? Abschätzung Risiken Antrag auf Entlassung

  • Hey,

    bei einer Diskussion mit Freunden ging es darum, was man bei einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gewinnt... so z.B. Flexibilität, moderne Arbeitswelten, Freiheit, Entwicklungsmöglichkeiten etc.

    Coachings wie von z.B. Isabell Probst bewerben dgl. auch als Chance.

    Es stellte sich aber doch die Frage, welcher finanzielle Verlust dadurch ggf. eintritt, konkret in NRW. So z.B. wurde überlegt:

    a) bei der Nachversicherung wird nur der Arbeitgeberanteil an die Rentenversicherung übermittelt, der Arbeitnehmeranteil nicht. Das heißt, wenn jemand nach z.B. 20 Jahren als Beamter ausscheidet, werden der Person nur 10 Jahre verrechnet. Selbst wenn die Person theoretisch die vollen 45 Jahre gearbeitet hätte mit Renteneintritt würden ihr dann 10 Jahre fehlen und entsprechend erheblich Rente. Als Beamter würden schon 40 Arbeitsjahre genügen für die volle Pension.

    b) die Höhe der Pension: geht man von einer Pensionshöhe von gut 70% des letzten Bruttolohns aus, die versteuert werden müssen und von denen man 30% Privatversicherung für die Krankenkasse zahlt, könnte aber z.B. bei einer A14 Stelle immer noch netto rd. 3500 Euro übrig bleiben aktuell jeden Monat: bei der obigen Rentenrechnung nicht mal die Hälfte davon.

    c) Ausfall durch schwere Krankheit/Unfall etc.: man stelle sich vor, dass man schwer krank wird, arbeitsunfähig etc und aber Vermögen hat. Als Angestellter würde man irgendwann in die Sozialhilfe/Bürgergeld fallen, ggf. gezwungen werden, sein Bargeld zu verbrauchen und sogar seine (zu große) Immobilie zu verkaufen. Als Beamter würde einem dieses Schicksal nicht blühen, die Frühpension wäre immerhin noch so üppig, dass man damit einigermaßen auskömmlich leben kann.

    d) müsste man als Angestellter von seinem im Vergleich zum Beamtengehalt niedrigeren Nettolohn noch erheblich für Versicherungen zahlen (siehe Punkt 1), die beim Beamten indirekt inklusive wären, z.B. Rentenzusatzversicherung, Arbeitsunfähigkeitsversicherung, Aufstockung Lohn im Krankengeldbezug, Zusatz-Krankenversicherung etc. Grade dann, wenn man nicht gleich nach dem Ref bzw. den ersten 3-4 Jahren die Reißleine zieht sondern z.B. erst nach 15 oder 20 Jahren.

    So war die Diskussion dahingehend, ob man mit dem Antrag auf Entlassung zwar Freiheit gewinnt, aber auf jeden Fall eine Menge Geld verliert und, wenn es z.B. gesundheitlich schlecht läuft, ggf. fast alles verliert?

    Ist das eine zu kritische Betrachtungsweise - wurde was übersehen?

  • Ist das eine zu kritische Betrachtungsweise - wurde was übersehen?

    Das kommt ziemlich genau hin. Die Pension der Beamten ist ein "Ruhegehalt", das die Einschränkungen durch das Dienst- und Treueverhältnis honoriert.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Hey,


    bei einer Diskussion mit Freunden ging es darum, was man bei einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gewinnt... so z.B. Flexibilität, moderne Arbeitswelten, Freiheit, Entwicklungsmöglichkeiten etc.

    Coachings wie von z.B. Isabell Probst bewerben dgl. auch als Chance.

    Hierzu vielleicht noch: Kommt echt ganz drauf an. Die Freiheiten sind, gerade als Lehrkraft von allg. bildenden Schulen, nicht besonders groß. Die Selbstständigkeit ist wahrscheinlich das Beste. Ansonsten ist man mit den Unterrichtsfächern und den sonstigen Skills nicht besonders gefragt auf dem Arbeitsmarkt bzw. kommt irgendwo in Bereiche, die nicht besonders gut entlohnen.

    P.S.: Die Coaching-Scammer verschwinden hoffentlich bald wieder und suchen sich ein neues Feld.

    • Offizieller Beitrag

    P.S.: Die Coaching-Scammer verschwinden hoffentlich bald wieder und suchen sich ein neues Feld.

    meinst du mich?

    Ich war nur zu faul, den Mythos der Nachversicherung ausführlich auseinanderzunehmen und aufzuschreiben. Probst hat halt eine gute Darstellung.

