Ideen gegen den Lehrermangel

    • Offizieller Beitrag

    Es wäre schon mal schön, wenn der Laufbahnwechsel vereinfacht würde.


    Wir hatten bei uns (Hauptschule) schon häufig Vertretungslehrer, die Gym/Ges studiert hatten und gerne bei uns geblieben wären. Nicht allein, um eine Stelle zu haben, sondern weil sie die Arbeit an der HS erfüllte und sie einen richtig guten Job gemacht haben.


    Vielleicht tut sich ja was diesbezüglich in NRW, wenn nun A13 für alle Lehrämter kommt (*Traummodus on*)

    Das glaube ich nicht, weil auch im Bereich A12 der Wechsel zwischen den Schulformen (GS, HS, RS, SK, GE) nicht ohne Weiteres möglich ist - diesbezüglich hat meine Frau einschlägige Erfahrungen gemacht. Das dürfte auch mit A13 nicht wesentlich anders sein. Ich stimme aber zu, dass eine Flexibilisierung und die Ermöglichung eines solchen Wechsels (auf freiwilliger Basis bzw. auf eigenen Wunsch) ein weiteres Desiderat ist.

  • Dahinter steckt doch bereits die Annahme, der Lehrermangel sei (alleine) durch eine postulierte Unattraktivität des Berufs bedingt. Das stimmt so jedoch nicht - von einigen Fachrichtungen mal abgesehen. Dass es für MINT-Absolventen attraktivere Optionen in der Wirtschaft als im Öffentlichen Dienst gibt, ist bekannt und nicht alleine ein Problem des Schulsystems. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass für Lehrkräfte nur wenige Arbeitgeber zur Verfügung stehen, die wiederum nur genau ihren Bedarf bei Einstellungen decken. Das bedeutet, dass in Jahren in denen ein Überschuss an neuen Lehrkräften vorhanden ist, diese zwangsläufig weitgehend in andere Berufsfelder abwandern und später nicht mehr zur Verfügung stehen, in Jahren mit Mangel an neuen Lehrkräften besteht dieser Mangel aber, ohne sofort gegensteuern zu können.


    Man muss sich erst einmal klar machen, dass die Dauer zwischen Entscheidung für den Beruf als Lehrkraft und der möglichen Einstellung in den Schuldienst etwa 7 Jahre liegen. Das bedeutet, dass Steuerungsmaßnahmen mit mindestens 7 Jahren Verzögerung wirken.

    Und nun schauen wir einmal etwas zurück:


    Sowohl die OECD, die KMK als auch die einzelnen Länder geben seit geraumer Zeit Einstellungsprognosen zur Stellenbedarfsplanung als auch zur Orientierung für Studienanfänger heraus. Noch Anfang der 2000er war dabei mit Ausnahme weniger Fachrichtungen in fast allen Schulformen von einem Lehrerüberschuss die Rede, was potentielle Interessenten eher verschreckt haben dürfte. Noch Ende der 2000er-Jahre ging man von einem prognostizierten Schülerrückgang um 15-20% innerhalb kurzer Zeit aus, sodass keine Notwendigkeit gesehen wurde, mehr Lehrkräfte zu rekrutieren. Das gilt insbesondere für den Grundschulbereich. Ein wirkliches Umdenken war erst mit der Flüchtlingskrise 2015 und der Wahrnehmung veränderter demographischer Entwicklung abzusehen. Hier waren aber mit Blick auf die 7-jährige Ausbildungszeit kurzfristige Maßnahmen gefragt, die wir ja kennen: Quereinstieg, Einsatz (überschüssiger) Gymnasiallehrkräfte u.ä.


    Von staatlicher Seite aus wäre es wünschenswert, jedes Jahr einen gewissen Überschuss an Absolventen zu haben, von denen dann halt nicht alle eingestellt werden können. Dann hätte man eine sichere Unterrichtsversorgung, aber den Preis, dass von vorneherein in Kauf genommen wird, dass Absolventen nach 5 Jahren Studium oder gar 7 Jahren mit Referendariat auf der Straße stehen, ohne ihren Abschluss anderweitig sinnvoll verwerten zu können. Ein Ansatzpunkt könnte also sein, die frühzeitige Weichenstellung in Form eines separaten Lehramtsstudiums aufzugeben und die eigentliche pädagogische Ausbildung etwas geballter ins Referendariat und berufsbegleitend während der Probezeit unterzubringen - ähnlich wie das bislang mit Quereinsteigern bereits erfolgt. Es dürfte dann auch sehr hilfreich sein, wenn Quereinsteiger nicht als "Fremdkörper" betrachtet werden, sondern gut eingebunden und nachqualifiziert werden.

  • Den Mangel an Lehrkräften und an Personen, die für Vertretungsstellen in Frage kommen hatten wir in Bullerbü an der Grundschule vor 10 Jahren auch schon. Damals konnten wir meistens noch jemanden finden, das ist über die Jahre noch schwieriger geworden.


