Als Lehrer viele Urlaubstage

  • Überlegst du denn immer noch, ob du Lehramt studieren sollst? Vielleicht erzählst du mal was über deine Beweggründe, hier derlei Fragen zu stellen, damit wir deine Beiträge einordnen können.


    Zur Ausgangsfrage: wie du bereits schriebst, es kommt auf 101 Parameter an.

  • Als ich noch 100 % Chemie unterrichtet habe war meine Welt meistens in Ordnung 😁 Im Ernst... Zwei experimentelle Naturwissenschaften sind gelegentlich echt anstrengend. Physik sind die Schülerpraktika einfacher, da arbeiten wir auch ohne Assistenz. Stromkreise zusammenstecken macht keinen Dreck. Ich habe dieses Semester Glück, ich bin zur 1. Lektion dran. Dann bin ich um 07:30 Uhr an der Schule und stelle alles hin, die SuS räumen selber ab. Die Schülerpraktika in Chemie wären ohne Assistenz in dem Umfang nicht leistbar. Ist auch von der Aufsicht her ne andere Nummer als in Physik. Dafür habe ich in Physik den grösseren Stress mit den Lehrerexperimenten. Wenn die Lichtschranke nicht genau an der richtigen Stelle, dann Experiment fail. In der Chemie geht's nicht so genau. Lösung wechselt die Farbe von rot zu grün und alle glauben, was ich dann erzähle. Am gechilltesten haben es schon die 100 % Mathematiker, das streiten die aber auch gar nicht ab.

    Leider gibt es in Deutschland keine Assistenz. Bei uns wollte sich ja eine CTA, die am benachbarten Schweizer Gymnasium arbeitet, vorstellen und war überrascht, dass wir alles selbst machen (müssen).


    Ja state_of_Trance es gibt Kollegen, die dann nur Theorie in Chemie machen, allerdings sind sie selten (ich kannte genau eine) und es wäre mir zu langweilig. Mir macht Chemie Spaß (es war vorher kein klagen, da selbst gewählt), weitaus mehr als Mathe und ich gebe die Freude gerne weiter (besonders freue ich mich, wenn mir die Oberstufenberatung erzählt, dass Schüler gefragt hätten, ob ich den Leistungskurs übernehme, dann würden sie Chemie wählen). Aber es kostet Zeit (und das war vor allem an den TE gerichtet und direkt nach deinem Kommentar geschrieben) und das wird auch von unseren Deutschkollegen anerkannt (die Problematik Korrektur höre ich hier nie). Ich unterrichte tatsächlich fast nur Chemie, NwT und Naturphänomene, habe im Durchschnitt nur eine Matheklasse (also nur 4 von 25 Stunden).


    (Und Schülerpraktika für kleine Gruppen sind lange nicht so zeitaufwändig wie für große. Da macht sich die Schülerzahl deutlich bemerkbar. Bei 31 Achtklässler bin ich anschließend gewaltig am putzen. Schüler dürfen aus Sicherheitsgründen nicht in die Vorbereitung, sie können nur wenig helfen.)

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • OT aber in unserem Chemieunterricht gab es kein einziges Schülerexperiment. Nie. Der Lehrer hat irgendwas in irgendwas anderes geworfen und dann hat's gezischt, ansonsten hat er sexistische Bemerkungen gemacht. Schade, ich fand Chemie eigentlich interessant.


    Zum Thema Arbeitszeit wundere ich mich, dass nie die Kolleg*innen am meisten klagen, die Korrekturfächer haben, die sind nämlich die eigentlich gearschten, die wirklich ständig arbeiten. Auch in den Ferien.

  • So habe ich auch meinen Chemieunterricht in Erinnerung. Bis auf die sexistischen Bemerkungen, wir hatten eine Frau. Inhaltlich kann ich mich an wenig Spannendes erinnern. Ich fand das mit dem Bohrschen Atommodell toll und habe aus Langeweile schon mal im Buch "vorgelesen". Dafür habe ich einen Anschiss kassiert, das ist mir bis heute geblieben. Ich weiss ehrlich nicht, warum ich das studiert habe, vielleicht Traumabewältigung oder so 😂


    Kris24 Unsere Assistenz hat 18 Jahre lang an einer deutschen Schule gearbeitet. War halt ne katholische Schule in privater Trägerschaft. Die grossen Synthese-Praktika sind eine derartige Materialschlacht, dass ich es ohne Unterstützung wirklich nicht machen würde. Schülerexperimente im "normalen" Theorieunterricht bereite ich immer selbst vor. Unsere SuS dürfen halt in die Vorbereitung und die Gläser selbst in den Geschirrspüler stellen.

