Urteil BVerG zu Legasthenie und Bemerkungen im Abiturzeugnis

  • Ich bin zwar grundsätzlich der Meinung, dass Zeugnisse aussagekräftig sein sollten, allerdings habe ich noch nie erlebt, dass einer der üblichen Nachteilsausgleiche fehlende kognitive Leistung ausgeglichen hätte.


    Manchmal hat man ja auch nachteilsausgleichanaloge Situationen bei Schülern ohne Anspruch darauf, z.B. beim Abgabezeitpunkt von Klassenarbeiten.

    Wer grundsätzlich nicht gut ist, dem hilft es auch selten erst ganz zum Schluss abzugeben. Insofern ersetzt da 'mehr Zeit' z.B. auch keine grundsätzliche Leistung.


    Viel problematischer ist das Verbot Fehlstunden oder das Arbeits- und Sozialverhalten auf Abschlusszeugnissen auszuweisen. Das wären Informationen, die für den zukünftigen Arbeitgeber direkt relevant sind und derzeit fehlen.

  • Wenn ich das nicht offenlegen will, muß ich mich im Umkehrschluß aber auch an den normalen Maßstäben messen lassen und auf eine Sonderbehandlung verzichten. „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß“ funktioniert nicht!


    Und ja, ich weiß auch wovon ich rede. Hab selber als Schüler im Sportunterricht reihenweise 5er kassiert dank spastischer Lähmung. Meine Eltern waren aber der Auffassung: „Neid muß man sich erarbeiten, Mitleid kriegt man geschenkt!“ Entsprechend gab es keinen Nachteilsausgleich in Sport.

    Getreu dem Motto habe ich später bei der Musterung meine Behinderung verschwiegen, wurde dank 15 Jahren Krankengymnastik, Stotterschule, … sogar tauglich gemustert, wurde eingezogen und habe später mit der Bescheinigung über den abgeleisteten Wehrdienst meinen Behindertenausweis wegen nachgewiesener Gesundheit zurückgegeben.

    Nachteilsausgleiche und Prüfungen dienen dazu Nachteile auszugleichen während der Prüfung. Diese im Bewerbungsverfahren offenlegen zu müssen ist eine erneute Benachteiligung- dieses Mal im Bewerbungsverfahren. Wie genau soll diese erneute Diskriminierung ausgeglichen werden, wenn sie nicht von vornherein einfach verhindert wird, weil man einen Nachteilsausgleich eben nicht offenlegen muss?

    Dass du keinen Nachteilsausgleich hattest ist genauso wenig ein Grund dagegen, wie der Umstand, dass du später deine gesundheitlichen Probleme vollumfänglich überwinden konntest. Es geht schließlich an der Stelle weder um dich oder um mich, sondern um eine grundlegende ethische Frage, wie wir als Gesellschaft mit Menschen mit Behinderung umgehen wollen.


    Und ja, ich weiß auch, wovon ich rede, denn ich hatte während meiner Schulzeit auch keinerlei Nachteilsausgleiche, im Studium dafür aber, als es mir sehr schlecht ging, in einer Prüfung eine Schreibzeitverlängerung, weil ich Probleme mit der Muskulatur hatte und schlichtweg nicht so schnell schreiben konnte zu dem Zeitpunkt, wie ein gesunder Mensch. Da ich nicht tippen durfte (was das Zeitproblem gelöst hätte), sondern die Prüfung handschriftlich anfertigen musste, war die Schreibzeitverlängerung die einzige Möglichkeit, mir faire Prüfungsbedingungen zu verschaffen.

    Ich habe meine Schwerbehinderung offengelegt als ich mich für eine Planstelle beworben habe, allerdings freiwillig und weil ich einerseits für mich wusste, dass ich an eine Schule, die mich rein qua Behinderung und ohne mich zu kennen diskriminiert im Bewerbungsverfahren sowieso nicht gehen wollen würde und andererseits das Selbstvertrauen hatte, dass meine Noten vorab und mein Auftreten im Gespräch im positiven Sinn für sich sprechen würden.


    Mir ist aber sehr bewusst- anders als du dir offenkundig-, dass ich angesichts meiner kognitiven Möglichkeiten deutlich mehr Möglichkeiten am Arbeitsmarkt habe als viele andere Menschen mit Behinderung, die auch sonst unter Umständen weniger für sich eintreten können.

