Lügen bei elterlichen Entschuldigungen

  • Warum müssen denn für die Bewertung eines Schülers alle Anforderungsbereiche abgedeckt sein?

    Wenn sich jemand in einem Beitrag im AFB1 bewegt, bekommt er eine andere Bewertung als wenn er sich im AFB3 bewegt.

    Ja, das ist doch klar. Aber wie stellst du sicher, dass in der Einzelstunde überhaupt alle die Gelegenheit hatten, sich hinreichend zu einem AFB 3 zu äußern? Meiner Meinung nach kann man das nur über mehrere Stunden hinweg einschätzen, wie sicher sich die einzelnen Schüler in den Anforderungsbereichen "bewegen". Erst dann hat man auch für alle eine hinreichend lange Beobachtungszeit.

  • Ja, das ist doch klar. Aber wie stellst du sicher, dass in der Einzelstunde überhaupt alle die Gelegenheit hatten, sich hinreichend zu einem AFB 3 zu äußern?

    Ich gebe die Möglichkeit, sich zu einem AFB3 zu äußern und bewerte die, die sich äußern.

    Wo ist der Unterschied, ob ich erst nach einigen Wochen notiere, dass sich jemand im AFB3 geäußert hat oder es sofort notiere?

    Mein Notizsystem ermöglicht mir festzustellen, welche Qualität eine Äußerung hatte.

  • Im Unterricht sollten im Rahmen einer Unterrichtseinheit die AFB angemessen abgedeckt sein. Die Frage ist, ob jeder Mitschüler die Möglichkeit erhält, Leistung in allen AFB erbringen zu können, um im nächsten Schritt wiederum diese Leistung zu bewerten. Denn wenn ein Schüler gar nicht erst die Möglichkeit erhält, auf allen AFB Leistung zu erbringen, wird wiederum von vornherein bereits die Möglichkeit eingeschränkt, dass der Schüler die volle Punktzahl/Bestnote erreichen kann, oder sehe ich das gerade falsch?

  • Inzwischen halte ich auch nach beinahe jeder Stunde für jeden Schüler eine Note fest.
    Die Durchschnittsnote bildet dann eine (!) Grundlage für die periodische Note zum Unterrichtsbeitrag, neben anderen Notizen, die so nebenbei entstehen und einem Gesamteindruck. Zu 100% objektiv ist das nicht, aber wer denkt, Objektivität ist zu 100% erreichtbar, macht sich meiner Meinung nach etwas vor.

    Früher habe ich das organistorisch nicht hinbekommen, inzwischen hat sich das eingespielt und ich mache das ebenso automatisch wie Eintragungen ins digitale Klassenbuch.

  • state_of_Trance : Schon klar, dass das in der Realität nicht immer klappt. Ich formuliere den ersten Satz oben noch einmal um. Im Anfangsunterricht Fremdsprache sind bei begrenzten sprachlichen Mitteln natürlich auch nicht so viele Möglichkeiten, im AFB3 zu arbeiten, gegeben. Sagen wir mal so: Ich finde, man sollte als Lehrkraft zumindest den Anspruch haben, im Rahmen der curricularen Vorgaben von Schulform/Jahrgang und Unterrichtfach, insofern möglich, alle drei AFB im Unterricht abzudecken.

  • Meiner Meinung nach kann man das nur über mehrere Stunden hinweg einschätzen, wie sicher sich die einzelnen Schüler in den Anforderungsbereichen "bewegen". Erst dann hat man auch für alle eine hinreichend lange Beobachtungszeit.

    Genau, und ich persönlich kann mithilfe meiner Notizen über die einzelnen Stunden eine viel belastbarere Aussage über die tatsächliche Leistung in den letzten paar Wochen treffen, als wenn ich mich am Ende einer solchen längeren Bewertungsperiode hinsetzen und dann Noten aufschreiben soll. Bei Letzterem habe ich nämlich selbst schon die Erfahrung gemacht, dass das Bild dann häufig durch die letzten 1-2 Unterrichtsstunden recht verzerrt sein kann (in beide Richtungen).

