Problem mit Schüler aus Parallelklasse - überschwängliche Freundlichkeit, Provokation von Reaktionen etc.

  • Immer wieder interessant zu beobachten, wie "Pädagogen" reagieren, wenn tatsächliches pädagogisches Handeln, d.h. Empathie und Bereitschaft zur Konfliktbewältigung, gefordert wird. Wir erziehen die zukünftigen Köpfe und wenn sich jetzt schon -wie es scheint- niemand für das Seelenleben des Schülers interessiert und stattdessen bloß die Symptome seiner inneren Konflikte bekämpft werden, dann weiß ich nicht, wo er eines Tages landen wird. In diesem Alter kann man noch so viel Einfluss auf die Kinder/Jugendlichen ausüben und auch wenn euer Blick anscheinend an den Fassaden (siehe Geschwätz über meinen Namen) hängenbleibt, bin ich mir sicher, dass du, lieber Xian, das Problem evtl. lösen könntest, wenn du ihm nicht in deiner Rolle, sondern lediglich als Mensch begegnest. Es kann Wunder bewirken, wenn die Kids merken, dass die Provokation nicht anschlägt, sondern jemand ehrliches Interesse zeigt.

    Viele liebe Grüße

  • Es kann Wunder bewirken, wenn die Kids merken, dass die Provokation nicht anschlägt, sondern jemand ehrliches Interesse zeigt.

    Viele liebe Grüße

    Stimmt. Aber Dein Rat, man möge zugeben (auch wenn es so nicht stimmt?), dass man mit dem Verhalten überfordert wäre, könnte genau so gut ins Gegenteil umschlagen. Denn der Schüler merkt dann nämlich, dass er Wirkung erzielt, dass er Macht hat. Im Prinzip zeigt man nämlich genau das, was Du (und wir alle) nicht zeigen willst / wollen: Dass die Provokation nämlich anschlägt, dass der Lehrer "hilflos" ist.

    Das Risiko wäre mir zu groß. In vielen anderen Punkte würde ich Dir zustimmen (Verhalten des Schülers verstehen wollen, ihm zeigen, dass man ihm nichts Böses will).

    Und: Es schlagen halt hier im Forum immer auch Nutzer auf, die in ihrem ersten Beitrag gleich mal richtig auf den Putz hauen, als hätten sie sämtliche Weisheit gepachtet - aber im Prinzip Blödsinn absondern (und der eine Rat, man solle zugeben, überfordert zu sein, ist äußerst grenzwertig).

    Das führt dann dazu, dass man hier schneller mal etwas schärfer angegangen wird.

    Dein zweiter Beitrag wird es übrigens nicht besser machen, denn den Leuten hier im Forum, die den Beruf z.T. schon sehr lange und u.U. auch sehr erfolgreich ausüben, gleich Empathie abzusprechen (und "Pädagoge" in Anführungszeichen zu setzen) - ohne sich überhaupt mal die Mühe zu machen, kenntlich zu machen, welche Schulart man denn unterrichtet (oder auch nur mal ganz neutral zu sagen, ob Du überhaupt Lehrer bist) - ist schon grenzwertig.

