94% der Lehramtsstudenten schaffen den Matheschein nicht...

  • Zitat

    Luise Morschel, selbst Ausbilderin von Referendaren und Mutter einer betroffenen Studentin, formulierte zusammen mit ihrem Mann, einem Mathematiklehrer, einen offenen Brief ans nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerium. "Wenn 94 Prozent meiner Schüler eine Klassenarbeit nicht schaffen würden, wäre das selbstverständlich, dass sie nicht angerechnet werden könnte", sagt Luise Morschel, "die Dozentin hat es didaktisch und methodisch nicht verstanden, den Lernstoff rüberzubringen.

    http://www.gmx.net/themen/beru…durchfallquote-94-prozent


    Hier liegt doch das eigentliche Problem: In der Schule trägt die Lehrkraft die Hauptverantwortung für den "Erfolg" des Lernprozesses, an der Uni ist es plötzlich genau anders herum, dort sind die Studierenden die Hauptverantwortlichen. Wo solch ein abrupter Paradigmenwechsel stattfindet, muss es Probleme geben. Die Lösung kann daher nur lauten: Mehr Eigenverantwortung für die Schüler in den Schulen (und keine "30%/50%-Regeln" bei Klassenarbeiten bzw. Klausuren) und mehr Verantwortung für die Dozenten an der Uni.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Von faul war nicht die Rede, vielmehr von der geringen Verantwortung für den eigenen Lernprozess.


    Ist das im Grunde nicht nur eine nettere Umschreibung von seiten der Uni?


    Aus eigener Erfahrung kenne ich die Verweigerung der Annahme von Lernangeboten an der Universität. Ich war für die wiederholt Betreuung der Übungen zu einer Theorie-Pflicht-Vorlesung für Informatik-Studierende zuständig.


    Die Erfahrung habe ich auch gemacht. Ich war Tutor für Mathekurse für die zur Vorlesung gehörenden wöchentlich stattfindenen Übunsgkurse. Die Anwesenheit der Studenten erhöhte sich erst schlagartig zur Nähe des Klausurtermins. Wir haben in den nachfolgenden Jahren dann den Modus geändert. Es wurden nur diejenigen zur Klausur zugelassen, die 50% der Übungsaufgaben richtig gelöst hatten. Allerdings ist das schon einige Jahre her, sodass es somit kein neues schulisches Phänomen ist oder ist es nicht eher menschlich? Schon zu meinen Schul- und Studieneiten und das ist dann mehr als ein Jahrzent her, sind wir vielfältige Vermeidungsstrategien gefahren.

    2. Nach zwei Durchläufen haben wir keine Hilfskräfte zur Korrektur von Aufgaben mehr eingestellt. In ersten Jahr wurden nur wenige Aufgaben zur Korrektur abgegeben, im zweiten Jahr gar keine mehr. In Worten: Null.


    3. Die allermeisten Studenten erschienen unvorbereitet zu den Übungsgruppen. Die meisten hatte keine der Aufgaben bearbeitet. Die Erkenntnis, dass man aus einer vorgerechneten Aufgabe dann am meisten lernt, wenn man vorher am eigenen Tun auf das eigentlich Problem gestoßen ist, wurde natürlich nur denen zu Teil, die sich mit den Aufgaben beschäftigt haben.


    Das ist immer wieder bedauerlich, ist aber kein neues Phänomen, trotzdem waren die Durchfallquoten nicht so immens hoch wie in dieser beschriebenen Klausur.


    Verweigert werden sie sich wohl nicht haben. Wenn sich aber die Stimmung, dass "das eh nichts bring[e]" oder man "ohnenhin nichts versteh[e]", erstmal ausgebreitet hat, ist der Drops schnell gelutscht. Ja, es ist durchaus möglich, dass sich ein ganzer Jahrgang aus einer vermeintlichen Protesthaltung selbst ins Knie schießt.


