Hallo liebe Kollegen,
ich weiß, dass das hier zum Teil bestimmt schon öfter diskutiert wurde, konnte jetzt aber über die Suchfunktion nur einen Faden dazu finden. Die dort genannten Möglichkeiten (Klassenlehrer/Eltern informieren) fallen dort im Prinzip bei mir weg, da ich an einer Berufsschule bin. Aber dazu gleich Näheres.
Erstmal geht es bei mir um zwei unterschiedliche Dinge, die jetzt aber in diesem speziellen Fall miteinander einhergehen.
1. Ich bin noch nicht so lange (wenige Jahre) Lehrer und habe in dieser Zeit wohl irgendwie einen recht starken Wandel durchgemacht. Zunächst mal habe ich meinen Beruf am Anfang nicht so schrecklich Ernst genommen. Klingt jetzt vermutlich erstmal blöd, ich sehe aber gleichzeitig, dass das vielen meiner Kollegen genauso geht und diese sehr gut damit fahren. Ich habe vor dem Ref schon mit ner vollen Stelle begonnen und teils fachfremd und davon unabhängig in anderen Schulformen - also, die ich nicht studiert habe - unterrichtet. War da erst mal so überfordert, dass ich die Unterrichtsvorbereitung kaum geschafft habe und entsprechend im Unterricht erst mal sehr nachsichtig war, da ich ja selber im Prinzip "meine Hausaufgaben" nicht gemacht habe. Das war dann im Unterricht teilweise ziemlich stressig (war eine Haupt/Realschule), ich bin aber insgesamt ganz gut mit den Schülern klar gekommen und die Schulleitung hätte auch gerne gehabt dass mich mein Ref dort mache, was aber nicht ging (weil: andere Schulform). Ich habe mich im Unterricht halt nicht allzu sehr durchsetzen wollen und war großzügig mit den Noten, entsprechend gab es wenig Probleme, obwohl mein Unterricht mit Sicherheit nicht sehr gut war.
Im Ref hat sich das dann irgendwie alles langsam geändert. Ich habe das mit dem Unterricht dann immer ernster genommen und den Schülern auch immer abverlangt. Es gab dann bald immer häufiger Beschwerden aus Klassen gab. Oftmals fachlich (also, Ansprüche zu hoch, Benotung zu streng...), aber auch hinsichtlich meines Auftretens. Schüler aus unterschiedlichen Klassen haben gesagt, dass sie sich von mir nicht gemocht fühlen und vereinzelt hieß es sogar, dass Schüler Angst vor mit hätten, was ich natürlich nicht beabsichtige und auch überhaupt nicht gut finde. Ich habe das anfangs noch immer auf meine gestiegenen fachlichen Bedürfnisse geschoben und mich dadurch bestätigt gefühlt, dass die Schüler gerade im Gymnasialzweig fachlich oft extrem hinter dem Erwartungsstand zurück liegen, und das auch, wenn man bedenkt, dass die Erwartungshaltung von Seiten des Kultusministeriums wohl zu hoch ist. Ich habe nie gebrüllt oder Schüler beleidigt, was auch dazu beigetragen hat, dass mir mein Fehlverhalten lange Zeit nicht wirklich bewusst geworden ist. Die Erkenntnis kam eigentlich erst so wirklich in dem letzten Jahr. Ich musste vor allem einsehen, dass ich wohl sehr ungeduldig bin und ein zu starkes Kontrollbedürfnis habe. Einsicht ist wohl der erste Schritt zur Besserung und ich möchte definitiv an mir arbeiten, teilweise weiß ich auch wie, teilweise aber auch nicht.
Hier kommen wir jetzt zu Problem zwei. Meine Schule liegt in einem sozialen Brennpunkt und die Klientel ist definitiv unterdurchschnittlich schwach und überdurchschnittlich auffällig. In den höheren Schulformen wie der Fachoberschule und dem Beruflichen Gymnasium hat man vor allem mit einer Schülerschaft zu tun, die einerseits extrem überfordert, also den inhaltlichen Anforderungen nicht gewachsen ist, und gleichzeitig eine sehr schwache Arbeitshaltung hat (hohe Fehlzeiten, Verspätungen, kein Material, Arbeitsaufträge werden nicht erledigt). Ich muss zugeben, dass mich das einerseits ziemlich auf die Palme bringt, dass die Schüler wirklich denken, dass sie so das (Fach-)Abi schaffen können, andererseits denke ich aber auch, ich müsste den Schülern die Augen öffnen und ihnen durch Ansprachen und Sanktionen ihr Verhalten vor Augen führen. Ich meine das oftmals gar nicht böse und denke, ich helfe den Schülern, aber es wird wohl anders aufgenommen. Teilweise ist es natürlich schon so, dass Schüler ihr Verhalten/ihre Situation nicht reflektieren es schon Probleme dadurch gibt, dass der Lehrer das anders sieht, aber andere Kollegen schaffen das schon auch so rüberzubringen, dass die Schüler es nicht persönlich nehmen.
Auf der anderen Seite gibt es dann Klassen, z.B. Berufsschulklassen, in denen man teilweise schon wirklich schwierige Zeitgenossen sitzen hat. Um sich das mal vor Augen zu führen, ich habe mehrere Schüler, die vorbestraft sind oder im Gefängnis waren. Ich unterrichte Deutsch, was für die Schüler absolut irrelevant ist. Sie bekommen zwar Noten, schreiben aber keine Abschlussprüfung und die Deutschnote geht auch nicht in ihre Endnote ein. Die Klassenlehrer haben zwar einen etwas größeren Einfluss auf die Schüler als der Deutschlehrer, aber bisherige Gespräche haben da nichts gebracht, die Klassenlehrer sagen mir in der Regel, dass sie auch nicht wissen, was man tun kann oder sie sagen, sie reden mal mit dem Schüler, aber irgendwie merke ich keine Änderung. Selbst ein Anruf beim Ausbilder (was man sich laut Kollegen wirklich als allerletzte Möglichkeit aufheben soll) bringt in vielen Fällen nichts. Ich weiß jetzt natürlich, dass ich da vielleicht einfach auch nicht viel machen kann und mich damit zumindest teilweise abfinden kann. Trotzdem würde ich gerne mal hören, ob es vielleicht Vorschläge gibt, wie man so eine Situation lösen könnte, ohne den Diktator zu spielen und zu sehr in den Konflikt zu gehen, aber gleichzeitig auch nicht vollkommen einzubrechen und den Schülern freie Hand zu lassen und gleichzeitig Noten zu geben.
Also, ich bin ja schon ein paar Jahre Lehrer und habe das Ref gemacht und studiert, von daher weiß ich natürlich theoretisch, was man in solchen Situationen machen kann. Ich werde in diesem Schuljahr vermehrt bei Kollegen hospitieren, trotzdem würde ich aber von euch mal vor allem aus eigener Erfahrung Anregungen hören, wie ihr auf negatives Schülerverhalten so reagiert, dass einerseits eine Änderung beim Schüler angestoßen wird, es aber trotzdem nicht zum Konflikt kommt, bzw. zur Beeinträchtigung der Lehrer-Schüler-Beziehung kommt. Notengebung allein ist meines Erachtens kein ausreichendes Werkzeug. Auch für Einzelgespräche mit den Schülern nach der Stunde habe ich aufgrund der schieren Masse keine Zeit.