    Statt Lehrkräfte auszubilden hat das Land immer weitere Möglichkeiten geschaffen, den Mangel in den Schulen mit gering verdienendem Personal aufzufangen: Pädagogische Mitarbeiter:innen betreuen schon seit 2000 Klassen, wenn Lehrkräfte zur FoBi sind oder kurzfristig krank. Der Einsatz dauert aber auch so lange, bis eine Vertretungskraft gefunden wird. Die Freigabe erfolgt erst nach Wochen, gefunden wird nicht immer jemand, obwohl inzwischen auch Lehramts-Bachelor-Studierende eigenverantwortlich den Unterricht übernehmen können - die sind in der Fläche aber nicht verfügbar.


    Vor etwa 10 Jahren wurde das Elterngeld eingeführt. Diese Kinder sind jetzt durch die Grundschule durch und kommen in den weiterführenden Schulen an. Die Geburtenrate ist gestiegen. Die Kinder der Flüchtlingsfamilien kommen hinzu, seit 2015, aktuell Ortskräfte aus Afghanistan und Ukainer:innen.

    Jedes Mal hätte man für KiTa und Schulen personell gegensteuern müssen. Stattdessen hört man bis heute Sprüche, man solle einen Stuhl dazu stellen.


    Als die Inklusion eingeführt wurde, hatte die örtliche FöS über mehrere Jahre zuvor mehrere Stellen offen, die nicht besetzt werden konnten (irgendwann zwischen 2010 und 2014). Der Mangel an FöS-Lehrkräften lässt sich inzwischen besser kaschieren, weil es weniger Klassen an den FöS-Lernen gibt, die Kinder sind ja mit in den GS. Da fällt gar nicht auf, wenn die Grundversorgung zusammengestrichen wird und die GS-Lehrkraft die Aufgaben allein übernimmt, zumal es eine Dienstvereinbarung mit den FöS-Lehrkräften gibt, nach der sie vorwiegend beraten sollen. Die Arbeit am Kind entfällt also und fällt den GS-Lehrkräften zu.


    Aktuell fehlen vor Ort KiTa-Plätze in hohem zweistelligen Bereich. In wenigen Jahren werden diese Kinder eingeschult. Die Gemeinde selbst kann hinsichtlich der Lehrkräfte gar nicht nachsteuern, muss aber die Unterrichtsräume stellen. Jetzt setzen sie erst Container an die KiTas und bauen dann dort an.


    Man hat über mehr als 10 Jahre die Einstellung von Lehrkräften zu gering gehalten, hat Gymnasiallehrkräfte in den GHR-Schulen geparkt, um G9 stemmen zu können, was im Nachgang einen noch größeren Mangel in den anderen Schulformen hinterlässt, und hat bis heute keine Vertretungsreserve geschaffen, sodass ein Ausfall im Kollegium kaum oder nicht ersetzt werden kann.

  • Ein Lehrermangel resultiert doch aus der Differenz zwischen Angebot und Nachfrage.

    Wenn z.B. MINT Lehrer fehlen, weil die freie Wirtschaft attraktiver ist, müsste der Schuldienst attraktiver werden.


    Dazu zählt für mich u.a. ein wettbewerbsfähiges Gehalt und einige zusätzliche freie Tage außerhalb der Ferien, die gerne von den Sommerferien abgezogen werden können.


    Zusätzlich könnten noch mehr Lehrkräfte durch niedriger qualifizierte Personal ersetzt werden. Ähnlich wie an der Universität, wo der Professor die Vorlesungen hält und Doktoranden für die Übungen und Seminare zuständig sind.


    Am BK wären das Meister oder Techniker, die dort schon als Werkstattlehrer arbeiten. Diese könnten Lehrer noch mehr als bisher unterstützten.

  • Meine Rede seit Jahren. Wenn ich von Schulen höre, die von den Lehrkräften nur zu den Dienstzeiten des Hausmeisters betreten werden können, kriege ich zuviel.

    Bei uns soll ein variabler Ferientag verschoben werden, weil das Landratsamt als Schulträger da seinerseits einen Brückentag/Schließtag hat. Demzufolge sind alle Sekretärinnen und die Hausis im Zwangsurlaub.

  • Zusätzlich könnten noch mehr Lehrkräfte durch niedriger qualifizierte Personal ersetzt werden. Ähnlich wie an der Universität, wo der Professor die Vorlesungen hält und Doktoranden für die Übungen und Seminare zuständig sind.


    Am BK wären das Meister oder Techniker, die dort schon als Werkstattlehrer arbeiten. Diese könnten Lehrer noch mehr als bisher unterstützten.

    Danke, dass du es erläutert hast.

    Ich bin dankbar für die Personen, die bei uns an der Schule aushelfen, weil sie wirklich gut arbeiten und eine große Hilfe sind, auch wenn sie keinerlei pädagogische Qualifizierung haben.


    Aber ich bin auch der Meinung, dass das nicht der Standard sein sollte.