  • Lieber DeadPoet, Vielen Dank, dass du mich auf meine Denkfehler hingewiesen hast! Ja, du hast Recht, natürlich kann eine so ehrliche Kommunikation nach hinten los gehen und deshalb bitte ich, meine unklare Aussage zu entschuldigen: Natürlich meinte ich, dass Xiam, trotz allem, intuitiv, der Situation angemessen reagieren sollte und nicht z.B. aus heiterem Himmel auf den J. zugehen und ihm sagen, er habe sich überfordert gefühlt. Und ja, natürlich weiß ich nicht, ob dem auch wirklich so war, jedoch habe ich aus der Aussage, dass Xiam versucht hat mit dem J. zu reden, dieser sich aber nicht auf das Gespräch eingelassen hat, entnommen, dass er sich dann (verständlich) Hilfe beim Abteilungsrat geholt hat. Da der Junge sich aber offensichtlich von dieser Handlung provoziert gefühlt hat, wäre es ein MÖGLICHER (kein endgültiger) Lösungsvorschlag, den Jungen in ein lockeres Gespräch zu verwickeln und zum einem, nach den Ursachen seines Handelns zu fragen und zum Anderem, sein eigenes Handeln transparent zu vermitteln. Natürlich kann ich, ohne den Jungen zu kennen, nicht behaupten, dass diese mögliche Konfliktbewältigung funktioniert oder im konkreten Fall Sinn macht. Das muss man face to face entscheiden. Es war bloß ein Vorschlag. Zum Thema Empathie: nun ja lese ich die Antworten von den anderen Usern, habe ich nun mal nicht den Eindruck von empathischen Askesen umgeben zu sein. Kein Ding, wenn man es anders sieht!

    Viele liebe Grüße

  • Empathie zeigen, ja, das sollte man. Das geht aber ohne dem Schüler zu vermitteln, dass man überfordert war. Wenn man einen Grund für das Gespräch mit dem Abteilungsleiter angeben will, kann man doch einfach darauf verweisen, dass Vorfälle der Art xyz nun mal an den Abteilungsleiter gemeldet werden müssen. Fertig.


    problemkind: Ich weiß nicht, ob und wenn ja wie lange du schon Lehrer*in bist. Bei mir persönlich hat es noch nie geklappt, einen Schüler in ein lockeres Gespräch zu verwickeln und dann erfolgreich nach den Ursachen des Handels zu fragen. (Du schreibst nichts von erfolgreich, ich weiß, aber sonst ist es ja irgendwie sinnlos, es sei denn es geht "nur" darum, Interesse zu zeigen.) Meine Erfahrung ist, dass es eine relativ lange Beziehungsarbeit braucht, bis SuS einem soweit vertrauen, dass sie auch mal die Ursachen für ihr Handeln preisgeben. Das ist nicht unmöglich, und wenn man den betroffenen Schüler selbst unterrichtet, sicher auch immer eine sehr gute Investition. Aber, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, unterrichtet der/die TE den Schüler ja gar nicht selbst. Dann finde ich, geht das zu weit. Man kann nicht für alle Schüler seiner Schule immer da sein, zumindestens wenn die Schule "normal" groß ist (bei uns sind 700 SuS, da weiß ich nicht mal von allen die Namen. Diejenigen, die ich nicht kenne, haben aber andere LehrerInnen, die sich um sie kümmern, die brauchen mich gar nicht).


    Und, das wurde hier auch schon so oder so ähnlich erwähnt, gerade wenn man das Gefühl hat, der Schüler möchte provozieren, darf man sich nicht provozieren lassen. Sonst hört das nie auf und man macht sich lächerlich.

    Meine absolut subjektive Erfahrung ist, dass es eben nicht die Lehrer*innen waren, die "auf Kumpel und Verständnis gemacht haben" (ihr wisst schon, was ich meine), die wir als Schüler*innen respektiert haben, sondern eben diejenigen, die eine klare Linie gezogen haben. Ganz allgemein glaube ich (wieder absolut subjektiv), dass Schüler*innen sich im Endeeffekt eher denjenigen Lehrer*innen anvertrauen, vor denen sie Respekt haben und bei denen sie genau wissen, woran sie sind.

  • Immer wieder interessant zu beobachten, wie "Pädagogen" reagieren, wenn tatsächliches pädagogisches Handeln, d.h. Empathie und Bereitschaft zur Konfliktbewältigung, gefordert wird.

    Lass mich raten, du bist Sozialpädagoge? Oder Erzieher in einer WG?

    Wer Lehrer*innen abspricht, Pädagogen zu sein und meint, verhaltensauffälligen Jugendlichen sei damit geholfen, wenn man ihnen mitteilt, man habe sich überfordert gefühlt, hat sicher noch nie eine Unterrichtsstunde in einer Hauptschulklasse gehalten.

