• Zum Beispiel die Formulierung, dass die Kinder sich in der Klasse "bewähren" müssten. Bewährung kenne ich aus dem Strafrecht. Müssen sich die Kinder ohne Förderbedarf denn auch bewähren?

    Schüler ohne Gymnasialempfehlung müssen/mussten sich auch bewähren, wenn Eltern sie dennoch am Gymnasium angemeldet haben. Wer sich im ersten Halbjahr nicht bewährt, muss die Schulform wechseln.

  • Wenn es, wie im obigen Beispiel, Kinder mit festgestelltem Förderbedarf Lernen sind, dann kann es doch aber schon von vorneherein bei der "Bewährung" nicht darum gehen, ob sie die Ziele der allgemeinen Schule erreichen. Wie also muss man sich die angedachte "Bewährung" in diesem Fall vorstellen?

  • Außerdem generell die Behauptung, Kinder mit Förderbedarf würden in der Inklusion die anderen am Lernen hindern und auch selbst nichts lernen. Beides lange widerlegt.

    Also wenn ich den Unterricht abbrechen und die anderen Schüler in die Cafeteria schicken muss, weil das eine inkludierte Kind gerade mal wieder meine volle Aufmerksamkeit einfordert, dann hindert das nicht die anderen Kinder?

  • Das ist sicherlich sinnvoll für Kinder aus sozialschwachen und bildungsfernen Haushalten, für alle anderen hat aufgezwungene institutionelle Dauerverwahrung sicherlich in erster Linie Nachteile.

    Nee, für diese Kinder gibt's spezielle Tagesgruppen. Der Kindergarten ist schließlich auch für Kinder aller Couleur, sonst könnten Mütter nicht arbeiten gehen. Ich schreibe bewusst Mütter, man schaue sich im Westdeutschland der 50er um, das teils bis heute nachwirkt, z.B. mit Kitaöffnungszeiten von 8-12 Uhr...

  • Schüler ohne Gymnasialempfehlung müssen/mussten sich auch bewähren, wenn Eltern sie dennoch am Gymnasium angemeldet haben. Wer sich im ersten Halbjahr nicht bewährt, muss die Schulform wechseln.

    Bewähren müssen sich doch alle Gymnasiasten - auch diejenigen mit Empfehlung.


    P.S. Die Güte der Empfehlungen lässt im Übrigen zu wünschen übrig. Für Hamburg habe ich diesbezügliche Zahlen gefunden - 40% der dort abgeschulten Gymnasiasten hatten eine Gymnasialempfehlung.

  • Zum Beispiel die Formulierung, dass die Kinder sich in der Klasse "bewähren" müssten. Bewährung kenne ich aus dem Strafrecht. Müssen sich die Kinder ohne Förderbedarf denn auch bewähren?

    Außerdem generell die Behauptung, Kinder mit Förderbedarf würden in der Inklusion die anderen am Lernen hindern und auch selbst nichts lernen. Beides lange widerlegt.

    (Disclaimer: Ich arbeite an einer Förderschule und tue das aus Überzeugung und gerne - habe mit dem System also kein Problem und bin kein Inklusionsideologe.)

    Den Begriff "Bewährung" gibt es bei weitem nicht nur im Strafrecht. Meinetwegen können wir auch einen anderen Begriff wählen, den du für geeigneter hältst. Ich habe den Eindruck, dass du gezielt nach Gründen suchst, andere zu verurteilen, die deine Ansichten nicht teilen.


    Es ist durchaus Fakt, dass einige - längst nicht alle - Kinder mit Förderbedarf andere am Lernen hindern. Zu behaupten, dass dies "lange widerlegt" sei, hat mit der Realität nicht mehr viel zu tun.

    Dabei geht es eher weniger um die Lernen-Kinder, wie ich auch zuvor erläutert habe, sondern insbesondere um "ESE-Kinder". Ich spreche da auch aus eigener Erfahrung. Selbst zusätzliches Personal im Unterricht konnte hier nichts bewirken.


    Wenn es, wie im obigen Beispiel, Kinder mit festgestelltem Förderbedarf Lernen sind, dann kann es doch aber schon von vorneherein bei der "Bewährung" nicht darum gehen, ob sie die Ziele der allgemeinen Schule erreichen. Wie also muss man sich die angedachte "Bewährung" in diesem Fall vorstellen?