    Anders wäre es, wenn es ein Berufsbild "Pädagogische Assistenz" gäbe.

    In BY gibt es "Förderlehrer", die eine besondere Ausbildung erhalten. Ich weiß nicht so genau, wie sie eingesetzt werden.

    Auch fände ich fest eingestellte, der Schule zugehörige Integrationskräfte sinnvoll.


    Davon abgesehen wäre eine Arbeitszeiterhebung und entsprechender Ausgleich sinnvoll, aber das wird den Ländern zu teuer.

  • Bei uns soll ein variabler Ferientag verschoben werden, weil das Landratsamt als Schulträger da seinerseits einen Brückentag/Schließtag hat. Demzufolge sind alle Sekretärinnen und die Hausis im Zwangsurlaub.

    Ganz typisches Beispiel. Die Frage, warum Leute, die an ganz anderen Dienststellen eingesetzt sind, so einen Schließtag mitmachen müssen, ist wohl berechtigt.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ganz typisches Beispiel. Die Frage, warum Leute, die an ganz anderen Dienststellen eingesetzt sind, so einen Schließtag mitmachen müssen, ist wohl berechtigt.

    "Weil es Energie spart, über diesen Brückentag bspw. die Heizungsanlage ausgeschaltet zu lassen".


    Das ein Brückentag in der zweiten oder dritten Woche nach den Sommerferien aber totaler Müll ist, interessiert niemanden.

  • So ein Blödsinn. Ist natürlich auch immer eine Frage des "Standings" der SL gegenüber dem Sachaufwandsträger.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • „Standing“ ist meiner Meinung nach ein wesentlicher Grund, aber ich meine nicht das Standing der Schulleitung gegenüber dem Träger sondern das Standing des Lehrerberufs in der Gesellschaft.


    Warum sind wir praktisch immer der Fußabtreter der Nation, wenn es darum geht, daß wir die politischen Vorgaben nicht erfüllen können, die Eltern mal wieder nölen, daß Kevin nicht faul wäre sondern hochbegabt und unterfordert, oder die Jugendlichen uns auf der Nase rumtanzen, weil wir rechtlich gar nicht mehr dazu in der Lage sind Fehlverhalten nachdrücklich zu sanktionieren?


    Warum müssen wir uns immer und immer wieder dafür rechtfertigen, daß wir verbeamtet sind?


    Ich denke mal, daß dieses Standing für Schulabsolventen schon entscheidend ist, wenn es darum geht BWL zu studieren und dann als hoch angesehener Unternehmensberater hunderte Arbeitnehmer zu entlassen oder Lehramt zu studieren und nur Knüppel zwischen die Beine geworfen zu bekommen.

  • Du meinst sicher "systemische Beratung". Systematisch sollte sogar die Beratung im Baumarkt sein.

    Ich meinte tatsächlich systematisch. Momentan ist das Problem, dass man Aspekt A angeht aber bis man den abgeschlossen hat, soll man schon Aspekt B, C und D bearbeiten. Für mich wäre es sinnvoll zu sagen, dass sich die Schule XY in diesem Schuljahr mit dem Thema X beschäftigt. Ggf. auch mehrere Themen, wenn es nur einzelne Fachgruppen beschäftigt. Dann sollten aber auch andere Themen warten. Wir haben alle paar Monate ein neues großes Thema. Inklusion, Schulhelfer, DaZ, Corona, Digitalisierung, ... Wir schaffen es gar nicht mehr ein Thema vernünftig zu bearbeiten, weil jedes Mal ein anderes dazwischen kommt.

  • So macht es Sinn, danke für die Klarstellung.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • "Als HPI freuen wir uns, unsere langjährige Expertise in der digitalen Bildung, der Nachwuchsausbildung von IT-Spezialisten und agilen Methoden in diesem wichtigen Pilotprojekt einbringen zu können." Da macht der ganze Lehrermangel doch fast schon wieder Sinn.

    Interessanter Gebrauch auch des Personalpronomens "wir": „Gerade, weil wir ein solch einmaliges Projekt starten, wollen wir die Inhalte von Anfang an gemeinsam mit den Schulen entwickeln – in dieser Form ist das auch ein Novum“, erklärte der Kultusminister.

  • Lehrpläne [...] von 1980 bis 1985

    Gute Idee. Da kommen IT & Co. sicher nicht vor. Insofern können wir da das politische Versagen bei der Digitalisierung gut umschiffen. Und überhaupt, dass Schule auf gesellschaftliche Veränderungen eingeht, muss ja nun wirklich nicht sein.

  • Also mein Vorschlag wäre es ja, Fächer zusammenzulegen und ihnen komische Namen zu geben oder ganz neue Fächer mit komischen Namen einzuführen, für die man dann keine ausgebildeten Fachlehrer mehr braucht.


    Das wird jetzt teilweise schon erprobt:


    https://www.hessen.de/presse/h…s-schulfach-digitale-welt

    Das gibt es schon. In SH gibt es "Weltkunde" und ich glaube "Praktische Schule."

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