Mathe zu leicht? Ein Prof regt sich auf...

  • Muss ein Schüler die Jahrgangsstufe wiederholen, dann deutlich häufiger aufgrund mehrerer 5en statt einer 6.

    Richtig. In der Regel findet man immer einen Punkt, wobei es wirklich Kandidaten gibt, die dauerhaft 0 Punkte in Klausuren haben und selbst die einfachste Aufgabe im Unterricht nie lösen können. Hier hat es dann irgendwann einfach keinen Sinn mehr, sich was vorzulügen und einen Punkt fürs Sitzen zu geben.

  • Ich muss für die Facherweiterung gar keine Mathe mehr belegen, habe aber fürs 1. Semester beschlossen, es kann nicht schaden. Konkrete Mathe für Informatiker, mal sehen, was das gibt.

    Ein kurzes Update hierzu, falls es jemanden interessiert: Ich bin nach der 1. Woche Uni irgendwas zwischen amüsiert und schockiert. Ich erzähle meinen Jugendlichen an der Schule seit 10 Jahren "An der Uni ... da trägt euch keiner mehr den Arsch hinterher!!!! Da gibt's auch keine Lernziele mehr, da werdet ihr schon selber rausfinden, was man jetzt lernen muss!!!!"


    :lach2:


    In echt muss man sich nur für Informatik einschreiben, dann wird man geradezu zu Tode gepampert. Ich bin begeistert ob der überbordenden Freundlichkeit und Fürsorge der Dozierenden. Für die Grundlagen der Programmierung gibt es eine Website zur Vorlesung, da kann man sich im Selbststudium vergnügen. Mit Artikeln zum Lesen, Lernvideos vom Prof, Übungsaufgaben ... Es gibt ein Forum, in dem man Fragen stellen kann, man bekommt innert kürzester Zeit Rückmeldung bzw. geht zu den Leuten nach der Vorlesung einfach hin. Das ist wirklich nicht das, was ich erwartet habe. Keine dummen Sprüche von wegen "Schauen Sie sich die Personen links und rechts von Ihnen an, mindestens eine davon sehen Sie nächstes Semester nicht wieder.", explizit das Gegenteil. Es gibt zu wenig Informatiker*innen, wir wollen eigentlich, dass ihr alle durchkommt.


    In einer ersten Umfrage geben etwa 25 % an, sie hätten keine Erfahrung mit Programmieren. Egal, das lernt ihr hier schon. Es werden keine Vorkenntnisse erwartet jenseits dessen, was man bis zur Matura eben gelernt hat. Im Wesentlichen ist das ein bisschen Mathe, das scheint mir für die "regulären" Studis tatsächlich die grösste Hürde zu werden. Was ich diese Woche aber gelernt habe, die Informatiker müssen gar nicht die Hauptfachveranstaltungen in der Mathe belegen. Ich dachte das, aber so ist es gar nicht. Die sitzen in der Mathe für Naturwissenschaftler*innen, die würde man mir sehr wahrscheinlich aus dem "früheren Leben" sogar anerkennen für den regulären Bachelor. Kommentar der Dozentin in der ersten Vorlesung zur Angewandten Mathe für Informatiker: "Falls sich Mathestudierende hierhin verirrt haben - das ist nicht euer Niveau sondern weit darunter. Ihr müsst diese Vorlesung nicht belegen, da lernt ihr nichts Neues dazu."


    Ich bin gespannt, wie das weiter geht. Im Moment sitzen da deutlich über 100 Personen in den Veranstaltungen, die ich belegt habe. Mal sehen, wie schnell die 1. Halbwertszeit dann doch erreicht ist. Jetzt bin ich erst mal latent verstört.

  • Ich würde das nicht überbewerten. Im Physikstudium fing es die ersten 2 Wochen auch entspannt an und eine der Übungsserien drehte sich um gleichförmige Bewegungen, womit wir uns alle ziemlich vera**** vorkamen. Das legte sich gleich in der nächsten Woche wieder ;)

  • Du... Ich habe im ersten Leben schon mal was studiert. Ich weiss ziemlich genau, was da auf mich zukommt. Ich kann mich aber sehr gut daran erinnern, dass die Begrüssung 1999 in der Chemie nicht halb so freundlich war und sich von den Damen und Herren Dozierenden niemand dafür interessiert hat, ob wir hinterher kommen oder nicht.