    Wir wir als Gesellschaft wahlweise bestehende Nachteile durch bestehende Behinderungen allerorten ausräumen, weil wir eine diskriminierungsfreie Teilhabe gewährleisten wollen oder diese zur Vorteilsnahme undefinieren im Rahmen einer Neiddebatte erzählt letztlich etwas darüber, in welchem Maß wir Artikel 1* unseres Grundgesetzes verinnerlicht haben und mit Leben zu füllen bereit sind.



    *Ja, ich weiß, dass Art.3 der Gleichheitsgrundsatz ist, habe also offenbar ganz bewusst Artikel 1 benannt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich sehe da noch als dritte Partei die „normalen“ Schüler/Absolventen, die nicht übervorteilt werden dürfen. Die Grenze zwischen einer gewissen Tolpatschigkeit und einer spastischen Lähmung ist ja fließend, ebenso wie die Grenze zwischen einem schlecht Haupt- und einem guten Förderschüler fließend ist. Am Ende hat aber der Förderschüler dank Inklusion und diverser Nachteilsausgleiche und Nichtbewertungen ein Abitur in der Tasche, auf dem dies alles nicht einmal vermerkt ist, wohingegen der „normale“ Schüler nur ein schlechtes Hauptschulzeugnis vorweisen kann. Ist das etwa gegenüber dem Hauptschüler gerecht? Ich denke nicht!


    Gewiß spitze ich die Problemstellung jetzt extrem zu, dies soll jedoch rein der Veranschaulichung des Problems dienen.

    Du spitzt nicht zu, du polemisierst. Nachteilsausgleiche sind keine Vorteilsnahme oder Vorteilsgewährung.


    Zeig mir nur einen einzigen Förderschüler, der nur „dank Inklusion und diverser Nachteilsausgleiche“ ein Abitur erlangt hätte, obgleich sein kognitives Potential eigentlich nur ein schlechtes Hauptschulzeugnis gerechtfertigt hätte. Das sind völlig an den Haaren herbeigezogenen Beispiele, die es in der Realität schlicht nicht gibt.


    Noch einmal für dich, weil du es leider nicht verstehen willst: Nachteilsausgleiche sind keine Vorteilsnahme oder Vorteilsgewährung. Sie gleichen nur bestehende Nachteile durch bestehende Behinderung aus, damit vergleichbare und faire Prüfungsbedingungen überhaupt erst entstehen können für Menschen mit und ohne Behinderung.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Viel problematischer ist das Verbot Fehlstunden oder das Arbeits- und Sozialverhalten auf Abschlusszeugnissen auszuweisen. Das wären Informationen, die für den zukünftigen Arbeitgeber direkt relevant sind und derzeit fehlen.

    Kann man zumindest hier in BW alles im Zeugnis ausweisen, bzw. muss es sogar bei Verhalten und Mitarbeit (sogenannte „Kopfnoten“ im Endjahreszeugnis). Unentschuldigte Fehlzeiten werden auf Antrag der Zeugniskonferenz im Zeugnis vermerkt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Nicht bei Abschluss-, oder Abgangszeugnissen. § 6 NVO Abs. 3 Satz 2

    Merci. Ich war gerade dabei nachzuschauen, wo der Teil zu den Abschlusszeugnnissen in der NVO steht, um das noch zu ergänzen. Wir lösen das dahingehend, dass wir bei entsprechenden Kandidatinnen und Kandidaten im Schuljahr vor dem Abschluss die unentschuldigten Fehlzeiten im Zeugnis ausweisen. Das ist das Zeugnis, dass meist für die Bewerbungen verwendet wird. Damit wissen Arbeitgeber, worauf sie sich einstellen müssen und bei wem sie von Beginn an konsequent sein müssen bei Fehlzeiten (wer will bekommt ja egal mit welchem Zeugnis heutzutage einen Ausbildungsplatz, weil überall so viele Fachkräfte fehlen).