    Versucht man dann nicht trotzdem das Beste aus der Situation zu machen? Sie konnten ja nicht wissen, dass die Klausur nicht gewertet wird. So was habe ich zumindest im Uni-Zusammenhang nocht nie gehört.
    Auch wir hatten unfähige Profs, bei denen wir nicht mehr zu Vorlesung gegangen sind, weil es "nichts mehr gebracht hat". Auf die Klausur haben wir uns dann natürlich in letzter Minute vorbereitet und hatten Glück, dass es ein gutes Lehrbuch gab, der den Stoff umfasst.
    Bei der kruden Zusammenstellung der Klausuraufgaben kann ich mir vorstellen, dass es ein solches Buch nicht gab und evlt auch kein gutes Vorlesungsskript. Aber das ist natürlich nur wilde Spekulation


    Vorher merken, dass etwas schief läuft, und gegensteuern wäre ein Plan.


    Oder die Hoffnung haben, dass die Klausur fair gestellt wird.

  • Vielleicht liegt es auch zum Teil daran, dass seit einigen Jahren der Elternwunsch die Schulformwahl bestimmt, seit einigen Jahren viele, viele Schüler auf dem Gymnasium sitzen, die doch auf der Realschule besser aufgehoben gewesen wären, mit Ach und Krach nun ihr Abi im 3er, 4er Bereich bestehen und Grundschullehramt immer noch einer der wenigen Studiengänge ohne NC ist?

  • Vielleicht liegt es auch zum Teil daran, dass seit einigen Jahren der Elternwunsch die Schulformwahl bestimmt, seit einigen Jahren viele, viele Schüler auf dem Gymnasium sitzen, die doch auf der Realschule besser aufgehoben gewesen wären, mit Ach und Krach nun ihr Abi im 3er, 4er Bereich bestehen und Grundschullehramt immer noch einer der wenigen Studiengänge ohne NC ist?


    Also in Bayern sind die meisten Studiengänge mittlerweile ohne NC, sogar Jura [sic!]. Jedoch hat Grundschullehramt meines Wissens schon einen NC.

  • Ich habe Mathe im Hauptfach studiert und frage mich heute noch wozu ich manches brauche ... bei uns war die Durchfallquote in Mathe aber auch wesentlich höher als in Deutsch ...

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann mich erinnern, dass das Germanistikstudium auch sehr hohe Durchfallquoten bei den Pflichtscheinen hatte. Wir haben ebenfalls mit allen anderen "Germanisten" zusammen studiert, und die Inhalte der Sprachwissenschaft haben sich mir auch nicht auf Anhieb erschlossen. Es gab aber zu diesen Vorlesungen eine Reihe Tutorien und wenn man die besucht und sich zudem noch alleine ans Lernen begeben hat, war es machbar. Trotzdem lag da die Durchfallquote auch bei 60 - 70 % im ersten Anlauf, wenn ich das richtig in Erinnerung hab. Das Problem beschränkt sich also nicht nur auf das Mathestudium. Man muss im Studium ganz anders lernen bzw. wird man ganz anders in die Verantwortung genommen. Es interessiert niemand, ob du z.B. an Tutorien teilnimmst. Das ist allein deine Sache. Entsprechend eigenverantwortlich muss dein Lernen sein.


    Was den NC anbelangt, so kenne ich es auch eher so, dass besonders das Grundschullehramt betroffen ist.

