Mitglied bei der GEW, sinnvoll?

  • Noch eine kleine Ergänzung (Werbeblock - ok, es ist noch nicht Mittwoch ;) )

    Mit der Mitgliedschaft verbindest du ein Versicherungs- und Beratungspaket (mal flapsig gesagt) mit einer Interessenvertretung. Letztere sollte möglichst viel Rückhalt haben, um wenigstens mit starker Stimme sprechen zu können, wenn schon für uns verbeamtete LKe die klassischen Möglichkeiten der Gewerkschaftsarbeit verschlossen sind (Streik, Tarifverhandlungen).

    Bei Ersterem ist es wie bei jeder Versicherung: Die Masse macht's. Viele tragen dazu bei und wenn dann der Notfall eintritt, bekommt der/die Einzelne Hilfe. Ich persönlich brauchte zum Glück die Angebote des Verbandes noch nicht (einmal stand es aber knapp davor), die sind aber im Hintergrund wertvoll. Meiner Frau hat mal ein Hinweis der GEW >1500€ eingebracht (da wurde ein Musterbrief verschickt, dass man wegen Altersdiskriminierung Widerspruch gegen die Besoldung einlegen soll) und einer Freundin mit befristetem Vertrag als Angestellte wurde vor ca. 20 Jahren die Verbeamtung zuteil, weil die GEW einen Formfehler im Vertrag gefunden hatte und die anschließende Auseinandersetzung auch begleitete.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Ob sich der Mitgliedsbeitrag für eine Gewerkschaft lohnt, merkst du erst, wenn du sie brauchst.
    Ich bin nach dem Studium etwas über 3 Jahre "fremd gegangen" und hab eine Ausbildung zum Grafen absolviert. (Lithograph und Reprophotograph). Während dieser Zeit hatte ich auch eine Ausbildung zum Scanner-Operator und Systemoperator am elektronischen Bildverarbeitungssystem absolviert.
    Als die Arbeitsbedingungen immer stressiger wurden, hab' ich gekündigt und ins Referendariat gewechselt.

    Was das mit der Gewerkschaft zu tun hat? Ich war in dieser Zeit (1986) nicht mehr GEW-Mitglied, sondern Mitglied der IG Druck&Papier. Nach meiner Kündigung verlangte der Chef der Firma von mir die Erstattung von Ausbildungskosten in Höhe von 120.000 Mark - was in heutiger Summe gut und gerne 250.000 € entspricht. Der Jurist des DGB hat die Forderung abgeschmettert. Kostenlos.
    Ein Anwalt hätte seine Gebühren am Streitwert orientiert.

    Auch während meiner Tätigkeit als Lehrer hab' ich immer mal wieder die Rechtsberatung der GEW angerufen und wichtige Tipps bekommen, Fortbildungen der GEW besucht und über die GEW Freundschaften geknüpft. Das Wissen, eine starke Gemeinschaft an der Seite zu haben, hilft über manche Unbill hinweg und stärkt den Rücken. Meine Gewerkschaftsbeiträge haben sich mehr als amortisiert.

    Die GEW-Zeitung lese ich immer noch gerne, auch die Pensionärstreffen und Ausflüge/Museumsbesuche, bei denen es Kaffee und Kuchen auf Gewerkschaftskosten gibt, nehme ich gerne mit - zumal man dort immer wieder gleichgesinnte und nette Leute trifft.
    Falls du den Beitrag als Anlagekapital siehst, das sich verzinsen muss, lass es. Kann sein, kann nicht sein.

    Ja. Gewerkschaftsmitgliedschaft lohnt sich.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • ... btw. noch ein weiterer Aspekt, wenn man wirklich die Euros zählt ;)

    Bei der Steuererklärung kann man den Mitgliedsbeitrag angeben. Dadurch verringert sich der Beitrag Pi mal Daumen im Nachgang um ein Drittel.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Hallo!

    Ich bin nach dem Ref in die GEW eingetreten, weil ich als Refi komisch behandelt wurde. Z.B. erhielt ich ein Gutachten von meinem Pädagogen mit lauter (!) Rechtschreibfehlern etc. - es sah wirklich schlimm aus. In meiner Akte fand sich hinterher ein ganz anderes Gutachten. Etc. pp. Damals habe ich mit einem Kollegen von der GEW besprochen, der mich gut beraten hat. Also wollte ich hinterher etwas "zurückgeben".

