Zwangsabordnungen in NRW, ein Gedankenexperiment

  • Moin,


    da an anderer Stelle darüber diskutiert wurde wer darüber entscheidet welcher Kollege zu gehen hat, wenn aufgrund zu geringer Schülerzahlen an der Stammschule eine Abordnung ansteht, bin ich zu dem Gedanken gekommen, daß man seinen Wohnort strategisch wählen kann, um der Abordnung zu entgehen.


    Konkret verstehe ich das Gesetz so, daß Abordnungen im 50km-Umkreis um den Wohnort möglich sind. Außerdem ist hinlänglich bekannt, daß in NRW der Osten sehr gut versorgt ist wohingegen im Ruhrgebiet Lehrer fehlen. Grundsätzlich wird also immer in Richtung Westen abgeordnet, ggf. auch in Form einer Kaskadenabordnung, so daß jeder einzelne Lehrer im 50km-Unkreis bleibt.


    Im Umkehrschluß bedeutet das für mich, daß ich mir generell einen Wohnort östlich von meiner Stammschule suchen muß, möglichst noch in 50km Entfernung, damit ich in Zukunft nicht weiter nach Westen Richtung Ruhrgebiet abgeordnet werden kann. Richtig?


    Wer entscheidet eigentlich welcher Kollege abgeordnet wird und nach welchen Kriterien?


    Bsp.: Von der Stammschule soll ein Kollege an eine Schule abgeordnet werden, die sich 40km westlich der abgebenden Schule befindet. Kollege A wohnt 10km westlich und Kollege B 20km östlich der Stammschule. Am liebsten würde die SL den Kollegen B abordnen, weil dessen Fächer an der Schule überrepräsentiert sind. Kollege A unterrichtet hingegen ein Mangelfach an der Schule und ist entsprechend eigentlich unabkömmlich.


    Welcher Kollege wird jetzt angeordnet? Kollege B, der eigentlich entbehrlich ist, dessen Fahrstrecke zur Arbeit in Folge aber die 50km-Grenze übersteigt? Oder Kollege A, den die SL eigentlich halten will, der aber als Einziger bedingt durch seinen Wohnort die 50km-Grenze nicht überschreitet?


    Wer wählt aus welcher Kollege in diesem Gedankenexperiment gehen muß?

  • Ich kann mich irren, aber es ist doch der Dienstort (also die Stammschule) entscheidend für den Radius, nicht der Wohnort, oder? D.h. die Schulleitung könnte in deinem Fall problemlos nach Fachbedarf entscheiden, denke ich.

  • nicht der Wohnort, oder?

    Ich denke schon, daß der Wohnort entscheidend ist. Schließlich hatten wir hier im Forum schon den Fall, daß jemand vom Dienstort aus 80km weit abgeordnet wurde. Vorher ist er vom Wohnort 40km nach Osten zur Schule gefahren und nachher 40km nach Westen.

    • Offizieller Beitrag

    Nein. Der Wohnort spielt definitiv (offiziell) keine Rolle, das weiß ich.

    An einer (Grund)Schule, an der sich die SL nicht entscheiden konnte, wen es trifft, hat sie den Wohnort genommen, aber ihre Entscheidung war es alleine.

    Und ausgerechnet in diesem mir bekannten Fall pendelt die Person jetzt 60km. Vorher 45.

  • Ich darf mal aus meiner Erfahrung berichten:


    Eine Vertreterin des Personalrats sagte mir, dass die Schulleitung in Bezug auf die Auswahl der abzuordnenden Lehrkräfte frei ist. Sie muss auch keine Begründung geben, wenn sie das nicht will. Das würde, so schob die PR-Vertreterin hinterher, auch z.B. für SL-Beurteilungen gelten, z.B. für Beförderungen und den Auslandsschuldienst.

    Der Prozess lief bei uns so: SL bekam mitgeteilt, dass ab Datum X (Vorlauf ca. 2 Monate) eine bestimmte Anzahl von KuK abzuordnen seien. Es war aber nicht dazu gesagt, wohin und wie lange. Sicher wird im Normalfall dann erstmal gefragt, wer sich das vorstellen könnte etc. Und vermutlich wird eine SL solche KuK auswählen, sofern sie sich nicht freiwillig melden, bei denen wenig Widerstand im Nachgang zu erwarten ist. Konkret alleinstehend, kinderlos, nicht schwerbehindert, keine zu pflegenden Angehörigen und möglichst mit Fächern, die von anderen KuK aufgefangen werden können. Oder solche, von denen nicht zu erwarten ist, dass sie nachher Schwierigkeiten machen mit dem PR, Rechtsanwalt etc.