    • Offizieller Beitrag

    Ich lese diesen Thread mit wachsendem Interesse und möchte einfach mal schildern wie es vor ca. 20 Jahren an der Uni Köln ablief. Damals studierte man Lehramt Primarstufe mit dem Pflichtfach Mathe (Fachwissenschaft und -didaktik). In der Einführungsvorlesung saßen (aufgrund einer großangelegten Werbekampagne Ende der 80er/Anfang der 90er) 500 Erstsemester. Vorne stand ein greiser Prof, dessen Lieblingstätigkeit im Herunterspulen irgendwelcher Beweise bestand, die er auf eine OHP-Endlosfolie schrieb und so schnell er konnte weiterkurbelte. Seine Schrift erkennen konnten die hinteren 10 Reihen nicht mehr. Wer wie ich mit dem Zug anreisen musste, hatte das Vergnügen auf der Fensterbank im Hintergrund Platz nehmen zu dürfen (die Stufen waren zu diesem Zeitpunkt schon besetzt), von wo aus man nur noch erahnen konnte, was der Herr vorne sprach und schrieb. Meine Notizen waren entsprechend.
    Die Hoffnung, den Inhalt der Vorlesung in der entsprechenden Übungsveranstaltung noch einmal erläutert zu bekommen, zerschlug sich nach den ersten Wochen. Die Übungen wurden von Tutoren abgehalten, die lediglich mehrere Übungsblätter verteilten und dann zur Gruppenarbeit aufriefen. Die Aufgaben auf den Übungsblättern waren vollständig gelöst bis zur darauffolgenden Woche in einen Briefkasten am Fachschaftszimmer zu werfen, wurden korrigiert und kommentarlos zurückgegeben. Fragen wurden nur am Rande beantwortet. Dafür waren wir auch einfach zu viele Leute in den Übungen und die Tutoren methodisch und didaktisch überfordert. Die Aufgaben hatten wenig mit der Vorlesung und noch weniger mit der Klausur zu tun. Ich erinnere mich an eine bunte Mischung aus Sachaufgaben, geometrischen Knobeleien und nicht allzu schwierigen Beweisführungen. Da jedoch immer wieder verkündet wurde, dass die Übungen grundlegend für die Klausur seien, haben wir uns alle darauf verlassen, dass die Prüfungsaufgaben auch so aussehen würden. Die Tutoren spielten außerdem alle Fragen zur Gerüchteküche herunter und beruhigten uns.
    Als ich eben die Links zu den aktuellen Prüfungsaufgaben aufrief, brach mir nachträglich noch einmal der Schweiß aus. Es hat sich anscheinend in 20 Jahren nichts geändert und ein deutliches Nein an diejenigen, die glauben, dass man diese Aufgaben in einer Stresssituation unter Zeitdruck mal so eben löst.
    Mir fehlten übrigens nur zwei Punkte zum Bestehen der Klausur und es war mir zu heikel, noch einmal zu schreiben, denn ich wäre für meinen Studiengang gesperrt worden, wäre ich nocheinmal durchgefallen. Ich habe die Uni gewechselt und durfte zu meinem Glück einen sehr fähigen Prof erleben, der endlich auch mal erklärte, warum das für das Hintergrundwissen von künftigen Grundschullehrern wichtig sein könnte. Ich kann ihm heute zwar nicht bedingungslos zustimmen, aber einiges an Wissen ist doch hängengeblieben und mir nützlich, wenn ich z.B. an meine Schüler mit Rechenschwäche denke.
    Aus meiner damaligen Klein-Übungsgruppe ist niemand an dieser Uni bzw. in diesem Studiengang geblieben. Darunter waren auch Leute, die Mathe als Leistungskurs im Abi hatten oder das gesamte Semester eine teure Nachhilfe finanziert hatten. Man muss auch einfach mal sehen, dass das Studium nicht nur aus Mathe besteht. In den anderen Fächern gab es auch viel Arbeit, aber die wurde teilweise oberflächlich abgearbeitet, weil die Gedanken und die Freizeitplanung nur auf Mathe ausgerichtet war.
    Wenn es also den aktuell betroffenen Erstsemestern ähnlich erging, kann ich die Aufregung absolut nachvollziehen. Ich kann auf der anderen Seite aber gut nachvollziehen, was hier die Kollegen aus der Sekundarstufe schreiben. Das Verhalten der Schüler bzw. der Eltern beginnt ja schon in der Grundschule. Die Begründung der Uni klingt ebenfalls schlüssig, aber mich würde brennend interessieren, welche Hilfen sie denn ihren Erstsemestern angeboten hat, wie die Übungsgruppen organisiert waren und ob es wirklich passende Aufgaben zur Vorbereitung auf die Klausur gab.