    Ich kenne als Lehrperson auch einige Leute an der Uni Basel in der Chemie und die sind auch extrem bemüht darum, dass Studenten kommen und auch bleiben. Wir hatten im letzten Schuljahr erst ein Lehrertreffen mit denen, wo's genau darum ging, was können wir tun, dass das Studienfach attraktiver wird. Basel hat ein bisschen ein Reputationsproblem im Vergleich zur ETH. Ich verstehe das ehrlich gesagt nicht, denn der Standort ist sehr gut, mindestens die Forschung in der Chemie (da kann ich es einschätzen) hat auch wirklich Qualität. Warum man als Bachelor-Student so unbedingt Ruhm und Ehre an der ETH braucht hat mir noch keiner erklären können.

  • Für die Grundlagen der Programmierung gibt es eine Website zur Vorlesung, da kann man sich im Selbststudium vergnügen. Mit Artikeln zum Lesen, Lernvideos vom Prof, Übungsaufgaben ... Es gibt ein Forum, in dem man Fragen stellen kann, man bekommt innert kürzester Zeit Rückmeldung bzw. geht zu den Leuten nach der Vorlesung einfach hin. Das ist wirklich nicht das, was ich erwartet habe.

    Nun - Vorlesungen im "Flipped-Classroom-Prinzip" macht Spannagel an der PH Heidelberg seit Jahren erfolgreich.
    Er hält seine Vorlesungen nur noch 1 Mal - und stellt diese dann ins Netz. Er empfindet es als Zeitvergeudung jedes Jahr dasselbe Manuskript runterzulesen.
    Spannagel geht in seiner Vorlesung davon aus, das die Studenten die Vorlesung in ihrem eigenen Tempo betrachtet, durchdacht, nicht verstandene Stellen zurückspulen - und man dann im Plenum über ungeklärte Frage spricht. Das ist moderne Pädagogik, die ich sehr faszinierend finde und es begrüße, falls diese den Weg nach Basel gefunden hätte.

    Nebenbei:
    Der Sohn einer Bekannten hatte sich für Maschinenbau eingeschrieben. In der Vorlesung begann der Professor mit zwei Veranstaltungen zu Grundrechenarten. Sohnemann dachte, dass er das ja sowieso alles könne und hatte sich dann zwei Veranstaltungen frei genommen. Als er wieder in die Vorlesung kam, wurde Vektorrechnung wiederholt und auf die vergangene Vorlesung aufgebaut. Anschluss verpasst. Studium geschmissen.
    Hochmut kommt vor dem Fall.

    Achso: Der schwarze Lord:
    https://www.youtube.com/user/pharithmetik



    BTW: Etwas Grundschularithmetik der PH - nur weil manche Leute glauben, das sei Pipifax:

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    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.

  • Nebenbei:
    Der Sohn einer Bekannten hatte sich für Maschinenbau eingeschrieben. In der Vorlesung begann der Professor mit zwei Veranstaltungen zu Grundrechenarten. Sohnemann dachte, dass er das ja sowieso alles könne und hatte sich dann zwei Veranstaltungen frei genommen. Als er wieder in die Vorlesung kam, wurde Vektorrechnung wiederholt und auf die vergangene Vorlesung aufgebaut. Anschluss verpasst. Studium geschmissen.
    Hochmut kommt vor dem Fall

    Also das klingt für mich nach einem anderen Problem mit dem Maschinenbau-Studium (dito in anderen Ingenieurwissenschaften). "Anschluss verpasst" ist da eher Dauerzustand, soll heißen, dass man dem Stoff permanent hinterherhechelt und teils erst überhaupt in der Klausurvorbereitung draufgeschafft bekommt. Wenn es reicht, bei der Wiederholung(!) der Vektorrechnung auszusteigen, dann wurde dort eher nicht der fachliche Anschluss verpasst, sondern die Geschwindigkeit und der Anspruch, im Studium alles beigeschafft zu bekommen, waren einfach grundsätzlich zu groß und zu schnell.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Ich bezweifle, dass Sek.-II-Mathematiklehrer die Inhalte des Videoausschnittes für besonders anspruchsvoll halten werden.

    Gerne. Ist ja eine Einführungsveranstaltung - aber bereits weit jenseits von Grundrechenarten, deren Beherrschung bereits als Qualifikation für Grundschullehrkräfte angesehen wird. ;)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.