  • Wir haben mal den Abzug von außen verstopft und bei einem Versuch qualmte daher der ganze Chemieraum und durch die geöffnete Tür zog alles noch ins Gebäude.

    Kein Scherz, wirklich passiert:


    In meiner eigenen Schulzeit wurden mal unsere Chemie-Räume komplett renoviert. Der Chemie-Fachobmann wollte die neuen Abzüge in seinem Unterricht testen.

    Wie macht man das?

    Selbstverständlich durch die Herstellung von Buttersäure.

    Sollte der Abzug ja schaffen, wenn er funktioniert.

    Tat er nicht.

    Der Lüfter war falsch rum angeschlossen und war kein Entlüfter, sondern ein Belüfter.

    Der Unterricht für die gesamte Schule wurde nach der Stunde beendet.

  • An meiner ersten Schule hat es ein Schüler im Praktikum geschafft, dass er am Ende Buttersäure im Haar hatte. Für den war der Unterricht dann frühzeitig beendet, ich hoffe bis heute, dass er nicht mit dem Bus nach Hause gefahren ist.


    Die Chemie-Fails sind in der Tat lustiger als die in der Physik. Eine unserer Sekretärinnen hat einfach schon Angst, wenn einer von uns während der Unterrichtszeit mit einer Klasse hinters Schulhaus geht. Das verheisst nichts Gutes.

  • Leider gibt es in Deutschland keine Assistenz. Bei uns wollte sich ja eine CTA, die am benachbarten Schweizer Gymnasium arbeitet, vorstellen und war überrascht, dass wir alles selbst machen (müssen).


    Ja state_of_Trance es gibt Kollegen, die dann nur Theorie in Chemie machen, allerdings sind sie selten (ich kannte genau eine) und es wäre mir zu langweilig. Mir macht Chemie Spaß (es war vorher kein klagen, da selbst gewählt), weitaus mehr als Mathe und ich gebe die Freude gerne weiter (besonders freue ich mich, wenn mir die Oberstufenberatung erzählt, dass Schüler gefragt hätten, ob ich den Leistungskurs übernehme, dann würden sie Chemie wählen). Aber es kostet Zeit (und das war vor allem an den TE gerichtet und direkt nach deinem Kommentar geschrieben) und das wird auch von unseren Deutschkollegen anerkannt (die Problematik Korrektur höre ich hier nie). Ich unterrichte tatsächlich fast nur Chemie, NwT und Naturphänomene, habe im Durchschnitt nur eine Matheklasse (also nur 4 von 25 Stunden).


    (Und Schülerpraktika für kleine Gruppen sind lange nicht so zeitaufwändig wie für große. Da macht sich die Schülerzahl deutlich bemerkbar. Bei 31 Achtklässler bin ich anschließend gewaltig am putzen. Schüler dürfen aus Sicherheitsgründen nicht in die Vorbereitung, sie können nur wenig helfen.)

    Wir machen auch Versuche und praktische Arbeiten, allerdings räumen die Schüler die Geräte aus den Schränken raus und später wieder ordentlich rein. Nur fehlendes Verschleißmaterial wird mir gemeldet und von mir neu bestellt.

    Fehlt auch noch, dass ich den Schülern alles hinterherraume.

  • Nun - ich hab' mal nachgerechnet':

    Das Jahr hat 365 Tage.

    Abzüglich 52 Wochenenden bleiben 365-104=261 Werktage übrig.

    Im Durchschnitt sind Lehrer öfter krank als der Durchschnitt der Arbeitnehmer, laut Focus 30 Arbeitstage. Bleiben 261-30=231 Arbeitstage

    Jede Schule in Baden-Württemberg kann 5 frei bewegliche Ferientage über das Schuljahr verteilen. Bleiben 231-5=226 Arbeitstage.