    Es geht mir zum einen darum, ob die anderen Schülerinnen und Schüler ungestört lernen können und, ob das Kind ausreichend gefördert werden kann. Wenn beides gegeben ist, sehe ich auch kein Problem. Bei Lernen-Kindern sehe ich insbesondere Letzteres (unzureichende Förderung im alltäglichen Betrieb in einer Regelschule) als Problem.

  • Wie kann das sein?

    Wahrscheinlich habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Worauf ich hinaus wollte: Wenn man ein bisschen liest, kommt man schnell drauf, dass es sehr wohl irgendwelche Eingriffe ins System gab, z. B. wurden in Norwegen 3 Jahre hintereinander keine Abschlussprüfungen durchgeführt weil zu viel Unterricht ausgefallen war. Allein die Anzahl an Tagen mit komplett geschlossenen Schulen zu zählen, ist offensichtlich zu einfach. Du verwendest "Massnahmen" irgendwie synonym zu "Schulschliessungen". Wir hatten z. B. nur 2020 keine Abschlussprüfungen, danach lief alles regulär. Und mit "regulär" meine ich wirklich, exakt so wie immer. Selbst bei uns hat man in 2 Jahrgängen hintereinander übrigens ganz klar Corona-Effekte gesehen. Wir hatten nie so viele, die die Matura nicht bestanden haben. Vor allem die schwachen Jugendlichen, die wir sonst irgendwie so durchbringen, hat es in der Zeit ziemlich zerlegt. Es ist doch unehrlich so zu tun, als hätte das keinen Einfluss gehabt.

  • (...) Die Frage, warum bauliche Mängel und Inklusion zu schlechteren Leistungen beitragen und ob diese in Estland besser sind, wäre zum Beispiel einen Kommentar wert. Oder woran du eine "zunehmende Bildungsferne" festmachst und ob Länder, die besser abgeschnitten haben, keine solche Zunahme an Bildungsferne erfahren haben.

    Fangen wir vielleicht mit einer recht einfachen Beobachtung an. Unter den Top Ten des Pisa-Rankings befinden sich auffallend viele ostasiatische und damit konfuzianistisch geprägte Staaten/Gesellschaften. Pädagogisch, didaktisch setzt man dort, soweit ich weiß, auf ein Pferd, das bei uns in Deutschland als Höllengeburt gilt. Auswendig lernen, ständige Leistungsmessung, Schuluniformen, überhaupt Uniformität, hoher schulischer, familiärer und gesellschaftlicher Druck. Dazu das Konzept des Gesichtsverlustes, das nicht beim Individuum aufhört. Einordnung in die Gesellschaft, Regelakzeptanz, massive Nutzung von Nachhilfeangeboten sowie ein hoher gesellschaftlicher Stellenwert von Bildung und Berufstätigkeit.


    Was machen wir aus dieser Analyse? Ist Pisa als Messsystem geeignet, wenn es am Ende diese Staaten zu den "Siegern" kürt? Sollten wir von denen lernen? Unseren Altvorderen glauben, dass bei uns zu viel Wischiwaschi ist?

    Von wegen Schuft, ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist!

  • Was machen wir aus dieser Analyse? Ist Pisa als Messsystem geeignet, wenn es am Ende diese Staaten zu den "Siegern" kürt? Sollten wir von denen lernen?

    Ja, aber.


    Eine gewisse Rückbesinnung aufs gute alte Auswendiglernen könnte wohl nicht schaden - vor allem gemeinsames Auswendiglernen in den unteren Jahrgängen vor Ort in den Schulen, um ALLE SuS mitzunehmen. Selbiges gilt für "Sekundärtugenden" wie Ordnung, Disziplin und Höflichkeit. Und Prüfungen sind umso weniger stressig, je mehr es davon gibt. Vielleicht sollten die Lehrpläne auch entschlackt und insgesamt weniger, aber fokussierteŕ und mit mehr Wiederholungen gelernt werden.


    Weiterhin könnte es wohl hilfreich sein, sich das Bundesland Hamburg mit seinen strikten vorschulischen Fördermaßnahmen zum Vorbild zu nehmen ("4 1/2-jährigen-Vorstellung", verpflichtender KiTa-Besuch bei mangelhaften Deutschkenntnissen).


    Und nun noch das "Aber": Drill bis zum Umfallen muss nicht sein. "Wir" haben bis in die 70er Jahre auch ohne solchen mit dem deutschen Schulsystem erstklassige Ergebnisse erzielt.

