Gendern in den Abiturklausuren in NRW

  • CDL: Wenn nur genug Menschen sagen, dass Elefanten klein und Mäuse groß sind, wird das dann auch wahr? Und welches Geschlecht haben eigentlich Sonne und Mond?

    Ich bin nicht CDL aber frage mich, ob es dir echt nicht gelingt, Gender, Genus und Sexus voneinander zu unterscheiden? Und das nach Studium und gefühlt 20 Jahren Austausch in diesem Forum? :respekt:

  • Wenn ihr/du an eurer/deiner Schule keine Amweisung bekommen habt, kann es euch/dir doch wurscht sein, was irgendwo anders vielleicht oder auch nicht behauptet wird.

    In gewisser Hinsicht wäre mir sogar die Anweisung als solche wurscht, weil ich sie tatsächlich ignorieren und abwarten würde, ob und was mir dann widerfährt.

    Es gibt bei mir einzelne Schülerinnen, die nach den Nachrichten aus Bayern bzw. Hessen gesagt haben, dass sie nun aus Trotz gendern, auch wenn sie es vorher nicht getan haben.


    Dennoch interessiert es mich tatsächlich, ob irgendjemand (so wie die Person, von der ich in meiner Frage schrieb, behauptet) eine solche Anweisung erhalten hat.


    Ist solch ein Interesse so abwegig?

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Ist solch ein Interesse so abwegig?

    Wenn ich jedem Gerücht, das die Kolleginnen so aufbringen, hinterherrecherchierte, hätte ich viel zu tun.


    Im vorliegenden Fall scheint nichts vorzuliegen. Bei deiner Schule ist nichts angekommen. Und hier hat auch niemand etwas gehört. Ich denke, die Sache ist klar und erledigt.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • RosaLaune Nee, ich glaube, so wird das nichts. Man kann sehr wohl an Beispielen nachweisen, wie gesellschaftliche Realitäten Einfluss auf die Sprache nehmen. Durch Beispiele nachzuweisen, dass jene keinerlei Einfluss hätten, wird aber nicht gelingen. Selbst wenn wir zeigen könnten, dass bei diesen Beispielen die gesellschaftlichen Realitäten keinen Einfluss hätten, sondern nur andere Faktoren, wäre damit nichts über alle anderen Fälle ausgesagt.


    Beispiel: Französisch gilt als romanische Sprache, sie ist vom Lateinischen beeinflusst. Völlig unabhängig von historischen Prozessen oder hat das etwas mit der Ausbreitung des Römischen Reiches zu tun? Mit den Umständen, in denen die Menschen im heutigen Frankreich lebten?


    Andere romanische Sprachen, Spanisch und Portugiesisch, werden heutzutage in Mittel- und Südamerika gesprochen. Auch Latein-Amerika genannt. Das liegt daran, dass die indigene Bevölkerung Gefallen an diesen gefunden hat und sie als Amtssprache bei der Staatsgründung aussuchte? Oder ist das Folge der Kolonialisierung? Und sind die Lebensumstände der Menschen dort, insbesondere der indigenen Bevölkerung, noch heute von der Kolonialzeit beeinflusst. Das sind die Realitäten dieser Menschen.


    Um mal etwas dichter ans hiesige Thema heranzurücken. Es gibt im Deutschen die Wörter "Mann" und "Frau" bzw. die Anreden "Herr" und "Frau". Schön passig mit den binären Geschlechtern, die man den Menschen jahrtausendelang zugeordnet hat. Mittlerweile hat sich hier die Sichtweise geändert. Nicht-binären Menschen beginnen als solche wahrgenommen zu werden. Um auch für diese eine Anrede zu haben, hat das Wort "Enby" Eingang in unsere Sprache gefunden. Es gehört sicherlich noch nicht zum aktiven Wortschatz aller. Aber es ist da. Wir können eine gesellschaftliche Entwicklung an der Erweiterung der Sprache sehen.


    Uswusw.

  • Zum Thema. In Hessen wurde vom Ministerium jetzt vor den Abiturprüfungen klar gesagt, dass die Verwendung von Sonderzeichen fürs das Gendern als Fehler gilt.


    Zum sonstigen Verlauf: Wenn ich eine Person falsch angesprochen habe und diese es mir sagt wie sie gerne angesprochen werden möchte, dann weiß ich das und mache das. Gar kein Problem, ich wurde von Asiaten auch schon als Miss s3g4 abgeschrieben. Ein kleiner freundlicher Hinweis genügt da schon.