  • Lass mich raten, du bist Sozialpädagoge? Oder Erzieher in einer WG?

    Wer Lehrer*innen abspricht, Pädagogen zu sein und meint, verhaltensauffälligen Jugendlichen sei damit geholfen, wenn man ihnen mitteilt, man habe sich überfordert gefühlt, hat sicher noch nie eine Unterrichtsstunde in einer Hauptschulklasse gehalten.

    Oder in einer leicht wilden sechsten Klasse am Gymnasium. Oder in einer kreuzbraven fünften Klasse am Gymnasium. Oder in der Oberstufe. Oder überhaupt irgendwo mal.
    Eine Schwierigkeit ist glaube ich, dass Sozialpädagogen und Erzieher ganz andere Aufgaben haben, als Lehrer. Als Lehrerin ist es gar nicht unbedingt meine Aufgabe, mich um alle Probleme meiner SuS zu kümmern. Es ist meine Aufgabe, diesen Kindern etwas beizubringen. Dazu gehört natürlich auch, dass ich Interesse an ihnen zeige und mich bei Problemen kümmere. Aber auf einem anderen Level. Nicht umsonst gibt es ja an vielen Schulen inzwischen Schulsoziarbeiter*innen, die sich eben ganz anders um die SuS kümmern können. (Wir haben eine Schulsozialarbeiterin und sie ist super. Jede Schule sollte einen oder am besten gleiche mehrer Schulsozialarbeiter*innen haben).

  • Als Lehrerin ist es gar nicht unbedingt meine Aufgabe, mich um alle Probleme meiner SuS zu kümmern. Es ist meine Aufgabe, diesen Kindern etwas beizubringen. Dazu gehört natürlich auch, dass ich Interesse an ihnen zeige und mich bei Problemen kümmere. Aber auf einem anderen Level.

    Das sowieso, die Ausführungen von Problemkind zeugen aber bereits von mangelndem Verständnis von Verhaltensauffälligkeiten, ganz unabhängig von Unterricht. In der 1:1-Situation anderer pädagogischer Berufsgruppen fällt es nur nicht auf, wenn sich ein Erwachsener falsch verhält, die sich verschärfenden Verhaltensauffälligkeiten kann man dann jeder anderen Ursache zuschreiben. In der Schule ist freilich immer der Lehrer schuld.

  • Ich habe als Abteilungsleiter regelmäßig mit solchen Schülern zu tun. Ich würde ihm ganz deutlich klar machen, dass sein Verhalten eine Grenze überschreitet und es richtig ungemütlich wird, wenn er das nicht umgehend unterlässt. Das muss dem Schüler klar werden, dass sowas unter keinen Umständen toleriert wird. Denn so können wir nicht gut und vertraulich zusammen arbeiten. Da stelle ich mich dann auch so schützend vor meine Lehrkräfte, dass das in der Regel überzeugend wirkt. So ist meine Rolle.


    Die Rolle der Klassenleitung und der Schulsozialarbeit ist dann, gemeinsam mit dem Schüler zu überlegen, wie solche unangenehmen Gespräche in Zukunft verhindert werden können.

  • Catelyn schreibt:

    Zitat

    Als Lehrerin ist es gar nicht unbedingt meine Aufgabe, mich um alle Probleme meiner SuS zu kümmern. Es ist meine Aufgabe, diesen Kindern etwas beizubringen.

    Hm, der Schüler hat esE Förderbedarf....mit dem Beibringen muss man da schon auf 'Rahmenbedingungen' als Pädagoge achten


    Vermutlich wäre es am Besten gewesen, die beleidigende Anmerkung in der Situation zu überhören, zumal sie ja auch gar nicht richtig zu verstehen war.....(was ich schon alles überhört habe in der Arbeit mit esE-Schülern...). Genau das Verhalten der Threaderstellerin wünschte sich der Schüler, aber das sieht die Thjeaderstellerin ja auch selbst so.