    Das sind dann aber Leute, die ausnahmslos schon in den Schuljahren davor bereits durch zahlreiche unentschuldigte Fehltage aufgefallen sind, die natürlich längst eine Attestpflicht haben und bei denen auch schon in vorhergehenden Schuljahren unentschuldigte Fehltage ins Zeugnis aufgenommen wurden in der manchmal leider vergeblichen Hoffnung, dass die SuS es im Laufe der Mittelstufe schaffen sich am Riemen zu reißen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Und was ist, wenn die Person mit einem solchen Abitur dann in den Schuldienst geht in Deutsch oder Englisch? Dann kommt man erst durchs Studium und wird ganz am Ende im Referendariat rausgekegelt, weil die Orthographie der Tafelbilder nicht hinreichend ist.

    Ich weiß nicht, wie es bei dir war, aber ich musste weder zur Bewerbung zum Referendariat noch für die Planstelle jemals mein Abiturzeugnis vorzeigen. Eine verpflichtende Bemerkung zur Aussetzung der Bewertung sprachlicher Richtigkeit würde in einem solchen Szenario also schlicht keinen Unterschied machen.

    • Offizieller Beitrag

    Und was ist, wenn die Person mit einem solchen Abitur dann in den Schuldienst geht in Deutsch oder Englisch? Dann kommt man erst durchs Studium und wird ganz am Ende im Referendariat rausgekegelt, weil die Orthographie der Tafelbilder nicht hinreichend ist.

    Ich bin ziemlich sicher, dass die meisten "meiner" Reffis oder aktuellen Studis keine LRS haben. Trotzdem weine ich bei deren (zu Hause geschriebenen / vorbereiteten!!) Hausarbeiten / Entwürfe.
    Sowohl auf Deutsch als auch in der jeweils studierten Fremdsprache.
    Spielt aber offensichtlich kaum eine Rolle zu spielen, weder im Studium noch im Ref. (Anders kann ich mir nicht vorstellen, dass man es sonst so locker nimmt)

    • Offizieller Beitrag

    Und vielleicht noch eine Kleinigkeit:
    LRS bedeutet nicht, dass eine Person nicht gut lesen kann oder (überhaupt) nicht schreiben kann. Das sind Menschen mit normalem IQ, die selbst mit der Beeinträchtigung problemlos Abitur machen können - und das mitunter besser als ihre unbeeinträchtigten MitschülerInnen.

    Diese eins-zu-eins Kausalverkettung, dass man jemanden mit LRS später nicht einstellen könne, weil er damit ja keinen Beruf mit Schreibarbeit machen könne, zeigt leider sehr deutlich wie wenig Ahnung Lehrkräfte von der Thematik haben. Auch das ist ein Problem.

    • Offizieller Beitrag

    Es ist ja klar. Trotzdem stellt es durchaus eine Schwierigkeit dar, wenn die Person bei der beruflichen Ausübung keine Unterstützung erhält. Ohne Brille können einige Menschen kein Auto fahren. Trotzdem können sie Busfahrer*innen werden. Wenn sie ihre Brille tragen.
    Wer mehr Zeit oder Unterstützung (durch Schriftarten, usw..) braucht, sollte es entweder für sich selbst in Anspruch nehmen (zuhause) oder unsere aller Settings sollten inklusiver sein. Es schadet nicht, Arial statt Times New Roman zu nutzen, zumindest glaube ich nicht, dass es Leute gibt, die mit Arial oder serifenlosen Schriftarten Probleme haben. Auch sollte es in beruflichen Settings durchaus selbstverständlicher sein, dass nicht unbedingt derjenige, der das ganze Know How hat, auch den Endschritt einer Textproduktion verantwortet. (Haha, ich weiß, wovon ich rede). und in den meisten Fällen ist die Zeit nicht DER limitierende Faktor, wenn man ohne Druck und inklusiv arbeiten möchte.
    Nicht desto trotz muss ich sicher sein, dass der Busfahrer sowohl seine Brille trägt und auch im Vorfeld schaut, was sein Weg sein wird, wenn er Angst hat, kleine Schilder nicht lesen zu können. Das bemängelte ich vorher mit meinem Beitrag. Wer sich seiner Hürden / Schwächen nicht bewusst sein will, und/oder sich weigert, Lösungen zu finden, wird es schwer haben.