  • Ich habe ähnliches ebenfalls Anfang der 90er erlebt. Der Unterschied zu heute bestand allerdings darin, dass Mathematik Pflichtfach war, man konnte sich dem einfach nicht entziehen, in dem man eine andere Fächerkombination wählte. In Mathe und Deutsch war man eben gesetzt (wobei ich das rückblickend so schlecht auch nicht finde, da ich teilweise das Fachwissen bei neueren Kolleginnen in einem Hauptfach echt vermisse). Einer der Professoren hatte sich zum Ziel gesetzt, die größere Anzahl der Studentinnen von vorneherein zu minimieren und erklärte das auch öffentlich. Von daher gab es diese Gerüchteküche nicht, die Sachlage war offensichtlich. Ich habe einfach nur Glück gehabt, dass in meinem ersten Semester ein anderer Professor diese Veranstaltung und die dazugehörenden Übungen sehr verständlich und gut strukturiert abhielt. Auf einmal verstand ich die Dinge, die ich sich mir in meiner Gymnasialzeit nie erschlossen hatten und ich konnte mit meinen Ergebnissen echt zufrieden sein. Aber die hohen Durchfallquoten sind für mich nichts Neues, und viele sind schließlich daran gescheitert und haben das Studium abgebrochen.


    Nachtrag: Ich habe nicht in Köln studiert, es gab wohl aber deutliche Unterschiede im Schwierigkeitsgrad in Mathe was die Unis anging.

  • ich war in dortmund...
    da stand mathe auch an oberster stelle.. schließlich durften wir herrn wittmann und herrn müller als unsere profs. bezeichnen.


    die matheklausuren bei uns waren auch nicht wirklich leicht (und ich hatte schon mathe lk), aber ich kann nur für die uni do sprechen, dass man sich gut auf die klausuren vorbereiten konnte, wenn man regelmäßig die übungsstunden besuchte und die hausaufgaben machte ( bei uns mussten 8 von 12 hausaufgaben abgegeben werden, sonst wurde man zur klausur nicht zugelassen).


    ich muss gestehen so aus dem stehgreif könnte ich das jetzt nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die verschiedensten dinge nicht in der vorlesung/übung besprochen worden wären...

  • bei mir betrifft es auch eher Deutsch als Mathe, aber vom Sinn her ist es ja das Gleiche.
    In der Uni wurde auch bei uns ein germanistisches Grundwissen vorausgesetzt. Einige von uns hatten allerdings in der Schule so gut wie nie Grammatik oder Rechtschreibunterricht. Unsere Bitte, ein freiwilliges Seminar mit einfachen Grundlagen anzubieten wurde mit dem Argument, dass man ja Abi hätte und damit vorausgesetzt wird, dass wir das können, abgeschmettert. Dieses Argument hakt aber gewaltig. Ich hatte Deutsch-Leistungskurs und wir haben in der ganzen Oberstufe keine einzige Stunde Grammatik oder Rechtschreibung hatten. Abi heißt ja nicht, dass man in diesen Bereichen wirklich fitt ist, sondern dass man ganz toll Goethe und Schiller interpretieren kann...suuuper. Und den gleichen "Blödsinn" macht man im Studium. Mittelhochdeutsch, Literaturwissenschaft usw., aber eine Grundlagenseminar in dem man nochmal den Schulstoff aufarbeitet, wollte keiner anbieten. Dabei ist es doch genau das, was man später auch unterrichten soll. Da hakt doch das System irgendwo.

    LG Orasa :D

    8) Heitere Lehrer verändern die Welt.