  • Genau, und ich persönlich kann mithilfe meiner Notizen über die einzelnen Stunden eine viel belastbarere Aussage über die tatsächliche Leistung in den letzten paar Wochen treffen, als wenn ich mich am Ende einer solchen längeren Bewertungsperiode hinsetzen und dann Noten aufschreiben soll. Bei Letzterem habe ich nämlich selbst schon die Erfahrung gemacht, dass das Bild dann häufig durch die letzten 1-2 Unterrichtsstunden recht verzerrt sein kann (in beide Richtungen).

    Ich habe festgestellt, dass bei einer kontinuierlichen Aufzeichnung die Bewertung nicht zum Gesamtbild passt. An manchen Tagen ist die Leistung einfach nicht, im allgemeinen aber schon. Wenn ich also den Mittelwert aus den Einzelbewertungen bilde kommt das raus, was ich als Gesamtbild habe. Man kann natürlich auch Trends an solchen sehen, die sehe ich aber auch so. Da diese Daten eh deine Bewertungen sind ist das auch nicht "belastbarer" als jedes andere Bewertungsschema.

  • Das habe ich durchaus auch festgestellt. Für meine Fächer glaube ich, dass das auch daran liegt, dass sprachliche Leistung als Momentaufnahme kaum erfassbar ist.
    Dennoch finde ich diese stundenweise Erfassung eine gute Grundlage. Wie gesagt, bei mir fließen in die Note dann noch andere Überlegungen ein; die Schüler sehen diese stundenweise Erfassung also nicht. Aber es hilft mir.

    Und, intererssanter Nebeneffekt: Seit ich das mache, fällt es mir leichter, mündliche Noten in den Spitzenbereichen (also Note 1 oder Note 5/6) zu geben. Meine Noten sind weniger nivelliert als wenn ich so pauschal Zeiträume betrachte.

  • Wenn man sich das häufige Bewerten vornimmt, nimmt man doch automatisch die stillen SuS mehr in den Fokus und muss nicht kurz vor dem Zeugnis überlegen, wer Luise in der 6b überhaupt ist.

    Jedenfalls geht mir das so ähnlich und ich unterrichte nur einen Bruchteil der Anzahl von SuS eines Gym-Kollegen mit Ein- oder Zweistundenfach.

  • Vielleicht habe ich auch nur den Luxus, sehr viele Stunden in den gleichen Klassen zu verbringen und die Leute dort dann doch ganz gut kennenlerne. Vielleicht wäre es für mich auch schwieriger, wenn ich mehr Gesichter zu bewerten hätte.

  • Die Eltern decken die Faulheit ihres Kindes, daher akzeptierte ich die Entschuldigung nicht und damit ist es unentschuldigt und somit eine 6.

    Dir steht keine Beurteilung der Situation zu, weil du das Kind nicht gesehen hast. Wenn dies der Erziehungsstil der Eltern ist, dann ist das so

  • Vielleicht habe ich auch nur den Luxus, sehr viele Stunden in den gleichen Klassen zu verbringen und die Leute dort dann doch ganz gut kennenlerne. Vielleicht wäre es für mich auch schwieriger, wenn ich mehr Gesichter zu bewerten hätte.

    Ich hatte heute Mittag auch überlegt, ob es daran liegen könnte. Ich unterrichte 8 verschiedene Lerngruppen, die meisten sehe ich nur ein Mal pro Woche. Teils noch nicht einmal das. Da helfen die Aufzeichnungen schon.

    Ansonsten gehe ich ähnlich wie WillG vor, ich mache ja nicht einfach eine Art Durchschnittsnote aus lauter "kleinen Noten", sondern ziehe die Notizen aus all den Stunden dann zur Notenfindung mit heran. Und tatsächlich kommen seither weniger häufig die Noten 2 und 3 vor, die Noten 1, 4 und auch 5 dagegen häufiger als damals, als ich mich nur etwa quartalsweise damit auseinandergesetzt habe.

