Abizeitungen - Am Ende aller Tage, sei eins gewiss: Niveau hat man, oder nicht;)

  • Ihr Lieben,

    ich habe mich heute in einer Freistunde durch "unsere" aktuelle Abizeitung gearbeitet und entdeckte beim üblichen Lehrerranking die Kategorien "MILF", "DILF" und "Lehrer, die ich nicht im Schwimmbad treffen möchte". Ich frage mich - selbst verschont, da ich die Stufe nicht unterrichtet habe - wieviel man als Lehrer/in denn noch erdulden muss. Eine Kollegin meinte, solange sie nicht in den Kategorien erscheint, wäre ihr das alles schnuppe. Klasse. Mir stößt es mehr als übel auf. Übertreibe ich? Eure Gedanken?

    LG Wanda

  • Wanda

    Hat den Titel des Themas von „Abizeitungen -“ zu „Abizeitungen - Am Ende aller Tage, sei eins gewiss: Niveau hat man, oder nicht;)“ geändert.
  • Da gibt es - so fürchte ich - genau zwei Möglichkeiten: Drüberstehen oder Strafanzeige (ja, ich würde sowohl "Milf" als auch "Dilf" als strafrechtlich relevant einordnen). Drüberstehen ist wohl besser.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Ehrlich gesagt war ich auch so erschüttert, weil ich dachte, die Dinger gingen vor Veröffentlichung durch die Hände des Schulleiters. War an meiner alten Schule so. Mich betrifft es nicht, aber ich empfinde es als zutiefst diffamierend. Strafanzeige no way. Mit dem Schulleiter sprechen vielleicht.

  • Gehört sich natürlich nicht aber Strafanzeige wegen sowas ist auch Quatsch. Wenn die Schüler in 10 Jahren nochmal da reinschauen werden die sich auch eher gruseln.

  • Ich hab dunkel eine Abizeitungsdiskussion von vor rund 40 Jahren in Erinnerung, da ging es um die Abrechnung mit einer Lehrerin und ob man als Schule rumzensieren dürfe. Ich weiß allerdings nicht mehr, wie es ausging, ich war noch zu jung. Jedenfalls gab's auch früher immer schon irgendwas, heute ist die Jugend nicht verderbter.

    In jedem Falle: Erziehungsauftrag und so, natürlich würde ich die Schulleitung rechtzeitig bemühen. Die Hochschulreife ist halt nicht automatisch Reife für sonst irgendwas.

  • Vielleicht ist die Ausgabe ein guter Grund dafür, im Gespräch mit der SL für künftige Jahrgänge sicherzustellen, dass eine Abizeitung, die strafrechtlich oder zivilrechtlich relevante Grundsätze verletzt, nicht nur nicht auf dem Schulgelände verkauft werden darf und natürlich zur Anzeige gebracht wird, sondern auch zur Folge hat, dass es abgesehen von der Zeugnisübergabe keine Mitwirkung der Schulleitung und des Kollegiums mehr gibt bei irgendeiner Form von Abifeier etc.

    Jahrgänge, die sich etwas anderes wünschen, müssen dann eben ein paar Grundregeln beachten im Miteinander.

    Eine SL hat kein Zensurrecht (wir haben damals unsere Abizeitung auch nicht vor der Drucklegung genehmigen lassen), aber das Hausrecht an der Schule und sollte das dann auch deutlich durchsetzen, damit künftige Jahrgänge gewarnt sind, welche Konsequenzen drohen, wenn der vermeintliche Spaß justiziabel wird.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Ui, da bin ich jetzt mal wirklich spiessig. Das geht gar nicht. Strafanzeige wegen Beleidigung, auf jeden Fall. Ich kann mich an einen Maturjahrgang erinnern, in dem eine Klasse beim Maturstreich ziemlich daneben war, da hingen z. B. Plakate mit "Danke für Nichts" aus dem Fenster und mehrere Erstis mussten ziemlich aggressive Schändungen über sich ergehen lassen, mit Edding ins Gesicht geschmiert und sowas. Die fraglichen Personen mussten an der Schule Strafarbeit verrichten, erst dann wurde überhaupt das Zeugnis ausgehändigt. Direkte Beleidigungen einzelner Lehrpersonen ist auf jeden Fall noch mal eine ganze Spur härter und würde man bei uns im Schulhaus auf gar keinen Fall so stehen lassen. Ich weiss ganz sicher, dass unsere Schulleitung schon für weniger (nichts, was während des Maturstreichs passiert ist) die Rechtsabteilung konsultiert hat.