    Ansonsten sehe ich es wie die Vorredner:innen: die Gewerkschaften streiten für uns ALLE, egal, ob Mitglied oder nicht. Manchmal findet man nicht alles gut, was passiert - dann kann ich auch hingehen zu den Treffen und mich selbst engagieren. Wie in einer Demokratie eben.

    Zu den anderen Gewerkschaften kann ich wenig sagen. Ich habe mich damals bei der GEW gemeldet, bin gut beraten und nun seit ca. 14 Jahren Mitglied. Dass ich die Versicherungen habe, finde ich beruhigend. Das Magazin lese ich meistens, hier in Nds. gibt es z.B. fundierte Beträge des AK gegen Rechts (der heißt sicher schöner).

    Was hier in Nds schon vor einigen Jahren gut war ist die Arbeitszeitstudie nach einer Klage, die die GEW (ich meine, mit dem Philo) 2015 angestrebt hat. Da ging es um eine Stunde, die alle Gym-Lehrkräfte einfach mal so pro Schuljahr mehr arbeiten sollten. Aufgrund der Klage der Gewerkschaft(en) wurde das dann gekippt. Leider ist nach der Erstellung der Arbeitszeitstudie (mit der Uni Gö https://www.nds-zeitschrift.de/fileadmin/user…vor_Gericht.pdf) nicht viel passiert, da hätte ich mir eine Folgeklage gewünscht. Allerdings hat Anfang diesen Jahres ein Grundsch-Schulleiter knapp 40.000€ (meine ich) nachgezahlt bekommen (bzw. das Gericht hat entschieden, dass er diese Nachzahlung erhalten solle). Auch hier hatte die GEW mit ihm zusammen geklagt. Ich möchte nicht wissen, was das für eine Person kostet UND es profitieren (hoffentlich) wieder ALLE, weil es jetzt ein Urteil gibt.

    Wie die Vorredner:innen möchte ich dir raten, dich auf den jeweiligen Homepages zu informieren und zu schauen, wo du dich am besten "zu Hause" fühlst.

    Viele Grüße

    Lena

  • Mit Beginn des Referendariats bin ich in die GEW eingetreten. Die Mitgliederzeitschrift ist interessante Lektüre. Die Rechtsschutzversicherung habe ich auch einmal für die Beratung bei einem Anwalt genutzt. Die Personalratsfortbildungen empfand ich immer als "freundlich" und als einen interessanten Einblick in verschiedenste Schulen und Schulformen.

    Ausgetreten aus der GEW bin ich dann, als dort inhaltlich falsche Informationen über deren offizielle Kanäle verbreitet wurden. Und nach meiner Nachfrage dort nur "doofe" Antworten kamen.

    Bewusst nicht eingetreten bin ich in den Philologenverband (die manches als "exklusive Vorteile" verkaufen wollten, was aber nur Werbung für kommerzielle Angebote war). Nur noch mit spitzen Fingern fasse ich die umlaufende Verbandszeitschrift einer weiteren Interessensvertretung an, die mehrseitige christliche (fundamentalistische / read: diskriminierende) Beiträge ohne weitere Kommentierung/Distanzierung veröffentlichte. Ist trotzdem natürlich "interessant" zu sehen, was dort so verbreitet wird...

    Zuvor hatte ich als PR-Vorsitz bereits mehrfach mit dem Bezirkspersonalrat etc. Kontakt - war leider häufiger stark "zeitverzögert" oder inhaltlich "unbefriedigend". Aber das sind natürlich auch nur gewählte Vertreter*innen und nicht unbedingt Experten.

    Noch viel früher hatte ich mal in einer Anwaltskanzlei gejobbt. Da war ich durch eine der Sekretärinnen gleich am ersten Tag gefragt worden, ob ich denn schon "organisiert" sei. Konnte ich bejahen, wenn auch in der für das Berufsfeld "falschen" Gewerkschaft (Aushilfe aus dem Schulbereich eben). Die Kanzlei war im Bereich Arbeitsrecht (Arbeitnehmerseite und Gewerkschaften) aktiv - beim Einstellungsgespräch fanden diese Anwälte (Arbeitgeber) auch die Argumente, warum nicht nur das Einstiegsgehalt gezahlt werden müsste.