  • Und vielleicht noch eine Kleinigkeit:
    LRS bedeutet nicht, dass eine Person nicht gut lesen kann oder (überhaupt) nicht schreiben kann. Das sind Menschen mit normalem IQ, die selbst mit der Beeinträchtigung problemlos Abitur machen können - und das mitunter besser als ihre unbeeinträchtigten MitschülerInnen.

    Das ist wohl jedem klar. Ich würde als Arbeitgeber aber schon gerne wissen, ob ich einen Mitarbeiter Kudenmails rausschicken lassen kann oder ob ich doppelchecken muss, dass er vorher auch tatsächlich ein Korrekturprogramm drüberlaufen lässt. Und wenn jemand eine Zeitverländerung benötigt, z.B. im Autismus-Spektrum, dann möchte ich das als Arbeitgeber auch wissen, denn das hat ja vermutlich auch bis ins Arbeitsleben reichende Konsequenzen.

  • Das ist wohl jedem klar. Ich würde als Arbeitgeber aber schon gerne wissen, ob ich einen Mitarbeiter Kudenmails rausschicken lassen kann oder ob ich doppelchecken muss, dass er vorher auch tatsächlich ein Korrekturprogramm drüberlaufen lässt. Und wenn jemand eine Zeitverländerung benötigt, z.B. im Autismus-Spektrum, dann möchte ich das als Arbeitgeber auch wissen, denn das hat ja vermutlich auch bis ins Arbeitsleben reichende Konsequenzen.

    Ein Glück hast du als Arbeitgeber aber kein Anrecht auf solche Informationen.

  • Das ist wohl jedem klar. Ich würde als Arbeitgeber aber schon gerne wissen, ob ich einen Mitarbeiter Kudenmails rausschicken lassen kann oder ob ich doppelchecken muss, dass er vorher auch tatsächlich ein Korrekturprogramm drüberlaufen lässt. Und wenn jemand eine Zeitverländerung benötigt, z.B. im Autismus-Spektrum, dann möchte ich das als Arbeitgeber auch wissen, denn das hat ja vermutlich auch bis ins Arbeitsleben reichende Konsequenzen.

    Aber Aufgabe eines Abiturzeugnisses ist es doch nicht, jegliche Fähigkeiten abzubilden, die Menschen haben können. Ich wüsste als Chefin zum Beispiel gerne, ob ich mir ein mobbendes Arschloch ins Haus hole, das kann man da überhaupt nicht ablesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sich überhaupt für einen schreiblastigen Beruf bewirbt und dann noch bis zur Vertragsunterzeichnung verheimlicht, dass er Legastheniker*in ist, ist doch recht gering.


    Aber trotzdem, der Vergleichbarkeit wegen ist es m.E. sinnvoll, anzugeben, wenn an den inhaltlichen Bedingungen etwas geändert wird, nicht an den äußeren Umständen. Wenn einer sehbehindert ist, kann er halt nicht Pilot werden, aber das wird die Fluggesellschaft selbst abprüfen und nicht erwarten, dass der Blindenstock im Zeugnis erwähnt wird. Das Abschlusszeugnis sagt in erster Linie aus, wer zu wie viel Prozent die Inhalte des Lehrplans zum Prüfungszeitpunkt abrufen konnte.

  • Aber zur Prüfungsleistung gehören doch eben nicht nur Inhalte. Sonst gäbe es den ganzen Bereich der Darstellungsleistung konsequenterweise nicht und es wäre auch grundsätzlich egal, wie lange jemand braucht, um die Prüfung abzuschließen.

    • Offizieller Beitrag

    Aber zur Prüfungsleistung gehören doch eben nicht nur Inhalte. Sonst gäbe es den ganzen Bereich der Darstellungsleistung konsequenterweise nicht und es wäre auch grundsätzlich egal, wie lange jemand braucht, um die Prüfung abzuschließen.

    Wenn wir vom Prinzip her argumentieren, hast Du Recht. Hier lohnt aber ein genauerer Blick auf die Materie.
    Schauen wir uns doch einmal die Bepunktung der Darstellungsleistung genauer an. Der Darstellungsbereich beschränkt sich weder exklusiv noch primär auf die Rechtschreibung. Das ist dann doch deutlich differenzierter und die Rechtschreibung nimmt da sogar nur einen verschwindend geringen Teil ein.