  • Sorry, aber natürlich macht man das nicht mehr an der Uni. Das wäre doch so ähnlich, als würde man noch mal Seminare zu den Grundrechenarten an der Uni anbieten. Grammatik und Rechtschreibung hat man so in etwa in der 7. Klasse abgeschlossen - was vermutlich die meisten vergessen haben. Und das, was man da für die Schule braucht, kann man sich doch wirklich selber erarbeiten.
    Ist halt die alte Diskussion darüber, ob es um Grundlagenwissen geht, ums exemplarische Einarbeiten oder um reine "Berufsvorbereitung" (wobei mir das schon widerstrebt, das so zu unterscheiden, denn auch ersteres ist Berufsvorvereitung - zumindest für Lehramt an Gymnasien/Gesamtschulen). Aber das ist wieder eine ganz andere Grundsatzdiskussion...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Und den gleichen "Blödsinn" macht man im Studium. Mittelhochdeutsch, Literaturwissenschaft usw., aber eine Grundlagenseminar in dem man nochmal den Schulstoff aufarbeitet, wollte keiner anbieten. Dabei ist es doch genau das, was man später auch unterrichten soll. Da hakt doch das System irgendwo.


    Wir mussten so tolle Kurse wie "Morphologie", "Syntax","Wortbildung" und "Lexikologie" machen, das ist dann auch ober ätzend, wenn du in Grammatik usw. fit bist!
    Also für irgendjemanden ist es entweder langweilig oder aber andere müssen sich was selber erarbeiten, nie kann man es allen Recht machen!

  • Abi heißt ja nicht, dass man in diesen Bereichen wirklich fitt ist, sondern dass man ganz toll Goethe und Schiller interpretieren kann...suuuper. Und den gleichen "Blödsinn" macht man im Studium. Mittelhochdeutsch, Literaturwissenschaft usw.


    Aber warum studierst du denn dann Lehramt mit Hauptfach Deutsch für die Sekundarstufe, wenn du solche Dinge nicht lernen möchtest? Und natürlich ist das auch Schulstoff. Ich habe es neulich schon in einem anderen Thread geschrieben, aber auch das sprachhistorische oder literaturhistorische "Spezialwissen", das nicht unbedingt explizit im Lehrplan steht, halte ich für absolut notwendig. Auch in der Sek.I. Ich brauche es, um die Lehrinhalte in ihrer Gesamtheit zu überblicken, um mögliche Schwierigkeiten im Vorfeld zu erkennen, um gezielte Schwerpunkte zu setzen, um didaktisch zu reduzieren und um souverän auf unvorhergesehene Schülerfragen zu antworten. Und da kommen auch in der fünften Klasse schon Fragen, zu denen ich auf dieses "Spezialwissen" zurückgreifgen muss, etwa woher die Striche auf den Umlauten kommen.


    Und ich stimme Katta zu, nach einem gründlichen linguistischen Studium kann es doch kein Problem mehr sein, sich selbständig mit Kommaregeln und dem Unterschied zwischen Präpositionalobjekt, Prädikativ und Adverbiale zu beschäftigen.


    EDIT: Bei uns gab es im Linguistikeinführungkurs übrigens in der dritten Woche des Semesters einen Test zu Kommaregeln. Da hieß es, man soll sich die Regeln aus dem Duden oder sonstwoher besorgen und selbständig aneignen. Wer durchgefallen ist, hat dann in diesem Semester gar nicht mehr kommen brauchen. Das fand ich damals schon völlig in Ordnung. Ist halt Uni, nicht Schule.

  • Vielleicht liegt es auch zum Teil daran, dass seit einigen Jahren der Elternwunsch die Schulformwahl bestimmt, seit einigen Jahren viele, viele Schüler auf dem Gymnasium sitzen, die doch auf der Realschule besser aufgehoben gewesen wären,

    Systemimmanent betrachtet nachvollziehbar. Wenn Selektion, dann richtig. Die andere Diskussion, ob man tatsächlich für Zehnjährige entscheiden muss, welchen Bildungsweg und damit welche beruflichen Ziele sie anstreben dürfen, könnte man auch noch führen.