  • Die Abizeitung ist ja eine Zeitung von Schülern für Schüler. Ich nutze die oben genannten Begriffe nicht und hätte auch ein Problem damit, wenn sie im Unterricht fallen würden. Aber... Ich würde hier einen Unterschied machen, ob ein Schüler einen Lehrer direkt als einen dieser genannten Begriffe bezeichnet (=Beleidigung) oder diese im Privatgespräch unter Gleichaltrigen verwendet. Ich sehe jetzt auch keine Ankündigung zu einer Straftat bei diesen Begriffen, von daher würde ich deren Verwendung als "niveaulos" einschätzen, aber nicht als tatbestandserfüllend für ein zivil- oder gar strafrechtliches Vergehen.

  • Die Schimmbad-Kategorie finde ich wirklich fies, die anderen beiden wären mir wurscht. Ich persönlich hätte mehr Probleme damit, in Kategorien wie "schlechtester Unterricht" oder "schlechteste Vorbereitung" oder "gruseligster Kleidungsstil" vorne zu landen. Sowas fand und finde ich immer sehr unnett.

  • Ich bin von Abiturzeitungen selbst nicht betroffen und werde es wohl nie sein. Vielleicht würde ich es sonst anders sehen. Aber aus meiner Perspektive finde ich die Aufregung etwas übertrieben. "milf" und "dilf" kann man ja auch als Komplimente verstehen.

  • Woa nee, bei so stark sexualisiert konnotierten Bezeichnungen würde ich auch als Gewerkschafterin dringend empfehlen, sich juristisch beraten zu lassen. Rotzplagen, ey. Die dürfen echt lernen, dass man sich so nicht benimmt.

  • Die Abizeitung ist ja eine Zeitung von Schülern für Schüler. Ich nutze die oben genannten Begriffe nicht und hätte auch ein Problem damit, wenn sie im Unterricht fallen würden. Aber... Ich würde hier einen Unterschied machen, ob ein Schüler einen Lehrer direkt als einen dieser genannten Begriffe bezeichnet (=Beleidigung) oder diese im Privatgespräch unter Gleichaltrigen verwendet. Ich sehe jetzt auch keine Ankündigung zu einer Straftat bei diesen Begriffen, von daher würde ich deren Verwendung als "niveaulos" einschätzen, aber nicht als tatbestandserfüllend für ein zivil- oder gar strafrechtliches Vergehen.

    Eine "Zeitung von Schülern für Schüler", die durch Kollegenhände, durch Schulleiterhand, durch Elternhände geht, also eine recht breite Öffentlichkeit erreicht. "Privatgespräch" fühlt sich für mich anders an. Mir geht es nicht um ein strafrechtliches Verfahren, vielmehr um ein Mindestmaß an Anstand, Respekt, Umgangsformen und Menschlichkeit.

  • Dein Gefühl ist absolut richtig, das gehört sich sowas von nicht. Und doch, ich würde da mal wirklich anfangen, ganz fies zu drohen. Ob da was rauskäme, ist ja ne andere Sache, aber die dürfen sich sehr gerne richtig erschrecken. Ich bin ja durchaus eine, die auch mit Jugendlichen mal derbe Sprüche macht. Das verlangt aber einiges an Gespür für das Gegenüber und die Situation und in jedem Fall immer eine ganze Menge gegenseitigen Respekt. Und es gibt Grenzen, die ich niemals übertrete und die ich auch in die andere Richtung absolut verteidige. Alles, was irgendwie sexualisiert rüberkommt ist zu 100 % tabu. Niemals und nicht. Da bleibt so schnell irgendein Dreck kleben, den man nie wieder loswird.

  • M. E. könnte es sich um „üble Nachrede“ handeln, was man sich echt nicht gefallen lassen sollte.

    Auch in „humorigen“ Abizeitungen ist bisweilen eine Grenze überschritten.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Nehmen wir mal den M-Begriff. Ich nenne ihn mal so, da man durch Googeln des Begriffes auch auf diese Seite kommen könnte, was ja nicht unbedingt sein muss.

    Es ist ein Begriff, der auf mehreren Ebenen problematisch ist:

    1. Reduktion von Frauen auf ihr Äußeres

    2. Reduktion von Frauen als S*xobjekte

    3. Machtumkehr, indem man sich selbst zum Entscheider macht, wer diesen "tollen" Begriff bekommt.


    Ich denke, hierbei zeigt sich ein Wertewandel, bei dem Jugendliche ihre Umwelt als deutlich sexualisierter wahrnehmen und es auch weniger Scheu gibt, dies auch entsprechend zu kommunizieren. Frühere Generationen schwärmten womöglich auch von diesem oder jenem attraktiven Lehrer, aber da schwamm vermutlich ein gewisser Respekt und womöglich ein gesellschaftlich restriktiveres Klima mit, wodurch verhindert wurde, dass diese ganz derben Begriffe ausgepackt wurden. Das Ansehen eines Lehrers ist im Jahre 2023 ein anderes als vor 20 oder 40 Jahren, die Medienwelt geht lockerer mit Sexualität und Freizügigkeit um, und die innergesellschaftlichen Hierarchien sind flacher geworden.