  • Nebenbei:
    Der Sohn einer Bekannten hatte sich für Maschinenbau eingeschrieben. In der Vorlesung begann der Professor mit zwei Veranstaltungen zu Grundrechenarten. Sohnemann dachte, dass er das ja sowieso alles könne und hatte sich dann zwei Veranstaltungen frei genommen. Als er wieder in die Vorlesung kam, wurde Vektorrechnung wiederholt und auf die vergangene Vorlesung aufgebaut. Anschluss verpasst. Studium geschmissen.
    Hochmut kommt vor dem Fall.

    Was genau meinst du mir damit mitteilen zu müssen?



    Nun - Vorlesungen im "Flipped-Classroom-Prinzip" macht Spannagel an der PH Heidelberg seit Jahren erfolgreich.

    Ich habe selber in Heidelberg studiert. Du verstehst nicht recht, was ich geschrieben habe. Dass Vorlesungen im Selbststudium vor- und nachbereitet werden, das war wohl immer schon so. Ich war während des Grundstudiums in den 2000ern die meiste Zeit gar nicht in den Vorlesungen weil die von absolut unmotivierten, griessgrämigen alten Säcken gehalten wurden*. Das war im Hauptstudium schon anders, nachdem 2 - 3 der alten Säcke durch neue Leute ersetzt waren. Ich glaube nicht, dass da irgendwas den "Weg nach Basel" gefunden hat und Spannagel ist auch nicht der "Erfinder" der Methode, die kommt aus den USA und wurde dort von Aaron Sams und Jonathan Bergmann eingeführt. Die Welt hat sich seither einfach 23 Jahre weitergedreht und offensichtlich hat sich die grundsätzliche Haltung an der Uni gegenüber den Studierenden in der Zeit verändert. Die Dichte an Arschlöchern ist einfach geringer geworden. Gerüchten zu Folge ist sie an der ETH in Zürich immer noch einigermassen hoch, man hat ja einen Ruf zu verteidigen.


    *Günter Helmchen möchte ich da explizit ausnehmen, der war und ist eine Legende. Der wusste aber auch ganz genau, wer in seiner Vorlesung sitzt.

  • Das Video ist auch für Sek I Lehrer nicht besonders anspruchsvoll. Wir unterrichten das zwar nicht, aber das dort gezeigte müsste ich im Studium in einer der ersten Stunden in der Zahlentheorie gehabt haben.

  • Das Video ist auch für Sek I Lehrer nicht besonders anspruchsvoll. Wir unterrichten das zwar nicht, aber das dort gezeigte müsste ich im Studium in einer der ersten Stunden in der Zahlentheorie gehabt haben.

    Selbstverfreilich sind Sek II-Lehrer Äonen von der Qualifikation für die Grundschule entfernt. ;)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
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  • Studiengänge und Universitäten können extrem unterschiedlich sein.


    Meine Tochter hat zunächst einen Bachelor in Mathematik in der Universität Regensburg erworben. Die Schwundrate war enorm, Semesterferien gabs keine, da wurden die schriftlichen Prüfungen geschrieben, die eine immense Vorbereitung erforderten. Nach dem erfolgreichen Abschluss kam sie bleich, abgearbeitet und ausgebrannt nach Hause und fuhr dann erst einmal in den Urlaub.


    Danach beschloss sie, einen Master in Machine Learning machen zu wollen. Dazu braucht sie 2 Semester Informatik, um Programmierkenntnisse nachzuweisen und in die entsprechenden Studiengänge zugelassen zu werden. Sie begab sich also nach Rostock, um die erforderlichen Leistungspunkte zu erwerben. Seither ist alles super entspannt:

    • die ersten 3 Wochen passiert nichts, Professoren sind noch nicht da und es wird über Termine diskutiert
    • die ersten 5 Wochen gibt es keine Übungsaufgaben
    • die Hälfte der Vorlesungen (z.B. Datenbanken) ist jede Menge Gelaber, bei dem äußerst wenig Inhalt rumkommt

    Naja, ihr geht's wieder gut. Sie macht Sport, ist in den Segelverein eingetreten, fährt regelmäßig nach Warnemünde an den Strand. Jeder braucht mal Pause, dann geht sie wenigstens entspannt in den Master-Studiengang.

  • Meine Tochter hat zunächst einen Bachelor in Mathematik in der Universität Regensburg erworben. Die Schwundrate war enorm, Semesterferien gabs keine, da wurden die schriftlichen Prüfungen geschrieben, die eine immense Vorbereitung erforderten

    Das war damals in den 90zigern nicht anders. Abbruchquoten bis zu 50 % der Studierenden bis zum Vordiplom.