    Fazit: Interessensverbände können hilfreich sein, insbesondere im Referendariat (wenn man noch nicht so viel Erfahrung und Geld hat). Rechtsschutzversicherung, Schlüsselversicherung sind hier die Hauptargumente (neben der Information "für Anfänger"). Danach kommt es darauf an, wie sehr du dich selbst in den Bereichen Schulrecht, Verwaltungsrecht etc. einarbeitest (grundsätzlich bist du dazu verpflichtet, die für deine Arbeit notwendigen rechtlichen Grundlagen zu kennen). Alternativen sind private Versicherungen, die Schlüssel im beruflichen Bereich (Haftpflicht?) und Rechtsschutz abdecken. Das ist möglich ohne eine Gewerkschaft, aber evtl. etwas teurer. Bei der Auswahl "deiner" Gewerkschaft achte darauf, dass du deren Positionen auch tatsächlich mittragen kannst.

  • Ich spreche Berufsanfänger an meiner Schule regelmäßig in meiner Funktion als Schulvertreter vom Philologenverband an. Gerade in rechtlichen Fragen, aber eben auch versicherungstechnisch ist die Mitgliedschaft durchaus sinnvoll, zumal die Beiträge ja bei der Steuer verrechnet werden. Ich bekomme dann gelegentlich zu hören, dass sie das nicht brauchen. Dann sage ich ihnen, dass ich ohne Rechtsbeistand mein Referendariat hätte verlängern müssen, was für mich mehrere tausend Euro Einkommensverlust bedeutet hätte. Und wenn sie dann sagen, dass sie den Philologenverband nicht mögen, entgegne ich: Dann geh eben zur GEW. Es ist nie verkehrt, sich zu organisieren, um gemeinsame Interessen durchzusetzen. Können die Verbände hexen, was Versetzungen oder Lohnerhöhungen betrifft? Nein. Aber wenn sie das könnten, müsste man definitiv mehr bezahlen.

  • Es ist nie verkehrt, sich zu organisieren, um gemeinsame Interessen durchzusetzen.

    ... und je mehr KuK gewerkschaftlich organisiert sind, umso eher lassen sich Forderungen umsetzen. Zudem können die Mitgliedsbeiträge sinken, weil der Organisationsapparat, der in einer Gewerkschaft notwendig ist, auf mehr Schultern verteilt wird.
    GEW, Philologenverband, VBE arbeiten kollegial zusammen, befinden sich in der politischen Ausrichtung jedoch in einer Konkurrenzsituation - auch was die Zukunft des Schulsystems betrifft. Für mich sind dabei die Ansichten der GEW schlüssiger und zielführender, sowie sozial ausgeglichener als die der Mitbewerber.
    Wer eher CDU-affin ist, wird sich vermutlich beim VBE oder Philologenverband heimisch fühlen, die dem Status Quo des Vierklassen-Bildungssystems huldigen.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Wenn die GEW deinen Haltungen entspricht, dann darf sie dir auch den Beitrag wert sein, denn der finanziert die ganze Arbeit und Unterstützung. Gleiches gilt für den VBE, wenn der zu dir passen sollte oder den Philologenverband oder den Berufsschullehrerverband oder den Realschullehrerverband, etc.

    Das hier trifft es genau. Wollte ich nur nochmal hervor heben.

    Ich hoffe allerdings, dass sich immer weniger Lehrkräfte für die gew entscheiden. Die verfolgen als Massengewerkschaft nicht unsere Interessen. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

  • Ich bin nur in der GEW wegen meines Side gigs in der Wissenschaft. Der Tag an dem ich damit fertig bin, ist der, an dem ich sofort zu den Philologen oder dem vlbs wechsle. Aber keine Mitgliedschaft ist keine Option.

