Neuregelung Kommasetzung bei Infinitiven mit Zu, Erfahrungen

  • Hallo Zusammen,

    vielleicht ein etwas ungewöhnliches Thema, allerdings schreibe ich aktuell eine Hausarbeit in Germanistik (Lehramt Studium) zu dem Thema: Neuregelung der Kommasetzung bei Infinitiven mit zu, nach dem amtlichen Regelwerk von 2024. Verglichen werden soll hier die neue mit der alten Regelung, auf sprachwissenschaftlicher Basis. Am Ende soll unter anderem bewertet werden, ob es sich um eine positive Verbesserung handelt oder mehr Probleme geschaffen wurde. Hier würde ich einmal gerne Eure Meinungen/ Erfahrungen explizit aus der Praxis hören, um ein besseres Bild zu bekommen. Gerne Schulform/Klasse etc. kurz dazu schreiben.


    ich habe hier bereits einen Post darüber gesehen, jedoch würde ich gerne möglichst neue Erfahrungen einbetten, ebenfalls unter dieser konkreten Fragestellung.


    vielleicht liest dies ja jemand und macht sich die Mühe, ich freue mich über jede konstruktive Antwort wirklich sehr! :)


    liebe Grüße und lieben Dank,

    Hannah

  • Mich stören weggelassene Kommata seit Jahren. Sie lenken mich vom Text ab und, ehrlich gesagt, macht es auf mich immer einen etwas einfältigen Eindruck, wenn der Satz so wenig unterteilt ist. Ich stelle mir dazu dann eine monotone Sprache ohne Pausen oder Akzentuierungen vor. Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen und es sieht für mich nach wie vor falsch aus.


    Zusätzliche, falsche Kommata nerven mich aber auch, z.b. nach ausführlichen Subjekten. z.B.

    *Die Pflanzen auf der rechten Fensterbank in Raum 217, sollen bitte täglich gegossen werden.

    Dieses falsche Komma korrespondiert nicht einmal mit einer kurzen Sprechpause.


    Aber es gibt auch wirklich wichtigere Dinge als Rechtschreibung.

  • Die Frage, die sich mir stellt, ist: Wie repräsentativ ist eine Rückmeldung überhaupt zu diesem Thema? Mein Eindruck seit dem Eintritt ins Berufsleben ist der, dass die breite Masse der Bevölkerung überhaupt keine Muße hat, sich damit auseinanderzusetzen. Quasi ein Thema für die "oberen 10-20%".

    Kommaregeln haben wir in der Schule (01-13) nie bzw. höchst selten thematisiert. Kinder, die viel lasen, waren hier einfach grundsätzlich im Vorteil (so auch ich). Ich bin überzeugt davon, dass man durch bloßes Lesen entsprechender Texte sich die Kommasetzung "abschauen" kann, ohne in der Praxis zu überlegen, ob das jetzt ein Konsekutivsatz o.Ä. ist und eine Regel dafür gilt.

    Wir sind ja alle von Vorurteilen nicht unberührt, aber ich gebe zu, dass mir vernünftige Orthographie und Interpunktion (wenn es drauf ankommt natürlich) bei meinen Mitmenschen und Kollegen schon wichtig sind. Gerade in der dienstlichen Kommunikation tun sich in dem Bereich krasse Abgründe auf. Als Lehrer sollte man da schon fit sein, Stichwort sprachliches Vorbild, nicht nur verbal, sondern auch in der Schrift.

  • Hier würde ich einmal gerne Eure Meinungen/ Erfahrungen explizit aus der Praxis hören, um ein besseres Bild zu bekommen.

    Ich kann dir meine persönliche Erfahrung sagen.

    Ich hab noch einen Duden mit der für mich "echten" Rechtschreibung und empfinde die Rechtschreib/Grammatikreform aus den 90ern bis heute konfus und seltsam, weil ich vorher alphabetisiert wurde.

    Natürlich benutze ich die aktuelle Rechtschreibung/Grammatik im beruflichen Kontext.

    Da ich eine Zeitlang viele alte Bücher gelesen habe und wegen meines Mathestudiums, kann ich auch noch sowohl die Rechtschreibung der vorletzten Jahrhundertwende als auch Frakturschrift und Sütherling.


    Ich halte die die ganzen Rechtschreib- und Grammatikreformen für durchgeknallte Hirngespinste irgendwelcher Uni-Typen. Solange es keine radikale Sprachreform gibt, die die grundlegende Struktur vereinheitlicht und vereinfacht, kann man sich diese Reförmchen auch sparen.

  • Ich bin gerade verwirrt. Meinst du die Neuregelung beim erweiterten Infinitiv mit um zu?

    Ich bin kein Deutschlehrer, habe die Regel aber so verstanden (wie schon seit meiner eigenen Schulzeit):

    Kein Komma bei zu: Es ist viel zu sehen.

    Komma neuerdings wieder bei um zu: Es ist zu früh, um zu gehen.

    Sarek

  • Bei "um zu" musste immer das Komma gesetzt werden (genauso wie bei erweitertem Infinitiv mit "ohne", "(an)statt", "außer", "als" sowie bei Abhängigkeit von einem 'hinweisenden Wort' im Hauptsatz).

    In allen anderen Fällen war das Komma bei erweitertem Infinitiv lange optional, jetzt ist es wieder verpflichtend.

  • und genau diese Info hätte im Eingangsbeitrag sein müssen.
    Ich war mir zu 90% sicher, dass es darum ging (also, dass die Regel entsprechend geändert wurde), war zu faul zu googlen und der Meinung, wer was von uns will, kann sich die Mühe machen.)

    Ich finde diese Regelung super, habe sie auch gefeiert, als ich davon erfuhr.
    Bei mir gibt es keine Änderung, da ich sie immer gesetzt habe (dieses "im Sinne des Leseverständnisses" war für mich immer notwendig). Das Gute ist: Wenn ich jetzt Texte Korrektur lese, brauche ich mich nicht mehr darüber zu streiten, ob das Komma sinngebend bzw. das Nicht-Komma sinnstörend ist. Und es ist eine Vereinfachung für den Unterricht. Da gibt es einfach nicht zu überlegen, Nebensätze werden im Deutschen durch ein Komma vom Hauptsatz getrennt.

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