    Über das Jahr hinweg gibt es Weihnachts-, Faschings-(Winter-), Oster-, Pfingst-, Sommer-, Herbstferien, insgesamt im Schnitt 14 Wochen, also 70 Tage. Verbleiben 226-70=156 Schultage


    Es gibt 12 gesetzliche Feiertage in Baden-Württemberg. Verbleiben 156-12=144 Arbeitstage

    Für Pädagogische Tage, Fortbildungstage und Schulfeste fallen im Jahr im Durchschnitt 4 Schultage aus. Bleiben 140 Tage.


    Es gibt insgesamt 6 größere Ferienabschnitte. Am letzten Tag vor den Ferien und am ersten Tag nach den Ferien findet kein regulärer Unterricht statt. 140-12=128 Tage Rest.


    Wandertage, Ausflüge, Schullandheimaufenthalte ergeben im Schnitt 3 unterrichtsfreie Tage pro Schuljahr. Verbleiben 125 Tage.

    Während Schüler im Praktikum sind, von Polizisten auf die Fahrradprüfung vorbereitet werden, Dichterlesungen lauschen, Firmen besichtigen, von der Berufsberatung betreut werden, haben Lehrer frei. Im Schnitt kann man dafür 7 Tage pro Schuljahr ansetzen. Verbleiben 118 Tage.


    Lehrer arbeiten halbtags. Verbleiben 118/2=59 Arbeitstage.


    Fazit: Lehrer haben 306 "Urlaubstage". Das soll man jemand toppen!

    :sterne:

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.

    • Offizieller Beitrag

    Lehrer arbeiten halbtags. Verbleiben 118/2=59 Arbeitstage.


    Fazit: Lehrer haben 306 "Urlaubstage". Das soll man jemand toppen!

    :sterne:

    Natürlich ist das zu toppen:

    - Schwimmlehrkräfte können im Schwimmbad chillen, statt zu arbeiten,

    - Musiklehrkräfte können Musik hören und chillen, statt zu arbeiten,

    - Lehrkräfte, die im Unterricht einschlafen, können - je nach Schlaftiefe und -dauer sogar auf eine negative Anzahl von Arbeitstagen und damit über 365 Tage Urlaub pro Jahr kommen.


    Uns fällt bestimmt noch was ein.

  • Wir machen auch Versuche und praktische Arbeiten, allerdings räumen die Schüler die Geräte aus den Schränken raus und später wieder ordentlich rein. Nur fehlendes Verschleißmaterial wird mir gemeldet und von mir neu bestellt.

    Fehlt auch noch, dass ich den Schülern alles hinterherraume.

    Noch einmal, ist schlichtweg verboten in die Sammlung zu gehen und wenn etwas passiert... Und die Spülmaschine steht leider nicht im Chemieraum (für Schüler), wäre auch zu laut während des Unterrichts. (In die Schülerschränke räumen sie auch Gasbrenner etc. ein, aber Chemikalien stehen nicht im Chemieraum herum und Glasgeräte kommen bei uns in die Spülmaschine.)


    (Unterrichtest du Chemie?)


    (Ich habe jetzt mehrfach erlebt, dass die Staatsanwaltschaft gegen Kollegen ermittelt hat. Meistens wurde es gegen eine saftige Geldstrafe eingestellt und es ist noch nicht einmal ein Schüler ernsthaft verletzt worden. Ich möchte diesen Stress nicht haben. Dann würde ich auch auf Versuche verzichten.)

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

    3 Mal editiert, zuletzt von Kris24 ()

  • Wir machen auch Versuche und praktische Arbeiten, allerdings räumen die Schüler die Geräte aus den Schränken raus und später wieder ordentlich rein. Nur fehlendes Verschleißmaterial wird mir gemeldet und von mir neu bestellt.

    Fehlt auch noch, dass ich den Schülern alles hinterherraume.