    Die meisten derjenigen, die die Vordiplomsprüfungen überstanden haben, haben dann auch den Abschluss gemacht.

    Das scheint heute nicht anders zu sein. Leider immer noch Abbruchquoten bis zu 50 % im Mathematik Studium.

    Da hat sich also nichts geändert.

  • In Physik ist’s auch nicht anders. Bei meiner Tochter waren im Master von gut 100 Studienanfänger:innen aus ihrem Semester nur noch 15 übrig. Viele haben vorher aufgehört, die anderen haben etwas länger für den Bachelor gebraucht.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

    Einmal editiert, zuletzt von MarieJ ()

  • War zu meiner Zeit an der Uni an der ich studiert habe auch nicht anders. Die Mehrheit ist auch innerhalb der ersten vier Semester raus gewesen. Danach wurde das Studium entspannter.

  • Tatsächlich sind hier die Abbruchquoten deutlich kleiner als in Deutschland. In Basel sind es im Bereich MINT etwa 30 %, die wieder hinschmeissen, das finde ich noch ganz erträglich. Es ist wohl doch sinnvoll, schon gar nicht erst die Hälfte eines Jahrgangs an die Uni zu lassen.

  • Das war damals in den 90zigern nicht anders. Abbruchquoten bis zu 50 % der Studierenden bis zum Vordiplom.

    Die meisten derjenigen, die die Vordiplomsprüfungen überstanden haben, haben dann auch den Abschluss gemacht.

    Das scheint heute nicht anders zu sein. Leider immer noch Abbruchquoten bis zu 50 % im Mathematik Studium.

    Da hat sich also nichts geändert.

    Das war in den 80ern auch nicht anders und wird sich vermutlich auch nicht ändern. Mathe an der Uni ist halt eine andere Liga als in der Schule. Das wird auch eher noch mehr werden.


    Ist das so schlimm? Wenn man rechtzeitig die Kurve kriegt und was anderes wählt, weil es eben doch nicht das Richtige ist, ist das kein Beinbruch. Es ist auch eher so, dass die Leute merken, dass es nicht das ist, was sie sich vorgestellt haben. Bei uns waren die Abbrecher schon früh weg, die haben erst gar nicht die Vordiplomsprüfungen versucht.


    Selbst Abbrecher in späteren Semestern finden noch irgendwie einen Weg.

  • Die Abbruchquoten im Mathestudium lagen auch zu meiner Zeit bei ca. 50%, obwohl damals die Abiturquote höchstens bei 30% lag.


    Die in obiger Studie zitierten 80% Abbruchquote für das Mathestudium sind zu Abbruchquoten früherer Zeiten nicht vergleichbar. Überhaupt haben heutige Abbruchquoten fast keine Aussagekraft mehr. Früher glaubte man, dass ein harter Studienabschluss automatisch zu beruflichem Erfolg führt, heute beobachten junge Leute viel mehr, welche Kenntnisse der Markt honoriert und disponieren im Zweifel schnell um.


    Ich bin in der Familie langsam die Einzige, die noch kein Studium abgebrochen hat. Ich habe Mathe auf Diplom studiert und 1998 mit Diplom abgeschlossen. Meine Tochter hat ein Mathe-Latein Lehramtsstudium angefangen, Latein nach 1 Semester abgebrochen, dabei hat sie auch das Lehramtsstudium abgebrochen und (bei Anerkennung aller Mathevorlesungen, die identisch waren) auf Mathe-Bachelor mit Nebenfach Physik gewechselt. Dieses Studium hat sie mit Bachelor beendet. Jetzt ist sie für Informatik eingeschrieben, was sie abbrechen wird, weil sie nur ein paar Leistungspunkte benötigt, um in einen Masterstudiengang Machine Learning hineinzukommen. Trotz all dieser Abbrüche ist sie bis zum Bachelor jedenfalls schön in Regelstudienzeit.

  • Die Abbruchquoten im Mathestudium lagen auch zu meiner Zeit bei ca. 50%, obwohl damals die Abiturquote höchstens bei 30% lag

    Die Maturitätsquote lag in der Schweiz vor 20 Jahren noch bei unter 20 %. Kein Witz ;) Unterdessen sind es knapp 23 % allgemeinbildende Maturität. Es gibt bis heute Regionen in denen praktisch niemand Matura macht. Daneben hat aber die Berufs- und Fachmaturität recht zugelegt, bei uns studieren am Ende gleich viele an der Fachhochschule wie an der Uni.

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