    Es kann natürlich auch für die SL eine günstige Gelegenheit sein, solche KuK abzuschieben, die ihr aus unterschiedlichen Gründen lästig sind.. ob es nun hohe Fehlzeiten sind, häufige Notenwidersprüche, Beschwerden seitens der Schüler über den Unterricht, Widerspruch gegen Entscheidungen der SL... was auch immer. Ob 50 km da ziehen ist fraglich.. gilt das nicht nur bei Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub, wenn man an eine andere Schule geschickt wird?


    Zwangsabordnung von Grundschullehrerinnen aus dem Münsterland. Hier werden ja nun auch KuK aus dem Münsterland (ich las etwas von Coesfeld und Dülmen) nach Gelsenkirchen und Recklinghausen abgeordnet. Das sind mitunter auch mehr als 50km Fahrentfernung.


    Alle Abordnungen, die über ein halbes Jahr hinaus gehen, sind zustimmungspflichtig seitens des Personalrats. Zuvor muss auch immer die Lehrkraft angehört werden und das protokolliert werden. Leider hat die Ansicht der Lehrkraft ("Ich stimme nicht zu") nicht unbedingt eine aufschiebende Wirkung.


    Liegt die Abordnungsschule mehr als 30km vom Wohnort (!) entfernt, so kann für die Fahrten Trennungsgeld beantragt werden, pro km 0,25 Cent, beide Richtungen, auf 400 Euro im Monat gedeckelt.


    Leider konnte mir bislang auch vom PR noch niemand beantworten, wie oft dieses "Spiel" wiederholt werden kann.. alle halbe Jahre an eine andere Schule.. und auch, ob einem die Planstelle an der Ursprungsschule auch gegen den eigenen Willen entzogen und man zwangsversetzt (!) werden kann, nachdem zuvor einige Abordnungen durchgelaufen sind.

  • Bei der Entscheidung wer abgeordnet wird, kann die Entfernung doch gar keine Rolle spielen. Für die abgebende Schule ist nur klar, dass der Kollege weggeht und nicht wohin er abgeordnet wird. Den Abordnungsort legt die Bezirksregierung fest und nicht die alte Schulleitung.

  • zwangsversetzt

    Genau so wenig, wie bei der Abordnung Zwang ausgeübt wird, geschieht das bei der Versetzung. Wenn dir jemand den Arm auf den Rücken dreht und dich so zur neuen Schule führt, kannst du von Zwang reden.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Genau so wenig, wie bei der Abordnung Zwang ausgeübt wird, geschieht das bei der Versetzung. Wenn dir jemand den Arm auf den Rücken dreht und dich so zur neuen Schule führt, kannst du von Zwang reden.

    Wie sollte man es denn sonst nennen, wenn man einfach irgendwohin abgeordnet bzw. versetzt wird, obwohl man sich in der Anhörung mit allerlei nachvollziehbaren Gründen dagegen ausgesprochen hat? Wenn dann weder der PR noch der Anwalt helfen kann, würde ich das schon mit dem Begriff "Zwang" betiteln, denn die Alternative wäre die Kündigung.

  • Hergebrachte Grundsätze des Berufsbeamtentums wäre vielleicht passend. Man kann sich dabei nicht nur die positiven Aspekte raussuchen...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

  • Wie sollte man es denn sonst nennen, wenn man einfach irgendwohin abgeordnet bzw. versetzt wird,

    Abordnung oder Versetzung wäre angemessen. Nicht alles, was einer nicht passt, ist Zwang.


    Außerdem wirst du nicht „einfach“ abgeordnet, sondern weil eure Schule überbesetzt ist. Und nicht „irgendwohin“, sondern an deine Schule, die Bedarf an deinen Fächern hat.


    denn die Alternative wäre die Kündigung.

    In der Tat. Und in Wirklichkeit ist das keine Alternative. Bürgerinnengeld käme dir bestimmt nicht zu Pass. Niemand bezweifelt, dass dienstrechtlich Druck aufgebaut wird. Aber es ist eben kein Zwang.

  • enn dann weder der PR noch der Anwalt helfen kann, würde ich das schon mit dem Begriff "Zwang" betiteln, denn die Alternative wäre die Kündigung.

    Nun, in der freien Wirtschaft würde genau das passieren: Du würdest gekündigt, da Du am aktuellen Betriebsstandort nicht mehr benötigt wirst. Evtl würde noch gefragt werden, ob Du auch zum anderen Standort fahren würdest, aber viele wollen am Ort bleiben. Damit wärst Du dann arbeitslos.

    So gesehen gehts Dir doch grad prima. Bei vollen Bezügen daheim. Es gibt Schlimmeres.

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