Juhu, GS-Lehrkräftemangel quasi behoben!

  • Amüsant fand ich beim Schleicher, wie wenig er sich bei seinen Aussagen von der Realität stören lässt. Beobachtet er die schulische Realität?


    Bspw. zu dieser Aussage hätte ich gerne empirische Belege: "Zu viele Lehrer sähen sich in erster Linie als Befehlsempfänger, die im Klassenzimmer statisch einen Lehrplan abarbeiten müssten."

    Vorab: wie andere hier weiche ich natürlich auch vom Lehrplan ab, wenn dessen Umsetzung schlicht unmöglich bzw. nicht sinnvoll ist.

    Ausgerechnet Beamten (!) (größtenteils) vorzuwerfen, Sie würden sich zu sehr an die Vorgaben Ihres Dienstherren halten, anstatt Eigeninitiative zu entwickeln, ist schon eine sehr interessante Kritik - vor allem wenn Sie sich an die Lehrer richtet und nicht an deren Dienstherren, der dieses Verhalten einfordert und Missachtung ggfs. sanktioniert.

  • Ich kapiers nicht.


    Dass es dem alternden Andreas Schleicher rußt, dass seine PISA-Skandalrhetorik nur noch ein müdes Schulterzucken hervorruft, und er dann mit den bewährten Versatzstücken aus der Lehrerbashig-Mottenkiste etwas Aufmerksamkeit versucht zu erzwingen - geschenkt.


    Aber was soll diese absurde Nummer der Bertelsmannstiftung/OECD wem genau bringen? Wer sich sowas Irres ausdenkt, muss doch was damit bezwecken. Was denkt ihr ist das Ziel?

  • Das lese ich dort so nicht heraus, durch die Darstellung werden die Dimensionen von (einfacher) Verwaltungstätigkeit durch sehr gut bezahlte (ja, ja...ich weiß) Fachkräfte deutlich. Wenn zum Beispiel der Landesrechnungshof feststellt, dass


    Zitat

    Darüber hinaus sind nach der Erhebung des Landesrechnungshofs 286 Lehrkräfte damit beschäftigt, Girokonten zu pflegen, auf die das Geld für Klassenfahrten überwiesen wird.

    dann ist damit natürlich nicht gemeint, dass es Lehrkräfte gibt, die nahezu nur Girokonten verwalten, sondern dass diese Aufgabe landesweit das Vollzeitäquivalent von 286 Lehrkräften in Anspruch nimmt, obwohl diese Tätigkeit auch (gebündelt) durch z.B. Sachbearbeiter bewältigt werden könnte.

  • Mir ist das klar, aber es wird nun auch Menschen geben, die denken, dass 300 Lehrer Konten verwalten, statt Unterricht zu machen.

    Es wäre gut, Lehrkräfte in dieser Hinsicht zu entlasten, aber man sollte nicht die Rechnung eröffnen, dass Lehrkräfte dann noch mehr Stunden erteilen.


    Es gab vor Jahren eine ähnliche Rechnung zu sonderpädagogischen Gutachten, die viel Zeit und Arbeitskraft verschlingen, wobei letztlich fast alle Gutachten positiv entschieden werden. Das Verfahren sollte verschlankt werden, stattdessen sind Aufwand und Hürden noch höher, die Hilfe noch geringer.

  • Mir ist das klar, aber es wird nun auch Menschen geben, die denken, dass 300 Lehrer Konten verwalten, statt Unterricht zu machen.

    Global betrachtet ist das für den Steuerzahler ja auch so und es ist nur schwer vermittelbar, warum auf der einen Seite (derzeit noch) massiv Lehrkräfte fehlen sollen, diese aber gleichzeitig mit einem nicht unerheblichem Anteil ihrer Arbeitszeit einfache Hilfstätigkeiten ausführen sollen.

  • Nein, das ist genau nicht so, die Arbeitszeit ist on top, das Deptutat hat 28 h, da werden keine Stunden abgezogen, in den GS gibt es so gut wie keine Verlagerungsstunden für irgendwas.


    Und nein, ich möchte keine 30h unterrichten, wie es mit dem Hamburger Modell schon möglich ist, auch nicht, wenn irgendjemand dies und das übernimmt. Dann bleiben noch immer viele Aufgaben über, die außerunterrichtlich sind, die man nicht abgeben kann.

    Es wäre eher entgegenkommend, wenn der Vorschlag der Arbeitszeitkommission umgesetzt würde und a) das Deputat in den GS um 1 Stunde gesenkt würde und b) überhaupt Entlastungsstunden da wären ... oder Personal für bestimmte Aufgaben, zusätzlich päd. Assistenzen in jeder Klasse ...


    ... und erst einmal eine volle Versorgung für jede Schule. Aber das Problem soll sich ja flugs in Luft auflösen.

  • ... und wir müssen zum Kaffeetrinken nicht mehr am Pult sitzen, sondern bleiben direkt im Lehrerzimmer, weil die KI den Rest macht.

    ja, wir müssen dann nachmittags lernspiele für das smartboard programmieren und stehen dann vormittags daneben, wenn sie vollautomatisch laufen. das ist genau der beruf, den ich mir ausgesucht habe.

  • Ohne diese Utopie gutheißen zu wollen: Frag doch mal irgendjemanden, der seit >20 Jahren im Beruf ist, ob er heute noch so arbeitet, wie er es sich am Beginn seiner Karriere vorgestellt hat.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Der Ganztag lässt sich tatsächlich komplett ohne Lehrerstunden gestalten, man heuert 450€ Kräfte an und lässt diese Aufsicht beim selbständigen Erledigen von Hausarbeiten führen. Zusätzlich etikettiert man das bereits bestehende AG-Angebot zum Ganztag um. In den meisten Fällen passiert bereits jetzt genau das.