  • "Wir" haben bis in die 70er Jahre auch ohne solchen mit dem deutschen Schulsystem erstklassige Ergebnisse erzielt.

    Welche "erstklassigen Ergebnisse" denn? Deutschland hat in den 70ern und 80ern an internationalen Schulleistungsuntersuchungen überhaupt nicht mehr teilgenommen und davor waren die erzielten Ergebnisse durchwachsen. Daran hat sich auch in den 1990ern mit der ersten Teilnahme an TIMMS nichts geändert, auch hier war das deutsche Abschneiden immer nur mittelmässig.


    https://www.pedocs.de/volltext…419/pdf/TC_1_2008_goy.pdf

    https://de.wikipedia.org/wiki/…ematics_and_Science_Study


    Lustigerweise kommt bei TIMMS auch die Schweiz nicht recht gut weg, bei PISA hingegen schon. Die PISA-Ergebnisse passen auch so gar nicht zu den nationalen Erhebungen, die unseren Neuntklässlern zuletzt desaströs schlechte Mathekenntnisse bescheinigten. Insofern gebe ich ohnehin nicht allzu viel auf PISA. Was da abgefragt wird, scheint nicht das zu sein, was wir in Hinblick auf Berufslehre und Studierfähigkeit eigentlich erwarten.

  • Unter den Top Ten des Pisa-Rankings befinden sich auffallend viele ostasiatische und damit konfuzianistisch geprägte Staaten/Gesellschaften.

    Welche "vielen Gesellschaften" sollen das denn sein? Im PISA-Ranking ist China 3 x vertreten in Form von VR China, Macau und Hongkong (man könnte auch Taiwan noch dazunehmen, aber sei's drum). Deren Ergebnisse halte ich für keinesfalls repräsentativ für die chinesische Gesellschaft, das zeigt ja schon die tendenziöse Auswahl der Städte und Regionen, in denen der Test überhaupt durchgeführt wird. Dann sehe ich da nur noch Japan, Südkorea und Vietnam auf den oberen Plätzen. Zahlreiche andere ostasiatische Länder wie die Philippinen, Indonesien, Thailand und Malaysia landen weit abgeschlagen auf den hintersten Plätzen. Vielleicht sollte man mal zur Kenntnis nehmen, dass dort auch einige europäische Länder wie Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Albanien zu finden sind. Während Länder wie Deutschland, Frankreich und die Schweiz immerhin über dem OECD-Durchschnitt rauskommen. Vielleicht sollte man sich also insgesamt sehr viel weniger darum kümmern, wie die Chinesen ihre Kinder nun zu den festgestellten Matheleistungen drillen.


    Spannender sind da schon die Langzeittrends bezogen auf das jeweilige Land. Da darf man sich durchaus die Frage stellen, was dazu geführt hat, dass die deutschen Ergebnisse z. B. erst mal besser und dann wieder schlechter wurden. Ich kann mich nicht erinnern, dass man gross darüber diskutiert hätte, warum's besser geworden ist, schlechter ist hingegen immer den ganz grossen Skandal wert. Vielleicht ist das die falsche Sichtweise auf die Dinge. Ein ganz grosser Kritikpunkt an der PISA-Studie ist ausserdem immer schon, dass sie immer die drei gleichen "Kompetenzen" abfragt und grosse Teile der Allgemeinbildung völlig ausblendet. Ich würde mich fast wetten trauen, dass unsere mitteleuropäischen Jugendlichen im Bereich politische Bildung erheblich besser abschneiden, als die indoktrinierten Chinesen. Würden wir dann immer noch über "dysfunktionale Familien" diskutieren lamentieren, wenn's eine solche Erhebung gäbe?


    Was ich für die Schweiz feststellen kann: Der PISA-Trend zeigt für die Leistungen in Mathematik bereits seit 2012 nach unten, die Studienerfolgsquote, auch im Bereich MINT, z. B. blieb im gleichen Zeitraum hingegen unverändert. Aus unserem aktuellen Bildungsbericht lese ich heraus, dass die Studienabbruchquote im Bereich der Geisteswissenschaften seit den 1970ern um 25 % zurückgegangen ist. Ich dachte aber, früher sei alles besser gewesen? Es heisst in den Schlussfolgerungen des Berichts übrigens, der Trend sei im benachbarten Ausland genau der gleiche. Glaube ich jetzt einfach mal, ohne selbst die Primärquellen rauszusuchen.