  • ...wieviel man als Lehrer/in denn noch erdulden muss. Eine Kollegin meinte, solange sie nicht in den Kategorien erscheint, wäre ihr das alles schnuppe. Klasse. Mir stößt es mehr als übel auf. Übertreibe ich? Eure Gedanken?

    Du übertreibst nicht, ich verstehe dich und denke ähnlich. Auch wenn es bei uns in den letzten Jahren nicht so heftig war, habe ich letztes Jahr beschlossen, keine Abizeitungen mehr zu lesen, obwohl ich schwerpunktmäßig in der Oberstufe unterrichte. Ich finde es deprimierend, wenn man sich jahrelang abrackert, um weit über "Dienst nach Vorschrift" hinausgehende Unterrichts- und Betreuungs-Arbeit zu leisten, und dann bekommt man als Abschiedsgruß nur noch den Stempel "Beruf verfehlt" aufgedrückt. Anonym natürlich, und möglicherweise von Schülern, die man nicht einmal in den eigenen Kursen hatte.

  • Ich denke, hierbei zeigt sich ein Wertewandel

    Das denke ich auch, ja. Wir achten die sexuelle Integrität einer jeden Person im Jahre 2023. Vor 20 Jahren tat man das noch nicht. Sowas fand man früher vielleicht "lustig", heute nicht.


    Das Ansehen eines Lehrers ist im Jahre 2023 ein anderes als vor 20 oder 40 Jahren

    Stimmt, ja. Ich bin mir sicher, dass meine Schülerinnen und Schüler über mich weitaus weniger schlecht reden als ich es über meine Lehrpersonen vor 20 Jahren tat. In Wahrheit ist die Welt heute sehr viel besser als noch vor 20 Jahren. Die gefühlte Realität ist was für verklärte Nostalgiker.


    Deine Beiträge sprechen mal wieder Bände.

  • Stimmt, ja. Ich bin mir sicher, dass meine Schülerinnen und Schüler über mich weitaus weniger schlecht reden als ich es über meine Lehrpersonen vor 20 Jahren tat. In Wahrheit ist die Welt heute sehr viel besser als noch vor 20 Jahren. Die gefühlte Realität ist was für verklärte Nostalgiker

    Das Gefühl habe ich auch oder meine Studierenden sind sehr gut darin mich zu belügen, selbst wenn sie nicht mehr an der Schule sind 🤣

  • in dem Zusammenhang: ich versuche auch Jahr für Jahr den AbiturientInnen, diesen mistigen "Hartz 4" (oder thematisch gleich, aber anders lautenden)-Mottotag auszureden. Als sich vor Jahren mal ein Mädel mit nem Fake Babybauch und Zigarette als Teenyschwangere verkleidet hat, ist mir echt der Kragen geplatzt, weil es halt einfach mal wirklich geschmacklos ist, sich als Mensch mit höchstem Schulabschluss und privilegiertem Elternhaus undifferenziert über ein Klischeebild der von der gesellschaft Abgehängten lustig zu machen. In der Landeshauptstadt bietet sich das Bonzenthema eh viel mehr an.


    ich glaub generell, dass dieses "Niveaulimbo" der Selbstbeweihräucherung sich irgendwie verselbständigt, weil es garkeine alternativen Vorbilder mehr gibt. Schon in der 5. Klasse lernt man halt, dass man am Abistreich möglichst viel Müll produzieren und Kindern mit Edding Penisse ins Gesicht malen muss. Außerdem gibt es halt so viele Feierlichkeiten, die vorbereitet werden müssen (4 Mottotage + 100 mal schlafen mit entsprechenden Outfits plus nochmal mindestens zwei für die Abiturzeugnisvergabe), dass nichts mehr sorgfältig gemacht werden kann. Hab letztens beim Ausmisten ne Abizeitung von 1994 gefunden, die vom Layout (ich sprech noch garnicht von den Inhalten) Klassen besser war, als alle Abizeitungen, die ich in den letzten Jahren in der Hand gehabt habe, dabei haben die da gefühlt noch mit Schere und Klebstoff im Copyshop vervielfältigt. (war offenbar nicht der Fall) Allerdings haben es auch nicht alle letzten Jahrgänge geschafft, überhaupt eine Abizeitung herauszubringen.

  • Deine Analyse in Ehren, aber das ist so ein Allerweltswort geworden, dass man beim Googlen ganz sicher nicht hier landet. Ich frage mich, ob die Schüler überhaupt die Abkürzung kennen oder ob das Wort vielleicht schon so ein Eigenleben entwickelt hat. Das Zombie Jugendwort YOLO versteht die Hälfte der Kinder ja auch schon nicht mehr, also weder die Bedeutung noch als Abkürzung. Wenn '99 schon so ein Bohei um ein Jugendwort gemacht worden wäre, hätte MILF gute Chancen auf den ersten Platz gehabt. Letztes Jahr hat übrigens "smash" gewonnen.

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