Abwertung wegen gehäufter Verstöße gegen sprachliche Richtigkeit

  • Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Kontext der Frage: Deutsch-Abitur, Grundkurs, NRW. Auf der Kippe zum Defizit.

    Die Regelung "gehäufte Verstöße" ist ja so herrlich unkonkret. Gebt mir doch bitte mal Einschätzungen, ab wann ihr eine Absenkung nach §13/2 APO-GOSt für gewöhnlich vornehmt bzw. unvermeidbar haltet.

    Danke& Gruß!

  • Huch, das ist ja bei euch wirklich recht unkonkret. In NDS gibt es eine vergleichbare Regelung in der VO-GO, dort wird in den ergänzenden Bestimmungen eine Orientierung in Form von "1 Notenpunkt Abzug bei im Mittel mehr als 5 Fehlern pro Textseite bzw. 2 NP bei mehr als 7 Fehlern" vorgegeben, wobei ein rein quantifizierendes Verfahren nicht angemessen ist. Bezugsnorm ist eine in Normalgröße vollgeschriebene Textseite. Insofern ist ein Abzug auch gerechtfertigt, wenn in Mathe auf einer A4-Seite nur ein Antwortsatz steht, dort aber 4 Rechtschreibfehler eingebaut sind ;) Andersherum sind Wiederholungsfehler auch als solche zu berücksichtigen.


    Gibt es solche ergänzenden Bestimmungen zur APO-GOSt evtl. auch in NRW? Oder entsprechende Vorgaben in den Hinweisen zum Abitur?

  • In Hessen gibt es einen Fehlerindex für alle Fächer. Die Fremdsprachen haben eine schwammige Kriterientabelle. Aber bei euch ist ja alles möglich. Häufig wäre bei einem 15 bis 20 Fehler, bei anderen vielleicht schon ab 5 pro Seite.

    • Offizieller Beitrag

    Die Regelung wurde so gefasst, dass es im Ermessen der korrigierenden Lehrkraft liegt. Ich würde hier aus dem Bauch heraus bei einer Fehlerzahl von mindestens 10 bis 15 pro Spalte eine Abwertung in Erwägung ziehen.
    Grund dafür ist zum einen, dass hier wirklich eine krasse Fehlerhäufung vorliegt, und zum anderen dass es auch im Falle eines Widerspruchs irgendwo für Dritte nachvollziehbar sein muss, weshalb es zu dieser Abwertung kam.

    Effektiv wird man bei Klausuren, bei denen es maximal 100 Punkte gibt und die Sprachrichtigkeit im darstellenden Bereich in der Regel bei der Vergabe von 0 Punkten in diesem Kriterium maximal 5 Punkte beträgt, ohnehin nur einen zusätzlichen Notenpunkt abziehen können - was wiederum auf das verlinkte Dokument zurückzuführen ist.

  • In Mathe und Informatik gibt es aber z.B. gar keine Punkte für die sprachliche Leistung/Darstellung. Da dort auch deutlich weniger Texte geschrieben werden, ziehe ich dort schon deutlich eher einen oder im Extremfall auch mal zwei Notenpunkte ab.

  • Das würde bei uns, ländliches Gymnasium, bedeuten, dass mindestens 80% der Klausuren abgewertet werden.


    Edit: Zitat falsch übernommen, sorry.

    Wenn Schülerinnen und Schüler auch in der Sekundarstufe II noch derart viele Fehler begehen, dass im Mittel über eine ganze Klausur hinweg entsprechend viele verschiedene Verstöße gegen die sprachliche Richtigkeit bestehen (zur Erinnerung: Wiederholungsfehler werden gar nicht als weitere Fehler berücksichtigt), dann ist ein solcher Abzug vermutlich auch gerechtfertigt.

  • In den letzten 8 Jahren meiner Berufstätigkeit wäre eine nicht abgewertete Klausur dann auch die Ausnahme gewesen.