  • Ich hoffe allerdings, dass sich immer weniger Lehrkräfte für die gew entscheiden. Die verfolgen als Massengewerkschaft nicht unsere Interessen. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

    Uns Lehrer kann nur eine Gewerkschaft vertreten, in der möglichst viele KuK organisiert sind. Wir sind keine Lokomotivführer, die als Mini-Spartengewerkschaft genug Machtmittel besitzt, um Forderungen durchzusetzen. Und wenn der Philologenverband (was sicher nie eintreten wird) zu einem Arbeitskampf aufrufen würde - an dem sich die GEW nicht beteiligt - lachen nur die Hühner Kultusminister. Als Teil des DGB hat die GEW eine größere Durchsetzungsfähigkeit, da in ihr auch zahlreiche Angestellte organisiert sind, die keinem Streikverbot unterliegen. Zudem kann die GEW auf Unterstützung der Schwestergewerkschaft ver.di zählen. Damit hast du mit dem Begriff "Massengewerkschaft" nicht ganz unrecht - der jedoch positiv gesehen werden muss ;)

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Wer eher CDU-affin ist, wird sich vermutlich beim VBE oder Philologenverband heimisch fühlen, die dem Status Quo des Vierklassen-Bildungssystems huldigen.

    Ich höre das immer wieder, aber kann das basierend auf meiner Verbandsarbeit nicht bestätigen, beim Vorstand ist das etwas anders. Auch bei mir an der Schule gibt es alles - von linksökologischer Birkenstockträgerin bis hin zum Unteroffizier der Reserve.

  • Das hier trifft es genau. Wollte ich nur nochmal hervor heben.

    Ich hoffe allerdings, dass sich immer weniger Lehrkräfte für die gew entscheiden. Die verfolgen als Massengewerkschaft nicht unsere Interessen. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

    Das Schöne ist ja, dass das auch jede: r selbst entscheiden darf und angesichts der Vielfalt an Gewerkschaften und Berufsverbänden auch für jede: n etwas dabei sein dürfte, was gut genug passt.

    Ich persönlich fühle mich sehr gut repräsentiert durch die GEW, kann aber nachvollziehen, warum deren Arbeit für manche nicht lehramtsbezogen genug ist dadurch dass sie halt auch, aber nicht nur für Lehrkräfte und deren Interessen einsteht und schon gar keinen schulartsspezifischen Filter hat. Das passt zu meinen Haltungen und meinem Weltbild halt sehr gut, auch wenn ich deshalb längst nicht alles, was die GEW vertritt teile.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Unteroffizier der Reserve.

    .. wobei auch viele Unteroffiziere der Reserve "links" und ökologisch denken - weil es vernünftig ist ;)

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Also wenn die GEW eins nicht ist, dann eine Massengewerkschaft. Ich kenne noch viele Ortsverbände, die noch nicht mal einen hauptberuflich angestellten Mitarbeiter haben. Die Zahl der Hauptberuflichen auf LV Ebene hält sich ebenfalls in Grenzen. Hier wird noch sehr viel auf ehrenamtlicher Basis geleistet.

    Wenn ich hingegen mit befreundeten Kollegen bei der Stadtverwaltung spreche, die Mitglied der Verdi sind, da siehts ganz anders aus. Wer das gerne Vorträge hält, der kann schon auf unterster Ebene richtig Asche für einen Lehrgang nach LPVG bekommen. Läuft bei uns alles ehrenamtlich. Hier von einer Massengewerkschaft zu sprechen ist da im Vergleich schon gewagt.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Also wenn die GEW eins nicht ist, dann eine Massengewerkschaft.

    Ich gehe davon aus, dass mit dem etwas unglücklich gewählten Begriff gemeint war, dass die GEW sich als Bildungsgewerkschaft versteht, nicht als reine Lehrergewerkschaft oder gar reiner Schulformverband einer einzelnen Schulform.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Also wenn die GEW eins nicht ist, dann eine Massengewerkschaft. Ich kenne noch viele Ortsverbände, die noch nicht mal einen hauptberuflich angestellten Mitarbeiter haben. Die Zahl der Hauptberuflichen auf LV Ebene hält sich ebenfalls in Grenzen. Hier wird noch sehr viel auf ehrenamtlicher Basis geleistet

    Es wird aber alles mögliche vertreten. Ziemlich diffus für meinen Geschmack und die Betonung auf die politische Arbeit, die nicht mit den Berufen zutun hat passt mir auch nicht.

Werbung