    L. A

  • Einen wunderschönen guten Morgen !
    Ich werde mich hier und jetzt wahrscheinlich unbeliebt machen, wenn ich meine Meinung äußere, dass die (Miss-) Ernte der in unseren Schulen betriebenen Leistungsherunternivellierung sich hier in tragischer Weise rächt. Die Leistungsherunternivellierung mag an unseren Schulen durch Schönrederei noch unbemerkt bleiben, andere höhergestellte Institutionen, wie z.B. die Fachhochschulen und Universitäten nehmen da halt keine Rücksicht drauf. Warum auch ? 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Die von unter uns eingeworfene Pressemitteilung hat es tatsächlich in sich. Eine mögliche Begründung für das schlechte Abschneiden wird für mich schon auf der ersten Seite gegeben: die Klausur kann beliebig oft wiederholt werden, jedoch nicht, wenn man die Klausur bestanden hat und mit dem Ergebnis nicht zufrieden ist. Ich hätte mich also als Student auch auf jeden Fall in diese Klausur gesetzt und mir angeschaut, ob ich es gut schaffen kann oder ob es wahrscheinlich ist, dass ich mit einer Note abschließen werde, die mich nicht befriedigt. Die Studenten in Köln haben also den Vorteil, dass sie "nur" Angst vor einer schlechten Note haben müssen, nicht aber vor einer Exmatrikulation nach zweimaligem Nichtbestehen!


    Es wird ziemlich viel zu Gunsten der Dozentin argumentiert - sie erscheint nach dieser Pressemitteilung auch in einem gänzlich anderen Licht (nach meinem Empfinden) als in den weiterführenden Medien. Allein: beschriebe man jetzt meine Dozentin - es würde sich ebenso gut lesen. Doch die Realität sah eben anders aus. Natürlich konnten wir fragen stellen und Mails schreiben, natürlich gab es Beispiele und Aufgaben, die GENAU in die Richtung gingen. Aber: Unsere Mathedozentin war so extrem durcheinander, dass sie dem Bild vom verrückten Matheprofessor glich. Die Folien, Übungen und Lösungen (seit JAHREN in Benutzung!) strotzten nur so vor Fehlern. Unter der Hand waren Altklausuren unterwegs - auch diese beinhalteten oftmals Fehler. Und ich bin auch der Meinung, dass eine Aufgabe in meiner eigenen Klausur schlichtweg so fehlerhaft war, dass man sie nicht lösen konnte. Sowas würde in so einer Mitteilung natürlich niemals erwähnt! Aber es trägt natürlich nicht zum Wohlgefühl bei, wenn man nie so richtig weiß, woran man jetzt eigentlich ist.
    Es wird auch der Anschein erweckt, als wäre ziemlich genau bekannt gewesen, was in der Klausur abgefragt würde - das ist natürlich Quatsch. Nur weil gesagt wird "Es kommt auf jeden Fall eine Aufgabe aus dem Bereich der Zahlentheorie", sagt das doch nichts aus. DAS hätte sich der geneigte Student mit Sicherheit auch schon selbst denken können.


    Zur Angemessenheit der Inhalte der Mathevorlesungen und -seminare bin ich immer noch geteilter Meinung. Ich sehe ein, dass ich als zukünftige Grundschullehrerin mit Mathematik konfrontiert werde und dafür sicherlich Einsichten in die Grundlagen benötige, die über den Schulstoff hinaus gehen. Aber das, was in den Vorlesungen zum Großteil abläuft, hat nichts mehr mit damit zu tun. Das ist in meinen Augen schon sehr detailverliebt. Bis heute habe ich keinen blassen Schimmer, wie die vollständige Induktion mich im Unterricht weiterbringen kann. Der Bogen zur Schule wurde zum Großteil (gerade in der Elementarmathematik-Vorlesung, um die es ja auch in Köln geht) nur durch Beispielaufgaben geschlagen. Wie man das Ganze aber sinnvoll vermitteln kann, blieb aus.