    Das sind in Englisch beispielsweise ungefähr sieben Punkte von 150. (Rechnerisch gerundet/geschätzt aus kombiniertem Teil A und B)
    In Deutsch sind es drei Punkte von 100.
    In Geschichte sind es vier Punkte, wobei diese auch Grammatik und Zeichensetzung beinhalten.


    So, und wegen drei bis vier Prozent der Gesamtleistung will man jetzt wie von Dir suggeriert sich handfest Sorgen machen, dass der/die künftige MitarbeiterIn eine orthographisch korrekte Mail verschickt?
    Ich habe in den letzten 20 Jahren tausende Klausuren und Klassenarbeiten korrigiert - da gibt es beileibe auch genug Menschen ohne diagnostizierte LRS, die nicht geradeaus schreiben können oder wollen - und denen das wahlweise wenig bewusst oder schlichtweg scheißegal ist. Schau Dir mal so manche Eltern-Nachricht an. Auch das sind Menschen in Lohn und Brot.

  • Und vielleicht noch eine Kleinigkeit:
    LRS bedeutet nicht, dass eine Person nicht gut lesen kann oder (überhaupt) nicht schreiben kann. Das sind Menschen mit normalem IQ, die selbst mit der Beeinträchtigung problemlos Abitur machen können - und das mitunter besser als ihre unbeeinträchtigten MitschülerInnen.

    da ich bei uns an der Schule die NTAs in der Sek II bzw. den entsprechenden Antrag fürs Abitur bearbeite, noch ne kleine Ergänzung:

    es gibt in NRW allenfalls nen NTA für eine Lese-Rechtschreib-Störung (massive neurologische Einschränkung), nicht für eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. Gemäß meiner Erfahrung weisen die meisten Atteste nur das Akronym LRS aus und wenn man dann nachfragt, wofür denn das S steht, kommt da meist nichts mehr nach.Unsere Dezernentin ist euphemistisch gesagt sehr zurückhaltend mit der Genehmigung von LRS-Anträgen, Zitat "Wer das Abitur haben will, muss Lesen und Schreiben können" und wenn ne Zeitverlängerung nicht dabei hilft, die Rechtschreibung zu verbessern, dann gibt es eben auch keine.

  • Ohne Brille können einige Menschen kein Auto fahren. Trotzdem können sie Busfahrer*innen werden. Wenn sie ihre Brille tragen.

    Und auch bei ihnen steht im Führerschein vermerkt, daß sie nur mit Brille bzw. Kontaktlinsen fahren dürfen. Das wäre also durchaus mit entsprechenden Hinweisen auf Zeugnissen vergleichbar.

    • Offizieller Beitrag

    Und auch bei ihnen steht im Führerschein vermerkt, daß sie nur mit Brille bzw. Kontaktlinsen fahren dürfen. Das wäre also durchaus mit entsprechenden Hinweisen auf Zeugnissen vergleichbar.

    Der Unterschied ist aber, dass sie sowohl den FS machen dürfen als auch Auto fahren dürfen. Würde man die bisherigen Einlassungen des einen Users oder der anderen Userin hier als Maßstab anlegen, dürfte eine entsprechend beeinträchtigte Person den Führerschein überhaupt nicht haben.

  • Da geht es m.E. um jeweils verschiedene Sachverhalte. Der Jurastudent aus dem einen Urteil hatte seit seiner Kindheit an Lernschwierigkeiten gelitten, Prüfungen geschrieben und dann, als die Leistungen mangelhaft waren, wollte er nachträglich mit der ad hoc erstellten Diagnose von dieser Prüfung zurücktreten. Da ging es wohl eher nicht um ADHS...


    Das andere Urteil bezieht sich darauf, dass der angestrebte Beruf Konzentration und emotionale Stabilität fordere und diese auch in der Prüfung abrufbar sein müsse. (Die Person hatte zudem Migräneattacken.)


    Im Abitur müsste ADHS m.E. genauso wie jede andere Erkrankung behandelt werden und ein Nachteilsausgleich zu beantragen sein. Ich weiß nicht genau, wie der aussehen könnte, weil die Prüfungsbedingungen bereits recht ADHS-freundlich sind, aber rein theoretisch sagt ja genau das von dir verlinkte Urteil im Ausgangspost, dass für alle Behinderungen dasselbe gilt, oder liege ich falsch?

Werbung