aussage, dass meiner Rektorin die Hände gebunden sind hinsichtlich der Gesamtnote?
Ich freue mich über jegliche Rückmeldung und bedanke mich erneut fürs Mitlesen und Mitdenken.
Grüße!
Lehra