    Das Argument der mangelnden Eigenverantwortung prallt an mir persönlich ab. Ich sehe aber ein, dass es sicherlich auch einige Studenten gibt, die sich nicht so den Popo aufgerissen haben. Ich kenne aber nur die guten Schafe ;) Problematisch sehe ich hingegen die Hinführung meiner Schule auf ein Studium. Die war schlicht nicht gegeben. Du kommst an die Uni und stehst wie der Ochse vorm Berg, weil es einfach komplett neue Arbeitsweisen sind. Heutzutage schreibt man ja schon Facharbeiten in den Schulen, die (jedenfalls schließe ich das aus den mir bekannten Formblättern), dem wissenschaftlichen Arbeiten in der Uni ziemlich nahe kommen sollen. Diese Entwicklung finde ich fürs Gymnasium sehr begrüßenswert! Ein Schritt in die richtige Richtung..immerin. Es muss aber noch einiges mehr für einen Übergang getan werden, der einen nicht in die totale Selbstaufgabe zwingt - auf beiden Seiten!

  • Gerade in Mathematik ist es oft nicht wesentlich, was genau man lernt. Das Wesentliche sind die Strukturen, die man dabei erwirbt. Natürlich muss man Grundschulkindern keine vollständige Induktion beibringen, weswegen sich auch erübrigt, zu vermitteln, wie man das vermittelt. Aber vollständige Induktion zu verstehen ist eine Denkleistung. Die zu vollziehen ist, unabhängig davon, ob man das nachher braucht, hilfreich. Oftmals versteht man das aber erst Jahrzehnte später.


    Der Ausgang dieser Klausur bestätigt nur, wie wichtig es ist, dass auch Grundschullehrer solide fachliche Grundlagen mitbringen. Denn unsere Mathematikausbildung an den Schulen ist offenbar mangelhaft. Ich kann nicht fassen, welche Lücken Schüler an die Sekundarstufe II mitbringen. Sie haben eine Fachoberschulreife, können aber keine Gleichung aufstellen, wissen nicht, was 10 Prozent Steigung bedeuten, fürchten sich vor Bruchrechnung und sind nicht in der Lage, ihre Abneigung auch nur eine halbe Stunde mal zu vergessen und zuzuhören. Zum Verzweifeln. Wie soll man Schülern die Differentialrechnung beibringen, die immer noch aus Summen kürzen? Diese Verzweiflung ist längst in den Hochschulen angekommen. Ich kann schon in der Sek II viele Schüler nicht mehr da abholen, wo sie stehen, denn dann müsste ich bei den Grundrechenarten anfangen, und die Hochschulen können das erst recht nicht.


    Und wenn man mit der Vorstellung heranwächst, dass Mathe nur was für selbstverliebte Spezialisten ist und man für die Grundschule im Wesentlichen mit dem Zahlenraum bis 1000 auskommt, kann es ja nur schiefgehen.


    Offenbar fördert die Schule auch die Konsumentenhaltung, die die Studierenden immer noch beibehalten. Natürlich kann man sich auch unabhängig von der Schule auf ein Studium vorbereiten! Es gibt Schnupperkurse, Brückenkurse, Internet, Bücher etc. - klar denkende Menschen nehmen diese Angebote auch wahr. Aber plopp, schon werden wieder die Lehrer beschuldigt. Niemand muss Abitur machen. Aber wer es macht, sollte es auch wollen. Und wer studieren will, kann sich informieren, wie das geht.


    Ich sage es meinen Schülern immer wieder, dass ihnen an der Uni keiner mehr ihre Brocken hinterherträgt und dass ich das deshalb auch nicht tue. Natürlich muss man sich immer fragen, woran es liegt, wenn Klausuren schlecht ausfallen. Aber ich muss mir auch nicht jeden Stiefel anziehen.


    Es gibt doch Erhebungen, wonach Kinder heute unbeweglicher und ungeschickter sind als früher. Liegt das am Sportunterricht? Wohl kaum!


    Was kann man denn nun tun? Bessere Lehrer einstellen? Ja, sicher. Vielleicht heißt das, 94 Prozent auszusieben ?(

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