    Aber das ist keinerlei 'Vorwurf' - es ist schwierig...und bedarf auch Erfahrung im Umgang mit esE-SuS


    Jetzt sehe ich als Option, Karten im Gespräch mit dem Schüler klar auf den Tisch zu legen (ich weiß, warum Du dich jetzt für mich interessiert...) und authentisch zu sein...Auslagerung an Andere (Abteilungsleitung, Sozialarbeiter) erst, wenn das wirklich alles nix bringt (leider ist das ja schon am Anfang geschehen), versuch Du selbst eine Beziehung zum Schüler aufzubauen

  • Ich habe als Abteilungsleiter regelmäßig mit solchen Schülern zu tun. Ich würde ihm ganz deutlich klar machen, dass sein Verhalten eine Grenze überschreitet und es richtig ungemütlich wird, wenn er das nicht umgehend unterlässt. Das muss dem Schüler klar werden, dass sowas unter keinen Umständen toleriert wird. Denn so können wir nicht gut und vertraulich zusammen arbeiten. Da stelle ich mich dann auch so schützend vor meine Lehrkräfte, dass das in der Regel überzeugend wirkt. So ist meine Rolle.


    Die Rolle der Klassenleitung und der Schulsozialarbeit ist dann, gemeinsam mit dem Schüler zu überlegen, wie solche unangenehmen Gespräche in Zukunft verhindert werden können.

    Genau so ist es gelaufen.

    Nochmal für alle, die hier argumentieren, man solle möglichst viel Verständnis für den Schüler aufbringen und die Gründe für sein Verhalten erforschen und zu verstehen versuchen: Der Schüler versuchte nicht mehr und nicht weniger, als seine Freunde damit zu unterhalten, auf der Bühne "Schulflur" eine Lehrkraft möglichst vorzuführen und zu provozieren. Da steckt keine behandlungswürdige Traumatisierung dahinter, die man mit möglichst viel Kuscheln heilen müsse. Das ist schlicht und ergreifend asoziales Verhalten aus Rache, weil er die Lehrkraft dafür verantwortlich macht, für anderes asoziales Verhalten einen Einlauf kassiert zu haben.

    Für mich ist dieses Thema im übrigen vorerst erledigt. Mal sehen, wie es weiter geht, wenn wir wieder zur Schule gehen. Und da das meiner bescheidenen Meinung nach vermutlich in diesem Schuljahr nichts mehr wird, ist das bis nach den Sommerferien noch eine lange Zeit hin, in der im Kopf dieses Jugendlichen viel passieren kann. Also mache ich mir da jetzt keinen Kopf drüber.

  • Als ich mich umdrehe, sehe ich wie meine SuS mich wie vom Donner gerührt anblicken und ein Mädchen fragte dann: "Haben Sie das gehört, Herr Xiam? J. hat sie 'Spasti' genannt."

    Genau das Verhalten der Threaderstellerin wünschte sich der Schüler, aber das sieht die Thjeaderstellerin ja auch selbst so.


    Aber das ist keinerlei 'Vorwurf' - es ist schwierig...und bedarf auch Erfahrung im Umgang mit esE-SuS

    Wie kommst du drauf, dass Xiam eine Frau ist...?

  • Da steckt keine behandlungswürdige Traumatisierung dahinter [...]. Das ist schlicht und ergreifend asoziales Verhalten aus Rache, weil er die Lehrkraft dafür verantwortlich macht, für anderes asoziales Verhalten einen Einlauf kassiert zu haben.

    Woher weißt du das, wenn du den Schüler gar nicht im Unterricht hast?


    Gerade wenn ein emotional-sozialer Förderschwerpunkt besteht ... Der Schwerpunkt wird ja nicht aus Lust und Laune festgestellt.

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