    Und ein angenehmer Nebeneffekt ist auch, dass ich bei Rückfragen viel besser begründen kann, weshalb die Note als Bewertung der Gesamtleistung angemessen ist.

  • Wenn ich also den Mittelwert aus den Einzelbewertungen bilde kommt das raus, was ich als Gesamtbild habe.

    Darauf wollte ich ja auch noch eingehen - genau das bezweifle ich eben. Zumindest bei mir persönlich ist meine Erfahrung ganz klar eine andere. Ich mache nämlich manchmal die Probe aufs Exempel und überlege mir erst, was ich als Gesamtbild eintragen würde, bevor ich dann die einzelnen Notizen nochmal sichte. Dabei treten schon immer mal wieder interessante Unterschiede zutage. Oft eben wie gesagt, weil ich zum Beispiel nur die letzten zwei Wochen im Gedächtnis noch sehr präsent habe, aber dabei nicht mehr berücksichtige, das die zwei Monate davor ganz anders aussahen bei Einzelnen.


    Das hier:

    Ich habe festgestellt, dass bei einer kontinuierlichen Aufzeichnung die Bewertung nicht zum Gesamtbild passt.

    verstehe ich daher ehrlich gesagt nicht, wie meinst du das? Was ist denn mit Gesamtbild gemeint, eine Art Bauchgefühl? Worauf basiert das dann, wenn nicht auf einer kontinuierlichen Beobachtung? (Bitte nicht in vorwurfsvollem Ton vorstellen, ich bin ehrlich interessiert, kriege meine Fragen aber gerade nicht besser formuliert.)

  • verstehe ich daher ehrlich gesagt nicht, wie meinst du das? Was ist denn mit Gesamtbild gemeint, eine Art Bauchgefühl? Worauf basiert das dann, wenn nicht auf einer kontinuierlichen Beobachtung? (Bitte nicht in vorwurfsvollem Ton vorstellen, ich bin ehrlich interessiert, kriege meine Fragen aber gerade nicht besser formuliert.)

    Ein Mittelwert der Einzelbewertungen berücksichtigt weder eine besser werdende Tendenz, noch werden schlechte Tage oder längere Phasen wegen äußerer Umstände. Wenn man dann hinter diese Dinge in den Einzelbewertungen berücksichtigt, macht es diese wieder obsolet. Man kann das natürlich weglassen, damit passt das Gesamtbild meiner Ansicht nach aber nicht mehr.

    So vielleicht verständlicher?

    Bauchgefühl gehört sicher auch dazu, aber das ist bei den Einzelbewertungen auch dabei.

  • Wie begründet man ohne stundengenaue Leistungsnotizen stichhaltig eine mangelhafte Leistung?

    Oder setzt man die dann sicherheitshalber einfach gar nicht mehr?

    Ich kann nur für mich sprechen, aber mir ist es sehr schwer gefallen, mangelhafte Leistungen (- und übrigens auch sehr gute Leistungen -) anzusetzen, bevor ich stundengenaue Notizen hatte.

    Dass diese zu 100% stichhaltig sind, will ich gar nicht unbedingt behaupten. Mir geben sie größere Sicherheit. Und die Punkte, die s3g4 anspricht, fließen dann bei mir in einem zweiten Schritt ein, deswegen bekommen die Schüler auch keinen Einblick in die stundengenaue "Bewertung", da sie eben nur eine Grundlage darstellt. Am Ende spielt die Pädagogik, das Bauchgefühl, die Erfahrung - wie auch immer man es nennen möchte - immer auch eine Rolle, deswegen ist auch der Anspruch von 100% Objektivität vielleicht ehrbar, aber nicht realistisch.

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