  • Interessant. In den Podcasts der Probst ist von diesen ganz erheblichen Risiken kaum die Rede oder wird klein geredet, so kommt es mir vor.

    Im Grunde ist es ja ein unkalkulierbares Risiko: wer garantiert, dass man nicht bald einen Schlaganfall, Tumor oder psychischen Knacks bekommt? Im schlimmsten Fall ist kurz darauf die teure Eigentumswohnung weg und man darf von Bürgergeld in der Sozialwohnung hausen.

  • Interessant. In den Podcasts der Probst ist von diesen ganz erheblichen Risiken kaum die Rede oder wird klein geredet, so kommt es mir vor.

    Probst geht es nach meiner Wahrnehmung weniger um die finanzielle Planung, sondern viel eher um die emotionale Auseinandersetzung mit der Thematik Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und möglichen Alternativen. Dass für finanzielle Planungen andere Experten kontaktiert werden sollten sagt sie immer wieder - das kann man ihr also nicht wirklich vorwerfen.

  • meinst du mich?

    Ich war nur zu faul, den Mythos der Nachversicherung ausführlich auseinanderzunehmen und aufzuschreiben. Probst hat halt eine gute Darstellung.

    Nein dich meine ich nicht. Ich meine Coaches, besonders welche die sich in die Öffentlichkeit drängen.

  • Interessant. In den Podcasts der Probst ist von diesen ganz erheblichen Risiken kaum die Rede oder wird klein geredet, so kommt es mir vor.

    Im Grunde ist es ja ein unkalkulierbares Risiko: wer garantiert, dass man nicht bald einen Schlaganfall, Tumor oder psychischen Knacks bekommt? Im schlimmsten Fall ist kurz darauf die teure Eigentumswohnung weg und man darf von Bürgergeld in der Sozialwohnung hausen.

    Stimmt. Wie nur kommen Millionen von Arbeitnehmern damit klar? Können die überhaupt noch ruhig schlafen?

    Jetzt mal ernsthaft. Die Verbeamtung ist in weiten Teilen schon ein Privileg, wenn man Sicherheit haben will. Dass der Rest der Menschheit quasi auf Messers Schneide lebt, ist natürlich völliger Unsinn. In Deutschland sind wir so sehr abgesichert in allen möglichen Lagen, da muss man sich wirklich keine Sorgen machen.

    Wenn man aus der Verbeamtung ausscheidet, ist das natürlich nachteilig für die Rente. Ist ja logisch. Man hat eben auch nichts eingezahlt. Wer da nicht privat vorgesorgt hat, lebt nicht ganz so luxuriös. Muss man eben abwägen, was einem wichtig ist.

  • Wenn man aus der Verbeamtung ausscheidet, ist das natürlich nachteilig für die Rente. Ist ja logisch. Man hat eben auch nichts eingezahlt. Wer da nicht privat vorgesorgt hat, lebt nicht ganz so luxuriös. Muss man eben abwägen, was einem wichtig ist.

    Wer in die Rente kommt und nicht privat vorgesorgt hat, wird im Verhältnis zur Pension in der Armut landen. Die Höchstrente (!) beträgt zur Zeit 3.500 Euro. Die erreichen nur eine Hand voll Menschen. Eine Pension in Höhe von 3.500 Euro erreichen viele Lehrer.

  • im Verhältnis zur Pension

    Das ist das Stichwort.

    Ich will damit sagen, dass man eben nicht alles haben kann: ausscheiden aus der Verbeamtung und trotzdem üppige Bezüge im Alter.

    Das jeder privat vorsorgen muss, wurde schon gesagt, als ich anfing zu arbeiten. Immerhin ist das nun 35 Jahre her. Wer sich also voll aufs warme Bett der Pension verlassen hat, kann dann vielleicht nicht mal eben die Verbeamtung hinwerfen. Der normale Arbeitnehmer muss ebenso vorsorgen, da die Rente nicht so üppig ausfällt. Das ist ja jetzt keine Überraschung.

  • Es wäre schon sehr hilfreich, wenn alle Bundesländer Altersgeld zahlen würden. Ich habe lange über Ausstieg nachgedacht, aber letztlich hakt es an genau dem Punkt. Man muss halt abwägen, was individuell das geringere Übel ist - der Job oder Altersarmut.

  • Es wäre schon sehr hilfreich, wenn alle Bundesländer Altersgeld zahlen würden. Ich habe lange über Ausstieg nachgedacht, aber letztlich hakt es an genau dem Punkt. Man muss halt abwägen, was individuell das geringere Übel ist - der Job oder Altersarmut.

    Ich ziehe den Ausstieg gerade ernsthaft in Erwägung. Hessen zahlt Altersgeld und da kommt mittlerweile schon einiges zusammen.