  • Zum Thema. In Hessen wurde vom Ministerium jetzt vor den Abiturprüfungen klar gesagt, dass die Verwendung von Sonderzeichen fürs das Gendern als Fehler gilt.

    Damit muss man nicht einverstanden sein, aber immerhin hat man Klarheit. Nicht wie hier, wo es nicht erlaubt, aber auch nicht verboten ist.

  • Damit muss man nicht einverstanden sein, aber immerhin hat man Klarheit. Nicht wie hier, wo es nicht erlaubt, aber auch nicht verboten ist.

    Was ja Quatsch ist. Ich hätte da gar nichts verboten, soll doch jeder schreiben wie es gefällt. Verbote oder Gebote in beide Richtungen finde ich unpassend und unnötig.

  • Ich empfinde dieses kurzfristige Genderverbot im Abitur und die ganze Diskussion darum, ob das die Prüflinge jetzt überfordert, als realitätsfremd und aktionistisch. Ich habe in den letzten Jahren genau einen Schüler gehabt, der in einer schriftlichen Arbeit gegendert hat. Dass jetzt eine große "Umgewöhnung" oder Irritation der Prüflinge durch die neue Regelung erfolgt, ist aus meiner Sicht einfach unrealistisch.

  • Zum sonstigen Verlauf: Wenn ich eine Person falsch angesprochen habe und diese es mir sagt wie sie gerne angesprochen werden möchte, dann weiß ich das und mache das.

    Da bist du dann schon etwas weiter als andere, in deren Wortschatz es nur die Anreden für die beiden binären Geschlechter gibt. Und trotzdem, wäre es nicht besser, gar keinen Fehler zu machen und die Menschen von vornherein richtig ansprechen zu können?

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Verbote oder Gebote in beide Richtungen finde ich unpassend und unnötig.

    Volle Zustimmung. Ich würde es so formulieren: Es ist begrüßenswert, dass die Kultusministerien in manchen Ländern jetzt Einheitlichkeit und Klarheit bei der Bewertung schaffen. Dass dies in Form von Geboten oder Verboten läuft, ist hingegen bedauernswert. Ein einfaches: " Die Verwendung von geschlechterneutraler Sprache wird weder vorgeschrieben, noch als Fehler gewertet." hätte für die Klarheit und Einheitlichkeit ausgereicht, ganz ohne Aufregung und Symbolpolitik.

    Und alle, die wissen, dass es zwischen Genus und Sexus einen Unterschied gibt, die wissen, dass Sprache und gesellschaftliche Realitäten natürlich in Wechselwirkung zueinander stehen, und die wissen, dass sich Sprache ganz unabhängig von Geboten und Verboten immer entwickeln wird, können dies mit entsprechender Gelassenheit betrachten. Ästhetisch gefällt mir weder das Gender-Sternchen, noch der Doppelpunkt, noch der Unterstrich, noch das Binnen-I. Gesellschaftlich begrüße ich es, dass wir einen Diskurs über genderneutrale und inklusive Sprache führen. Linguistisch gehe ich davon aus, dass sich in den nächsten 10 bis 15 Jahren Formen herausbilden werden, die die gesellschaftliche Realität abbilden, ohne dabei umständlich oder stilistisch unästhetisch zu sein.

  • Und trotzdem, wäre es nicht besser, gar keinen Fehler zu machen und die Menschen von vornherein richtig ansprechen zu können?

    Ehrlich gesagt nein. Mir ist es in meinem Leben bisher noch nie passiert und die Wahrscheinlichkeit ist so gering. Wir machen uns ja hier um Menschen im unteren Promillebereich Gedanken.

  • Wir machen uns ja hier um Menschen im unteren Promillebereich Gedanken.

    Ja, Minderheiten sind schon mal kleine Gruppen. Welchen Anteil an der Gesellschaft muss eine Gruppe haben, damit man die Einzelnen aus dieser Gruppe respektvoll behandelt?

  • Ja, Minderheiten sind schon mal kleine Gruppen. Welchen Anteil an der Gesellschaft muss eine Gruppe haben, damit man die Einzelnen aus dieser Gruppe respektvoll behandelt?

    Nur weil ein Umgang nicht vollständig den Wünschen einzelner Personen entspricht ist er nicht automatisch respektlos.