  • Kommt aber für mich oft so rüber. Sorry.

    Ich sag nicht, dass ich es besser kann, sondern übe Kritik an manchen Strukturen und ja, auch an der Haltung mancher (!!!) in dem System arbeitenden Menschen. An erster Stelle stehen da imho die Schulleitungen, die auch aus den bereits vohandenen Ressourcen so viel machen könnten, wenn sie keine Beschäftigungstherapie mit Lehrkräften betreiben würden und mit ihnen gemeinsam entwickeln würden, statt sich in Micromanagement und Kontrolle zu üben. Aber auch die Haltung so einiger Lehrkräfte gegen Inklusion und damit für die Manifestierung von Strukturen von Ungleichheit und Ungerechtigkeit geht mir total gegen den Strich. Dies lese ich hier im Forum zu über 90% von LK aus Gymnasien, Grundschulen und Sek I Schulen. Das alles macht mich teilweise wirklich sehr sehr wütend, weil das meiner professionellen und persönlichen Haltung völlig widerstrebt.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Tja, warum haben wohl 90% eine ablehende Haltung zur Inklusion? Ich war ein absoluter Inklusionsbefürworter, bis ich gesehen habe, was es praktisch bedeutet - für Lehrer, für Inklusionskinder, für die übrigen Kinder. Funktioniert hat es an keiner der drei Schulen, an denen ich im Inklusionskontext gearbeitet habe. Einigermaßen okayish lief es an der Realschule, in der die Inklusionsklasse konsequent durchgängig doppelt besetzt war (zwar nicht mit einem Sonderpädagogen, aber immerhin) UND zusätzlich ein separater Raum direkt gegenüber der Regelklasse zur Verfügung stand. Mit gesondertem Lernmaterial, aber auch einem Kicker und Gesellschftsspielen für eine Auszeit. Es funktionierte deswegen halbwegs, weil die I-Kinder jederzeit problemlos separiert (oder schöner ausgedrückt: einzeln gefördert) werden konnten, wenn sie Anzeichen von Überforderung zeigten und anfingen, den Unterricht der Restklasse erheblich zu stören. Ich habe keinen Tag erlebt, an dem es nicht nötig war, den Raum zu nutzen. An den übrigen beiden Schulen lief Inklusion katastrophal und dank dem einen oder anderen Systemsprenger war phasenweise nicht nur kein Unterricht möglich, sondern das miserable Verhalten färbte auf die Regelkinder ab, in den Klassen war halligalli und die Eltern gingen berechtigterweise auf die Barrikaden. Auch, weil es teilweise nicht möglich war, die Kinder vor ES-Kindern zu schützen, die mit Besen auf sie losgingen und Tische und Stühle durch die Gegend schmissen. Leider sind die Zustände zu erdulden, bis der schulische Maßnahmenkatalog durchexerziert ist - bis zum Schulausschluss und Schulwechsel dauert es ewig. Und es ist ausdrücklich NICHT so, dass Schule und Kollegen nicht bemüht und bestrebt gewesen wären, es hinzukriegen und allen irgendwie gerecht zu werden. Es geht unter den Bedingungen an durchschnittlich ausgestatteten Schulen einfach nicht und ist ein Verbrechen an allen Beteiligten.


    Die Idee ist nach wie vor furchtbar nett und mit einem Teil der I-Kinder sicher auch umsetzbar. Mit einem signifikanten Teil aber eben nicht und dann bleibt das ganze Unterfangen letztlich linksideologischer, in der Praxis längst eindrucksvoll gescheiterter Blödsinn, von dem man sich selbst und seine Kinder besser bestmöglich fernhält.

  • Welche "vielen Gesellschaften" sollen das denn sein? Im PISA-Ranking ist China 3 x vertreten in Form von VR China, Macau und Hongkong (man könnte auch Taiwan noch dazunehmen, aber sei's drum). Deren Ergebnisse halte ich für keinesfalls repräsentativ für die chinesische Gesellschaft, das zeigt ja schon die tendenziöse Auswahl der Städte und Regionen, in denen der Test überhaupt durchgeführt wird. Dann sehe ich da nur noch Japan, Südkorea und Vietnam auf den oberen Plätzen. Zahlreiche andere ostasiatische Länder wie die Philippinen, Indonesien, Thailand und Malaysia landen weit abgeschlagen auf den hintersten Plätzen. Vielleicht sollte man mal zur Kenntnis nehmen, dass dort auch einige europäische Länder wie Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und Albanien zu finden sind. Während Länder wie Deutschland, Frankreich und die Schweiz immerhin über dem OECD-Durchschnitt rauskommen. Vielleicht sollte man sich also insgesamt sehr viel weniger darum kümmern, wie die Chinesen ihre Kinder nun zu den festgestellten Matheleistungen drillen.