  • Dann wünsche ich dir ein gutes Händchen bei der Entscheidung!

    Ich hatte mal überlegt, ob der Weg Bundeslandwechsel und dann dort irgendwann Ausstieg eine Option wäre, aber das ist schon sehr lang und mühsam.

  • Probst geht es nach meiner Wahrnehmung weniger um die finanzielle Planung, sondern viel eher um die emotionale Auseinandersetzung mit der Thematik Entlassung aus dem Beamtenverhältnis und möglichen Alternativen.

    Primär geht es der um das eigene Geld und darum an den Aussteigern zu verdienen.

    Das ist nämlich auch das Hauptproblem. 95% aller Lehrer werden Schwierigkeiten haben mit ihren Qualifikationen einen halbwegs ähnlich bezahlten neuen Beruf zu finden.

  • Der AG und AN Teil wird nachversichert. Es ist falsch, dass nur der AN-Teil nachversichert wird. Wäre schön, wenn die Leute nicht immer wieder falsche Informationen verbreiten.

    Siehe Seite 3: https://www.finanzverwaltung.nrw.de/sites/default/…ersicherung.pdf

    Altersgeld gibt es in NRW nicht - zumindest bisher. In einem Fall hat aber ein ehemaliger Lehrer, der in NRW verbeamtet war und gekündigt hat, das Altersgeld einklagen können. Er hat bis zur Rente als Lehrer in AT gearbeitet. Die Pflicht zur Zahlung des Altersgeldes folgte aus der EU-Freizügigkeit. In welchen Fällen das Altersgeld nun wirklich einklagbar ist, weiß wohl keiner so genau. Deshalb wäre es auch gut und sinnvoll, dass alle Bundesländer eigene vernünftige Regelungen schaffen.

    Siehe z. B.: https://dombert.de/entlassenen-be…ene-pension-zu/

  • Wenn man u55 ist und sozialversicherungspflichtig beschäftigt und unter der JAEG, landet man wieder in der GKV.

    Man muss evtl., wenn man erst spät wieder in die GKV gewechselt ist, im Rentenalter auch KV-Beiträge auf weitere Einnahmen wie Kapitalerträge und Mieteinnahmen zahlen.

    Der Beitrag zur GKV wird auf Antrag bezuschusst, wenn man nicht in der KvdR ist.

    Man verarmt also nicht automatisch...

    Ich finde den Beitrag insgesamt zu negativ. Man weiß doch, worauf man sich einlässt. Das ist alles kein Geheimnis.

  • Man verarmt also nicht automatisch...

    Wenn man nicht privat vorsorgt und ohne Altersgeld in die Rente kommt, dann ist man im Vergleich zu der üppigen Pension arm. Um auf 2000 Euro brutto Rente zu kommen, muss man über 45 Jahre durchgängig ca. 54.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Davon bleiben dann ca. 1.700 Euro übrig. Um ehrlich zu sein finde ich 1.700 Euro als Rente schon sehr mau. Wenn man die überhaupt erreicht.

    Zitat

    Ich finde den Beitrag insgesamt zu negativ. Man weiß doch, worauf man sich einlässt. Das ist alles kein Geheimnis.

    Dass etwas "kein Geheimnis" ist, heißt nicht, dass es gut ist. Man muss schon sehr genau durchrechnen, ob man nicht in der Altersarmut landet, wenn man sich entlassen lässt.

  • Interessant. In den Podcasts der Probst ist von diesen ganz erheblichen Risiken kaum die Rede oder wird klein geredet, so kommt es mir vor.

    Im Grunde ist es ja ein unkalkulierbares Risiko: wer garantiert, dass man nicht bald einen Schlaganfall, Tumor oder psychischen Knacks bekommt? Im schlimmsten Fall ist kurz darauf die teure Eigentumswohnung weg und man darf von Bürgergeld in der Sozialwohnung hausen.

    Das, was du ein unkalkulierbares Risiko nennst, ist die Realität der Arbeitnehmer*innen in D. Nur von „oben“ sieht das riskant aus , ich kenne keine Arbeitnehmerin die sich mit Angst vor psychischem Knacks (?!) Endzeitszenarien ausmalt

  • Das, was du ein unkalkulierbares Risiko nennst, ist die Realität der Arbeitnehmer*innen in D. Nur von „oben“ sieht das riskant aus , ich kenne keine Arbeitnehmerin die sich mit Angst vor psychischem Knacks (?!) Endzeitszenarien ausmalt

    Die allermeisten Menschen haben auch keine BU. Ignorance is bliss.

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