    Letztlich ist es ein gesellschaftlicher Konsens, bis zu welcher Grenze man den Wünschen einzelner nach kommt.

    Und eine weit überwiegende Mehrheit in Deutschland befindet sich in dem Konsens, dass es eben nicht angemessen ist, Sprache für die Allgemeinheit künstlich auf Basis der Wünsche einer kleinen Minderheit zu verändern. (Und nach meinen Eindruck sind die Betreiber dieses Anliegens auch nicht die Betroffenen der sprachlichen Konstrukte, um die es geht.)

  • Und eine weit überwiegende Mehrheit in Deutschland befindet sich in dem Konsens, dass es eben nicht angemessen ist, Sprache für die Allgemeinheit künstlich auf Basis der Wünsche einer kleinen Minderheit zu verändern.

    Ist das so, oder enthält sich nicht eine sehr große Mehrheit und nur von denen, die sich nicht enthalten, ist (evtl.) eine Mehrheit dagegen? Ernsthafte Frage, ich kenne keine aktuellen (für die Gesamtgesellschaft) repräsentativen Umfragen dazu.

  • ...dass es eben nicht angemessen ist, Sprache für die Allgemeinheit künstlich auf Basis der Wünsche einer kleinen Minderheit zu verändern.

    "künstlich" ist hier das wichtige Adjektiv. Ich halte es auch nicht für angemessen, die Sprache per Verordnung/Gesetz zu regeln. Aber letztendlich wandelt sich die Sprache wie schon seit Jahrhunderten, es tritt irgendwann Gewöhnung ein und es wird sich etwas durchsetzten - oder eben nicht. Ich finde die verbissene Genderdiskussion amüsant bis nervig, aber ob jemand gendert oder nicht, ist mir völlig egal. Ich selbst mache es da, wo ich es sinnvoll finde.

  • Ist das so, oder enthält sich nicht eine sehr große Mehrheit und nur von denen, die sich nicht enthalten, ist (evtl.) eine Mehrheit dagegen? Ernsthafte Frage, ich kenne keine aktuellen (für die Gesamtgesellschaft) repräsentativen Umfragen dazu.

    Die meisten interessiert es nicht. Die haben andere Probleme um die sie sich kümmern müssen.

  • Eine Chemie-Kollegin hat sich grad gestern daran genervt:

    https://msg-breisach.de/life-s…erkongress-registrierung/


    Es ist tatsächlich so, dass bei uns in aller Regel genderneutrale Sprache gebraucht wird und es echt auffällt, wenn da "Schülerkongress" steht. Und ich muss sagen, es stösst mir mittlerweile auch auf. Das Angebot der Novartis heisst z. B. einfach "Schullabor", an der Uni Zürich ist es das "Science Lab" und angesprochen werden "Schulklassen", "Jugendliche", "Schülerinnen und Schüler" und/oder "Lehrpersonen". Wenn es nicht genderneutral formuliert ist, kann man sich fast sicher sein, dass eine Person aus Deutschland für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, die noch nicht mitbekommen hat, dass sie besser drauf achten sollte. Ich schaue selber wenig bis gar nicht nach Angeboten aus oder in Deutschland drum ist es mir bis anhin selber gar noch nicht so krass aufgefallen. Es ging eher beiläufig an unserer letzten SCHIWE mal darum, nur so kamen wir überhaupt darauf. Ich habe mal nach "Schülerlabor" gegoogelt und bekam praktisch ausschliesslich links aus Deutschland, die kurioserweise sogar auf das grenznahe Angebot in der Schweiz verweisen.

  • Lehrerinnen- und Lehrerzimmer.


    By the way ... Irgendjemand war hier mal irritiert davon, dass ich über meine Schülerinnen als "Mädchen" schrieb. Ich weiss nicht mehr, wer es war, mag mich aber daran erinnern, dass ich darauf hinwies, dass die sich selber auch mit 18/19 immer noch als "Maitli" bezeichnen. Ich korrigiere ihnen das mittlerweile recht konsequent zu "Frauen". Ich fürchte, ich werde echt noch zur Feministin. In meiner Jahrhundert-Schwerpunktfachklasse habe ich im Moment 4 Frauen soweit, dass sie vorläufig Chemie studieren wollen. Recht so. ChemikerINNEN!!! :evil:

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