    Ich erwähnte es bereits: Physikpraktika sind sehr viel einfacher zu organisieren und auch zu hüten. Ich habe KuK, die die SuS das Zeug auch selber aus dem Schrank holen lassen. Ich mache das selbst um etwas Zeit zu sparen. Meine SuS räumen nur selbst wieder ab. Wie Kris schrieb, die SuS dürfen keine Chemikalien versorgen, sie dürfen den Lagerraum nicht betreten. Im Praktikum legen sie benutzte Glaswaren in ein Körbchen, das ich dann zum Geschirrspüler bringen kann. Physik macht keinen Dreck.

  • Natürlich ist das zu toppen:

    - Schwimmlehrkräfte können im Schwimmbad chillen, statt zu arbeiten,

    - Musiklehrkräfte können Musik hören und chillen, statt zu arbeiten,

    Und eine Sportlehrkraft mit dem zweiten Fach Musik hat im Schwimmbad mit Hintergrundmusik quasi Cluburlaub mit (Kinder-)Disco. Das ist nicht nur frei sondern auch Wellnessurlaub!

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Zum Thema Arbeitszeit wundere ich mich, dass nie die Kolleg*innen am meisten klagen, die Korrekturfächer haben, die sind nämlich die eigentlich gearschten, die wirklich ständig arbeiten

    Es gibt hier im Forum unzählige Threads, in denen genau darüber "gejammert" wird. Dass die "ständig" arbeiten, halte ich für ein Gerücht und meine KuK an meiner Schule behaupten das auch nicht. Die wissen selber, dass sie mehr Lektionen pro Klasse und damit weniger Klassen insgesamt unterrichten. Die wissen, zu welchen Uhrzeiten die Naturwissenschaftler, Musiker und Zeichner im Schulhaus sind. Und ansonsten hielte sich mein Mitleid auch arg in Grenzen wenn ich höre, dass die gerade die 10. Note eintragen obwohl sie nur 5 haben müssen. Und ich schrieb es schon mal, es gab Zeiten, da hatten bei uns im Kanton die Naturwissenschaftler 2 Lektionen weniger fürs Volldeputat. Seit wir die gleiche Anzahl Lektionen unterrichten haben wir eine Assistenz, das ist billiger als die Lehrerstunden zu zahlen.

  • chen Schule gearbeitet. War halt ne katholische Schule in privater Trägerschaft

    An einer meiner Ref-Schulen gab es tatsächlich einen CTA. Da war die Stadt großzügig.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • An einer meiner Ref-Schulen gab es tatsächlich einen CTA. Da war die Stadt großzügig.

    Da hat's halt widerstreitende Interessen. Schulträger: Kommune. LuL im Landesdienst. Warum sorgt dann nicht das Land für entsprechende Assistenz, die die LuL unterstützt? Die - in der Regel - klammen Kommunen werden das kaum übernehmen können/wollen.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Wolfgang Autenrieth sehr gut gerechnet und völlig nachvollziehbar. Eigentlich haben wir nur frei.

    Pssst! Das haben wir in den letzten Jahrzehnten doch erfolgreich unter den Teppich gekehrt! Wenn das jemand behauptet hat, haben "wir" das genauso lächerlich gemacht, wie wenn jemand die Existenz Bielefelds in den Raum gestellt hat! Jetzt wird das hier sogar öffentlich bestätigt. Das wieder zu blitzdingsen, wird aufwendig.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Da hat's halt widerstreitende Interessen. Schulträger: Kommune. LuL im Landesdienst

    Das ist - wie bereits mehrfach hier gesagt - für mich einer DER Gründe für die Misere unserer Schulen.

  • - Schwimmlehrkräfte können im Schwimmbad chillen, statt zu arbeiten,

    - Musiklehrkräfte können Musik hören und chillen, statt zu arbeiten,

    - Lehrkräfte, die im Unterricht einschlafen, können - je nach Schlaftiefe und -dauer sogar auf eine negative Anzahl von Arbeitstagen und damit über 365 Tage Urlaub pro Jahr kommen.


    Uns fällt bestimmt noch was ein.

    Deutschlehrkräfte können darüber hinaus noch ihre ganze persönliche Lektüre von der Steuer absetzen, weil sie behaupten können, sie bräuchten es für den Unterricht. Das wäre sonst natürlich echt teuer, denn wann liest man am meisten? Klar, im Urlaub. Und wovon haben Lehrer massenweise? .... Richtig!

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