    Tragisch ist, dass man das den Eltern als neues, qualitativ hochwertiges Angebot verkauft.

  • Gewagt ist sowieso die These der Stiftung, dass die Geburtenrate genauso stark weiter sinken wird, wie in den letzten Jahren.

    Ab 2029 hat man schlichtweg noch keine Zahlen, also nur Glaskugelhoffnung.

    Denn Fakt ist, dass die Boomer erst noch so richtig in den nächsten Jahren bis 2034 in Rente gehen werden.

    Bin gespannt, wo sie die ganzen Lehrkräfte herbekommen wollen...

  • man heuert 450€ Kräfte an und lässt diese Aufsicht beim selbständigen Erledigen von Hausarbeiten führen. Zusätzlich etikettiert man das bereits bestehende AG-Angebot zum Ganztag um.

    Genauso läuft es jetzt schon in Niedersachsen an den Grundschulen. Die Qualität der Nachmittagsbetreuung schwankt dabei gewaltig...

  • Das ist in NDS so vorgesehen und realisiert.

    Die Schulen in Niedersachsen bekommen für den Ganztag Lehrerstunden zugewiesen. Diese dann zu kapitalisieren und statt Lehrkräften anderes Personal ein zu setzen ist eine aktive Entscheidung der Schulleitung und keineswegs zwingend.

    Allerdings basiert die Zuweisung der Lehrerstunden auf einem Schlüssel von 32 SuS pro Lehrerstunde, faktisch ist es logistisch sehr schwierig den Ganztag damit aus zu bringen, ohne auf billigeres Personal zu setzen oder ihn aus anderen Bereichen zu subventionieren.

  • Ohne diese Utopie gutheißen zu wollen: Frag doch mal irgendjemanden, der seit >20 Jahren im Beruf ist, ob er heute noch so arbeitet, wie er es sich am Beginn seiner Karriere vorgestellt hat.

    Nö, aber ich finde nicht alles schlechter und gar manche Neuerung sogar besser als zu Beginn meiner „Karriere“ (1992).

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Nö, aber ich finde ... manche Neuerung sogar besser als zu Beginn meiner „Karriere“ (1992).

    Da bin ich (ganz unironisch) gespannt auf Beispiele.

    Ich habe in den letzten Jahrzehnten viele gute Ideen kennengelernt, die aber nur halbherzig oder - meist aus finanziellen Gründen - gar nicht umgesetzt bzw. überhaupt nicht weiter verfolgt wurden. Die Lehr- und Lernbedingungen haben sich verschlechtert, in vielerlei Hinsicht. Auf Anhieb fällt mir keine positive Neuerung ein, Hilfe!

  • Ich finde beachtlich, woher auf einmal die ganzen Lehrkräfte kommen, die noch vor einem Jahr zahlreich gefehlt haben. Man hat anscheinend irgendeinen Zaubertrick gefunden, der ist aber an den Schulen so überhaupt nicht zu sehen oO

    Ist das also nur ein theoretischer Zaubertrick, dass auf einmal keine Lehrkräfte mehr gebraucht werden und wir von Heute auf Morgen plötzlich "überschüssige Lehrkräfte" haben?
    Cool, dann also doch nicht meinen Vorbereitungsdienst beenden, wenn man mich ab 2025 gar nicht mehr braucht als vollausgebildete GS-Lehrkraft.

    (Auch witzig, "man möchte nicht, dass die Studie Leute, die gerade dabei sind, von dem Studium wegbringen", ehm ja... wenn man laut der Studie kaum noch Aussichten hat in dem Beruf Platz zu finden, oder ihn nicht wirklich ausführen zu dürfen, dann ist das natürlich sehr ermutigend und motivierend die ganze Prozedur durchzumachen und verunsichert keineswegs...)


    Jetzt mal im Ernst, mit dem Ganztagsanspruch, den hohen Abbruchquoten, den vielen zukünftigten pensionierten Lehrkräften, den zurückgehenden StudentInnen-Quoten, den momentanen vorhandenen Mangel, der sicherlich nicht 2024 bewältigt ist (wie gesagt, woher kommen diese Lehrkräfte auf einmal?), etc. das glauben die doch selber nicht, oder?

    Aber man kann natürlich auch die Klassenstärken weiter hochschrauben, die Deputatsstunden weiter erhöhen, die Teilzeit weiter einschränken, Quereinsteiger reinholen (was an sich nichts schlimmes ist), und die tausend NN- & Aushilfskräfte zum günstigen Stundenstopfen einstellen, dann ist der Lehrkräftemangel natürlich auf dem Papier behoben...

  • Ich finde beachtlich, woher auf einmal die ganzen Lehrkräfte kommen, die noch vor einem Jahr zahlreich gefehlt haben. Man hat anscheinend irgendeinen Zaubertrick gefunden, der ist aber an den Schulen so überhaupt nicht zu sehen oO

    Das ist doch im Ausgangsartikel ziemlich detailliert beschrieben worden. Das gilt auch für die Grenzen dieser Prognosen.

    Jetzt mal im Ernst, mit dem Ganztagsanspruch, den hohen Abbruchquoten, den vielen zukünftigten pensionierten Lehrkräften, den zurückgehenden StudentInnen-Quoten, den momentanen vorhandenen Mangel, der sicherlich nicht 2024 bewältigt ist (wie gesagt, woher kommen diese Lehrkräfte auf einmal?), etc. das glauben die doch selber nicht, oder?

    Auch hier: Es wird sehr deutlich beschrieben, dass der Bedarf an Neueinstellungen zu Beginn der 2030er Jahre voraussichtlich stark abnehmen wird. Es ist keineswegs die Rede davon, dass der Mangel ab 2024 bereits beseitigt wäre.

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