    Die schwammigen Kriterien zur Abwertung und die eh schon extrem gering gesetzten Sprachpunkte zeigen aber doch auch sehr deutlich, dass die Sprachrichtigkeit in NRW faktisch niemanden interessiert.

  • Die Nichtanwendung dieser Bewertungsvorgabe sorgt doch gerade erst dafür, dass die Einhaltung selbst einfachster Regeln der Rechtschreibung und der Grammatik nicht mehr ernst genommen wird.

  • Ich setze dies mittlerweile regelmäßig um (in der FOS gelten ähnliche Vorgaben). Auch wenn in der Darstellungsleistung (für reine Rechtschreibung und Grammatik/Zeichensetzung sind gerade mal 8 Punkte vorgesehen) bereits 0 Punkte vergeben wurden, wende ich diesen wässrig formulierten Grundsatz an und werte um eine Note ab. Um das zu erreichen, muss man allerdings in einer Arbeit von ~ 3 DIN A4 Seiten schon ca. 100 Fehler (eigentlich eher noch höher angesetzt) oder mehr haben, erstaunlicherweise kommt das weitaus häufiger vor, als man denkt.

  • Wow, da bin ich ja mal froh, dass ich aus Hessen komme und es hier zu diesem Thema klare Regeln gibt. Wir haben einen Fehlerindex (Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik etc. werden in einen Topf geworfen) und ab 3 FI gibt es einen Punkt, ab 6 FI zwei Punkte Abzug. Damit ist er schon weicher geworden als vor 10 Jahren, aber immerhin ist es konkret geregelt. Und ja, es trifft manchmal mehr als die Hälfte eines Kurses/Klasse.

  • Wir sprechen hier von 120 R, 30+ Z und 20+ Gr auf neun Spalten Text. Wird darauf hinauslaufen, dass 0/3 Punkten vergeben werden, die im NRW-Abi für die sprachliche Richtigkeit vorgesehen sind. :rolleyes:

  • Die verweichte Abiquote in NRW wird auch keiner mehr verhindern, wenn man dann im Abitur den harten Hund raushängen lässt (und die Schüler nicht mal erfahren, wie die Note zustande kam).

  • Ihr scheint ja echt Spaß daran zu haben, Noten abzuwerten

    Ja, genau so ist es.

    Ich lese alle Klausuren 5mal, um möglichst jeden kleinen Fehler zu entdecken, damit ich den Schülern eins reinwürgen kann. Und ich freu mich nicht über das Bastelwerk meiner Tochter oder einen schönen Tag, sondern über möglichst viele Abzüge in den Arbeiten. Innerhalb der Fachschaft gibt es ein Ranking, wer die meisten Abzüge macht. Die Positionen 1-3 werden auf A14 befördert, die letzen dürfen nur noch in niederen Schulformen unterrichten.

    Edit: nächste Woche steht meine Beförderung auf A37 an

  • Ich habe früher regelmäßig abgewertet und bin beim Thema Sprache eigentlich auch ziemlich pingelig. Aber es nimmt dermaßen Überhand, dass eh schon zunehmend schlechte Noten dann auch noch ständig im Defizit landen - an der Stelle ist man dann irgendwann an dem Punkt, an dem es gilt, Verhältnismäßigkeiten abzuwägen und zu überlegen, ob die Frage von keinem Abschluss oder knapp erreichtem Abschluss wirklich an der Sprachrichtigkeit in einem Nichtsprachfach hängen sollte.



    • Offizieller Beitrag

    du unterrichtest aber sprachliche Fächer, oder?
    Geistes-/Sozialwissenschaftliche Fächer (du hast doch EK, oder? Und ja, ich weiß, halb halb mit NaWi-Verständnis) bedienen sich der Sprache in ihren Dokumenten (egal welcher Textform) und in ihrer Analyse, da muss sie passen (wobei ich zugebe: mich stören eher die schlechte Sprache und der unmögliche Ausdruck)

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