    Spannender sind da schon die Langzeittrends bezogen auf das jeweilige Land. Da darf man sich durchaus die Frage stellen, was dazu geführt hat, dass die deutschen Ergebnisse z. B. erst mal besser und dann wieder schlechter wurden. Ich kann mich nicht erinnern, dass man gross darüber diskutiert hätte, warum's besser geworden ist, schlechter ist hingegen immer den ganz grossen Skandal wert. Vielleicht ist das die falsche Sichtweise auf die Dinge. Ein ganz grosser Kritikpunkt an der PISA-Studie ist ausserdem immer schon, dass sie immer die drei gleichen "Kompetenzen" abfragt und grosse Teile der Allgemeinbildung völlig ausblendet. Ich würde mich fast wetten trauen, dass unsere mitteleuropäischen Jugendlichen im Bereich politische Bildung erheblich besser abschneiden, als die indoktrinierten Chinesen. Würden wir dann immer noch über "dysfunktionale Familien" diskutieren lamentieren, wenn's eine solche Erhebung gäbe?


    Was ich für die Schweiz feststellen kann: Der PISA-Trend zeigt für die Leistungen in Mathematik bereits seit 2012 nach unten, die Studienerfolgsquote, auch im Bereich MINT, z. B. blieb im gleichen Zeitraum hingegen unverändert. Aus unserem aktuellen Bildungsbericht lese ich heraus, dass die Studienabbruchquote im Bereich der Geisteswissenschaften seit den 1970ern um 25 % zurückgegangen ist. Ich dachte aber, früher sei alles besser gewesen? Es heisst in den Schlussfolgerungen des Berichts übrigens, der Trend sei im benachbarten Ausland genau der gleiche. Glaube ich jetzt einfach mal, ohne selbst die Primärquellen rauszusuchen.

    Sicherlich können wir uns nicht mit den ostasiatischen Ländern vergleichen. Zu China ist aber anzumerken, dass niemand behauptet, dass die Ergebnisse repräsentativ für die chinesische Bevölkerung als Ganzes sind.


    Es gibt immer wieder Diskussionen, wie aussagekräftig die PISA-Ergebnisse wirklich sind. Ich halte sie für aussagekräftig, weil sie grundlegende Fähigkeiten wie das Leseverstehen und mathematische Grundkenntisse in den Vordergrund stellen. Es wird wohl niemand in Abrede stellen, dass es zentral ist, dass Schüler Texte lesen und verstehen können und, dass sie einfache mathematische Grundkenntnisse verinnerlicht haben. Das heißt nicht, dass die Vermittlung demokratischer Werte nicht ebenfalls wichtig ist. Das eine schließt das andere nicht aus.


    Alle Studien haben ihre Schwächen und jede Studie muss deshalb auch kritisch betrachtet werden. Ein gutes Beispiel hierzu ist die Hattie-Studie, die durchaus gravierende Mängel aufweist. Viele wissen das leider nicht und wiederholen einfach mantraartig irgendwelche Effektgrößen.


    Die Alternative wären aber gar keine Studien und gerade für Deutschland mit seinen ständigen Reformen, Systemänderungen und erheblichen, gesellschaftlichen Veränderungen ist es wichtig, Feedback zu seinen Schulsystemen zu erhalten. Wir müssen zukünftig aber wegkommen von blindem Reformeifer (z. B. Änderung der Schulformen) und gezielter und sinnvoller fördern (mehr Förderkurse, mehr Geld für frühkindliche Bildung). Die unzureichende Förderung - insbesondere von Schülern mit sprachlichen Problemen - ist das, was durch die neue PISA-Studie, mal wieder, deutlich wird. Ein Lehrer kann nicht 28 Kinder unterrichten und 6 mit Förderbedarf nebenbei fördern. Da muss dann mal einfach mehr Personal her.

  • Aber auch die Haltung so einiger Lehrkräfte gegen Inklusion und damit für die Manifestierung von Strukturen von Ungleichheit und Ungerechtigkeit geht mir total gegen den Strich. Dies lese ich hier im Forum zu über 90% von LK aus Gymnasien, Grundschulen und Sek I Schulen. Das alles macht mich teilweise wirklich sehr sehr wütend, weil das meiner professionellen und persönlichen Haltung völlig widerstrebt.

    Ich hoffe, dass du das nach fünf Jahren mit vollem Deputat und 30 Leuten in jeder Klasse immernoch so siehst.

  • Ich sag nicht, dass ich es besser kann, sondern übe Kritik an manchen Strukturen und ja, auch an der Haltung mancher (!!!) in dem System arbeitenden Menschen. An erster Stelle stehen da imho die Schulleitungen, die auch aus den bereits vohandenen Ressourcen so viel machen könnten, wenn sie keine Beschäftigungstherapie mit Lehrkräften betreiben würden und mit ihnen gemeinsam entwickeln würden, statt sich in Micromanagement und Kontrolle zu üben. Aber auch die Haltung so einiger Lehrkräfte gegen Inklusion und damit für die Manifestierung von Strukturen von Ungleichheit und Ungerechtigkeit geht mir total gegen den Strich. Dies lese ich hier im Forum zu über 90% von LK aus Gymnasien, Grundschulen und Sek I Schulen. Das alles macht mich teilweise wirklich sehr sehr wütend, weil das meiner professionellen und persönlichen Haltung völlig widerstrebt.

    Wenn Störungen, Schreie, respektloses Verhalten, Gewalt plötzlich Einzug ins Klassenzimmer bekommen durch ein Kind mit schwerwiegenden Auffälligkeiten, wirst du die rosarote Brille wohl abnehmen müssen. Dann holt dich die Realität ein.


    Es gibt natürlich auch Förderkinder, die nett, freundlich und entgegenkommend sind - aber so massiv stören, dass keiner mehr lernt. Was machst du dann? Einige können halt auch einfach nicht anders. Da kannst du den ganzen Tag reden und bitten mit dem Kind... es wird dich nicht weiterbringen. Früher oder später schlägt die Stimmung um. Das Kind wird immer mehr und mehr in der Klasse isoliert und zum Teil sogar gehasst, weil sich keiner mehr konzentrieren kann. Und irgendwann nach 6 Monaten ist es dann "weg". Traurig ist das, weil das Kind selber ja nichts für sein Wesen konnte. DAS ist die Realität.


    Es gibt auch Inklusion, die funktioniert oder weitestgehend funktioniert. Es gibt aber auch andere Fälle und die Realität ist, dass wir hier kaum was machen können. Die Kinder sind dann halt da und können wirklich alles, was man sich in einer Lerngruppe aufgebaut hat, kaputt machen (Regeln, gegenseitiges Vertrauen etc.).

  • linksideologischer, in der Praxis längst eindrucksvoll gescheiterter Blödsinn

    Nun ja ... ich kenne einige Gegenbeispiele, bei denen das eindrucksvoll und gut funktioniert.
    Dort sind die Klassen jedoch ständig doppelt bis dreifach besetzt - Sonderpädagoge - Schulbegleiter plus "Standardlehrer" ;)
    Wobei sich die KuK gemeinsam um alle Schüler kümmern.
    Das hat nichts mit "Linksideologie" - was immer das sein soll - zu tun, sondern mit Pädagogik. Separation hat vor 80 Jahren - mit bekannten Folgen - "funktioniert" und ist "rechtsideologisch".

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.

  • Nun ja ... ich kenne einige Gegenbeispiele, bei denen das eindrucksvoll und gut funktioniert.
    Dort sind die Klassen jedoch ständig doppelt bis dreifach besetzt - Sonderpädagoge - Schulbegleiter plus "Standardlehrer" ;)
    Wobei sich die KuK gemeinsam um alle Schüler kümmern.
    Das hat nichts mit "Linksideologie" - was immer das sein soll - zu tun, sondern mit Pädagogik. Separation hat vor 80 Jahren - mit bekannten Folgen - "funktioniert" und ist "rechtsideologisch".

    Klar. Das Bereitstellen von Förderschulen ist die Vorstufe zu Aktion T4. Und man schämt sich nicht mal sowas zu sagen, weil man sich auf der richtigen Seite sieht.

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